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In seinem Papier "Am 30.I.33 ist "Hegel gestorben" - nein!"
Heideggers Wintersemester 1943/35 schreibt Reinhard Mehring*:
"Heidegger nahm seine explizite Polemik gegen Schmitt im Seminar offenbar zurück - vielleicht aus verständlicher politischer Vorsicht."
Nein! Aus Loyalität!
"Historische Verrechner der Philosophiegeschichte" (Martin Heidegger, Gesamtausgabe Band 100 Vigiliae und Notturno Frankfurt a. M., 2019 S.12)
wie Mehring nennen Heidegger traditionell einen "politisch ahnungslosen und leichtfertigen Blindgänger" (Mehring, op.cit. S.120), statt einen Nationalsozialisten der ersten, gewissermaßen vorsokratischen Stunde.
Solchen Verrechnern ist ein Bescheid Heideggers zu erteilen, der selbst bekanntlich niemals ein Hehl aus seiner Huld für den deutschen Faschismus
gemacht hatte:
"Ankunft ist die ereignishafte Enteignis des Anwesenden in sein Ratsal." (Heidegger, op.cit. S. 13)
Mit andren Worten: Die Lüge lebt im Feigenblatt ihrer Walstatt.
*Zeitschrift für Ideengeschichte Heft VII / 1 Frühjahr 2013
Nachsatz:
"Heidegegrs Seminar vom WS 1934/35 ist politisch anders zu beurteilen als das Seminar des Rektors vom WS 1933/34. Hier spricht ein politisch ahnungsloser und leichtfertiger Blindgänger." (Mehring, ibid. S.120).
Und Thomas Manns Bekenntnisse eines Unpolitischen sind anders zu beurteilen als seine spätere Empfehlung des Kommunismus.
Weder Heidegger noch Mann waren jemals "politisch ahnungslose, leichtfertige Blindgänger".
Wer diesem Befund interessiert aufsitzt, ihn noch interessierter nachplappert und kolportiert, wie Mehring im Blick auf Heidegger und vor ihm Joachim Fest im Blick auf Thomas Mann, prozessiert die seit Thales von Milet tradierte Mär von der Weltfremdheit des Geistesmenschen.
Sie entspricht im Militärischen jener ebenso perfiden des Befehlsnotstandes.
Ralf Frodermann XII 2019
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Auch wir hier, im Leeren,
stehn bei den Fahnen.
Celan
Der philosophische Fachwirt als Heidegger-Panegyriker:
Anmerkungen zu Matthias Tichys Anmerkungen zu Heideggers
Anmerkungen I -IX (Die Geste des einsamen Denkers)
in: Zeitschrift für philosophische Forschung Band 73 Heft 4 2019 S. 592ff.
Diadochen
Hierophantentum und Proselytenmacherei sind seit altersher tragende Säulen und Geschäftsgrundlage nachhaltigen Obskurantentums.
In einem heute nur noch selten konsultierten Repositorium Kritischer Theorie findet sich Guido Schneebergers
"Nachlese zu Heidegger." Dokumente zu seinem Leben und Denken. Bern, 1962.
1964 erschien Adornos Jargon der Eigentlichkeit. Zur deutschen Ideologie im gleichen Blockchain.
Beide Texte finden sich in Tichys Annotationen freilich nicht einmal im Literaturverzeichnis.
Dort finden sich Arbeiten von Adepten des Freiburger Sufis unter Titeln wie Irrnisfuge. Heideggers An-anarchie oder Radikalität. Zur Interpretation von Heidegegrs Schwarzen Heften.
Dass Heidegger nur ein deutscher Nazi unter deutschen Nazis war, hört man ebenso wenig gern, wie man im Haus des Henkers Gespräche über den Strick gern hört.
Persilscheine
Um die Detoxifikation (Deifikation) Heideggers sind seine Claque und Kamarilla nicht erst seit dem Erscheinen der sog. Schwarzen Hefte besorgt.
Unter Anarchen ist Haltung gefragt, unter Anarchen wird Haltung gezollt.
