Fuhrmänner der Langeweile

The Nazi Past in Contemporary German Film: Viewing Experiences of Intimacy and Immersion (Screen Cultures: German Film and the Visual) 2014

by Axel Bangert

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An den Abenden schaue ich gewöhnlich fern oder gehe ins Kino.

Walker Percy, Der Kinogeher

In der integralen Kultur ist nicht einmal mehr Verlaß auf ihren Bodensatz.

T. W. Adorno, Filmtransparente ("Ohne Leitbild")

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O siehe hin! Glaubst du es nicht?

Oscar von Redwitz: Amaranth (8. Auflage Mainz, 1851 S.282)

Die dämliche Dreifaltigkeit aus deutscher Dachschadenprosa, deren Verfilmungen und die Idolatrie beider Ödfelder ist übersichtlich zu untersuchen in:

Der Deutschunterricht Heft 2 / 2019 "Verfilmte Gegenwartsliteratur"

Ralf Frodermann Juli 2019

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Schwein, ins Uhrwerk guckend

In Cannes haben die Festspiele begonnen. Bei dem deutschen Beitrag "In My Room" von Ulrich Köhler, Berliner Schule usw., handelt es sich dem Vernehmen nach um ein Art Plagiatremakekopie des neuseeländischen Films "Quiet Earth" von Geoff Murphy aus dem Jahr 1985.

Der deutsche Gegenwartsfilm wie der verschmockte Rummel um den 200. Geburtstag Karl Marx' ist durch und durch neurotisiert; um eine Formel aus der Prozeßordnungswelt zu bemühen: Filme wie Gratulanten bestreiten mit Nichtwissen die eigene Nullität.

Ralf Frodermann 8. Mai 2018

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Kinokitsch: Ein Film kämpft um sein Existenzrecht:

Leningrad Symphonie / Eine Stadt kämpft um ihr Leben (Dokumentarischer Spielfilm 2017) von Christian Frey und Carsten Gutschmidt

Das deutsche Entsorgungskino bleibt weiterhin ein Fall fürs bedrückende Mittelmaß und seine kongenial-verschmockten Kritikaster, die es regelmässiger als regelmässig mit großem Lob und nachsichtigem Tadel zu Weltkino usw. zu erklären die Chuzpe haben.

Malapartes Die Wolga entspringt in Europa, Tschakowskis Die Blockade, Granins und Adamowitschs Blockadebuch oder Lidia Ginsburgs Aufzeichnungen eines Blockademenschen sind fast so vollständig vergessen wie die Blockade Leningrads selbst.

Und Schostakovitschs Lebenstragödie ist in Tony Palmers Testimony – The Story of Shostakovitch aus dem Jahr 1987 auserzählt.

So ist Leningrad Symphonie nichts weiter als ein neuerliches Angebot, einen Frieden mit deutscher Geschichte zu machen, der wie gewöhnlich auf das quasi-majestätisch-überhistorische quid pro quo hinausläuft, Leningrad gegen Dresden, Hamburg oder Halberstatd aufzurechnen und die jeweiligen Tränenfluten im deutschen Kinobassin für eine deutsche Nachwelt zu veredeln. Mt anderen Worten: das präzise Gegenteil von Schönbergs Ein Überlebender aus Warschau (1948) - Kinokitsch.

Ralf Frodermann Mai 2018

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Kinosyllogismus / Kinderwunschkino

Miss conception - amerikanische Filmklamotte aus dem Jahr 2008 - erzählt von einer jungen Frau, die gern ein Baby hätte.

Dinky Sinky - Produkt deutschen Klapsmühlenkinos mit Subventionshintergrund zehn Jahre später - dito.

Deutscher Film, d.h. Filmabhub, hat einen unzureichenden Begriff vom Komischen. Vom Ernsten hat er keinen.

Ralf Frodermann Februar 2018

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Nah an Blubo

Filmischer Mumpitz wie „Der traumhafte Weg“ (2017) der Regisseurin Angela Schanelec bildet das Leinwandpendant zu lyrischen Windmaschinen a la Jan Wagner, Durs Grünbein, Heinrich Detering e tuttit quanti.

