cribratio al korani

Das Beste vielleicht, was vom Kultureinfluß des Koran sich sagen ließe, wäre, daß er die Tätigkeit als solche nicht proskripiert, die Beweglichkeit (durch Reisen) veranlaßt - worauf die Einheit dieser Bildung vom Ganges bis Senegal beruht - und ganz wüste orientalische Gaukelmagie ausschließt.

Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen (Kröner 1978 S. 100)

Hartmut Krauss: Der Islam als grund- und menschenrechtswidrige Weltanschauung. Ein analytischer Leitfaden.

Osnabrück, 2013 (Hintergrund Verlag)

Rezension

Islamkritisches Schrifttum unterliegt in Deutschland seit geraumer Zeit dem Verdikt des Unzumutbaren. Als mindestens unschicklich gilt schnell, wer in religions- oder gar sozialkritischer Absicht den europäischen Alltagsislam in den Fokus soziologischer Analyse nimmt. „Islamophobie“ lautet der Generalvorwurf, der sich als geeignet erwiesen hat, kritisches Denken weitestgehend diesbezüglich still zu stellen bzw. in sein Gegenteil, political correctness, zu überführen.

Der Sozialwissenschaftler Hartmut Krauss, der seit einigen Jahren zu diesem Thema publiziert (zuletzt: H. Krauss, Hrsg.: „Feindbild Islamkritik. Wenn die Grenzen zur Verzerrung und Diffamierung überschritten werden“. Osnabrück, 2010), legt mit seinem neuen Buch eine nüchterne Bestandsaufnahme sozialpsychologischer, ökonomischer wie politischer Aspekte des deutschen Alltagsislam vor.

In drei, zum Teil weit ausgreifenden Kapiteln handelt Krauss seinen Gegenstand ab:

    1. Epistemologische Grundlagen religiösen, insbesondere islamischen Denkens werden unter dem Titel „Zur Begriffs- und Gegenstandslogik einer kritisch-wissenschaftlichen Islamanalyse“ einer differenzierten Analyse unterzogen;

    2. Islam versus europäische Aufklärungstradition werden unter dem Titel „Orthodoxer Islam und menschenrechtliche Moderne: Ein verkanntes Gegensatz- und Ausschließungsverhältnis“ traktiert; und schließlich

    3. die mit bemerkenswert kritischem Aplomb vorgetragene Verteidigungsrede dessen, der die geistigen Identitätsgrundlagen Europas eher in Religionskritik als in Religion, eher in Emanzipation als in Unterwerfung (nichts anderes heißt übersetzt „Islam“), eher in Urbanität, säkularer Rechtsförmigkeit und Kosmopolitismus als in Clanwirtschaft und Dezisionismus aller Art zu sehen gewohnt ist, bildet unter dem Titel „Spätmoderner Aufklärungsverrat und Islamisierung als Bedrohung der europäischen Moderne“ den letzten Teil der engagierten Streitschrift, als welche man sie wohl auch nicht zu Unrecht zu apostrophieren hat.

Ein Exkurs zu „Kulturrelativismus als parteiliche Rechtsprechungsideologie“, „Schlussbetrachtung und Fazit“ sowie ein Glossar und Literaturverzeichnis runden den Band ab.

Im überaus stark verminten Ideologiefeld deutscher Integrationsdiskurse muslimischer Couleur nehmen die Darlegungen Hartmut Krauss‘ heute einen im Wortsinn exzentrischen Standpunkt ein. Zwar wurde auch in der Vergangenheit schon der Islam einer rücksichtslosen Kritik unterzogen, etwa von Voltaire, Hegel, Schopenhauer, Marx, Max Weber und anderen, doch unter den einschlägigen Diskursbedingungen im heutigen Deutschland, zwischen dem Zentralrat der Muslime und dem der Ex-Muslime und inmitten der Kraftfelder unterschiedlichster Interessen der zu Integrierenden unter ihnen, ist Islamkritik Anathema, der Verweis auf eine religiöse Überzeugung hingegen die nicht weiter hinterfragbare und zu hinterfragende Raison d’etre der islamischen Doktrin schlechthin. Die Frage, worin sich religiöser Glaube gründet und worauf sich ein Respekt vor ihm stützen kann, gilt unter Gläubigen bereits als häretisch. Und selbst ein brisantes Thema wie der in Europa insgesamt ständig virulenter werdende muslimische Antisemitismus (vergl. Verf. „Integrierter Wahn?“ in: TUP 2/2012 S. 156-157) erfährt in mainstream-Debatten kaum nennenswerte Aufmerksamkeit. Mit anderen Worten: der hier in Rede stehende Diskursclaim ist präzise abgesteckt und seine Grenzen sind nicht folgenlos zu verletzen. In diesem Sinn ist das Buch von Hartmut Krauss eine dringend nötige Grenzverletzung:

„Zwar wird sich Deutschland deshalb so schnell noch nicht selbst abschaffen oder gar islamisch werden. Aber es wird sich bei Fortsetzung der skizzierten Verflechtung von spontan-demographischer Ausweitung orthodox-islamisch gebundener Sozialmilieus und fördernder Islamisierungspolitik - vor dem Hintergrund gravierender ökologischer, sozialökonomischer und politischer Krisenentwicklungen - zunehmend in Richtung auf eine religiös-reaktionäre Gesellschaft zu bewegen, in der zu leben für fortschrittliche, intelligente und freiheitsliebende Menschen, die zuversichtlich in die Zukunft schauen möchten, immer unangenehmer werden wird.“ (S.216)

Ralf Frodermann V 2013

Siehe auch:

Bat Ye'or: Europa und das kommende Kalifat. Der Islam und die Radikalisierung der

Demokratie.

dt. Berlin, 2013

Zeitschrift für Arabische Linguistik

Herausgegeben von Werner Arnold und Otto Jastrow