Hatte Carl Schmitt seinen Jakob Taubes und Ernst Jünger seinen Joseph Wulff, so hat Heidegger seine Heidegger-Studies und Leute wie Tichy e tutti quanti, die zwischen Deklamation und Denken aus zeremoniellen Gründen nicht unterscheiden:
"Das seinsgeschichtliche Denken erweist sich als Falle, solange es keine Rückbindung an Kategorien erlaubt, die in der alltäglichen Interaktionspraxis in Anspruch genommen werden." (ibid. S. 609)
Wohl! Und der Unsinn erweist sich als Gnade, solange er eine Rückbindung an Hochstapeleien erlaubt, die in der universalen Lügenpraxis akademischer und außerakademischer Provenienz wohlwollend in Anspruch genommen werden.
Reservereifen und Butzenscheibe: Karl Jaspers
Karl Jaspers publiziert 1946 Die Schuldfrage,
Friedrich Meineke 1946 Die deutsche Katastrophe.
Ralf Frodermann XII 2019
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Daß richtig ist, was wir sagen, ist leicht zu ersehen.
Aristoteles, Über Werden und Vergehen (314b)
"Nur das Faktum der Freiheit wird gedacht, nicht die Freihet des Faktums"
Dieter Henrich: Fichtes ursprüngliche Einsicht. (Wissenschaft und Gegenwart Heft 34. Frankfurt a M., 1967 S.7ff.)
Henrichs ursprüngliche Absicht
Notiz zu:
Dieter Henrich: Dies Ich, das viel besagt: Fichtes Einsicht nachdenken. (Frankfurt a. M., 2019)
Non liquet-Denken / Neues zur Tathandlung
Henrichs Aufsatz, zuerst in der Cramer-Festschrift 1966 erschienen, zählt längst zu den kanonischen Kurztexten profunder Fichte-Exegese mit akademischem Firlefanzhinergrund.
Theorien des Selbstbewusstseines wie die Fichtesche scheinen eine eigene Anziehungskraft auf das arg salbungs- und schwungvolle Geschwafel pseudo-priesterlicher Provenienz auszuüben.
Aus dem intransitiven Verb "nachdenken" das transitive Verb "nachdenken" zu machen, ist typisch für jenen Heideggerianismus, der dem Sein nachgeht, ohne Uhr zu sein und der ausserhalb Jenas auch Pastoralphilosophie genannt wird.
Ihr geometrischer Ort ist das Katheder.
Diskreditierte Dialektik
Henrichs Versuch, die Hegelsche Dialektik via Fichte zu eskamotieren, dient dem Zweck der Anästhesierung der sog. Hegelschen Linken. Das materialistische Erbe Hegels - Marx - ist Henrich Anathema, Hekuba.
Im hohen, pontifikalen Ton eines römischen vates bzw. deutschen Ordinarius zelebriert und beschwört er einen Ich-Maskenball, der dem Mandatsgebiet des Subjekts gelten soll, doch nichts weniger als Erkenntnis initiiert. Nur Einvernehmen der raunend Denkenden, nicht Kritik des Denkens: Philosophie, νόησις νοήσεως.
Ralf Frodermann X 2019
Aufkommende Flaute - Konstitution des Subjekts / Nachschrift
"Und kommt nicht Denken in solchem feldartig strukturierten Bewusstsein allererst auf?", fragt sich höchst bewegt und schon halb überwältigt der Philosoph Manfred Frank in seiner Huldigung an den Philosophen
Dieter Henrich (FAZ 20. November 2019)
"Ist das Wasser nicht tief genug, kann es ein großes Boot nicht tragen", möchte man da mit Zhuangzi entgegenen. (Das Buch der daoistischen Weisheit. RECLAM 2019 S.12)
Dass Frank in seinem hagiographischen FAZ-Mysterienspiel um Dieter Henrich weder Adornos, Sohn-Rethels noch Horkheimers Erwähnung tut,
vielmehr seinen subjektphilosophischen Lorbeerkranz um Heidegger, dessen Schule und die analytische Sprachphilosophie bis hinunter zu Chisholm und Joseph Levine flicht, ist sicher Gewähr aufkommenden Denkens, anschwellenden Bocksgesangs.
