Potsdamer Tagebuch Sommer 2020

Thema regium

--------------ABYSSUS ABYSSUM INVOCAT------------------------------------------

---Incidit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim -------------------------------------

22. August

Kurz vor der Abreise ins Badische erreicht mich noch - zwar mit nur unzureichender Titelgenderung -: Die Närrin als konstitutiver Störfaktor in Jörg Wickrams Goldtfaden (1517). Eine Abhandlung, die sich im jüngsten Heft der schönen Zeitschrift Daphnis (Band 48 Ausgabe 3 Juni 2020) findet, und fast so unterhaltsam ist wie ihr Gegenstand.

---

Meine kleine Geschichte der Schmähschrift werde ich in Lichtenthal fortsetzen mit einer Untersuchung zu Johann Ernst Philippis Cicero, ein großer Wind-Beutel, Rabulist, und Charletan aus dem Jahr 1735.

Ohne ein paar Seitenhiebe auf die halbgelehrten Denkmalstürzer unserer Tage wird es kaum abgehen.

---

Abreise in zwei Stunden. Wir werden am frühen Abend in Baden Baden sein, dort zur Nacht essen und uns dann ins nahe gelegene Kloster nach Lichtenthal aufmachen.

20. August

"Woraus besteht eine Liste?", fragt sich und seine Leser Jack Goody auf sechzig Seiten (S. Zanetti, Hg.: Schreiben als Kulturtechnik. Suhrkamp 2012 S.338ff.)

Listenforschung ist ein Teil dispositiver Kameralistik, welche ihrerseits die Deckerinnerung dogmatischer Sophistik mitbildet. Bin froh, dass es sie gibt!

---

Wir bereiten unsere Abreise nach Lichtenthal vor; die dortige Cistercienserinnen-Abtei im Kloster Lichtenthal wird den würdigen Ort des weiteren Fortgangs unserer Corona-Saga bilden.

S. auch:

https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/schreibwerkstatt/brenners

19. August

"Das Stehlen - Containern - weggeworfener Lebensmittel ist lau Gerichtsbeschluss untersagt und strafbewehrt. Dem argumentum a fortiori zufolge müsste dann auch die Aufnahme weggeworfenen Geldes verboten sein, oder?"

Die Frage eines lesenden Juristen am gestrigen Abend sorgte in unserer Runde für eine Lokalrunde.

Um den Fass den Boden auszuschlagen, sang der Wirt:

Und er nahm, was sie gaben, denn hart ist die Not

Doch er sprach (denn er war kein Tor):

"Warum gebt Ihr mir Obdach? Warum gebt Ihr mir Brot?

Weh! Was habt Ihr mit mir vor?"

---

Schlaf und Hitze

Meine Gattin schläft so zuverlässig auf der Chaiselongue wie ein Wolkenbruch eine Dürre zuverlässig endigt.

18. August

"Mit Recht hat man gesagt, daß die Moral - und darunter muß man nicht nur ihre Doktrinen verstehen, sondern die auf ihr ruhenden Sitten - eine schwere Krise durchmacht." Emile Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung (1902)

Über Durkheims Religionssoziologie wird Kollege Auchjauche im kommenden Semester lesen (Herbert-Spencer-Lectures zum 200. Geburtstag des englischen Soziobiologen).

---

Deine Unterredung hat mich niedergeschmettert, furchtbarer Geist, dieser Satz, mit dem Fichte den dritten Teil seiner Abhandlung Die Bestimmung des Menschen (Glaube) anheben lässt, schiesst unsereinem durch den Kopf, nachdem er einige Dutzend Blicke in Hegels Welt (Rowohlt 2020), dem abgeschmackten und auf Absahnung schielenden Jubiläumspräsentkorb Jürgen Kaubes, geworfen hat.

Der FAZ-Schmock gibt, gewohnt jovial, den Soßenbinder und giesst seinen Sermon anlässlich des 250. Geburtstags Hegels zuverlässig demselben ins Ehrengrab.

Schrifttum dieser Art - vgl. neuerdings auch: Erich Witschke, Hegel, Hölderlin, Schelling: Roman einer Männerfreundschaft (2019) - nennt man Edelkitsch. Aber wer mag heute noch für solch Talmi Verwendung haben? Ladenhüterläden?

---

--------------------------------------------------ANZEIGE--------------------------------

--------------------------------------------------------ANZEIGE--------------------------

17. August

Nabokov deutet, Kafka deutet um

Im Frühjahrssemester 1952 liest Vladimir Nabokov in Harvard über Don Quijote: "eine veritable Enzyklopädie der Grausamkeit." (Gesammelte Werke deutsch Band XIX Rowohlt 2016 S.91)

In dem Prosastück Die Wahrheit über Sancho Pansa hatte Franz Kafka vordem das Ineinanderfallen (Don Quijote) und Auseinanderfallen (Sancho Pansa) von Rolle und Darsteller dargetan.

---

Dies und das zu Gerstenbergs Ugolino vermerkt. Wiedervorlage!

---

Einladung ins Filmmuseum.

