Nach vielen Jahren ununterbrochener Praxis kann ich sagen: Das Ge-dichteschreiben ist wohl zuallererst eine Übung in radikaler Selbsterforschung.
Durs Grünbein, Aus der Traum (Kartei). Aufsätze und Notate
Suhrkamp 2019 S. 10
also sprach bibendum:
Zu Jan Wagners Gedicht reifen (FAZ 28. März 2019)
dort, wo der jan versickert,
beim zeitgeist, dem schlechten
allgemeinen, dessen krumen
auch ihn nähren, siehst du ihn
mit platten reifen spielen
und schauriger fast als sämtliche grünbeine
zusammen: reichskindergarten,
kristallisation lauter verzückter zwerge
in ihren gompas aus ich und mir und
meiner und du und dir und deiner,
den eberzahnhelm beschreibt nicht der
jan, den löwenzahn aber und die
schafgarbe, ekphrasis, dein wille
geschehe, wie im auto, so unter
der achse und im fond und im hand-
schuhfach, von wo es dich ansummt,
dich okkupiert, deiner dummheit schmeichelt:
"Es geht um die Frage der Aushöhlung
öffentlicher Sprache durch Diktatur und
Propaganda...", durs grübein in seiner, malsagen
lingua tertii,5 imperii (ddr) in der gazette
vom nämlichen tag, in der zeitung für
deutschland und deren pseudo-poetische
nesthäkchen durs und jan, vanitatiker, intermittierend.
Ralf Frodermann 28. März 2019