Hörstück / Snippets

Kalter Kaffee / textus receptus/ Über lächerliche Texte

Ein Hörstück

(Ralf Frodermann 2018)

This is a fault

This is a fault in which I have a part.

from: C. H. Sisson, In Time of Famine: Bengal

günter eich (sicher weniger kompromittiert

als benn, aber auch noch weniger dichter als der)

reimt davon auf garonne:

Geh aber nun und grüße

die schöne Garonne

Unter den schwankenden Füßen

schwimmen die Wolken davon.

eichs produktion ist heute vergessen,

seine verse verwelkt,

vgl. Muselmanische Taufe,

seine interpreten dünnbrettbohrer,

vgl. W. Braungart: Standard: Literatur.

Die Kunst, das Individuelle und Günter

Eichs Himbeerranken.

In Germanisch-Romanische-Monatsschrift

Neue Folge Band 65 Heft 1 2015 S.63ff.

Darin Blüten wie:

„Adorno in seiner zu Recht (!) berühmten Rede über

Lyrik und Gesellschaft“ (S.67)

„Manche freilich können Kenntnisse erwerben und üben, so viel sie wollen: Sie werden nie gute Lastwagenfahrer und nie gute Interpreten.“ (S.67)

Im sachkundigen Stil des Oberstudienrats im Hochschuldienst

Entblödet sich der Bielefelder Philologe nicht, sein

Akademisches Interpret-Sein mit dem LKW-Sein zu vergleichen,

als sei dieses nicht eine tumbe Schinderei und jenes dagegen

nicht ein Rosenbeet mit wenigen Dornen (Kollegen, Studenten etc.)

Den ihr verleumdetet, der euch verstößt,

Euch nicht mehr achten darf, weiß wohl: ihm war

Einst du der Freund und du einst seine Frau.

(aus: ernst blaß, die gedichte von trennung)

Der Stallknecht träumet sich einen Stallmeister...

Die Huren freundliche Jungfrauen...

Ein jeder Dintenfresser Secretarius...

(Moscherosch, Geschichte Philanders von Sittwald)

Und ein Germanistikprofessor Pseudo-Dichter als Elvis-Apotheotiker:

Manche sagen dass Elvis als er sein Haus zurückließ seine Freunde (wie seine

Medizin seine Krankheit sein Fett sein Land) sein Cape ausbreitete wie

Schmetterlingsflügel dann vor den Augen aller aufgehoben wurde und

durch die Hallendecke verschwand. usw. usw. mit solchen Armleuchtereien

(aus: H. Detering, Landregen in Tennessee in: AKZENTE 4 / 2017 S.70)

Und wieder andere wissen dass Elvis auf dem Scheißhaus der Schlag getroffen hat

Das war eine beschissenen Auffindesituation

"What if creatures in other galaxies

have a vague sense that something is missing,

but don't know it's Little Richard, Shakespeare,"

(from: R. Thomas, Sonnet with with Swan and Long Tall Sally

in: Yale Review January 2018)

oder Elvis

(aus: R. Frodermann: Hagel in Montana ungedruckt)

Kein Sprechort, nirgends

Die schwerindustrielle FAZ redet, als stünde sie über den Parteien und verkündete abgeklärte Weisheit.

Adorno, Graeculus II Notizen zu Philosophie und Gesellschaft 1943-1969

(in: Frankfurter Adorno-Blätter VIII 2003 S.29)

FAZ - Schmock Dietmar Dath serviert im Marx-Jahr 2018 einer Leserschaft, deren Atem es noch bis ins Feuilleton schafft, Horsd’œuvre marxienne in Serie ( "Was sagt Karl Marx?", zum Beispiel am 31. Januar 2018 in der FAZ.)

