Duineser Tagebuch

18. Februar

Jean Pauls Brief eines Weiberfeindes mit einem Vorwort von Georg Düsterhenn erscheint im Herbst bei #bockpress#.

Unser Podcast Akosmismus / Von Spinoza zu Lauterbach ist ab März abrufbar.

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Abflug nach Edinburgh am 20. Februar.

14. Februar

Siebzigjährige sind nicht Fröstlinge, wenn sie im Sommer

Gern an der Sonn' ausruhn, und am wärmenden Ofen im Winter.

Johann Heinrich Voß, Der siebzigste Geburtstag

Mein Beitrag zur Festschrift Christian Freiherr von Auchjauche zum 70. Geburtstag "Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe / Philologische Chiliasten und eschatologische Connoisseure" (s. Motto oben) sollte als Separatum in POETICA (Band 51 Heft 3-4 2020 Ein Ende setzen. Zum Zusammenhang von Schluss- und Konfliktmodellierungen) erscheinen.

Seltener Fall, da das Aus vor dem Ende eintritt.

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Kein Tutorium im Sommersemester. Den Onlineklatsch lehne ich ab.

Wenn wir ein Flugzeug bekommen, fliegen wir nach Schottland zu guten Freunden.

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Es wird einem rasch klar, daß die heutige Medizin selbstverständlich jedes Recht verwirkt hat, die Gesundheit der Bevölkerung vor einer pathogenen Umwelt zu verteidigen, denn dies hieße ja dem Staat oder auch nur der Pharmaindustrie die Stirn zu bieten.

Guy Debord, Gesellschaft des Spektakels ( dt. Berlin, 1996 S. 232)

10. Februar

Fuga irrealis

Hätt' ich'n Sohn, ich nännte ihn Merlin

Und, Herrgottsakrament, ich liebte ihn,

Von Schulen und Lehrern hielt' ich ihn fern,

ich wanderte mit ihm zu jedem Stern,

Ich sähe ihn jeden Tag reifer reifen

und würde nach Überall mit ihm schweifen.

Ich spräche mit ihm, heut', morgen und gestern,

von meiner Liebe zu seinen Schwestern.

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Wenn Dürftige Dürftiges aus dürftigen Quellen schöpfen

Wie Mönch und Nönnchen ihr Skapulier mit sich führten, so die Wissenschaft bis heute das Plagiat.

Ins Fadenkreuz der Plagiatempfindlichen - für manche sind sie schlicht Neidhammel/Neidschafe - gerät erneut Kollegin Koppetsch heute in der FAZ. In gleich zwei Artikeln weiß man ihr, die offenbar den ganzen Rummel nicht verstehen kann, am Zeug zu flicken.

Rangeleien unter Etablierten sind allemal unterhaltsamer als solche unter Außenseitern.

In der Unfähigkeit, das Leben zu verstehen, haben sich allgemein gültige Normen herausgebildet, es zu beurteilen.

Norbert Einstein, Die Zigarette (in: N.E., Der Alltag. Aufsätze zum Wesen der Gesellschaft. 1918)

9. Februar

Ernst Haeckels Monismus ist heute so vergessen wie allgegenwärtig. Allerdings in seiner Verfallsform.

Unterschied er noch zwischen Kant I. und Kant II. - dem monistischen und dem dualistischen Kant der kritischen Periode -, so ist heute selbst sein Biologismus vom Hunde auf den Köter gekommen.

8. Februar

Kommentar als Sedativ

Die Schrift "Über die, seit einigen Jahren, methodisch betriebene Verhunzung der Deutschen Sprache", ein Exzerpt aus Schopenhauers Nachlass (ed. Lütkehaus Freiburg, 1997), deren Lektüre den Sprachklimaforschern da und dort heute nützlich sein dürfte, bedarf bald entschärfender Kommentierung.

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Marullus Tarcagnota

Veneri (Übersetzung)

6. Februar

Demosthenes' Kranzrede (de corona) durchgesehen.

Vorwort zur Neuübersetzung bei #bockpress# im kommenden Winter skizziert.

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Ein FAZ-Schmock und "relativ langweiliger Leninist" - Dietmar Dath über Dietmar Dath (in: Wolfgang Pohrt, Multikulturelle Gesellschaft / Rassismus für den gehobenen Bedarf. Zwei Vorträge. Berlin, 2021 S. 37) - frönt auch der Textsorte Vorwort.

