Kasse
Die Kassiererinnen
Legen dir dein Wechselgeld nicht in die Hand,
Sie werfen es, aus Ekel vor der Berührung werfen
Sie dir dein Wechselgeld in deine Hand. Ein
Kurzer Wurf, zu kurz, um erklärungsbedürftig
Zu sein. Aber zu ungewöhnlich, um unbemerkt
Zu bleiben; ‚noli me tangere’ schmeckt keinem
Und wer fühlte nicht den stechenden Schmerz
Einer beiläufigen Verachtung, dabei redet noch
Gar niemand von zarter Besaitung oder
Beschwerdemanagement oder Trockenvotzen etc.
Die diensthabenden Geister flöten den Kunden zu:
‚Nahtoderfahrung im Angebot! Das Hobby für die ganze
Familie! Viele Welten, die keine Angst brauchen!’
Weiße Reise nach Unfall, arrangierbar, ecce homo und so.
Daran verzweifeln unter anderem die Kassiererinnen, weil sie
Fortbildungen machen müssen, auch noch
Nach dem Kassiererinnenstudium an den
Kassiererinnenuniversitäten im In- und Ausland.
Lebenslange Lernscheiße? Sie haben doch
Ein Fundament gelegt, aber das zählt nicht,
Das muss immer wieder neu gelegt werden,
Bis das dann zählt; bis dahin ist ihr Leben
Ein Rohbau. Das fühlen sie, Kassiererinnen,
Und wissen überdies, dass ihre kleptomanischen Kunden
Nichts dafür können, nicht haftbar zu machen sind
Für solchen Missstand; auch ihre Freunde und
Nachbarganoven nicht, die immer nur die Hälfte bezahlen
Und nur halbgeschröpft sich durchschlängeln dürfen.
D.h. bis Monatsende fressen können, sogar kochen.
Maul auf nach Auge zu, Sie verstehen!
Arglos den Bettel hinwerfen, in die handliche
Müllhalde hinein; endlich mal satt hassen!
Mit Klageweibern an den Kassen.
Ralf Frodermann X 2011