Gender-Islam / Homophobie-Phobie

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Rezension

Daniel Krause: Allahs ungeliebte Kinder – Lesben und Schwule im Islam.

Osnabrück, 2014

Man kann beim Sprechen jemanden die Hand an die Hüften legen.

Hubert Fichte, „Hotel Garni“ (*Geschichte der Empfindlichkeit*)

Vor vier Jahre hatte Thomas Maul in seinem Buch „Sex, Djihad und Despotie / Zur Kritik des Phallozentrismus“ (Freiburg .i. Br., 2010) in den Kapiteln ‚Schwuler Orient’ und ‚Analverkehr im Verborgenen’ das Thema männlicher Homosexualität in muslimischer Sphäre angemessen in theoreticis abgehandelt.

Der Kölner Lehrer Daniel Krause legt nun - aus dezidiert homosexueller Perspektive und pro domo argumentierend - mit seinem neuen Buch unter anderem zwei Fallberichte vor, die das ganze Ausmaß der durch Exekution des rigiden, koranischen Moralkodex geschaffenen Unglücks auf Seiten der von ihm betroffenen Homosexuellen aufzeigt.

Krauses Streitschrift enthält vier Kapitel, deren zweites die beiden Fallbeispiele schildert.

Das erste erzählt die Torturen, der eine junge Lesbierin aus dem Iran nach ihrem Coming- Out

bis zu ihrem Selbstmord in Deutschland von Seiten ihrer Familie ausgesetzt war

Das zweite erzählt von einem türkischen Jungen namens Tunay, der aus der anatolischen Provinz stammt und, nach seinem Outing, auf der Flucht vor seiner ehrsüchtigen Familie im Istanbuler Schwulenparadies Beyoglu untertauchen kann; in dieser schrillen Enklave gestattet sich der türkische Muslim-Mainstream noch halbwegs Nachsicht mit seinen homosexuellen Außenseitern.

Insgesamt jedoch, so Krause, sei die Lebenssituation in der Türkei für Lesben und Schwule katastrophal.

(Das „schwule Tabu“ in der Türkei scheint dort nur noch vom „armenischen Tabu“ an Wirkungsmacht wortwörtlich in den Schatten gestellt zu werden.

Selbst eine akademische Pioniertat wie das Werk des Historikers Taner Akcam, „The Young Turks’ Crime Against Humanity. The Armenian Genocide and Ethnic Cleansing in the Ottoman Empire”. Princeton, 2012, zählt nicht gegen die Barbarei der Intransigenz.)

Nach einem ebenso pointierten wie programmatischen Vorwort des Publizisten Hartmut Krauss – „’Der Islam gehört zu Deutschland’...als ultrareaktionärer Problemgegenstand“ –, skizziert Daniel Krause die homosexuelle Emanzipationsgeschichte inmitten evangelischer und katholischer Kirche, resümiert die „Fortschritte“ und kommt schließlich vor diesem Hintergrund und Gegenentwurf zu dem Fazit, die Abschaffung des muslimischen Pendants zum deutschen §175 des Strafgesetzbuchs stehe den Schariafreunden noch bevor.

Bevor Krause im vierten und knappsten Kapitel mit der historisch einigermaßen verunglückten Endabrechnung aufwartet – „Der radikale Islam ist eine schwer zu bändigende totalitäre Bewegung. Homosexuelle sind und bleiben die ersten Opfer dieser gnadenlosen faschistoiden Ideologie. An vielen Orten drohen Massenmorde, die durchaus Parallelen zum Nazi- Holocaust aufweisen können.“ (S.146) – und die solchem Schrifttum eigenen Hoffnungen und Appelle artikuliert, beschreibt er im dritten Kapitel seiner polemischen Kampfschrift die Frontlinien des europäisch-muslimischen Kulturkampfes.

Wäre sein Buch ein filmischer Historienschinken, so könnte er „Die Türken vor Gay Town“, heißen mit einem Pim Fortuyn- Double als Prinz Eugen.

Pim Fortuyn nämlich gerät Krause im dritten Buchkapitel zum „schwulen Volksheld“.

Zwischen unappetitlichem Wunschdenken („Sicher wimmelt es auch unter muslimischen Imamen nur so von lüsternen, warmen Brüdern.“ S. 60) und den typisch naiven Einsichten eines auskömmlich Bestallten („Ganz allgemein kann in ‚flexibleres’ Verständnis von Weiblichkeit und Männlichkeit zu einer ‚freieren’ Gesellschaft führen.“ S.70) bleibt Krause, trotz aller Unbeholfenheit und gedanklicher Disparatheit, die einen ernsthaften Vergleich seines Textes mit der o.a. Arbeit Mauls verbietet, das Verdienst, mit seinem Anti-Traktat Flagge gezeigt zu haben und zu zeigen.

Dass die Regenbogenflagge in den Staub gezogen gehört wie jede andere, steht auf einem anderen Blatt.

nota bene:

Die Zitation aus „der überregionalen Wochenzeitung Preußische Allgemeine“ auf S.130 seines Buches verdeutlicht, dass Autoren wie Krause jede Quelle unbedenklich anzapfen, wofern sie nur deren Wasser auf ihre Mühlen gießen können; sei es noch so rostbraun wie das

der ultra-reaktionären Ostpreußenzeitung Preußische Allgemeine.

Diverse Abführungszeichen fehlen.

Grammatik S. 32: „Dieses soll Diskriminierungen aufgrund bestimmter

Persönlichkeitsmerkmale abzubauen (sic!) helfen.“

Stilistik S.100: „Innerhalb (sic!) weniger als einer Minute...“

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Ralf Frodermann April 2004

Rainer M. Wolski

Gebetspausen am Arbeitsplatz -

Erwartungen geflüchteter Muslime

Basiswissen für Arbeitgeber

Luxembourg 2016. 136 Seiten. Paperback. 19,91 €

ISBN 9781532977688