Ihren Produktionen eignet das Eigene, der Ort ihrer Herkunft ist der deutsche Wald, der deutsche Pilz, der deutsche Schmäh, der deutsche Gartenphilosoph:

„Durch lange Zeit glüht in uns die Trauer, deren wahre Gestalt anderen verborgen bleibt – bis dann aus den Schatten des Fernerschwebens langsam holde Allgegenwart der geliebten Entschwundenen emporzuwachsen beginnt, umleuchtet auch von allen Heiterkeitsgeistern der Liebe und des Geliebtwerdens, und uns in die Erdenwanderung hinausgeleitet.“

(Karl Foerster, Ferien vom Ach. 9. Auflage Berlin, 1980 S. 135)

Darob läuft dem salon-leninistischen Schmock der FAZ in seiner herzlichen Filmkritik (FAZ 26. April 2017) der Mund über.

Ralf Frodermann April 2017

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Lass es ! - Mumblecore auf Deutsch:

Tiger Girl Regie: Jakob Lass (2017)

Zweifellos gibt es bessere Gründe, sich einmal wieder Thelma & Louise (1991) oder Baise-moi/Fick mich! (2000) anzusehen als den Mumblemumpitz Lass'.

Ralf Frodermann April 2017

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"Noch'n bißchen mager, aber er wird schon Fett ansetzen."

Heinrich Mann, Im Schlaraffenland (9)

SMS für dich / Eine Fettnapfentleerung

1998 kam der Film e-m@il für dich in die Kinos. Meg Ryan und Tom Hanks gaben darin ein munteres Potpourri über ein Motiv aus Der Widerspenstigen Zähmung im Doris Day- und Rock Hudson-Format zum Besten.

In Karoline Herfurths SMS für dich (2016) - einem schlecht camouflierten Remake bzw. noch schlechteren Plagiat jener amerikanischen Komödie - wird die Langeweile dagegen zum Formprinzip des deutschen Angestelltenkinos, dessen Einfältigkeit wie Borniertheit in Dingen des Humors, des Sozialen, der Liebe und des Todes man in der Tat Weltniveau zusprechen kann.

Der zuständige FAZ-Filmschmierant ist gleich wie elektrisiert von SMS für dich (FAZ 17.September 2016), entblödet sich auch nicht, en passant Maren Ades trüb-wässrigem SubventionsstreifenToni Erdmann (2016 s.u.) noch einmal und absurder Weise Weltkino auf dessen höchstem Niveau zu bescheinigen, und ist wohl allen Ernstes im Glauben befangen, seine Leserschaft würde ihm diesen offenbaren, wenig scharfsinnigen Humbug eines Berufsclaqueurs abnehmen.

Das Pendant des Lügenkinos ist die Lügenfilmpresse.

Ralf Frodermann September 2016

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Vaterentbehrung II: Vom Landser zum Fremdenlegionär / Elfi Mikeschs Fieber (2014)

Mit Strindbergs Der Vater (1890) wurde der Vater bühnen-, mit Niklas Franks Der Vater (1987) abrechnungsreif.

In Fieber - Amour Fou spielt Eva Mattes ein Quasi-BDM-Töchterchen auf der Suche nach ihrem über-Ichen Herrn Papa (den zerquälten Quasi-Landser verkörpert Martin Wuttke, angemessen mit seiner Rolle ringend, wie gewöhnlich, und ausdrucklos öd, wie immer).

Das deutsche Befindlichkeitskino a la Toni Erdmann oder Fieber ist Pseudo-Kitsch; es setzt auf Spaß und/oder Ernst, schmiert aber regelmäßig nur ab in Schmiere, die nicht zuletzt von ihren Darstellern gewissenhaft gewährleistet wird.

Ralf Frodermann August 2016

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Lammbock- Lommbockmist

Unter den lahmen, deutschen Tarantino-Pasticcios nimmt der Streifen Lammbock (2001) eine Führungsposition ein.

Dem Vernehmen nach haben die Dreharbeiten zu einem Sequel unter dem Titel Lommbock begonnen.