(Vggl. Subjekt als Warenform des Individuums / Non-Paper von Robert Holunder, Nozick-Konferenz 2008)
Ralf Frodermann 20. 11. 2019
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Radbruchsche Formel 4.0 (Noten zur Rechtsphilosophie 1 (Probabilismus)
Gegen rechtspositvistischen Galimathias a la Kelsen oder Hart (Analytische Rechtsphilosophie. Grundlagentexte. Hrsg. Koch, Mohseni, Schweikardt. Suhrkamp 2019)
hilft ein Grundlagentext:
Eugen Paschukanis: Allgemeine Rechtslehre und Marxismus. Versuch einer Kritk der juristischen Grundbegriffe. ca ira 2003
Ralf Frodermann IX 2019
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Ad Marx
Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band erschien in erster Auflage 1867.
Gut 150 Jahre später erscheinen, unabahängig voneinander, zwei Nachdrucke der Erstauflage:
die eine, eine Studienausgabe, herausgegeben von Michael Quante bei Meiner, die andere, herausgegeben von der Initiative Sozialistisches Forum, bei ca ira.
Während die Studienausgabe aus der diskursiven Asservatenkammer des akademischen Betriebs stammt, ist die ca ira - Ausgabe als Produkt kritischer Verlegerpraxis zu verstehen.
Schlagender ist das Verhältnis von Substanz (ca ira) und Akzidens (Meiner) der Alltagsvernunft nicht zu demonstrieren.
Ralf Frodermann IX 2019
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Effektenabteilung
Im Editorial der Philosophischen Rundschau (Heft 1 2019) kommt einmal mehr das Ressentiment gegen Kritische Theorie zu sich.
Kritische Theorie, einst Deckbegriff für Marxismus, ist heute selbst Unwort und
wird im erleichtert aufseufzenden Editorial der Zeitschrift und in angemessen pejorativem Tonfall mit "Philosophie der Revolution" begrifflich neu gedeckt.
Ralf Frodermann August 2019
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In sakrale Phrase eingetreten
"Philosophen ignorieren das verklingende Glockengeläut und die erwartete Stille."
Wolfram Hogrebe, Szenische Metaphysik (Frankfurt a. M., 2019 S.11)
So einen Unsinn schreibt nur einer, der auch Hegel einen "sensiblen Denker" (ibid. S.12) nennt und Odo Marquards Leerformel
Jeder Text muss dafür Buße tun, daß es ihn gibt
für mottogeeignet sich hat einfallen lassen (ibid. S.9).
Dass Hogrebes Galimathias "Szenische Metaphysik" Buße wird tun müssen, steht fest, muss doch jeder dämliche Text darauf antworten, warum es ihn gibt und nicht vielmehr nicht, d.h. für sein Erscheinen büssen.
Ralf Frodermann März 2019
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lectio difficilior
Naßforsche Ontologen, deren Denken von keines Gedankens Blässe hinsichtlich der historischen Konstitutionsbedingungen
ihres Hauptfachs - hier der Biologie - je angekränkelt waren, schreiben "Kernthesen" wie diese auf:
Jede und jeder von uns ist numerisch identisch mit einem biologischen Lebewesen der Spezies Homo sapiens.
(Gerson Reuter: Was wir grundlegend sind: Menschen unter anderen biologischen Einzeldingen. Überlegungen zu unserer Natur
und unseren transtemporalen Identitätsbedingungen. Frankfurt a. M., 2019 S.18)
Ontologen aber, die es mit der Parrhesie halten und nicht mit der Phrase, Ontologen wie Mario Bunge oder Theodor W. Adorno, dürften mit einer "Philosophie der Lebenswissenschaften" vom Schlage Gerson Reuters wenig anzufangen wissen.
Und das Wenige haben sie bereits andernorts, nämlich bei Hegel gelernt: "Das Leben ist (insofern) ein perennierend gemachter chemischer Prozeß." Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften §335 Zusatz).
Ralf Frodermann Februar 2019
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Zu den "Profiteuren der Mediokrität" (H. E. Dohrendorf) heute zählen zweifellos auch jene philosophierenden Philosophieprofessoren, die schales Konsolationsschrifttum dem Publikum andienen, das auf Verkauf ebenso schielt wie auf freundliche Aufnahme als aromatisches Suppengrün im drögen Diskurseintopf deutscher Gegenwart.
