„Wer shoppt, ist bekloppt“? / Kunde Tantalus
Profanes Plagiat
Der Argwohn am Überfluss befindet sich in einer Übergangsphase. Nicht mehr lange, dann lautet ein diesbezügliches Sloganecho erfindungsreicher Unverdächtiger „Überfluss ist überflüssig“.
Der geduldete Scharfsinn im Dienst von Absatz und Profit war seit über hundert Jahren eine Domäne und das Metier der Werbebranche. Um sie ist es nachgerade so miserabel bestellt, dass sie ihrerseits effektiver Werbung bedarf.
Der ungeglaubte Glaube an die Warenwelt benötigt zu seiner mehr schlecht als rechten Aufrechterhaltung zunehmend unbequemere Korsetts und wiederholt so den vorausgegangenen Zerfall religiöser Paradigmen, deren Missionierungsaktivitäten umgekehrt zum Muster profaner Werbung wurden.
Aus „Wer nicht wirbt, stirbt“ ist „Wer noch wirbt, ist gestorben“.
Das Leichenschmaus- und Nachfeierhafte des Angebot- und Nachfragebetriebs liegt wie ein Alp über dem tagtäglichen Schacher. Jeder will ihn rasch hinter sich bringen und kann sich doch niemals ganz erfreuen am Hexentanz zwischen Notdurftbefriedigung, Vorratshaltung und Warenfetischisms.
Hier und da will der gedungene Kunde nur Kunde sein, muss sich aber mit der Rolle des Königs ohne Königreich zufrieden geben, worüber ihn die Werbewelt unermüdlich zu unterrichten zur allgemeinen Müdigkeit nicht müde wird.
Vor lauter Ködern geht denn auch kein Fisch mehr an die Angel; die Werber – in der Jägersprache „Treiber“- reagieren darauf mit der Einführung essbarer Angelhaken.
Zum Teil arbeiten Werbe- und PR- Klitschen bereits an Modellen für essbare Angeln und Angler. Aber das ist gegenwärtig noch Zukunftsmusik, denn keiner geht bekanntlich ungestraft über das Wasser.
Resterampe (Keine Anzeige)
Wir bitten freundlichst um Gehör,
Herr und Frau Digitalflaneur,
Und sind uns allerdings im Klaren
Darüber, dass auch viele Waren
Den Kranken nicht genesen lassen.
Jawohl, wir hassen auch das Prassen
Und geben dennoch zu bedenken:
Was du nicht kaufst, das müssen wir verschenken,
Was du nicht säest, das können wir nicht ernten;
Und weil wir all dies nie verlernten,
Und auch aus Überdruss nie konzedierten,
DASS MINUS ein verborgnes PLUS,
Dass DÜRFEN ein direktes MUSS,
So lass dich in die Schulden betten,
Dann können wir dich juste retten.
Ralf Frodermann XI 2012