Ius soli (Sündenforschung / Rechenzentrum)

„Bisweilen, in den Sternstunden der Ironie, geschieht es, dass alle Modelle der Ironie in eins zusammenfallen, so wie es Robert Musil beschreibt: ’Ironie ist: einen Klerikalen so darstellen, dass neben ihm auch ein Bolschewik getroffen ist. Einen Trottel so darstellen, dass der Autor plötzlich fühlt: Das bin ich ja zum Teil selbst.’“

Harald Weinrich, Linguistik der Lüge (1966)

Denkverbot im Panic- Room:

Ironie und Islam (nach Westergaard und FOUR LIONS u.a.)

Auf Sarkasmus ist bisher weder Kopf- noch Abwrackprämie ausgesetzt, was u.a. unter leicht reizbaren Muslimen da und dort Kopfschütteln hervorruft. Wann, so fragen die, ist endlich von Amts wegen Schluss mit Blasphemie, der Schmähung und Lästerung Allahs, seines Propheten, seiner Engel und seines irdischen Fuhrparks und Fahrdienstes seitens der Ungläubigen und Unbelehrbaren!

Nach der Abdankung des Christentums und der Schließung aller, diesbezüglich tröstlichen Tapetentüren und Jenseitsutopien in westlichen Gesellschaften, wie nach dem Abklingen der Folgen dieses Säkularisationsschocks, war man auch in Deutschland überwiegend zu religiöser Abstinenz übergegangen, wenn man nicht gleich, wie Marx, Religion in toto als „Geist geistloser Zeiten“ zu denunzieren pflegte. Religionskritik jedenfalls war nicht mehr ohne weiteres zu skandalisieren; Atheismus wurde schließlich, wie zuvor die katholischen und evangelischen Konfessionen, zur Nebensache, auch an Sonn- und Feiertagen.

Die überfällige, doch auf sich warten lassende Abschaffung des Todes (biochemisches Manhattan-Projekt des 21. Jahrhunderts), verlängert allenthalben die Agonie spiritueller Gewissheiten, d.h. das zähe Fortdauern überlebter, und in vielerlei Formen überlebender Weltauslegungen, d.h. Religionen etc.

Kulturwissenschaftler wie Thomas Macho machen auf den tröstlichen Aspekt „geteilter Sterblichkeit“ aufmerksam, um den alten Todesstachel einmal mehr immanent zu wattieren, aber das verfängt bei jenen nicht, die auf Ewigkeit setzen und deren Hass auf fremde, irdische Sünden noch größer ist als oftmals selbstgerechte Vorfreude auf eigene im Paradies.

Alle Diskussionen um die conditio humana drohen unter solchen Umständen einen prohibitiven Charakter anzunehmen, denn wer nicht glaubt und gläubig ist, kann nicht wissen. Umgekehrt führt kein Wissen zum Glauben, sondern eher von ihm fort und sollte also, instrumentelles Wissen ausgenommen, besser gleich sanktioniert und dem Vergessen anheim gegeben werden.

Ein imaginärer Index zu ignorierender Bücher existiert längst; der Sprechort spricht, außerhalb seiner ist ohnehin nur Kampfplatz ohne Rederecht. Dialogangebote gelten der Einstimmung aufs Monologische, Ironie ist Häresie und nur von Wert als Trophäe islamischer Tathandlung.

„Die große Spannweite, welche der Islam durch Entstehung der theologisch-juristischen Kasuistik und der teils aufklärerischen, teils pietistischen Philosophenschulen einerseits, durch das Eindringend des persischen, von Indien herkommenden Sufismus und die Bildung der noch bis heute sehr stark von Indern beeinflussten Derwisch-Ordens andererseits gewann, hat ihn dem Judentum und Christentum in den entscheidenden Punkten nicht näher gebracht. ... Der Krieger, nicht der Literat, ist das Ideal der Religiosität.“ (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft)

Wo die Dinge einmal so liegen, wird Ironie allenfalls als unpassend und deplaziert empfunden. Ihr elegantes Florett mag in seiner Scheide schmollen, der Krieger lacht nicht, sondern kämpft und betet, betet und kämpft. -

Islam heißt Unterwerfung, Ironie: zu kurzer Ausweg.

Ralf Frodermann XI 2012