16. August 2020

Privatvorstellung des schönen Films Downton Abbey (2019) in der Villa einer Freundin. Lady Violet: "Sarkasmus ist die unterste Stufe von Esprit."

Bei der nächtlichen Lektüre von Henry Fieldings Parodie des Pamela-Romans von Richardson - Shamela - fanden wir das Bonmot, eigentlich mehr eine Schutzbehauptung, freilich nicht bestätigt.

---

Ausfahrt an die Ostsee. Bis übermorgen in Binz.

14. August

"Einer wie Michael Bachtin kannte seinen Virgilius Grammaticus."

Ich kannte beide nicht, bevor der liebenswürdige Dr.Heinrich Schneegans gestern Abend solche und andere Dinge vom Stapel gelassen hatte.

"Das demütigende Immerzu-Geld-dabei-habe-Müssen allein macht die Verabschiedungsbedürftigkeit der Tauschgesellschaft aufs markanteste deutlich."

"Sollte im temporalen eben, in diesem einen Wort, nicht mehr Elegisches sein als in so manchem Epos?"

War sprachlos! Der Mann macht Laune, sind heute zum Lunch verabredet. ---

"Ironiker oder Radikalist"? Der Thomas Mann der Betrachtungen ist ungenießbar. Kommt man in die Jahre, gilt das für sein gesamtes Werk.

13. August

die menschheit schleppt zu ihrem schaden

viel unrat mit sich rüstig fort,

seit langem ist sie überladen,

ist klärwerk auf dem seinsabort

---

Conrad Gessner, de serpentibus.

Male mir ein neues Schlangenbuch aus.

---

Unterholzweg

Das von Karl Popper 1945 aufgebrachte Geplapper von der offenen Gesellschaft feiert allerlei traurige Urstände, hier im hölzernen Untertitel:

Kai Sina: Kolektivpoetik. Zu einer Literatur der offenen Gesellschaft in der Moderne mit Studien zu Goethe, Emerson, Whitman und Thomas Mann. (de Gruyter 2020)

12. August

Souper mit Baron Bagge und dem Lyriker Gustav Milchsack.

Meine Gattin, als das Gespräch auf die Darmstädter Kollegin Koppetsch und ihren Plagiatsfall kommt:

"Mir tut sie leid. Kann sie ihren Fauxpas nicht als eine Art 'empirischer Plagiatssoziologie', explorativ gewissermassen, ausgeben?" - Allgemeine Heiterkeit und Zustimmung.

10. August

ad Seinsvergessenheit (unvergessen):

Albrecht: Ist nicht in den existierenden Dingen das Sein selbst?

Kardinal: Sicherlich. Andernfalls, wenn das Sein selbst nicht in ihnen wäre, wie würden sie dann existieren?

Cusanus, Gespräch über das Globusspiel (n.66) (dt. ed. Bredow Meiner 1999 S.75)

---

Unsere IT-Abteilung informiert mich, dass im kommenden Wintersemester 2020/2021 auch wir gezwungen sind, im Online-Modus zu lehren:

Arbeitstitel: Pedestrischer Podcampus

---

Großes Vergnügen am Wochenende mit Volker Meids kleinem Büchlein über die deutsche Literatur im dreißigjährigen Krieg (Reclam 2017).

So nah an den Texten gearbeitet, will sagen gelesen und geschrieben, wie ein guter Schneider nah am Stoff näht.

---

Kaum mehr gute Postkarten erhältlich, von Sonderbriefmarken zu schweigen.

9. August

Nie war das NUR so wertvoll wie heute:

Sicherheit findet man nur unter seinesgleichen. Man muss sie sich nur leisten können. (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung heute)

---

Zum 100. Geburtstag des Kollegen Hans Albert am 8. Februar 2021 bereiten wir unser "Traktat über unkritische Vernunft" für eine Neuauflage vor.

Alberts noch im hohen Alte virulente Religionskritik verwundert seit jeher. Deren Tage sind nun weiß Gott seit langem gezählt. (Unter Positivisten freilich nicht, vergl. Richard Dawkins' einschlägige Einlassungen. - Warum verwechsle ich den Mann nur (!) immer mit Ronald Dworkin? Ein Tick!)

---

In den Fontane Blättern blätternd, Heft 104 2017, bleibe ich beim Beitrag über Fontanes Roman Quitt hängen und erinnere mich an meine Amerikaaufenthalte. Traumzeit. Prada Marfa.

S. auch: Die amerikanischen Landschaften in Theodor Fontanes Roman Quitt (in: Fontaneana Band 14 2015)

---

Musikalische Motti bzw. Widmungen bei Anton Wildgans und Theodor W. Adorno

Dem zwölften Gesang von Anton Wildgans' Text Kirbisch : oder, Der Gendarm, die Schande und das Glück, ein episches Gedicht aus dem Jahr 1930 ist ein Notentext als Motto vorangestellt. Es handelt sich um die letzten Takte der ersten Violinsonate op. 78 von Johannes Brahms.

Adornos Buch Mahler / Eine musikalische Monographie aus dem Jahr 1960 ist seiner Frau gewidmet.