Wieder werden das feiste Untalent Moritz Bleibtreu und der gänzlich talentlose Lukas Gregorowicz zwei immerfort ganz uneigentlich drauflos plappernde Narrenkiffer geben, denen in jedem Augenblick die Angst anzumerken ist, dem Zuschauer könnte entweder die öde Story, die alberne Darstellung oder beides zugleich allzu auffällig werden.

Ralf Frodermann Juli 2016

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Abblende der Lüge (Des Kaisers allerneueste Kleider)

Der wiederholte Versuch deutscher Schmocks (F.A.Z. 10. 7. 2016 und 13. 7. 2016), die filmische Nullität "Toni Erdmann" zu erstklassigem Kino zu erklären, ist befremdlich.

Nach dem Muster deutscher TV-Sportmoderatoren - bedingungslos auf ihre Mannschaft vereidigte Sockenhalter des Zeitgeistes ("Stalingrad-Syndrom") - während der eben abgeschlossenen Europameisterschaft ("die bessere Mannschaft hat verloren", "Schiedsrichter unfähig" usw.), werden dem trüben "Erdmann"-Unfug so lange viagraartige Infusionen beigemengt, bis er endlich im erwünschten Gegenlicht des sensationell Erhabenen, Nie-da-gewesenen und Jüngsten Tag Deutschlands erscheint.

"Toni Erdmann" ist nicht Kino, sondern automatisches Geplapper automatisierter Befindlichkeiten mit Unterbildern, kurz: deutsches Kino.

Ralf Frodermann Juli 2016

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Die Trennung ertrag ich wahrscheinlich nicht schlecht,

Doch kaum die Begegnung mit dir.

Anna Achmatowa (Mitternachtsgedichte)

Der deutschsprachige Experimentalfilm ist seit Leni Riefenstahl arg im Niedergang begriffen.

Produktionen wie Art Girls (2013) sind am ehesten als Kino der Untoten zu bestimmen: sie sprechen eine untote Kinosprache.

Wohin sollen wir mit ihnen? Wohin sollen wir mit dem Kino der Unlebendigkeit, der Untoten und der wüsten Leinwand?

"Many more things happen than we can carry."

Where shall we put them?

Where can we put them down?

(Jeredith Merrin, Poem with a line from Tomas Transtromer.

The Yale Review Vol. 104 No. 2 April 2016)

Sicher lieben auch diese Untoten das Kino, aber, ungleich dem Ovid, sagen sie zu sich nicht:

Barbaria noster abundat amor. (Ich liebe noch allzu sehr wir ein Barbar.)

Ars Amatoria, II, 552

Ralf Frodermann Juli 2016

Der Jungbrunnen (Cocoon 1985) versus Deadpool (2016)

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Weißt du, warum ich hart geworden,

Kalt und hart?

Weil mir keines Talentes Liebe

je gelacht.

nach Franziska von Reventlow

Panegyrikus nach Brachvogel:

Lou Andreas-Salome (2016) / Film von Cordula Kablitz-Post

Nach Hannah Arendt (2012) von Margarethe von Trotta macht sich nun ein sog. Dokudrama über Lou Salome her und auf den Weg in die cineastische Ladenhüterabteilung, made in Germany.

In diesem Nirwana der Missverständnisse, in dem stets die gute Absicht für die Tat genommen wird, zählen nur längst verwurstete Affekte, emotional fingerfood und prätentiöses Geplapper.

Inbegriff solch hagiographischen Kulissenschiebens im Filmstudio bleibt Gustav Gründgens' Friedemann Bach aus dem Jahr 1941, nach dem biographischen Roman Albert Emil Brachvogels (1858).

Kablitz-Post hat keinen Film gemacht, sondern Führerinnenpropaganda. Die Salome hätte sich das verbeten.

1977

Ralf Frodermann Juni 2016

nota bene

Charlotte Woodford: Female Desire and the Mind-Body Binary in Fin de Siecle Fiction by Hedwig Dohm, Lou Andreas-Salome and Gabriele Reuter.

in: German Life and Letters Vol. 68 Issue 2 July 2016

Deborah Holmes: The Rewriting of Lou Andrea-Salome's Eine Ausschweifung.

in: German Life and Letters Vol. 68 Issue 4 October 2016

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Feature Film

The Revenant (2015) ist nur Selbsterfahrungskino seines zivilsisationsmüden Regisseurs.