Martin Seel ("Nichtrechthabenwollen. Gedankenspiele." 2018) und Franz Josef Wetz ("Tot ohne Gott. Eine neue Kultur des Abschieds." 2018) sind zwei jener Jünger der Hesychia, die ihre populären Diatriben den Leuten gern als Laxativa anzudrehen suchen.
Ralf Frodermann Dezember 2018
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Mückenphilosophie unter Pseudoelefanten
Maßgebliche Vulgärschopenhauerianer dieser Zeit stürzen oft bereits in Satz eins ihrer teils neurasthenischen, teils prätentiösen Darlegungen in den Abgrund der - hier: an den Beginn der Nikomachischen Ethik des Aristoteles gemahnenden - Phrase: "Menschen streben danach, sich selbst zu verstehen." (Peter Stemmer: Der Vorrang des Wollens. Eine Studie zur Anthropologie. 2016 S.9).
Dennoch, d. h. darum wird ihnen von Kollegenseite gehuldigt: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Heft 5 2018: Schwerpunkt: Moral und Normativität. Zur Philosophie (sic!) Peter Stemmers.
Ralf Frodermann November 2018
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The Function of General Laws in History von Carl Gustav Hempel erschien 1942.
(Vgl.: Fons Dewulf, Revisiting Hempel's 1942 Contribution to the Philosophy of History. In: Journal of the History of Ideas. Vol. 79 Number 3 July 2018)
Deduktiv-nomologische Modelle, auf die Geschichte angewandt, heissen seit Hempels o.a. Aufsatz Analytische Geschichtsphilosophie.
Zwar waren sie mit dem fast gleichzeitgen Erscheinen der Dialektik der Aufklärung bereits vor ihrem Siegeszug in der angelsächsischen Welt erledigt, doch wesen sie weiter als untotes Denken: leckgeschlagene Schiffe in den Eiswüsten der Abstraktion.
Ralf Frodermann Oktober 2018
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Dass jenes geflügelte Wort nihil est in intellectu quod non ante fuerit in sensu zu Beginn der neuern Philosophie als ein allbekannter scholastischer Satz gilt, ist bisweilen in volle Vergessenheit gerathen.
Rudolf Eucken, Geschichte der philosophischen Terminologie
Leipzig, 1879 S. 169
Sein ist Dazu-da-Sein / Heil Hamlet
Manche Eltern freuen sich, wenn ihre Kinder frühzeitig altklug reden können.
Kant, Über Pädagogik
Wenn es im deutschen Philosophieprofessor im Spannungsfeld Weltzeit/Lebenszeit philosophiert, wenn er da ist, wofür er alimentiert wird, nämlich in Gedanken, entlaubt sich andernorts, nämlich im Naturpark des Denkens, leicht das kritische Wäldchen.
Gerade die Ungewissheit und Fragilität der Gattungszukunft sind ein Ansporn, das Gute, das Bestmögliche zu tun. Dadurch wird das Streben nach individuellem postmortalem Heil zweitrangig. Das Gattungsgeschick zählt – und da bleibt das Meiste noch zu tun. Auch diese Konzentration auf Gattungsbelange ist eine Weise, Abstand zum eigenen Tod zu behalten.
Andreas Urs Sommer: Ende der Geschichte – Endlichkeit des Lebens Zur Verortung von Iselins Geschichtsphilosophie.
In: L. M. Gisi und W. Rother (Hrsg.): Issak Iselin und die Geschichtsphilosophie der europäischen Aufklärung. Basel, 2011 (S. 65)
Solch schal-erbaulicher Trost angesichts des Scheiterns des experimentum mundi (Ernst Bloch) mag an Benjamins Worten zweifeln lassen, wonach die Hoffnung uns umwillen der Hoffnungslosen gegeben sei.
Die deutsche Philosophie jedenfalls ist uns um des Geschwätzes willen geblieben.
(Vgl. auch:
R. Knoth: Der Atemkreis der Dinge. Einführung in die Philosophie der Korrespondenz. 2017)
Ralf Frodermann Juli 2018
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Unter Metaphysikern
Tabula gratulatoria II
Unter den akademischen Gepflogenheiten hat sich die „Festschrift“ als überlebensfähig erwiesen.