Auf die Widmung Für Gretel folgt ein Doppelpunkt, dann ein musikalisch notierter Autographenschnipsel aus der Feder

Adornos. Stammt er von ihm? Oder von Mahler?

Beiden musikalischen Widmungen eignet jedenfalls - formal wie inhaltlich - Zartheit der Geste, Innigkeit der Empfindung und Dezenz des Abschieds. Würde des Pianissimo. Exil der Stille: Pause. Fermate als Echoraum.

8. August

"daß die höchste Gattung der Musik dann am nachhaltigsten gewürdigt wird, wenn wir aufs exclusivste allein sind."

E. A. Poe, Das Eiland und die Fee

all diese radiotrutschen und schwiegermutterlieblinge - übrigens auch musikerinnen und musiker, dann vice versa - in den sog. kulturprogrammen faseln über "endlich wieder live-konzerte erleben", "kontakt mit den musikern superschönspannend",

"so lange live-erlebnisse vermissen müssen" etc. etc., als hätten sie seit monaten nicht vögeln, sondern nur onanieren dürfen.

glenn gould hat vor fast 60 jahren diesen ganzen konzert-zirkus ohne pandemie verlassen.

musik ist ein schlechthin einsames tun, oder gar keins.

(Mail vom Kollegen Aberfett nach seinem Besuch des hiesigen Literaturfestivals vorgestern). Nach dem Erscheinen seines Buches "Chiliasmus: vom Propheten Daniel zu Joachim von Fiore. Eine Einführung ins Ende" (#bockpress# 1978) war Erwin Aberfett von der Hochschule entfernt worden. Er ist längst rehabilitiert; wir hatten ihn immer gern, ist er doch das, was ich ein intellektuelles Zubrot zu nennen pflege.

---

Trotz Hitze heute wieder mit dem Cabriolet unterwegs. Ausfahrt nach Grünheide, später nach Erkner.

7. August

Nachrichten von allerlei üblen akademischen Koterien hierorts. Lohnt nicht, sie in unsere Schmieralien (Seume) einzuschalten. "es liegt nicht alles im Geschriebenen, denn was sind schon Worte?" schreibt Balzac am 25 . April 1843 an seine Geliebt Gräfin Hanska.

Meine ruht seit Tagen rund um die Uhr, Königin der blauen Himmelzinnen.

---

Statius, Thebais (V):

Pleasant is it to the unhappy to speak, and to recall the sorrows of old time.

(ed. Mozley)

6. August

Das Morgenlied des Narren kommt heute wie so oft aus der FAZ.

Dort darf ein angeblich bayerischer Schulmann unter dem Pseudonym Hans Georg Breitenstein aus seinem Schulalltag

berichten, woselbst es nun wohl anders zugeht als bei dem vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz in Auenthal. Kollegen/Innen, die ihre Umgebung neurotisieren und sich mit abseitigen Klugscheissereien wichtig zu machen suchen, verzweifelte Schüler und Schülerinnen, Vorschriften und Vorgesetzte - man schüttelt den Kopf.

Die Phrase von der Freude an der Literatur, welche aufzutischen auch unser bajuwarischer Beschwerdeführer sich schließlich nicht zu schade ist, war nie mehr als eine Art pädagogisches Phlogiston.

Stattdessen:

Der Charakter unsers Wutz hatte, wie der Unterricht anderer Schulleute, etwas Spielendes und Kindisches; aber nicht im Kummer, sondern in der Freude. (Jean Paul)

Du bist die Aufgabe: Kein Schüler weit und breit. Franz Kafka

(Motto des Romans Schilten. Schulbericht zuhanden der Inspektorenkonferenz von Hermann Burger.)

---

5. August

Der Schabernack / Eine Blasonierung

Einen gibt's, ist stets auf Zack,

man nennt ihn nur "Herrn Schabernack".

Der spielt auch lange Pässe gut

und ist vor niemand auf der Hut.

Als neulich ihn ein Weib befrug,

was sich in seinem Kopf zutrug,

als er versank in ihrem Hafen:

da sagte er: "Ich musste schlafen."

Und als einmal ein Kerl ihn neckte

und seine Dummheit nicht versteckte,

tat er ihm folgenden Bescheid:

"Du scheinst der Fortsatz jenes Wurms,

im Aug' des Parasitensturms!

Du kränkst mich nicht, tust mir nicht leid."

Viel Spott der Spötter erntete,

doch als er freite Müllers Mette,

da ward aus diesem Freund des Stuss

ein würdevoller Luftikus.

---

Odiose Gäste in unserem Hotel zwingen uns zum Umzug. Gott sei Dank bin ich neben allem anderen ein erfahrener Quartiermeister und Ersatzmajordomus.

Doch ein Vergnügen nach dem anderen: heute an den Schwielowsee, schabernacken.

4. August

Die hat ja Haare, die sind ja von Golde.

G. Hauptmann, Hanneles Himmelfahrt (2. Akt) - Heute frei. Gattin nimmt Coiffeurtermin wahr.

---

"Kinder und Jugendliche leiden unter Schulschließungen" titelt heute die FAZ.

