Filmbörse

Eigentümlich befremdlich bis befremdlich fremd:

Zum Börsenfilm

„Eine Umschau in modernen Konsumgesellschaften genügt, um den wachsenden, wenn acuh ständig gefährdeten Wohlstand der Arbeiter und Angestellten der Industrie und Dienstleistungsbetriebe feststellen zu können. Tendenziell gehören Konsumlusterweckung und optimale Lustbefriedigung zum Programm. Sie helfen, dabei den Verlust an Politik zu kompensieren und die Notwendigkeit der Politik zu verdecken.“

Johannes Agnoli, Die Transformation der Demokratie. (1967) Hamburg, 2004 S.28

Ob Europa, wie manche gesagt haben, schon der Puff Asiens ist oder Griechenland erst das Arschloch Europas, fragt sich auch der Börsianer an der Salattheke, allerdings unbesorgt.

Die Sorge hat er nie gekannt.

Filme wie Oliver Stones Wall Street aus dem Jahr 1987 oder Martin Scorseses Wolf of Wall Street von 2013 wirken auch auf ihn, den Mann der Börse, keine dreißig Tage oder Jahre nach ihrem Erscheinen, so anachronistisch wie nur je ein Sandalenfilm mit Charlton Heston oder Yul Brynner.

Es ist auch ihm, dem Mann der Börse, dem die Wirklichkeit als eine Art Außenbordmotor erscheint, als müsste mit dem dargestellten Unfug zwischen Baisse und Hausse längst ein Ende gemacht worden sein. Zu seinem Glück, so dünkt es ihn, ist das nicht der Fall.

Er kennt das Geld, liebt es noch mehr; Zola, dessen Ausgeburt er ist, kennt der Romanist.

Die Zuschauer der Zukunft reibt sich ungläubig die Augen; „das also war der Kapitalismus der Finanzprodukte“ sagt er zagend, erleichtert, „so ein realisierter Unsinn verarschter Verarscher“. Alchemie. Köhlerglaube. Mumpitz ex machina.

Wie einst DIE ZEHN GEBOTE, QUO VADIS oder BEN HUR zuvörderst nicht Zeugnis ablegen sollten von der Frömmigkeit und dem missionarischen Furor ihrer Produzenten, so die Wall Street- Epen nicht von der spätkapitalistischen Begeisterung für den spätkapitalistischen Finanzsektor.

Gleichwohl krönte oft genug nach der Fürbitte eine BEN HUR- Vorstellung den Gottesdienst unter Freikirchlern oder Baptisten, Mormonen und Mennoniten, wie eine Brokerparty erst ihren Gipfel erreichte, wenn Gordon Gekko resp. sein Nachfolger Jordan Belfort auf dem Homevideo die Koksnasen voll hatten.

(Dem Papst u.ä., wie auch Mr. Belfort dienen „ihre“ einschlägigen Filme bis dato als PR- Material.)

Juni 2014

Fortsetzung folgt (Triumph des Schielens)