Innarritu sollte baldmöglichst, mit Barbara Streisand in der Titelrolle, Der alte Mann und das Meer (1958) neu verfilmen.

Ralf Frodermann Juni 2016

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Lehrfilmkino

Michael Hanekes Filme sind Filme fürs filmwissenschaftliche Seminar und dessen Personal (Martin Blumenthal-Barby: The Complicit Gaze: Michael Haneke's Cinema of Guilt. in: The German Quarterly Vol. 89 Issue 2 Spring 2016).

Ihr Sterilitätsgrad erreicht den Brechtschen.

Ralf Frodermann Juni 2016

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Sozialkritisches Kino ist seit Martin Ritts Norma Rae (1979) erledigt, und findet im Leserbriefe schreibenden Kopfkino statt:

Das bedingungslose Grundeinkommen bedeutet nicht das Ende der Arbeit,

aber das Ende der Sklaverei. FAZ 1.Juni 2016 (Briefe an die Herausgeber)

Ralf Frodermann Juni 2016

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Brazilian Waxing

Auf den brasilianischen Film Die Poetin – Reaching for the Moon (2013), einem Biopic, das der amerikanischen Dichterin Elizabeth Bishop gewidmet war, folgt Vor der Morgenröte – Stefan Zweig in Amerika (2016).

Wie der Kater dem Saufgelage folgt.

Ralf Frodermann Juni 2016

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Yahya Elsaghe:

Felix Krull im Kino und im Fernsehen. Zu den mentalitätsgeschichtlichen Implikationen der bundesdeutschen Thomas-Mann-Verfilmungen.

in. Wirkendes Wort 66. Jg. Heft 1 April 2016

Alle deutschen Thomas-Mann-Verfilmungen sind missraten.

Die miserabelsten sind, von "schlecht" bis "ungenießbar", d. h. chronologisch:

Königliche Hoheit (1953)

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull* (1957)

Buddenbrooks* (1959)

Wälsungenblut (1964)

Tonio Kröger (1964)

Lotte in Weimar (1975)

Unordnung und frühes Leid (1977)

Doktor Faustus (1982)

Der Zauberberg (1982)

Der kleine Herr Friedemann (1990)

Mario und der Zauberer (1994)

* Die Zweitverfilmung des Stoffs ist doppelt miserabel. ("Exponentialfunktion des Miesen".)

(Viscontis Tod in Venedig von 1971 ist doppelt so gut wie die Heinrich-Mann-Verfilmungen von Der blaue Engel (1930) und Der Untertan (1951) zusammen. "Exponentialfunktion des Gediegenen".)

Ralf Frodermann Juni 2016

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Dorre an deinem Staube bröckle Vergessenheit

Iwan Goll, Ode an Berlin

So weit die Lügen tragen

Exkulpationskino („Ich bin kein Elefant, Monsieur“)

Mit So weit die Füsse tragen begann 1959 das Serien-TV in der Bundesrepublik.

2001 folgte die Kinoverwurstung desselben Stoffs.

Der deutsche Landser hatte nach 1950 mit Hans Hellmut Kirst seine Wunden speichellecken gelernt, Am Ende des Jahrzehnts waren sie verheilt. Dank Fritz Umgelter konnten sie 1959 auf den Film Hunde, wollt ihr ewig leben? wahrheitsgemäß mit Ja! antworten.

PG Heinz Rühmann (Nr. 1357) spielte in Stanley Kramers Ship of Fools (1965) den Juden Julius Löwenthal; seinen letzten Filmauftritt hatte er in Wim Wenders' Berlin-Schmonzette In weiter Ferne, so nah! (1993). Das Pseudos des deutschen Kinos, der Lügendruck, der auf ihm liegt, ist in (Heinz)-Rühmann zu messen wie der Luftdruck in (Hekto-)Pascal.

Ralf Frodermann Mai 2016

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Tierfilm Das neueste Kapitel deutschen Verlautbarungs- und Bekenntniskinos

In der Masse soll man drinstecken, fest und für immer.