Etwas Faustdickeres als dieser Unsinn ist schwer denkbar. Dabei sollten sich auch deutsche Lohnschreiber und Schlagzeiler an das Motto von Friedrich Torbergs Schulroman Der Schüler Gerber erinnern, das von einem Urenkel Hilleles - Simeon ben Gamliel - stammt: Auf drei Dingen beruht die Welt: auf Wahrheit, auf Gerechtigkeit und auf Liebe.

So wie das Schüler- und Lehrerleben - entlang einer in aller Regel gut bewachten Freund-Feind-Demarkationslinie - heute auf Tristesse, digitalem Kretinismus und Unmündigkeit beruht.

3. August

darfst du denn diesen stein enthüllen?

ehrt er nicht besser sich allein?

so wie ein zartes einhornfüllen

nur einsamkeit will sein.

---

Die Nüchternheit Max Webers: "Eine tiefe Verachtung aller irrationalen Religiösität, verbunden mit der Einsicht in ihre Brauchbarkeit als Domestikationsmittel pflegt die Bürokratie zu kennzeichnen." (Wirtschaft und Gesellschaft Kapitel V)

2. August

Neues vom Pedell Frodermann:

Hermeneutische Holschuld?

Krank durch Kommunikation / Pragmatische Miszelle

Während die baufällige akademische Disziplin Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweisprache (DaFZ) noch neue

Publikationsorgane kreiert - Zeitschrift für Rekonstruktive Fremdprachenforschung Jahrgang 1 Ausgabe 1 2020 -, oder Jubiläen begeht - Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht Jahrgang 25 :1 2020. Eine Jubiläumsausgabe -, bringt ihre komplementäre Benutzeroberfläche der babylonischen Wirklichkeit, namentlich im Dienstleistungs- und medizinischen Sektor, ihre Akteure um Zeitbudget und Restgeduld.

Immer lauter werden autochthone Klagen über zermürbendes Kommunikationsgeschehen bei mündlichen Bestellungen, Untersuchungen, Reklamationen, Nachfragen etc.etc. Eine wachsende Gereiztheit scheint im Begriff zu sein, an die Stelle des sprachpsychologisch gemeinhin bekannten Wohlwollens den Fremdsprachigen gegenüber zu treten.

Korrupte Sprechakte zu reparieren, um sie hermeneutischer Kalkülisierung, vulgo Verständnis, zuzuführen, ist eine Tätigkeit,

die immer weniger Mitarbeiter bereit sind, unentgeltlich zu erbringen.

Ein soziolinguistischer Solidaritätsbeiträg (SoSoLi, analog zum steuerpolitischen) ist nach Lage der Dinge nur eine Frage der Zeit.

Denn Zeit bleibt, auch unter integrativen Sozialaspekten, Geld.

(Ralf Frodermann)

---

Wir erinnern uns der schönen Übersetzung der Dylan-Schnulze Blowin' in the Wind in: G. Henschels Standardwerk Das Blöken der Lämmer. Die Linke und der Kitsch. Berlin, 1994 S.147f.:

Wie fille Strase musse Mann gähe weg

Bise heise riktike Mann?

Wiefil grose Waser musse weise Voggl fligg

Bis könne schlaffe inne Sand?

Wie oft musse Kanonenkugel mache bumm

Bis alles sagge:Nixgutt! Verbott!

Riktik Antwort gutt Freund,

musse feife in Wind,

Riktik Antwort musse feife inne Wind. (ibid.)

usw. usw.

---

"Es war nicht leicht, eine Arbeit zu finden, die meinem Vorhaben dienlich war." Ariel Dorfman, Die Maske. dt. 1992 S.77

---

Pandemie als Pan-Ausrede: Gott sei Dank bedarf die Kündigung meiner diversen Theater-Abos keinerlei detaillierter Begründung. Wahrhaftig ein Ende ohne Schrecken!

---

"...:der Mensch ist eine nutzlose Passion." Sartre, Das Sein und das Nichts.

----------------------------------ANZEIGE-----------------------------------------------

-----------------------ANZEIGE----------------------------------------------------------

1. August

Lange habe ich das (sc. Mutterschaft, Familie) für eine gute Sache gehalten. Nichts ist langweiliger für eine intelligente Frau als endlose Zeit mit kleinen Kindern zu verbringen. Ich merkte, dass ich nicht die erste Wahl für Kindererziehung war. Ich hätte als Alkoholikerin oder als frustrierte Intellektuelle wie meine Mutter enden können.

(Doris Lessing)

---

Zurück in Potsdam. Von einem genius loci, nach dem ich gestern von einem Offiziellen befragt wurde, ist hier nichts zu spüren. Im wesentlichen eine preußische Ramschbude.

Dennoch:

10 Uhr

Du trinkst ein Glas Bollinger.

Du liest die Tageszeitungen.

Du küsst deine Frau.

Du trinkst noch ein Glas.

Du sprichst das Wort Pfaueninsel aus.

Du bist dein Atem.

