Logopädische Beratungsstelle "Billy Budd"

Kretin auf Kreta / Ein logopädisches Reisemundwasser und Anti- Baedeker

Zugeeignet meinem Reisebegleiter, einem ganz und gar von sich besessenen, verschlagenen und versierten Asozialen, geht es um die Realisierung seiner Vorteile, und darum geht es ihm fast immer. Einem eitlen Beutelschneider dieser Zeit, der andere gern in den Dreck zieht, ohne zu merken, dass er selber darin wohnt und welcher ist. Einem lästigen, lüsternen, listigen Bock und routinierten Auf-den-kopf-steller, der seinem viehischen Wohlbefinden alles andere gewissenhaft zum Opfer bringt. Einem fetten Faun und geizigen Heuchler, einem Betaesel, der sich einen Alphahengst dünkt. Einem wahrem Nervensägewerk! Kurz: Einem indolenten Arschloch, das, wie alle Arschlöcher, sicher seine guten Seiten hat: hinterrücks, und darum wenig sichtbar.

Suff und Eros lehr’n den Kreter

Kannst du spar’n dir, denn drauf steht er.

Selten heißt ein Kreter Peter,

Selt’ner noch schießt der Elfmeter.

Gerissen ist die Kreterin,

Von ihr steckt viel im Kreter drin.

Der Phrygier, im Gegensatz zum Kreter,

Kommt earlier und geht doch trotzdem later.

Das Land, die Lust liebt mancher Kreter,

Erst pflügt das Weib, sodann das Beet er.

Entleibte sich ein Gott vorm Kreter,

Er bät’ ihn weiter, ja so tät’ er.

Betrügt er dich, der Lügenkreter,

Schlag rüstig zu, erst dann versteht er.

Kaum Krokodile frisst der Kreter,

Der Brite nennt sie ‚Alligator’.

Höre nur nicht auf den Kreter,

Er tut nicht selbst, was andern rät er.

Ouzo oder Ehefrau

Nach dem ersten sagt der Kreter:

‚Blöde Votze, ich komm’ später!’

Nach dem zweiten wird er wüster

Und bestellt den dritten düster.

Nun nach Weibern lüstern späht er:

‚Bin doch Kreter!’, lauthals kräht er.

Stocksediert als wie von Äther

Fährt auf’s Feld er und da mäht er.

‚Kein Plural ohne Singular’,

Das weiß auch jeder Kreter,

Doch krasse Kreter fragen gar:

Heißt’s ‚Krater’ oder ‚Kräter’?

Versuche nie auf glattem Eis den Kreter,

Und tust du’s doch, wirst sehn, dann geht er.

Bedrückt und lautlos nippt der Kreter,

Da Gäste sorgen für Gezeter.

Randvoll ist gern einmal der Kreter,

Sowohl von Wein wie auch von Feta.

Die Ohren zu macht oft der Kreter,

Die Augen auf und die verdreht er.

Trifft scharfer Kreter Kreterin,

Erwacht sein Gott Adrenalin.

Indiskreter als der Kreter

Ist der kretische Vertreter.

So der Eigensinn beherrscht den Kreter,

Wird er doch nicht zum Verräter.

Auf die Palme treibt den Kreter

Fades Lamentier’n Unsteter.

In Rendsburg fand ein feiner Kreter

Nach regem Rundtanz seine Meta.

Erhaben wirkt der alte Kreter,

Da nicht geringe Zweifel sät’ er.

Als Nutzvieh gilt seit je dem Kreter,

Die Schar europaweiter Städter.

Zieht du den Hut zu spät vorm Kreter,

ruft er, merklich gekränkt, die Väter.

Gänzlich fühlst du nie wie’n Kreter,

Fühlst dich verwandt ihm, schon verweht er.

Sieht Er vor Kretern nicht den Kreter,

Fall’ auf die Knie Er und dann bet’ Er!

Ermuntre nur den Heißspornkreter,

Zu kritisieren Hagen Rether.

Respekt verlangt zunächst der Kreter,

Bezeugt man ihn, ihn auch gewährt er.

Einsamkeit verdrießt den Kreter,

Darum sich wie toll vermehrt er.

Aufs Händeln sich versteht der Kreter,

Im Füßeln- ABC sich auch bewährt er.

Kaum klopft an deine Tür ein Kreter,

Schon gewahrst du den Eintreter.

Runzelt seine Stirn der Kreter,

Üble Laune dir verrät er.

Gastgeschenke liebt der Kreter,

Über alles Miele- Bräter.

Tintoretto? – Gott dem Kreter!

Oftmals reist er nach St. Peter.

Alte Weisen kennt der Kreter,

Kennst du sie nicht, dich gern belehrt er.

Kaum ist überführt der Kreter,

Schon um Gnade schüchtern fleht er.

Nachgeschmack von zuviel Kreta/er?

Räusp’re dich und flugs vergeht er.

Ralf Frodermann Kreta/Bad Salzuflen VI/VII 2010