Leon Bloy, Auslegung der Gemeinplätze

Nicolette Krebitz' Film Wild (2016) ist schlecht verfilmtes Individuationsprinzip, in dem Michael Wadleighs Wolfen (1981) an keiner Stelle grüßen lässt.

Der Wolf im Plattenbau ist nicht gerade der Tiger im Tank, sondern die neuerliche Verfilmung des Warnhinweises vor allen Kinos, die deutsche Produktionen zeigen: Wer hier eintritt, lasse alle Unterhaltungshoffnung fahren.

Ralf Frodermann Mai 2016

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Männer machen Fehler Ulrich Becher in memoriam

Mit der Komödie Happy Hour (Regie. F. Müller 2015)meldet der deutsche Männerfilm aufs Neue Konkurs an.

Man braucht sich gar nicht John Cassavetes' Husbands (1970) zu erinnern, um vom Alte-Socken-Mief, der von Produktionen wie Happy Hour - der zeitgenössischen Variante des deutschen Buddyfilms der 50er und 60 Jahre (Immer die Radfahrer 1958 usw.) - ausströmt, angewidert zu sein.

Es genügt ein kurzer Besuch eines beliebigen Urologen-Wartezimmers, um zu konstatieren: ja, die sind wirklich so wie in der Wartezimmergazette Men's Health oder in Happy Hour halluziniert, die sind Mumpitz mit Kolbenfresser.

Ralf Frodermann Mai 2016

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Vaterentbehrung im Kinopassepartout

Toni Erdmann in Cannes 2016

Wie kann man so viel Erfolg haben, ohne sich anzustrengen?

Richard Burton, Tagebücher (dt. München, 2015 S.58)

Maren Ades Vater-Tochter - Komödie Toni Erdmann - Papa stellt seiner Püppi sich als den dummen August, der er ist, liebesbeweisend und lehrstückhaft

vor - ist verunglücktes Genre-Kino mit Hintergrundabsicht, auf deutsch. Nach Claude Millers Das Auge (1983) und Clint Eastwoods Back in the Game (2012) hat die Vater-Tochter - Konstellation erneut unbedeutende Konjunktur.

Wie wird Toni Erdmann in Cannes bei aller Anstrengung so wenig Erfolg haben!

Aber die allergische Reaktion auf das Kino für Dumme ist noch kein Indiz für kluges Kino, sondern nur der erste Schritt in die falsche Richtung.

für

Persephone, Tochter des Zeus, Totengöttin, Göttin der Fruchtbarkeit

Postscriptum

Sie haben ihre Gewalttätigkeit gegen sich selbst gekehrt und zerstören sich; von ihren Vätern kaltgestellt, machen sie sich aus Rache zu Krüppeln...

Paul Nizan, Aden - zitiert in: Liliane Siegel: Mein Leben mit Sartre. dt. Düsseldorf, 1989 S.139

*

SPIEGEL: Wie haben Sie Ihren Vater im Gedächtnis?

Maya Picasso: Als ein ganz normales menschliches Wesen.

DER SPIEGEL 36 / 1995 S.218

*

Sibylle Lacan: Ein Vater. Puzzle. dt. Wien, 1999

*

Yvonne Knibiehler: Geschichte der Väter. Eine kultur- und sozialhistorische

Spurensuche.

Freiburg, 1996

*

Milena Moser: Mein Vater und andere Betrüger. Roman.

Reinbek, 1996

*

Das war das letzte Mal, daß Alice Denway ihren Vater sah. Damals konnte sie noch nicht wissen, daß es nie wieder in ihrem Leben jemanden geben würde, der mit ihr, stolz und hochmütig, unter den Hummeln wandeln würde.

Sylvia Plath, Unter den Hummeln ( in: H- Häsing / I. Mues Hrsg.: Vater und ich. Eine Anthologie. Frankfurt a. M., 1993 S. 143)

*

Eine harmlose Ohnmacht. Es ist nicht das erste Mal. Mein Vater, der arme Kerl, hat mir diese wenig männliche Labilität vererbt. Man muß sie hinnehmen.

Guido Morselli, Liebe einer Tochter ( dt. Frankfurt a. M., 1996 S.140)

*

Georges Simenon und Max Frisch als Väter.