31. Juli

Alanus ab Insulis' Die Klage der Natur (lat./dt. 2013). (J. Ranciere, Der unwissende Lehrmeister. 3. Auflage 2018)

---

Ricarda Huch

Nicht alle Schmerzen sind heilbar ...

Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen

Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,

Und während Tage und Jahre verstreichen,

Werden sie Stein.

Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,

Sie scheinen zerronnen wie Schaum.

Doch du spürst ihre lastende Schwere

Bis in den Traum.

Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,

Die Welt wird ein Blütenmeer.

Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,

Da blüht nichts mehr.

30. Juli

Wir bleiben einige Tage zum Golfen und Thermalbaden in Bad Saarow.

---

Von der Einstellung zur Handlung:

"- als könnte das Problem der Rassendiskriminierung durch den Einstellungswandel der Menschen und ohne wesentliche Veränderungen der gesllschaftlichen Verhältnisse gelöst werde."

T. W. Adorno, Bemerkungen zu 'The Authoritarian Personality' (dt. 2019 S.63)

---

"Katastrophe als Daseinsform" (Rosa Luxemburg) allgegenwärtig: der de Gruyter-Verlag teilt mir mit, dass die Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie ihr Erscheinen nach nur fünf Jahrgängen eingestellt hat.

---

Empirische Anmerkung zu H. E. Dohrendorfs Wendung Profiteure der Mediokrität:

Die Schauspielerin Barbara Sukowa gibt 1986 die Luxemburg, 2012 die Arendt in Filmen Margarethe von Trottas.

Die Poster- und It- Girls deutscher Mediokrität weiblicher Provenienz fallen unweigerlich ihren Profiteurinnen zum Opfer, liefen der von Trotta über den Weg, wurden von ihr überfahren.

---

Je nutzloser die Welt, desto höher ihre Preise.

---

Aus Hermann Keyserlings Reisetagebuch eine Philosophen über den Islam:

Der Ritualismus dieses Glaubens hat einen anderen Sinn, als der von Hinduismus und Katholizismus; es handelt sich um Objektivierungen der Disziplin. Wenn die Gläubigen täglich zu bestimmten Stunden in der Moschee in Reihe und Glied ihre Gebete verrichten, alle gleichzeitig gleiche Gebärden vollführend, so geschieht dies nicht, wie im Hinduismus, als Mittel zur Selbstverwirklichung, sondern in dem Geist, in welchem der preußische Soldat vor seinem Kaiser vorbeidefiliert. Diese militärische Grundgesinnung erklärt alle wesentlichen Vorzüge des Muselmanns. Sie erklärt zugleich seine Grundgebrechen: sein Unfortschrittliches, Anpassungsunfähiges, seine mangelnde Erfindungskraft. Der Soldat hat nur Ordre zu parieren; das übrige ist Allahs Sache.

29. Juli

Unter den kongenialen Eseleien dieser Tage scheinen mir zwei besonders buchenswert:

Die erste betrifft Hannah Arendts Text über Walter Benjamin, der in drei Teilen 1968 in der Zeitschrfit MERKUR (Heft 238-240) erschien und von Adorno und Scholem als das, was er war denunziert wurde: Torheit.

"Auch ich finde den Passus der Arendt, indem sie kaum verhüllt Benjamin der Käuflichkeit (und nebenher mich der Sophistik) bezichtigt, das Schlimmste, was dieses abscheuliche Weib bis jetzt geleistet hat." Adorno an Scholem 5. April 1968. (Briefwechsel Adorno/Scholem 1939.1969 Hrsg. A. Angermann Suhrkamp 2015 S.484.

Vgl. auch dei beiden Briefe Scholems an den MERKUR-Herausgeber Paeschke vom 7. März 1968 und vom 24. März 1968.

(ibid. S. S.471f. und S.482f.)

Mein altes Diktum "Manchmal lügt einer schon, wenn er 'und' sagt" erfährt am Bändchen "Arendt und Adorno"

(Hrsg. Auer, Rensmann, Schulze-Wessel Suhrkamp 2003) seine Triftigkeit.

Die Literaturwissenschaftlerin Eva Geulen nun macht sich im Gespräch mit den heutigen MERKUR-Herausgebern

Knörer und Demand 2018 zur Anwältin Arendts, d.h. zur Staatsanwältin Adornos und Scholems.

https://www.youtube.com/watch?v=TU5rQVYn8hw

Sie kocht ein altes Süppchen vom durch Kritische Theorie usurpierten, wenn nicht gar in den Tod getriebenen Benjamin auf, ein Wassersüppchen, das heute von der Indienst- und Inbetriebnnahme Hannah Arendts sich am Brodeln hält. Vgl. Adorno, Interimsbescheid (GS 20-1 S. 182ff.)

Die zweite kongeniale Eselei betrifft Ernst Jünger und seine Adepten, allen voran den Germanisten Kiesel. Heute berichtet die FAZ ehrfürchtig von einem neu aufgefundenen Beweis nur mäßigen Mitläufertums des Dichters, der sich 1934 kritisch über den Nationalsozialismus äußerte.