Im erwähnten Pohrt-Bändchen, das gestern eintraf, macht Dath den peinlichen Grußonkel. Er nennt Pohrts Arbeiten sehr altfränkisch unpassend sein Schaffen, S. 8, wird unangenehm eitel - Mir persönlich etwa hat die Pohrt-Lektüre früh geholfen (S.27) usw. usw. und und dient der Leserschaft zwei Vorträge an, über die sich längst Mehltau gelegt hat und die als obsolet gelten können.

(Der unvermeidliche Dath führt auch essayistisch ein in den jüngst bei Reclam wieder erschienenen Roman der Shelley Der letzte Mensch.

Das Romanmotto:

Lass nicht den Menschen im Voraus erfahren,

Was ihn und seine Kinder einst bedrohen soll.

Milton, Das verlorene Paradies.)

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Mir persönlich hat die Lektüre Sebastian Haffners etwa aus der Geschichtsunterrichtsackgasse geholfen.

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Migränetabletten stoßen sauer auf.

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4. Februar

Du schuldest Gott einen Tod.

Shakespeare, Heinrich IV (Erster Teil V, 1)

Wir schulden Gott einen Tod.

Shakespeare, Heinrich IV (Zweiter Teil III, 2)

Im ersten Teil spricht ein Prinz, im zweiten ein Rekrut.

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Poetische Poetenschelte in der ersten persianischen Satire - da hat mir doch mal eine Klugscheisserin einen Vorschlag für ihre Bachelo-Arbeit gemacht!

Nehme ich ausnahmsweise an.

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"Das Aufwachen fängt an mit bin und jetzt."

Christopher Isherwood, A Single Man (erster Satz)

3. Februar

Hypnerotomachia Poliphili (dt. 2014), zauberhaftes Zauber- und Traumbuch.

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Jene spezifische Form selbstbewusster Dummheit, die so oft anzutreffen und so selten zu demütigen ist.

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Als ich Heidegger 1974, ich glaube im Mai, zum letzten Mal in der Freiburger Fillibachstrasse sah, sagte er zu mir: "Na, Holunder, willst du zu mir? Besser nicht! Die Kraft ist schwach, allein der Geist ist schwächer noch."

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ad notam:

Es ist wirklich nichts ärgerlicher, als zum Beispiel reich, aus anständiger Familie, von angenehmem Äußeren, passabler Bildung, nicht dumm, sogar gut zu sein und zugleich keinerlei Talent, keinerlei Besonderheit, nicht einmal irgendeine Schrulle oder eigene Idee zu besitzen und ganz und gar "wie alle zu sein".

So Dostojewski, räsonierend, zu Anfang des vierten Teils seines Romans Der Idiot.

Heute ist genau das nirgendwo ärgerlich mehr, sondern erwünscht.

1. Februar 2021

Frau Dr. Almut Überbein, meine neue Sekretärin, teilt mit, dass unsere Telefonanlage kollabiert sei.

Zum Glück, sag ich, zum Glück, sagt sie.

Neues Ungemach aber von unserem Pedell, dem notorischen Frodermann:

Gesendet: Sonntag, 31. Januar 2021 um 09:43 Uhr

Von: "ralf frodermann" <ralf.frodermann@gmx.de>

An: andre.kieserling@uni-bielefeld.de

Cc: universitaet.bockwurst@gmail.com, holunder@rektorat-universitaet-bockwurst.com, nils.ellebrecht@soziologie.uni-freiburg.de

Betreff: Ihre heutiger FAS beitrag

"Mit Recht hat man gesagt, daß die Moral - und und darunter muß man nciht

nur ihre Doktrinen verstehen, sondern die auf ihr ruhenden Sitten -

eine schwere Krise durchmacht."

E. Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung (dt. suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1992 s.479)

guten tag herr prof. kiesererling,

besten dank für Ihren o.a. beitrag zu ellebrechts quasi-triage-studie am beispiel von rettungsdiensten in der heutigen frankfurter allgemeinen sonntagszeitung.

dass in heiklen bis tragischen sozialen kontexten bisweilen besser dezisionismus an die stelle des kategorischen imperativs

tritt, dürfte, nicht nur unter miltaristen, unstrittig sein und wird von jeder praxis bestätigt.

die einsicht aber, dass evidenzen solchen schlages offenbar wieder und wieder einer ratifizierung bedürfen, bleibt der

deutsche gegenwartssoziologie vorbehalten, welche damit in ungute nähe zum sozial-ideologischen subsystem "ausdifferenziertes gewäsch", vulgo "quasselindustrie", gerät.

mit besten grüßen

ralf frodermann

Ralf Frodermann

Universität Bockwurst / "Die unbedingte Universität" / Mentem alit et excolit

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Georg Friedrich Rebmann, Das Ministerium der Hölle (1796)

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misogynie / misandrie

obschon sie nicht mehr nach den wassern roch,

welche männer lieben,

stach sie scharf der hafer doch,

weil sie weib geblieben.