Tagungsband LXX ed. Bobby Holunder #bockpress# 2016 (im Druck)

*

Markus Werner: Festland.

Salzburg, 1996

Vaterherz, kalt garniert

Dem Programmheft der Erstaufführung von Carl Zuckmayers »Katharina Knie« im Lessing-Theater lag u. a. eine Probeseite aus dem bekannten Heyischen Kochbuch bei, das nun, den endlich wieder stabilisierten Verhältnissen Rechnung tragend, von neuem in der völlig unveränderten Vorkriegsausgabe erschienen ist. Wir freuen uns, dieser Probeseite den nachstehenden Abdruck entnehmen zu können:

Man nehme ein nicht mehr allzu junges Vaterherz, schneide dasselbe in 4 aktlange Scheibchen, lege sie sauber auf einen Gemeinplatz, schlage sie längere Zeit breit, röste sie sodann (am besten mit W. von Heimburgs Back- und Bratfett »Alles in Butter«) auf kleinem Feuer und übergieße sie dabei fleißig mit einem Viertelliter heißer Tränen. Inzwischen hat man einen Backfisch sorgfältig abgeschuppt, das Innere und besonders das Gehirn sauber entfernt und das Fischlein auf allen Seiten knusprig abgebräunt (Fisch- und Bratenwender »Prachtmädel«). Man verarbeitet nun das alles zu einer Masse und preßt sie in einem schneeweißen Linnen, bis der letzte Rest Handlung abgetropft ist. Zum Schluß wird das Ganze mit einem Päckchen Gelatine »'s Badener Ländle« angerührt, mit einer Lage Streuzucker Marke »Sternennacht« überstäubt und das schmackhafte Gericht (bekanntlich eine Leibspeise des seligen Ludwig Pietsch) in einer Gartenlaube serviert. Als Garnierung verwende man die herbstlichen Blätter eines immer noch fröhlichen Weinbergs.

Für getreue Kopie:

Walter Benjamin

Ralf Frodermann 11. Mai 2016

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Psychoaktives Kino:

MÄNGELEXEMPLAR Film (2016) nach Sarah Kuttners Roman (2009)

Das deutsche Gegenwartskino gibt sich uneigentlich. Der notorisch deutsche Humor der Humorlosen, den man in Berlin für ungemein zündend zu halten gewohnt ist und jederzeit/überall als fait accompli voraussetzt, liegt in diesem neuen Produkt zu gleichen Teilen in den Händen von zu Mittelmaß abgerichteter Darsteller und einer Nachwuchssachwalterin deutscher Kino- Mediokrität, Frau Laura Lackmann.

Die "Alles-ist-gut,-aber-dass-ihr-alle Arschlöcher-seid,-behalte-ich-doch-besser-für-mich" - Attitüde ist nicht nur in Berlin Apriori asozialen Enhancements.

MÄNGELEXEMPLAR wäre das Satyrspiel zu FEUCHTGEBIETE (2013). Aber FEUCHTGEBIETE war keine Tragödie, sondern nur ein Scheidenfurz; und so ist MÄNGELEXEMPLAR nur sein nachsickernder Gestank.

("Whatever hopes may be built on advances in genomic science, it is more likely to be through the study of early developmental influences, and the social milieu in which these operate, that we shall reach a better understanding of the relationships between psychiatric disorder and creativity." Brian Cooper: Sylvia Plath and the depression continuum. in: JRSM. June 2003)

Ralf Frodermann Mai 2016

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Einige Götter entsteigen der Maschine. Die Maschine bleibt

Lars Gustafsson, Die Tennisspieler (Titel des siebten Kapitels der Erzählung)

Good Bye, Zemo!

Captain America: Civil War (2016) ist die Verfilmung der Schrift Über ein vermeintes Recht aus Blockbusterliebe zu schludern von Baron von Strucker.

Nachdem deutsche Filmförderpumpen eine knappe Million hingepumpt hatten, konnte sogar der Flughafen Halle/Leipzig sowie das Berliner Teiggesicht D. Brühl - eine ungute Fehlbesetzung, resp. Mixtur aus Goldfinger und dem achten, bösen Zwerg - in den neuen MARVEL-Streifen eingebaut werden.