Zum 60. Jubeltag des Philosophen Thomas Buchheim etwa erscheint ein gebundener Papiergruß unter dem Titel „Wozu Metaphysik? Historisch-systematische Perspektiven“ (2018).
Schrifttum solchen Schlages - einer Metaphysik also, die als Mumpitz wird auftreten können - erinnert an die vorkritische Zeit; nicht im Sinn Kritischer Theorie (vgl. Adornos Metaphysik-Vorlesung aus dem Jahr 1965, Nachgelassene Schriften IV/Vorlesungen Band 14), vielmehr im Sinne Kants, vgl. Baumgartens „Metaphysica/Metaphysik“. Historisch-kritische Ausgabe ed. Gawlick, Kreimendahl 2010), mithin an die vor-vor-kritische Zeit.
Man meint, es handele sich hier nicht um die Festschrift für einen Zeitgenossen zum sechzigsten, sondern um eine für Georg Friedrich Meier* zum Dreihundertsten.
Otium cum dignitate? - Kaum!
*Meiers (1718-1777) Metaphysik war 1755-1759 in vier Bänden erschienen.
Lit: T. Maul: Darum Negative Dialektik. Berlin, 2014
Ralf Frodermann April 2108
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Alfa Romeologie
Poe, Lem, Eco
Der obstinate Drang, lieber über die Richtigkeit von Irrelevantem zu wachen, als über Relevantes, mit der Gefahr des Irrtums, nachzudenken, zählt zu den verbreitetesten Symptomen regressiven Bewußtseins.
Adorno, Negative Dialektik (Zweiter Teil)
Guido Kreis: Negative Dialektik des Unendlichen. Kant, Hegel, Cantor. Suhrkamp 2015.
(Vgl.: Buchsymposium zu Kreis' Werk in: Hegel-Studien Band 51 Meiner Verlag 2018).
Unendlichkeit als Quantité négligeable / Infinitesimalrechnung unter Milchmädchen /
Ralf Frodermann Januar 2018
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Filmphilosophen / Von Wenders zu Zabeil (1)
Interessierte sich ein Philosophenkönig wie Derrida noch für abseitig-perverse Filmkunst japanischer Provenienz - vgl. J. Martell: Idiomatic Images: Derrida and the Forgotten Japanase Film Irezumi.in: OXFORD LITERARY REVIEW Vol. 39 Issue 2 December 2017 -, so segelt eine aktuelle Filmphilosophie wieder mit erbaulicheren Winden:
Vittorio Hösle: Eric Rohmer. Filmmaker and Philosopher. Bloomsbury Publishing 2016.
Das öde Kino der Rohmers und Antonionis philosophisch zu hypostasieren, ist ein Galimathias, der Denkferne verbürgt.
Filme/Filmregisseure und ihre Philosophen (Irezumi/Derrida, Rohmer/Hösle) sind kongruent.
(Wie der Thomist katholisch ist und der Heidegger-Adept reaktionär usw., so sind deplorable Filmdenker vom Schlage Derridas und Hösles entbehrlich.
Ralf Frodermann XII 2017
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Gespreizte Denkbefugnis / Von Welt- und Textdeutern post mortem
Als das philosophische Denken zwar auch schon nicht mehr geholfen hatte, aber immerhin noch – gleichsam unter Denkmalschutz stehend – hier und da den Anschein zu erwecken wusste, in Fragen hermeneutischer Weltaneignung und der allgemeinen Kritik zuständig zu sein, wandte sich ein mit dem Schicksal ringender Schmock namens Alfons Neukirchen an den Philosophen Hans Blumenberg mit der kreuzbesorgten Frage: „Hat die Wissenschaft nicht versag? Hat sie dem Menschen das Mehr an Wahrheit und das Mehr an Glück gebracht, das in ihrem Ursprung und in ihrem Siegeszug durch die Neuzeit verheißen worden war?“
(in: Hans Blumenberg, Schriften zu Technik. Suhrkamp 2015)
Der Philosoph erteilt dem Schmock den Bescheid, dass dem Religiösen wie dem Künstler die wissenschaftliche Wahrheit nicht viel gelte, ihn kaum angehe und überhaupt besser abzuwarten sei, ob das Jenseits einen locus amoenus mit Antworten auf derartige Nachfragen bereit halte oder nicht.
