„Um an mir einen Narren zu fressen, muss man einer sein.“ “BRENNTAG” (RF, in progress)
„In der nächsten Stufe wird die Krise auf das soziale System übergreifen.“ FAZ 20. 8. 2011
„Neid macht alt und Alter macht neidisch.“ Horst Tappert in PERRAK (1970)
Überkompensiertes Nichts/ Vom Unheil der Ichsucht und verwandtes Malheur (Gilt als Leidzirkular)
Wie dem Blitz der Donner, so rollt der Zeugung die Ichbesessenheit lebenslänglich nach, schlicht um schlicht. Kaum einer hält es noch bei sich aus. Selbstachtung ist Selbstbetrug, nährt sich jämmerlich aus der Verachtung der anderen. Im Bann der Weltkrise gehen Rechnungen aller Art immer seltener auf. Auch die Abmachungen, die einer mit sich selber trifft, werden gebrochen, durch Prolongation oder Vergessen. Der Ichdiminutiv, das arme Würstchen, das Häuflein Elend, das jeder objektiv ist, mausert sich zur Füllmasse der bevorstehenden gesellschaftlichen Regression. Angstlust weidet sich schon an dem anschwellenden Hintergrundrauschen neuer Verwerfungen und rentierlicher Untergänge. Das principium individuationis der zweibeinigen Anhängsel des warenproduzierenden Systems, d.h. die Gewährleistung seiner Konformität, besorgt der Geldfetisch; wie Frömmigkeit zu nichts anderem wurde als Blasphemie, so ist Ichsucht das geblieben, was sie seit ihrer Entdeckung war: Verrat am Ich. Jeder ist sich selbst der verhasste Nächste, und wer sich nicht dreimal am Tag in Gedanken entleibt, tut es weniger oft oder öfter oder tatsächlich. Das Prinzip Selbsterhaltung verliert an Schwerkraft und ausgemacht bleibt in seinem Umfeld für den Moment nur:
Die Grenzen meiner Lebenslügen sind die Grenzen meiner Welt.
Der je vorherige Tag lastet auf den Hirnen des je gegenwärtigen wie ein Alp.
Ich = index falsi
Nota bene
Ein wenig bemerkter Zusammenhang zwischen Essen und Schreiben besteht darin, dass viele heute beides nicht mehr recht vermögen. Immer ist zu viel auf der Gabel oder im Satz, physisch wie semantisch platzt’s aus den Nähten. Es wirkt zuweilen, als würde die Sprache nicht gesprochen, sondern gegessen. Die zuständige Wissenschaft müsst wohl „Philophagologie“ heißen.
Ralf Frodermann VIII 2011