Moralische Antinomien sieht man lieber bei Plato und Kant verhandelt als im Kino. Dass aber der Captain oder IronMAn inskünftig noch zu langweiligen Verbrechern aus verlorener Ehre, Kain&Abel - Heinis o. ä. runterkommen, steht selbst nach diesem post-moralinsaurem Aufstoßen mit Superfilmtechnik nicht zu befürchten

War es nicht, als spielte einer eine der sehr leichten und einfachen Burgmüller-Etüden auf einem 700.000€ Steinway?

Ralf Frodermann 28. April 2016

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Könige ohne Königreich

Im deutschen Problemkino a la Vier Köinige (2015) von Theresa von Eltz wird die Öde epidemisch. Den Zuschauer erwartet nicht nur, wie selbstverständlich, Langeweile und Einfalt, überdies wird seine Bereitschaft zu ihnen als notwendige Rezeptionsbedingung ausgegeben.

Der Deutsche Filmpreis 2016 ist damit entschieden.

Four Lions (2010) von Chris Morris verhandelt das Sujet von Vier Könige - traumatisierte Jugendliche - dagegen so überzeugend wie angemessen.

Ralf Frodermann 15. April 2016

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Regie-Kino über Regie-Kino

Hitchcock (2012) von Sacha Gervas und Fritz Lang – Der andere in uns (2016) von Gordian Maugg, Arbeiten zweier Männer von fünfzig Jahren, sind kaum miteinander vergleichbar; nicht nur aus dem Grund, dass Heino Ferch nicht Anthony Hopkins ist und keiner werden wird, sondern prinzipiell nicht:

Die Bopics des deutschen Kinos sind Führerpropaganda wie die des amerikanischen Unterhaltung sind.

L - ein Regisseur, der einen Film sucht, sucht einen Regisseur, der einen Film sucht.

Ein Mashup aus Einfalt, Langeweile und Prätention, kurz: deutsches Kino entdeckt Fritz Langs M – Eine Stadt sucht einen Mörder.

Ralf Frodermann April 2016

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Heiliger Speer, Kreuzabnahme und deformierte Verklärungslust:

Merkuriale zu Batman V Superman: Dawn of Justice

Das jüngste Produkt aus der Comic-Kino-Welt der Supergralshelden ist ein Pseudepigraph.

Lex Luthor-Klondarsteller Jesse Eisenberg ist nur ein sehr schwacher Nachhall des großartigen Heath Ledger als Schurkenkollege Joker; dessen Andenken hält er mit seiner Leistung nicht in Ehren.

Anders als der FAZ-Kritiker Dath meint, rüttelt der neue Film Zack Snyders nicht "die Moral des Comic-Kinos" durch, sondern die Disposition seiner Zuschauer zur Langeweile.

Ralf Frodermann März 2016

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Über ein vermeintes Recht aus Filmliebe miese Filme zu machen für Tom Hardy

Thomas Arslans deutscher Migrationsmuff in Westernkulisse - Gold aus dem Jahr 2013 -

stellt das bisher expliziteste Bekenntnis einer sogenannten Berliner Schule zu cineastischer Nullität

dar.

Die darin agierende Schauspielerin Nina Hoss ist nicht nur nicht die Duse, sondern gar keine Schauspielerin, sondern nur das sichtbare Verlangen, als eine zu erscheinen.

Es scheint, als sei man unter deutschen Filmmenschen darum bemüht, eine

ganze Kunstform nebst Schauspielkunst in Deutschland zurücknehmen und durch bloßen Mumpitz ersetzen zu wollen.

Ralf Frodermann März 2016

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Don't play Bach:

Zu Bach in Brazil von Ansgar Ahlers

Bach muss längst nicht mehr gegen seine Liebhaber verteidigt werden, denn die sterben andante moderato aus. Was übrig bleibt, wird zu filmischer Presswurst a la Bach in Brazil endverarbeitet und als Einwegfilm ans deutsche Kinokassennutzvieh zu verfüttern versucht. Die Zweitverwertung findet danach im pädagogischen Bereich statt, deren Geschäftsführer ernste Albernheit und souveränen Infantilismus für ihre Kernkompetenzen halten, (Musiklehrer, Berufseltern, Erzieher usw.).