Am 1. Mai 1945 äußerte er sich dann über den Führer, der sich auch nicht selten kritisch über den Nationalsozialismus äußerte, wie folgt:

"Es heißt, daß sich der große Mann vergiftet hat." (Strahlungen II)

---

Radtour nach Bad Saarow.

28. Juli

Analytische Philosophie kulinarisch: Roger Scrutons Ich trinke, also bin ich. dt. 2010.

Bekömmlicher als Frank P. Ramseys "mathematische Theorie des Sparens" von 1928, an dessen Ende "die Gesellschaft in zwei Klassen zerfällt, die der Sparsamen, die das Glück genießen, und die der Leichtsinnigen auf dem Niveau minimaler Lebensfristung." Der Empirismus im Übergang zu seiner barbarischen Phase. - (Nicht an Anscombe denken!)

---

Gehe an die Bearbeitung des deutschen Grobianus von Dedekind.

---

Zeitungsabstinenz auferlegt. Spa und Wellness statt Augen weiden auf gedruckten Weiden.

27. Juli

Intermittierende Rehabilitierung des Vorurteils - parti pris - durch Gadamer.

Neue Zwei-Reiche-Lehre: Orwells Neusprech versus Reich der Sprachideen. Platonismus ohne Methexis. (Notiz für "Ontologische Anthologie")

---

Blumenbukett in unserer Suite! Kein Absender! Gilt vermutlich meiner Gattin, deren Privatsphäre mir freilich heilig ist. Dringender Absinthberdarf!

---

"Alchimie, ist eine Wissenschaft der Finanzminister."

Christian August Vulpius, Glossarium für das 18. Jahrhundert.

26. Juli

Poes Der Massenmensch, erster Satz: "Es läßt sich nicht lesen" - so ist es einmal treffend von einem gewissen deutschen Buch gesagt worden." Von wem und welches war das?

---

Den Teufel mit Beelzebub austreiben heißt heute: den Kretinismus austreiben mit Troglodytentum.

25. Juli

Katholische TAGESPOST (23. Juli 2020) erinnert an Hilaire Belloc und seine Kampfschrift "Die großen Häresien. Der Kampf gegen Europa". Dass es um den nach diversen Untergängen heute nicht eben gut steht, beweist in´der heutigen FAZ eine Leserinnenzuschrift aus Stuttgart, die dem Geiger Isaac Stern ("Er war ja auch ein gedrungener Typ, ohne sichtbaren Hals."), den sie wohl noch persönlich erlebt hat, und der "als Jude" - "wie auch der Pianist Arthur Rubinstein" - in Deutschland nicht auftrat, einen wenig sympathischen Umgangston bescheinigt, ihren eigenen wohl nicht bedenkend.

---

Ausfahrt ins Brandenburgische. Habe einen Sportwagen gemietet und meiner Frau einen Seidenschal auf den Fahrersitz gelegt. Die Farbabstimmung dürfte ihr gefallen, hoffe ich.

---

Die Aufregung um die Chefin des DLA-Archivs in Marbach unverständlich. Der letzte Bibliothekar in Deutschland war Paul Raabe (vgl. seine autobiographische Trilogie - "Frühe Bücherjahre" 2013, "Anfänge in Marbach" 2013 und "Jahre in Wolfenbüttel" 2007).

Keine zehn Jahre nach Raabes Tod müssen die Verantwortlichen auch in den Bücherhallen andere Qualitäten als Raabe vorzeigen. Sie sind von Animateuren in Hotelanlagen, Sargberatern in Krematorien oder postmodernen Hökerern nicht zu unterscheiden.

24. Juli

https://sites.google.com/site/universitaetbockwurst/schreibwerkstatt/vaskonische-hypothesen

---

Der Pfaffe sprach zu seiner Wirtin:

"mein liebes Kind, nun hör gut hin,

ich glaub, den Tod ich nicht verkraft',

denn der scheint wahrlich dauerhaft."

---

Beweis, dass Aubergine reimbar:

Der Friedhelm fraß mit bitt'rer Miene

aus seinem Napf die Aubergine,

sie war gepellt, wie aus dem Ei,

sie nicht allein, 's war'n ihrer zwei.

---

Zu den langen und selten bündigen Texten zählen ja bekanntlich die Dissertationen. Über eine, die mich bis hierher erreichte - O. Prechts Heidegger-Revue Meiner Verlag 2020 -, werden mir keine grauen Haare wachsen, ich habe sie gestern Abend irgendwo verloren, liegen lassen oder verschenkt, weiß der Teufel!

23. Juli

"Meine Subjektivität und der Schöpfer, das ist für ein Gehirn zu viel."

Comte de Lautreamont

---

Edward M. Forsters Ansichten des Romans (1927) versus Lukacs' Theorie des Romans (1920).

---

Unser Pedell Frodermann wieder einmal in vorbewusster Naßfoschheit:

guten morgen herr prof. dalferth,

zunächst besten dank für Ihren heutigen beitrag, d.h. gedenkkranz in der faz!

an den grab- und gedenkstätten der humaniora werden ja schon seit über 30 jahren allerlei gebinde, fromme reden und durchhalteparolen usw. abgelegt und erschüttert kondoliert.

zweck der geisteswissenschaften ist seit 100 jahren der nachweis ihrer notwendigkeit.

faktisch sind sind sie entbehrlich, insbesondere für die ideologieproduktion.