29. Januar

Hier brach einst durch Krankheit des Himmels jammervoll Unheils-

wetter herein.

(hic quondam morbo caeli miseranda coorta est)

Vergil, Georgica III, 378

Den kaum erträglichen Schmerzen folgten als stete Begleiter

würgende Atemnot, uunterbrochenes Jammern und Stöhnen.

Lukrez, de natura rerum VI, 1158f.

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Wie die musikalischen Virtuosen früher nach einem gegebenen Thema extemporierten, so müsste eine dramatische Koryphäe in der Lage sein, aus einem Satz, aus einem Vers ein Stück zu machen.

Hier wäre für solchen Zweck ein - eigenes - Thema:

Wer schreibt die Schulden gut dem Hahnrei? Meiner Treu!

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Nicht nur weiß ich, dass ich nichts weiß, ich schäme mich auch nicht meiner diesbezüglichen Scham.

27. Januar

Gestern erreichte uns die Arbeit einer Historikerin: Mobil, taktil und nah am Körper - Über den Gebrauch von Beuteln. (Das Mittelalter Band 25 Heft 2 2020 Special: Sinn und Sinnlichkeit kleiner Dinge)

Denken wir an das Lied Hugo Wolfs, denken wir an uns:

Auch kleine Dinge können uns entzücken

Auch kleine Dinge können teuer sein

Bedenkt, wie gern wir uns mit Perlen schmücken;

Sie werden schwer bezahlt und sind nur klein

Bedenkt, wie klein ist die Olivenfrucht

Und wird um ihre Güte doch gesucht

Denkt an die Rose nur, wie klein sie ist

Und duftet doch so lieblich, wie ihr wißt

(Italienisches Liederbuch)

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Chaucer unlesbar. Wenigstens, wenn man so wenig des Mittelenglischen fähig ist wie unsereins.

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Vermittlung als Gott (Türcke 1994), Digitalisierung als Religion (Feust 2018),

Simplifizierung als Norm (Adorno):

Das Mittelmäßige dauert und regiert am Ende die Welt; auch Gedanken hat diese Mittelmäßigkeit, schlägt damit die vorhandene Welt breit, tilgt die geistige Lebendigkeit, macht sie zur bloßen Gewohnheit, und so dauert's. Ihre Dauer ist eben, daß sie in der Unwahrheit besteht, nicht ihr Recht erlangt, dem Begriff nicht seine Ehre gibt, die Wahrheit sich nicht an ihr als Prozeß darstellt.

Hegel, Enzyklopädie (1830) §258

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Hier villeicht

werde ich bleiben

während der Epidemie und mich inzwischen

von Absonderungen ernähren

Aus: Karin Kiwus, Quarantäne

26. Januar

Max Schelers Der Genius des Krieges und der deutsche Krieg aus dem ersten Weltkriegsjahr 1915 wieder einmal vorgenommen.

Auch ein Tagebuch eines Unpolitischen.

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Gestern Abend Privataufführurng der köstlichen Groteske Goethe im Examen von Polgar und Friedell. Ich als Goethe.

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Am Ende meines gestrigen Telefonats mit meinem Banker meinte der leutselig:

"Gute Nachrichten, Herr Professor, nicht wahr! Auch in der Krise werden eben die Reichen reicher und die Armen ärmer." - Ließ mich daraufhin mit seinem Vorgesetzten verbinden.

24. Januar

Lyrische Apprehensionen

Dana Ranga (Cosmos! Berlin, 2020)

Besser: Karin Kiwus:

Im ersten Licht (Auszug)

wenn ich dann im ersten Licht

deinen fetten Arsch sehe

deinen Arsch

verstehst du

deinen trüben verstimmten ausgeleierten Arsch

dann weiß ich wieder

daß ich dich nicht liebe

wirklich

daß ich dich einfach nicht liebe

Ward schlichte je ein Arsch besungen?

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"Diese Krankheitsart war furchtbarer, als Worte es beschreiben können: sie befiel jeden mit einer Gewalt, die über Menschennatur ging."

Thukydides, Der peleponnesische Krieg (II, 50) Übs. Vetska

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Emendation

Im fünften Kapitel seines Romans Lotte in Weimar lässt Thomas Mann Adele Schopenhauer über Weimarer Tratsch und Klatsch, insbesondere über die in Aussicht genommene Heirat zwischen Goethes Sohn August und Adeles Freundin Ottilie von Pogwisch, sich vornehm auslassen.