Kafka, einmal brieflich gebeten, seine Verwandlung einem konsternierten Leser zu deuten, schwieg.
Ralf Frodermann Dezember 2017
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Bestiarium philosophicum (1. Der Einführer)
"'Ich war der Fuß.'"
Jean Paul, Clavis Fichteana seu Leibgeberiana (Anhang zum I. Komischen Anhang des "Titans" (Protektorium für den Herausgeber)
In den Mündungsgebieten des Denkens nistet der Einführer. Er führt von A (Adorno, von Gerhard Schweppenhäuser, bei Junius) bis Z (Zizek, von Rex Butler, bei Junius) ein.
Er führt auch in Ethik, Ontologie, Anthropologie, Geschichtsphilosophie und Metaphysik ein.
Unter u. a. Verwendet Platon das Nützlichkeitskriterium korrekt? (Wilfried Kühn, Einführung in die Metaphysik: Platon und Aristoteles. Hamburg, 2017 S. 83) jüngst in diese.
Der Einführer ist kein Aufrührer, vielmehr zählt er zu Familie der Umrührer und Abbrüher, s. auch Durchrührer.
Muss sich der Verführer den mancherorts erhobenen Vorwurf des übel riechenden Umstürzlers gefallen lassen, so gilt der Einführer als Aasfresser und Nestreiniger.
Seine Domestizierung in den Haustierstand erfolgte auf eigenen Wunsch. Seine Eier sind oft faul und dienen nur Chinesen zum Verzehr.
Ralf Frodermann X 2017
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Brauchwasser und superbia intellectus / Aus dem philosophischen Klärwerk
Das Überdenken führt leicht zu Fehlurteilen.
Wenn der renommierte DDR-Philosophiehistoriker Siegfried Wollgast - Herausgeber der Paradoxa Sebastian Francks (1995) und der Schrift Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe (1993) des Agrippa von Nettesheim sowie Autor der Standardwerkes Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung 1550 - 1650 (1993) - in der Schrift Philosophie und Technik. Zur Geschichte und Kritik, zu den Voraussetzungen und Funktionen bürgerlicher "Technikphilosophie" ( mit Gerhard Banse / Berlin-Ost, 1979) sucht, die Ideologie seiner Zeit in Gedanken zu fassen, so hielt er den Spätkapitalismus, wenn nicht für überwunden, so doch für überdacht.
Aus eben dieser überdenkend-überdachten Perspektive urteilt eine Zeit, die sich ausserhistorisch wähnt, ihrerseits heute über einen gelehrten Marxianer wie Wollgast und seine Zeit.
Ralf Frodermann IX 2017
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Mundeis, philosophisch
Was wäre jedoch ein Schlamassel ohne jemanden, der im Schlamassel steckt?
(Saul A. Kripke, Die erste Person. in. Kripke: Aufsätze aus "Philosophical Troubles". Reclam Stuttgart, 2017 S.236)
Philosophie, die Einsichten solcher Reichweite produziert, ist jenem geselligem Denksport ähnlich, der in Rätselknackerrunden und gymnasialen Philosophie AG's des vergangenen Jahrhunderts noch populär war.
Ralf Frodermann IX 2017
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Philosophis teutonicus redivivus
Das Arcanum des Philosophen Peter Sloterdijk ist Antisemitismus: "Der Hass auf die Juden, der aus jeder Zeile bei Sloterdijk hervorlugt, auch wenn er ihn nie explizit macht, ist in der konformistischen Revolte, die er propagiert, angelegt." (P. Lenhard, Die Stimme aus dem Off. Über Krise, Ausnahmezustand und Revolution. in: PRODOMO Heft 12 November 2009)
Lit.:
Dokumentation "Kein Fussbreit dem Postfaschismus" / Erläuterungen anlässlich Peter Sloterdijks Auftritt in der Veranstaltungsreihe "go create resistance" im Hamburger Schauspielhaus.
in: die röteln (Hrsg.) Das Leben lebt nicht. Berlin, 2006 S. 179ff.
