„Ich kannte sie schon, bevor sie Jungfrau wurde.“
Amerikanischer Witzbold über Doris Day
„,… aber wegen der Mädchen, die in den Schlafkammern alt werden, bin ich voll Kummer.“
„Doch für die Frau ist nur kurz die Zeit, in der sie Gelegenheit dazu hat, und wenn sie die nicht ergriffen hat, will niemand sie heiraten, und dann sitzt sie daheim und wartet auf ein Wunder.“ Aristophanes, LYSISTRATE
Alte Jungfern heute
Noch vor drei bis vier Generationen legten in Deutschland bekanntlich zum Beispiel unverheiratete, unwillige, hässliche oder aus anderen Gründen nicht liierte, in die Jahre gekommene Lehrerinnen Wert auf die Anrede „Fräulein“. Damals hieß „Gender- Diskurs“ „Kranzgeldkonkurs“ und wurde noch nicht auf Universitäten unterrichtet. Heute ist Frausein wieder Beruf.
Auch die verschlagene Witwe oder der sauertöpfische Blaustrumpf, welche typologisch in den Fräuleinkontext gehören, haben, nicht nur auf der Bühne und im Film, überlebt; im deutschen Sprachraum hat ihnen Elisabeth Flickenschildt ein unübertroffenes Denkmal gesetzt. Als männliches Pendant wäre an den lüsternen, ungebundenen, gehemmten Hagestolz, etwa in der Gestalt Rudolf Plattes oder Emil Jannings‘, sowie an den geizigen Erotomanen im Greisenalter bzw. den misogynen, nicht selten alkoholisierten Sonderling jeden Alters zu erinnern, die allesamt recht froh sind, nicht verheiratet oder jedenfalls nicht an einen zeternden Besen oder eine lamentierende Schabracke gebunden zu sein.
Von Joyces „Penelope“ führt ein gerader Weg zu Thomas Manns „Die Betrogene“; altes und neues Testament europäischer Weiblichkeitsdarstellung im zwanzigsten Jahrhundert. „Die alte Jungfer“, objektiv eine Mißlaune der Natur, feiert indessen im eben entdeckten vierten Geschlecht noch immer keine anderen Umstände, dafür aber fröhliche Urstände: neben den Hetero-, Bi- und Homosexuellen, melden sich seit geraumer Zeit „Asexuelle“ zu Wort, die auch Quotenquarantäne, Respekt und Förderfähigkeit anstreben. Ihre weibliche Gallionsfigur ist „die alte Jungfer“, ihr inflationäres Alleinstellungsmerkmal, zugleich Selbstwahrnehmung, eine Melange aus Sendungsbewusstsein, Selbstviktimisierung, Nabelschau und positive thinking.
Die Fräuleinjahrgänge 1900 – 1920 gingen in Deutschland nicht zuletzt wegen des zweiten Weltkriegs partnertechnisch leer aus und waren daher oft gezwungen, sich unter den gegebenen Umständen und im Rahmen des gesellschaftlich möglichen wenigstens ökonomisch zu emanzipieren, indem sie zu Angestellten und Beamtenmonaden wurden. Auf diese Weise erreichten viele von ihnen- ungewollt zwar, doch nicht unerbeten – eine durchaus befriedigende soziale Autonomie.
Heute ist „die alte Jungfer“ doppelt komisch! Schon immer Parodie auf weibliche Schrulligkeiten, ist sie heute dazu verurteilt, als Parodie der Parodie zu fungieren und zum Gelächter hinter vorgehaltener Hand zu dienen. Mehr als an unbefleckter Empfängnis, die die moderne Medizin längst möglich macht (so kommt denn auch endlich Faust’s „Zu den Müttern!“ zu sich selbst!), liegt ihr an der von allem Geist unbefleckten Erkenntnis, es sei bereits eine Weltanschauung und eine Kriegserklärung, wenn sie ICH sagt.
Ralf Frodermann VII 2011
Epilegomena:
"Die Weiber können nur mehr ihres Lebens froh werden, wenn sie den Männern die Notwendigkeit des Geschlechtslebens bestreiten."
Karl Kraus
Wegen eines Todesfalls muss das Kolloqium zu F. S. Pierre Dufours "Weltgeschichte der Prostitution" (Nachdruck 1995) auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
Wir bitten um Verständnis.
gez. Dr. Petra K. Januch (Kulturwissenschaftliche Bibliothek im Haus "Frischlin")
Mai 2014
Der Pantoffelheld
Verflucht der Mann, elend an Geist und Leib,
Der kriechend Unterthan tyrann’schem Weib!
Der keinen Willen hat, als nur den ihren,
Der sie die Wirthschaft läßt und Kasse führen;
Der ihr des Freund’s Geheimniß muß erzählen,
Soll sie ihn Abends nicht zu Tode quälen.
Hätt’ ich solch’ Weib, ich sag’ es ohne Scherz,
Ich bräch’ den Sinn ihr, oder bräch’ ihr Herz. –
Robert Burns (Übs. A. von Winterfeld 1860) IX 2014