Schweißvorlagen/Prozentrechnung

Familienstand: Onkel/Junggesellen in Zeiten ihrer Allgegenwärtigkeit

„Er blieb zu Hause, sah verschiedene Dinge in dem Garten an, und untersuchte noch einmal alle Habe, die er in sein Ränzchen gepackt hatte.“

A. Stifter, Der Hagestolz

Hatte der freiwillige oder unfreiwillige Verzicht auf Familie und den damit verbundenen Wohltaten und Widrigkeiten einst etwas heroisch Komisches, so ist heute eher das einsam-kollektive Gehen und Eingehen an der sozialen Tagesordnung nicht nur männlicher Lebensvagabunden und Hobos. Sonderlinge sind Sondermüll und kommen in großer Zahl ohnehin nicht mehr vor, so dass sich diesbezügliche, traditionelle Endlager („Ehe“) mit Nebenwirkung („Abneigung in der Ehe“ etc.) erübrigt haben. Wer früher heiratet, ist ohnehin länger geschieden! Den Umweg über die Ehe aber haben heutige nerds nicht mehr nötig; sie können direkt die Ziele ihres Eigensinns ansteuern und dort nach Belieben vor Anker gehen, falls sie nicht gleich, zwecks Lebensüberwinterung, den full service im Hotel Mama wählen. Männer ohne Frauen sind wie Frauen ohne Mütter, d.h. sie sind disponibel und haben deshalb freie Kapazitäten, das Leben anderer Menschen zu erleichtern bzw. zu erschweren. Statt Söhne oder Töchter haben sie allenfalls Nichten oder Neffen; veritable Erbschleicher zumeist, die mit großem Ernst noch größere Erwartungen hegen. Das Leben erscheint diesen Naturen nach jedem Einkauf erneuert und mutet ihnen glänzender an, als noch die Politur ihrer Armseligkeit.

Wollte ein Dritter es in gebundener Rede sagen:

Hieltest du nur mehr auf dich,

Wärest du vertraut mit dir,

Nimmer fiel‘ ein Fluch auf mich,

Immer wär‘ ich eins mit mir.

Ralf Frodermann Mai 2012