Der diesjährige Poet in Residence der Universität Bockwurst, Sixtus Beck-Messer, wird im kommenden Sommersemester vier Vorlesungen halten.
Hier seine diesbezügliche Vorankündigung:
Was aber irgend übrig bleibt,
Wird der Kältes der Lebendigen einverleibt.
(nach Wedekind)
Darf man nach Durs Grünbein und Heinrich Detering noch schlechtere Gedichte schreiben? -
Kaum! - Dafür leg ich meine Hand ins Wasser.
"Männer, in denen es so denkt und redet, haben es redlich verdient, dass man sie mit Hohn und Spott überzieht."
(BAHAMAS 78 2018 "Asexuelle Belästigung. Warum #Me Too ein großangelegter Übergriff auf die Residuen bürgerlicher Zivilisation ist." Von Thomas Maul und David Schneider)
Denn o wo ist der sorgsame Wahrheitsforscher,
Der geht, und die Zeugen verhört? Geh hin, noch leben die Zeugen,
Und halte Verhör, und zeih, wenn du kanst,
Auch mich der Entweihung!
Klopstock, Fürstenlob
Rektorat Universität Bockwurst 7. März 2018
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Die Jungfrau von Istanbul am 16. Juni
Seit hundert Jahren geht auf Rädern ein Karren
Auf der Landstraße abends, einförmig mit Knarren.
Den Einsamen triffst Du in allen Ländern,
Nie wird er den knarrenden Gang verändern.
Der Karren ist niemandes Gut noch Habe,
Er fährt am Abend die Zeit zu Grabe.
aus: Max Dauthendey, Sieben Gespenster und die Zeit
Gelungene Integration, was ist das? Am 16. Juni ist Bloomsday und Flüchtlingstag. Drei integrierte Joyce-Leser, Frau Ö. aus der Schweiz, Frau Y. und Herr K. aus der Bundesrepublik, ziehen Bilanz.
Vincent K.:
Beim Bund zählt nur deine Leistung. Kannst du marschieren oder nicht, wo du herkommst ist egal. Die Ausbilder sind zu allen ok. Bei Nachtmärschen kriegen die, die kein Schwein essen, eben kein Schwein mit. Integration oder so was macht hier keiner. Wir lesen DUBLINER auf Wache und können alles gut verstehen, besonders DIE TOTEN. Aber in Irland leben? Nee! Ich will hier meine Chancen verbessern, Führerschein machen und trocken werden. Sobald ich perfekt Englisch kann, geh‘ ich in die Kolonien.
Ayse Ö.:
Seit drei Jahren arbeite ich in einer Bar. Mein Freund weiß davon nichts, denn ich bin jetzt voll integriert. Früher war ich oft traurig und hatte kein Geld. Prostitution war bei uns zuhause kein Thema, meine Mama konnte nicht mal lesen. Sex und Geld sind Privatsache, finde ich, und beten ist arbeiten oder? In der Einrichtung nenne ich mich Molly Bloom, meine Gäste mögen das und finden meinen irischen Akzent, den ich mir angewöhnt habe, sexy. Die Bar heißt DIE JUNGFRAU VON ISTANBUL und alle, die hier arbeiten sind nett, wir haben voll den Spaß und gehen auch gern mal ab. Die denken alle, ich wär‘ die Jungfrau. Cool.
Frau Y.:
Seit ich 2.000€ im Monat verdiene, meine Miete pünktlich überweise und die Raten für den Kühlschrank, bin ich quasi deutsch. Zwar habe ich noch alte Schulden, aber die werde ich durch Vergleiche los. Heimweh habe ich nur, wenn ich nicht zuhause bin. Meine Freundin findet das krass, aber ich nicht. Ich habe doch nicht studiert, um keinen Job zu kriegen. Und von einem Mann oder so will ich auch nicht abhängig sein. Ich bin gern im Netz und habe viele Freunde in der Züricher Joyce-Foundation. Joyceaner sind wirklich international und kennen keine Grenze. Na ja, an Finnegans Wake traue ich mich noch nicht ran. Nach meiner Scheidung ziehe ich nach Böblingen oder Bad Wildbad.
Aus dem Band: "Meine/Deine Integration kotzt dich/mich an." Novellentagebuch.
von Sixtus Beck-Messer (Geleitwort von Bobby Holunder)
#bockpress# 2014
Ralf Frodermann März 2018