Gegen Ende ihrer umfangreichen Darlegungen - Johanna Schopenhauer, Adeles Mutter und erzählerische Wuchtbrumme, hatte ihr vermutlich das epische Genie vererbt - spricht sie sich, ins allgemein Weibliche ausgreifend, wie folgt aus:

Denn immerhin ist es für eine Häßliche leichter, zusammen mit einer Schönen den den Cult der Erinnerung an den entschwundenen Helden ihrer Träume zu betreiben, wie wir es nun wieder taten, als sich mit ihr in (!) das ungleiche Glück seiner körperlichen Gegenwart zu teilen.

Die Präposition in entfernen oder zu teilen ersetzen durch zu fügen?

(Aber nota bene: Sechs Schienenarbeiter teilen sich in (!) die Brote, die unsere tschechischen Freunde gestrichen haben.

Max Frisch 1947 zit nach Europa in Ruinen ed. H. M. Enzensberger

Die Andere Bibliothek 1990 S.239)

Leider haben wir die kommentierte Frankfurter Ausgabe hier nicht zur Hand, zum großen Bedauern unserer Gastgeberin.

23. Januar

psogos / in Einfacher Sprache

Gott: "Alles hängt am seidenen Faden."

Knecht: "Was sollen wir tun, Euer Gnaden?

Gott: "Helft den Verdammten,

tut alle beamten!"

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"Schreibt man das mit einem r oder mit dreien?"

Prof. Martin H. T. Siebenschwan

22. Januar

"Unterdessen war die Krankheit noch immer da, sie unterhielt den Schrecken."

Jeremias Gotthelf, Die schwarze Spinne

21. Januar

Ich sah dich Grenadine schlürfen,

dein Wildgeruch ergriff mich schon -

und hab nur stockend murmeln dürfen:

"Wer ist die scharfe ... Attraktion?"

Ferdinand Hardekopf

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Finale aus Poes naturphilosophischer Meditation Eureka wäre musikalisch zu nennen, wäre Schelling der Komponist der neunten Sinfonie gewesen, und nicht Beethoven.

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Tote Theorien: Impetustheorie.

18. Januar

Erster Satz, Fragesatz (1)

Was für ein Gesicht wohl die drei unglückseligen Weiber, die Parzen meine ich, bei ihrer unausgesetzten Fabriktätigkeit machen mögen?

Wilhelm Raabe, Prinzessin Fisch (Anfang)

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Cambridge Companion to Goethe, Oxford Handbook of Hume, Keller-, Raabe-, Stifter-, Storm- und Fontane-Handbücher, - Bücher über Bücher (in beiderlei Bedeutung).

Romanführer und Verführer (Ikarus Rolf Vollmann und Dädalus Michael Maar, auch Stilometriker) -, bis hinunter zu den Plaudertaschen in Funk und Fernsehen:

Vor den verwaisten Kreißsälen wimmelt es von Hebammen, die sich einander das Wunder der Geburt zumümmeln.

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Traum einer improvisierten Modenschau:

Dazu aus dem Off keine Musik, sondern: Quevedos Arschäugleins Freuden und Leiden (?), gelesen von Elisabeth Flickenschildt.

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"Vollzähligkeit der Sterne" (Blumenberg).

"Apathie der Sterne" (Joyce)

15. Januar

Pip und Pippi: Zwei (Halb-)Waisenkinder / Von Dickens' Große Erwartungen zu Lindgrens Langstrumpf ?

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daz in nach dieseme kranken leben

diu ewege freude wart gegeben.

Mai und Beaflor, Schluß

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Die Dinge sind ausgesprochen - hören Sie zu !

William Furlong, AUDIO ARTS. Beunruhigende Versuche zur Genauigkeit.

Reclam Leipzig 1992 S. 317

Art of Noise:

"Untersuchungen zum Thema 'Sound' sind seit einiger Zeit en vogue."

F. von Ammon - Poetophonie. Für eine Klangforschung aus literaturwissenschaftlicher Perspektive - in: Schiller-Jahrbuch Band 64 2020.

der sound (hier: stille) aus pauperistischer sicht

der kontoauszugsdrucker schweigt

reenactment der stille

nachholende regression

deine kontooblate, friss sie!

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14. Januar

Schloß schlecht geheizt, leichte Angina.

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Eine läßliche Alterssünde oder: Sodbrennen durch Lektüre

Nachdem Golo Mann schon längst zur Gipsbüste gewordenw war, schrieb er die kleine historische Vignette "Lavalette (1982/1987).

Es handelt sich um eine novellistische Stilübung im Geist der "Sternstunden der Menschheit" Stefan Zweigs.