"postcolonial studies", "gender studies" etc. sind symptome eines atavismus namens "geisteswissenschaft",

er ist nicht tot, riecht nur komisch, wie zappa über den jazz sagte.

"Zwischen Geist und Wissenschaft lagert sich ein Vakuum." T.W.Adorno, Notiz über Geisteswissenschaft und Bildung. (GS 10.2 S.495f.)

dieses vakuum ist heute besiedelt, beamtenrechtlich allerdings nur noch dürftig kolonisiert und heisst "geisteswissenschaft": nur ein spuk!

beste grüße

ralf frodermann

---

Symbolismus zum Frühstück: Jean Laforgue über Berlin und seinen Hof. In Potsdams unhöfischer Gegenwart sieht niemand Symbole. Alles Vergängliche ist nur ein Schaltkreis. (Odradek=Das Schmürz)

22. Juli

"Krankenwärter und Ärzte werden am schnellsten unerschrocken, die übrigen Menschen aber beben mit unendlicher Scheu zurück."

Charles Brockden Brown, Arthur Mervyn oder Die Pest in Philadelphia (18. Kapitel)

---

"Huckleberry Finns Abenteuer ist ein rassistisches Buch. Es diskriminiert Weiße." (Thomas Fuchs, Mark Twain. Ein Mann von Welt. Die Biografie

Berlin, 2012 S.151)

---

"Hallo, kann endlich mal jemand diese Lyrik berühmt machen? So höllisch schwer kann das doch nicht sein:" So betreten dämlich plaudert in der heutigen FAZ ein Lyrik-Funktionär am Ende seiner ebenso unverständlichen wie unvollendeten Eloge auf die lyrische Soße Andre Rudolphs seinen Phantomschmerz aus. Lyrik berühmt machen? Wo lebt der Mann!

---

Die bei #bockpress# für den Herbst angekündigte Publikation "Robert Holunder zur Einführung" von Erwin Aberfett werde ich nicht lesen!

---

-----ANZEIGE---------------------------------------------------

Vol. 51 Issue 4 July 2020

Special Section on Publishing in the Pandemic

---------------------------------ANZEIGE-----------------------

21. Juli

"Art, especially literature, is a great hall of reflection where we can all meet and where everything under the sun can be examined and considered."

(Iris Murdoch, The Fire and the Sun. Why Plato banished the Artists.

dazu: Mathura Umachandran in: RAMUS Vol. 48 Issue 2 December 2019)

---

Angenehme Morgenrunde mit dem hiesigen Meteorologen Professor Jakob Domitor. Macht sich hinsichtlich des Klimas keine Illusionen und rechnet mit dem nicht mehr reparierbaren Weltuntergang um das Jahr 9001.

---

Eine/r müsste mal die Mottogebung der vier Teile von Thomas Pynchons Die Enden der Parabel untersuchen, das könnte nützlich sein. (Meine alte Theorie, wonach Pynchon eine Erfindung Nabokovs und/oder einiger Nabokovianer war, wurde ja fast schneller widerlegt als ausgesprochen.)

---

Wann war Twains Huckleberry Finn eigentlich nicht verboten?

20. Juli

Fortsetzung meiner kleinen Anthologie Als Neger-Sagen noch erlaubt war:

"Ich werde noch ein paar Mal angehalten. Gelegentlich ruft man mir einen deftigen Scherz nach, den ich genauso deftig zurückgebe, denn wie ein Neger zu fluchen habe ich inzwischen gelernt."

Peter Wicke, Bigger Than Life / Rock & Pop in den USA Reclam. Leipzig, 1991 S.222

"Vor dem Schlafgemach der Gräfin Ete la Peutete

steht ein riesenhafter Neger,

und er spielt auf einer sonderbar geformten Schnabelflöte

Schnabelflötenwiegenlieder von Max Reger.

(aus: Peter Paul Althaus, In der Traumstadt)

"In Durham '23 zur Welt gekommen,

Bei einem Papi, der nicht da war,

Ward er zum Niggelynchen mitgenommen

Und war grad erst drei Jahr'."

(Thomas Pynchon, V. Kapitel 8, II)

"Tom

steht mit einem unmäßg großen Farbeimer und einem langen Pinsel vor dem Zaun ruht sich aus, sein Werk prüfend und bewundernd; bei ihm der kleine Nigger Jim:

Guck doch Jim.

Jim

Nicht gucken, alte Tanti sagen nichts soll als Wasser holen, mir reißen Kopf ab wenn ich guck."

(T. W. Adorno, Der Schatz des Indianer-Joe. Singspiel nach Mark Twain

Suhrkamp 1979 S.9)

---

Antike Dirnen, ein törichter Aufsatz Christian Auchjauches soll nächstens in der Zeitschrift L'Antiquité Classique erscheinen. Seine notorischen Bemerkungen zur Cistellaria des Plautus und zum Eunuchen des Terenz will der Trottel ausgerechnet mir dedizieren. Muss mit seiner Frau reden!