"an solchen texten ist an sich auf den ersten blick nichts falsch, doch der sprechort macht sie zur ganzen falschheit, zum pseudos. der autor ignoriert die generischen kalküle, die zur veröffentlichung führen, und nimmt gegenüber marx' kritik der deutschen sozialdemokratie usw. einen ahistorischen standpunkt ein, der positionen und ideologeme lassalles wie gabriels gleichermaßen als "denkfehler" betrachtet, ohne die gesellschaftlichen verhältnisse, in denen solche figuren lebten bzw. leben, zu thematisieren - auch das "dazwischen", die erfüllung deutsch-sozialistischer, proletarischer heilserwartungen durch den nationalsozialismus und die endlösung aller sozialen fragen durch kollektiven judenmord, lässt dath mal eben weg.

dass texte, die in einen "vorwärts" gehörten, in zeiten, in denen es einen solchen geben weder kann noch sollte, nur noch von einer gelangweilten faz-schriftleitung als hämischer gruß an eine verlorene hoffnung publiziert werden können, ist nicht des autors schuld, aber er spielt halt schon brav mit, und zwar vermutlich ohne not. eitelkeit ist auch ein verbrechen, würde mahatma gandhi sagen.

nur noch die eigene leere veranlasst die reaktion, sich solchen gesten des spotts überhaupt zu widmen. verspottet sollte sich zuvörderst dath selbst sehen, der wissen müsste, dass seiner vermutlich ernstgemeinten textserie nur um den preis der rubrifizierung als "anthologie der anachronismen" sendeplatz eingeräumt wird." dr. erwin auchjauche

Intermezzo

Akt und Potenz:

Das Quintilian-Zitat in Valerys Herr Teste (Dummheit ist nicht meine Stärke.)

- Aus der Centralstelle für literarische Bedürfnisse der Vergnügungsvereine -

Quintilian, Institutio oratoria X, 26:

Allerdings sollte man besonnen und umsichtig über so bedeutende Männer urteilen, um nicht, wie es bei sehr vielen der Fall ist, zu verurteilen, was man nicht versteht.

(Entnommen Franz Lorettos Endre von Ivanka gewidmeter Übersetzung des 10. Buchs der Institutio. Reclam Stuttgart, 1974)

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Muttertexte ohne Ödipus

Schelmerode den 1. Januarii

1621.

PS.

Das klebebier ist ietzo alle sauer,

sonst hätte ich dir hertzlich gerne

was mit geschickt.

Christian Reuter:

Schelmuffskys warhafftige curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande (Das fünffte Capitel)

Wie die alten Tannen sausen

Hört man Geisteswogen brausen.

Comoedia Divina (ed. Armin Schlechter) Heidelberg, 2010 S.137

"Wer Burckhardt liest, denkt in Bildern. Wer ihn selbst auf einem Bild sieht, will nichts anderes, als mit ihm traurig sein."

Simon Strauss, Lob des Dilettanten. Eine Bildbeschreibung.

in: Zeitschrift für Ideengeschichte. Heft XII / 1 Frühjahr 2018 S.10

Die seelenvolle Sehnsucht nach dem wissenschaftlichen Fronterlebnis bricht sich wieder Bahn. Nur eine Frage der Zeit, bis ein Erlebnishungriger wie Strauss jun. auf Spengler umschaltet, um nichts anderes dann zu wollen, als mit ihm unterzugehen.

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Intermezzo

Lyrik für Heime

einst lyrik in filmen, in don siegels

telefon robert frosts

Des Waldes Dunkel zieht mich an,

doch muss zu meinem Wort ich stehn

und Meilen gehen, bevor ich schlafen kann.

und Meilen gehen, bevor ich schlafen kann.

heuer versieht martina hefter das

pflegeheim mit ihrem lyrischen pofel

(Es könnte auch schön werden. Berlin, 2018)

solch unrat stieg dem björn hayer in die

rezensentennase und ob der wohlgerüche,

"die dieser poesie innewohnen" ( DIE ZEIT

15. Februar 2018), beschwört er den hefterschen

fladen herauf zum eminenten.

(Fortsetzung folgt)

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