Der mehrfach darin vorkommende Superlativ promptest stößt dem Leser allerdings sauer auf.

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Wenn man verkühlt ist tut das Waschen weh & wenn man im geist krank ist, das Denken.

Wittgenstein

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Positivismus meets Kritik:

Ayer über Voltaire!

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https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/ad-gruenbein-ii

"Mit den Toten in andauerndem Funkkontakt"?

Lautsprecherdurchsage in heutiger FAZ zu den Oxford Lectures Durs Grünbeins (Jenseits der Literatur Suhrkamp 2020) durch einen kongenialen Schmock mit Lichtenberg-Hintergrund und Karl-Popper-Perspektive.

Offenbar ist auch die akademische Grünbein-Camarilla nicht mehr willens, ihrem Idol anders als in gotesker Kostümierung eines getreuen Eckart zu begegnen.

12. Januar

Letzte Sätze

2. bengalisch

"Aber plötzlich war ihm deutlich geworden, daß er sich dem Alter näherte und daß es, statt alles zu verlieren, besser war, still zu leiden und so die Wonne zu haben, nahe bei der zu leben, die er liebte und die trotz allem soviel Respekt und Freundschaft für ihn empfand, daß sie sich die Mühe gab zu lügen."

Emmanuel Bove, Ist es eine Lüge?

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Trotz meiner prinzipiellen "Unfähigkeit zu einem Kompromiß mit der Langeweile" (Gide), gebe ich heute nach und besichtige das Schloß.

11. Januar

Übers Veralten und Überflüssigwerden:

J.-G. Gerber/S. Pünjer:

Autorität ohne Familie

Zum Veralten des autoritären Charakters

in: BAHAMAS Heft 86 Winter 2020/21 S. 58ff.

"Ich erreiche also hier den Punkt, den Valery wohl aufs großartigste und prägnanteste bezeichnet hat, (!) mit der Frage 'Ob die Tugend selber veralte'.."

T. W. Adorno, Probleme der Moralphilosophie. Suhrkamp 1996 S. 146

Das Auf-den-Hund-kommende-Veralten (Veralten der Moral) ist ein Sonderfall regressiven Denkens im Readers-Digest-Format,

Beispiel:

C. Neuhäuser, C. Seidel (Hrsg.): Kritik des Moralismus (gemeint ist Moralinismus, hypermoralisch). Suhrkamp 2020

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Letzte Sätze

1. fulminant

"Eines Morgens wachst du auf und hast einen neuen Schatz."

Rene Schickele, Die Witwe Bosca.

Zum Glück oder zum Unglück gilt das nicht für uns alle.

Für mich allemal nicht.

8. Januar 2021

Lügen die Dichter oder die Philologen?

Seit der Psychopathia sexualis Krafft-Ebings ist unzuverlässiges Erzählen in Vergessenheit geraten, überflüssiges jedoch nicht.

Ein Themenheft der Zeitschrift für Germanistik (NF XXX 2021, H. 1) widmet sich jetzt beiden Bereichen:

Funktionen unzuverlässigen Erzählens in der deutschen Gegenwartsliteratur.

Dass es weder das eine noch das andere gibt, ficht akademische Jungaspiranten der Gegenwartsgermanistik nicht an.

Sie muntern munter auf Kehlmann, Herrndorf, Meyer und Glavinic los und sind windiger als jede Allegorien-des-Schwafelns-Windmaschine, kurz: sie denken und schreiben im Geist ihrer Altvorderen, deren Stellen sie zu beerben wünschen und die schon weise und weiser sind, was dieses Weisheitswort beweisen mag, das sie und ihresgleichen sich so gern hinter die fahl- grünen Ohren schreiben lassen:

Es reicht nicht, nur den Text zu lesen, man muss sich dabei selbst dem Prozess der Lektüre unterziehen.

Bleumer, Habscheid, Spieß, Werber:

Bindestrich-Hermeneutiken- Neue Verortungen der Lektüre.

(in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Januar 2021.)

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Oportet enim in Philosophia haereticum esse,

qui veritatem invenire cupit.

Pietro Pomponazzi

(zit. nach: T. Leinkauf, Philosophie des Humanismus und der Renaissance.

Meiner Verlag, 2018 S. 1)

6. Januar 2021

Ein viel beschworenes Recht auf Bildung ist Humbug. Es ist, als wollte man Haftinsassen ein Recht auf Sühne andichten.

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Unter den Dummen ist der Dümmste König:

Jim-Avignon, Welt und Wissen. Band 1. Berlin, 2003

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Lockdown im Schloß! Aufatmen und aufstoßen.

(Defoes Pest-Tagebuch in St. Peter vergessen.)