So entstand Grammatik bloß durch das Bedürfnis der Sprache, und durch die Fortschritte, welche die menschliche Vernunft nach und nach machte. Denn selbst bei der einfachsten Mitteilung der Gedanken musste sehr vieles durch Beziehung der Worte aufeinander ausgedrückt werden, und der natürliche, durch die Vernunft geleitete Gang der Sprache brachte den Menschen, ohne dass Verabredung erforderlich gewesen wäre, auf die Bestimmung der verschiedenen Arten jener Beziehung.“
J. G. Fichte, Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprunge der Sprache
Inklusive Opposition kopfüber:
Der unzustellbare Lord- Chandos- Brief
Was Dämlichkeit aus gekränkter Ehre anzuzetteln imstande ist, bezeugt nicht erst neuerdings feministische Sprachkritik.
Ein aktueller Anlass an der Leipziger Universität, die für ihre große Anpassungsbereitschaft an jeden gerade herrschenden Zeitgeist seit der raschen Umbenennung von KARL-MARX-UNIVERSITÄT in UNIVERSITÄT LEIPZIG im Jahr 1990 gut bekannt ist, bietet dem Sprachwissenschaftler Hans- Martin Gauger Gelegenheit, in der FAZ vom 10. Juli 2013 wieder einmal wenigstens die gut übersehbare Faktenlage korrekt darzutun.
Die gegenwärtige Rektorin der Leipziger Alma Mater ließ in die Universitätsverfassung eintragen, dass unter „Professorinnen“ künftig sowohl Damen wie Herren zu verstehen seien und bekundet damit ein Vertrauen in „die bewusstseinsbildende Macht einer Sprache“, wie Gauger solchen Nominalismus nennt, das auf nichts als Hörensagen gründet.
Gauger, den als ausgewiesenen Schimpfwortexperten wohl mächtig der Schalk drückt, kann sich zweier Hinweise, die von solch törichter Dikurshobelei immerhin als bekömmliche Späne abfallen, nicht enthalten.
Zunächst weist er, eingeleitet von einem augenzwinkernden „übrigens“, auf sein Spezialgebiet, die Vulgärsprachforschung, rekurrierend, diskret darauf hin, dass im Deutschen, gewissermaßen schon proto-linguistisch korrekt, das geläufigste Schimpfwort („Arschloch“) im Genus neutral, das im Fanzösischen und Spanischen beliebteste in Fluchkontexten („Fotze“) aber dem genus femininum angehöre.
Im Fortgang seiner Darlegung kommt er dann auf seinen spanischen Kollege Ignacio Bosque von der „Königlich Spanischen Akademie“ zu sprechen; aus seiner offenbar einschlägigen Expertise „Sprachlicher Sexismus und Sichtbarkeit der Frau“ kann jedermann unschwer zum Beispiel lernen, dass keine Nationalsozialistin sich allein schon deshalb diskreditiert fühlen konnte, weil der Führer meistens nur von „Nationalsozialisten“ sprach. Eine Ehrverletzung lag keinesfalls vor und konnte gar nicht vorliegen.
(Das linguistische Repertorium beleidigender und ehrverletzender Sprechakte ist übrigens dem Band „Beleidigungen. Eine Untersuchung über Ehre und Ehrverletzung in der Alltagskommunikation.“ Aachen, 2007 von Simon Meier zu entnehmen. Vergl. dazu die Rezension Sonja Kleinkes in: „Gesprächsforschung- Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion“ Ausgabe 10 2009 S. 12-19)
Usurpationsversuche der Grammatik durch trüben, pseudogrammatischen Mumpitz sind weder neu noch spezifisch weiblich. Kaum lohnt die Mühe noch, ihnen argumentativen Bescheid zu erteilen.
„Sex“, sagt Woody Allen, „ist eine schmutzige Angelegenheit. Aber nur, wenn man es richtig macht.“ - Sprache auch.
Ralf Frodermann VII 2013