J. Rehmann, T. Wagner (Hrsg.): "Angriff der Leistungsträger?" Das Buch zur Sloterdijk-Debatte. Hamburg, 2010
The Life of the Dead: Karl Marx in Context. by Peter C. Caldwell (The Journal of Interdisciplinary History Vol. 48 Issue 1 Summer 2017)
Ralf Frodermann Juli 2017
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Philosophie wird traditionell als Lehnstuhl-Disziplin verstanden.*
Traditionell allerdings nur von Narren; aktuell auch u.a. von Einführern in eine sog. 'experimentelle Philosophie':
*Nikil Mukerji: Einführung in die experimentelle Philosophie.
Paderborn, 2016 ibid. S. 17
Ralf Frodermann Juni 2017
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Holisten im Kobel for Scrat
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen im philosophischen Kobel.
Findet es kein Futter mehr, schleppt es Ersatzstoffe an.
Philosophie der Biologie Eine Einführung (Suhrkamp 2005) ist solch ein philosophisches Methadon.
Spät fragt es sich nach den Folgen: Thomas Pradeu, Thirty years of Biology & Philosophy: philosophy of which biology? (Biology & Philosophy Vol. 32 Issue 2 March 2017).
Für solche und andere Quantenphilosophen gibt es "keinerlei sachlichen Grund, nicht auch Albert Einstein und John Bell zu den bedeutenden Philosophen des 20. Jahrhunderts zu zählen." (M. Esfeld, Hrsg.: Philosophie der Physik. Suhrkamp 2012 S.7)
Diesem ontotogistischen Zuhältertum wird mit einer "Kritik der Naturgesetze" zu entgegnen sein.
Ralf Frodermann Juni 2017
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Negatives Gaslighting für Adolf Kottan
Philosophie bestätigt die Konjunktur, verklärt die Majoritätsmeinung, züchtet staatswillige Schulbankbonzen.
Max Herrmann (Neisse): Die bürgerliche Literaturgeschichte und das Proletariat.
Berlin, 1922 S. 8
Dass die Moral dem Fressen folgt wie der Donner dem Blitz, war nicht erst seit Brecht bekannt.
Das erneute Aufwärmen des unter Umständen untröstlich machenden Befundes, dürfte zu seiner überflüssigen Popularisierung wenig beitragen:
Vorrang der Moral? Eine metaethische Perspektive. Hrsg. von Martin Hoffmann, Reinold Schmücker, Hector Wittwer. Frankfurt a. M., 2017
Ralf Frodermann Mai 2017
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Noble Lüge
Lachende Erben jedoch vergeuden die Güter der Toten
Theokrit, Die Chariten
Lit.:
Catherine Rowett:
Why the Philosopher Kings Will Believe the Noble Lie
in: Oxford Studies in Ancient Philosophy Vol. 50 2016
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prima philosophia für Philosophia-Perennis-Primaner und für Philosophen
Ob die meta-kantische Frage nach der Möglichkeit von Metaphysik als Wissenschaft noch möglich ist, herrscht durchaus Uneinigkeit.
Die Frage scheint den einen nicht mehr fraglich, den anderen fraglicher denn je.
In der Zeitschrift "Logical Analysis and History of Philsophy" (Vol. 18 2015) schreibt einer in seiner Rezension von Adrian W. Moores Buch The Evolution of Modern Metaphysics. Making sense of Things. (Cambridge, 2012):
"One question that has been a significant focus of disagreement is completely missing in Moore's list. To my mind, it has been the Schicksalsfrage, the fateful question, of metaphysics from Aristotle to the present: Is metaphysics possible as a science?"
Un ein anderer sagt in seiner Vorlesung "Metaphysik. Begriff und Probleme" aus dem Sommersemester 1965:
"...; es kann für keinen Menschen, dem nicht das Organ der Erfahrung überhaupt abgestorben ist, die Welt nach Auschwitz das heißt: die Welt, in der Auschwitz möglich war, mehr dieselbe Welt sein, als sie es vorher gewesen ist." (15. 7. 1965)
Ralf Frodermann Mai 2017