---

Schlaganfallwetter. (Daher Weizenbier zum Frühstück. "Degoutant", befand meine Gattin.)

19. Juli

Unangenehmes bis unheimliches Zusammentreffen mit einer alten Vettel, "einer noch im gebratenen Zustand bösartigen Gans" (Adorno an Scholem 24. Oktober 1961), die Sorte. Gestern Abend im Casino in der Schloßstraße.

Kannte die Trutsche gar nicht!

---

Über Matthäus-Effekte im unteren Frequenzbereich des Sozialen referiert heute A. Kieserling in der Frankfurter.

"Maßstab der Welt ist der Erfolg." Maurice Joly, Handbuch des Aufsteigers.

---

In derselben Ausgabe schreibt ein "Daniel Mohr". Ist das die Möglichkeit? Wer in Gottes Namen heißt denn heute noch so! Die allgemeine linguistische Mobilmachung - eine Art Kinetik der Tollheit - wird in Kürze seine Umbenennung in Schwarz erforderlich machen. (Namen in einfacher Sprache.)

18. Juli

"Und sie, die vorher ein Mädchen war, wurde alsbald die Braut des Zeus, und sie gebar dem Kroniden Kinder, und wurde alsbald Mutter."

(Europa von Moschos aus Sizilien. ed. Bühler 1960 S.43)

Meine Gattin hat das Zitat - s. Eintrag vom 15. Juli - non doch nicht in ihre Puderdose eingravieren lassen, sondern in ihr Zigarettenetui.

---

"Wenn man das Leben meistert, wäre es die größre Dummheit, andere darin zu unterrichten." Maurice Joly, Handbuch des Aufsteigers.

In Jolys "Ein Streit in der Hölle", 12. Gespräch über Die Presse als Stütze despotischer Herrschaft. Vierte Gewalt als Krücke demokratischer.

17. Juli

Informatives aus der Feder Marcus Collas zur Zerstörung der Potsdamer Garnisonskirche 1968 in der jüngsten Ausgabe von German History Vol. 38 Issue 2 June 2020. Soll als Lokalkolorit reichen.

--

Am Abend in Berlin eingeladen. Gott behüte uns vor unseren Freunden!

16. Juli

Sie können nichts, als danken, ewig danken!

Friedrich de la Motte Fouque, Corona. Ein Rittergedicht. (11. Gesang) 1814

---

Überall das gleiche Bild: Warten auf Godots Gäste.

---

Was ist ein Lesedrama? Bei Gelegenheit von Lunatscharskis Faust und die Stadt.

---

Neuer Policraticus / Notizen zur Verfassungslehre.

15. Juli

Von Caputh kommend in Potsdam eingetroffen. Hier erwarten uns hoffentlich ruhige Wochen, derer wir nach den vergangenen unruhigen bedürfen.

Der hiesige Preußenflitter zum Glück auf Eis; wollten gleich nach der Ankunft ins Museum Barberini, wegen Bombenentschärfung nicht möglich. Stattdessen Cocktails vorm Lunch. Posteingang. Zeitungslektüre. "War Kant Rassist?" Alberne Debatten unter deutschen Philosophieprofessoren und ihrem Klüngel, heute erneut in der FAZ. Ist der Papst katholisch? Mehr mag man dazu nicht sich einfallen lassen.

--

"Und sie, die vorher ein Mädchen war, wurde alsbald die Braut des Zeus, und sie gebar dem Kroniden Kinder, und wurde alsbald Mutter."

(Europa von Moschos aus Sizilien. ed. Bühler 1960 S.43)

Will meine Frau in ihre Puderdose eingravieren lassen. Muss ihr den Unfug ausreden!

---

Mit der Theologie ist nicht Gott verschwunden, sondern die Macht der Evidenz.

---

Nun stehen meine Bücher da,

Was ich dort suchte, find ich nah,

Dort Bilder, hier das Wesen:

Oft ist mir eine Zeile g'nug.

So schließt der zarte Sinn das Buch

Und hat's schon all gelesen.

Gerhard Tersteegen

---

Reiselektüre:

Johann Balthasar Schupp:

"Corinna oder die ehrbare Hure"

Hašek und Heller (Schweikjaden)

Saki, Biest und Überbiest

---

Nah ist

und schwer zu fassen der Lump.

Wo aber Durst ist, wächst

der Durstlöscher auch.

Holunder, Patmos

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Mein gewöhnliches Reiseleben nahm denn nun wieder seinen Anfang.

Fanny Lewald, Diogena (3. Buch)

Prof. Bobby Holunder, Rektor der Universität Bockwurst, wird seinen Sommerurlaub an der Seite seiner Gattin in der brandenburgischen Hauptstadt verbringen.

Von dort wird der "akademische Sündensaurier" (Holunder über Holunder) seiner wohlmeinenden Leserschaft kabeln.

Ohne Sendungsbewußtsein, ohne Apodemik. Ab 15. Juli.

Universität Bockwurst / Büro Holunder / Pressemeldung 4. Juli 2020