2019 (48)

Die Erlkönigin

(nach Gustav Falkes Ballade Die Schnitterin)

War einst eine Hur', einer Hure Kind,

Die hatte sich schwer vergangen.

Das sprach ihr Herr, der Zuhälter Gynt:

"Du tanzest nicht mehr an den Stangen."

Als das ihrem Vater kundgetan,

Zu zetern begann er, zu schreien:

"Du blöder Arsch, hör' mich doch an,

Ich will mir doch diesmal nichts leihen.

Bleib nur meiner Kleinen lieb und gut,

Den Bruder entbehrt sie, den toten,

Sie ward ein Kind voller Übermut,

Und als Hure nie überboten.

Und lässt du sie nicht weiter schaffen,

Wie lebe ich dann, wie leben dann wir!

Ich will doch nicht immer nur gieren und gaffen,

Sondern saufen den Schnaps und das Bier."

Der Mond stand glänzend überm Bidet,

Der Lude kam lüstern auf Titten,

Sein Schwanz tat ihm seit Wochen weh,

Auch hasste er Flehen und Bitten.

Da rief er: "Ok, du einmalig dumme, rechlose Sau,

Du Fanboy, du Votze, du Knecht,

Nimme deine Tochter, ich nehem die Frau,

Doch machts mir in Zukunft nur recht."

So ging er den Mann an, voll Spott und Hohn,

und jagte dann los in dem Wagen,

Neben ihm ein Behinderter Sohn,

Den konnte er nie ertragen.

Er fuhr ihn zur Mutter in eiliger Hast,

Er hasste ihn mehr als sein Leben,

Übergab ihr so wütend die kindliche Last,

Daß sie musste lange erbeben.

Trotzig barg sie das Kind in dem Busen,

Ihr Auge vom Weinen ein Rot,

Der kleine Trottel, er wollte sie schmusen,

Sie schlug ihn im Schlafzimmer tot.

Ralf Frodermann X 2019