Bach in Brazil ist das Revers zu Fack ju Göhte.

Ralf Frodermann März 2016

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Jede Erkenntnis ist einer Form gemäß, die in dem Erkennenden der Grund der Erkenntnis ist.

Thomas von Aquin

Der Song Tu vuo fa L'Americano muss in The American (2010) - ein den Zuschauer methodisch langweilender Film, für den sich aus unerfindlichen Gründen George Clooney engagierte und der so miserabel ist, dass er fast von Emokinofreund und Identitätskrisenmanager Wilhelm Wenders sein könnte, eine Art Fortsetzung seines All-time-Langweilers Der amerikanische Freund von 1977 - neben Leones Spiel mir das Lied vom Tod als bedeutungsschwerer Fingerzeig dienen.

Herbert Grönemeyer durfte diese blanke Langeweile europäischen Posenkinos mit einem Soundtrack unterlegen, der keinen Zweifel darana lässt, dass auch er von der Nichtigkeit des erhaben Erzählten überwältigt war. Wie anderswo, ist auch in diesem Film seiner Klimperei eine leere Erschütterung ihres Klimperers anzumerken.

Ralf Frodermann Februar 2016

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Autobiographische Malheurs von Namenlosen nehmen niemanden für sie ein.

Anders verhält es sich durchaus, wenn alternde Großschriftsteller über Impotenz, Vergänglichkeit, ungelebte Wahrheit und verwandt Eminentes ins Notieren geraten, vgl. etwa Montauk von Max Frisch.

Das europäische Autorenkino hat sich gern jenen autobiographischen Malheurs angenommen, für die kein Publikum mehr in Reichweite ist. Antonionis* Professione: Reporter und Tarkovskijs Stalker stehen dafür ein. Mit dem Tod ihrer Schöpfer sind auch diese ephemeren Werke missverstanderner Filmkunst verschwunden.

* Wilhelm Wenders, der seit je die Nähe cineatischer Ikonen suchte, hatte instinktiv seine Verwandtschaft in Sachen langer Weile ("Oberflächlichkeit durch Tiefe" etc.) zu Antonioni gespürt und früh erfolgreich versucht, diesem zur Regiehand zu gehen.

Ralf Frodermann Februar 2016

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Beim Wiederlesen von Dürrenmatts Der Richter und sein Henker erinnert mancher sich unwillkürlich der Filme Claude Chabrols.

Man ahnt noch, dass es hier wie dort irgendwas zu lernen gäbe, weiß aber nicht mehr, was es sein könnte.

Ebenso ahnt man, dass man unterhalten sein könnte, weiß aber nicht mehr wie.

Ralf Frodermann 19. Februar 2016

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für Dr. Doug Ross

Unter den Filmfestivals ist die Berlinale das, was unter den Opernfestivals das Rossini-Festival in der Kurruine Bad Wildbad ist: das muffigste Festival seiner Art.

Der deutsche Beitrag 2016 entspringt dem deutschen Genre des Problembärfilms, dessen Formel Trauer hoch minus zwei multipliziert mit der Wurzel aus Nebelbank plus 'Der Zuschauer kapiert das schon" lautet.

24 Wochen - es handelt sich um die Abschlussarbeit einer Filmhochschulschülerin - erzählt vom moralischen Dilemma, in das ein Paar gerät, nachdem es erfahren hat, dass bei ihrem Nachwuchs Down-Syndrom diagnostiziert wurde.

Freilich ist das kein Stoff für einen Spielfilm, sondern fürs gynäkologische Vorphysikum.

Gott sei Dank ist George Clooney zu Gast auf der Berlinale und kann, höflich wie er ist, den sozialmedizinischen Lehrfilm zum bärenwürdigen Beitrag hochbeamen.

Verdient hat der muffige Streifen den muffigen Lorbeer allemal.

Ralf Frodermann 12. Februar 2016

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Colloquia Germanica Vol. 46 No.1 2013 (Themenheft "Masculinity in Contemporary German Culture")

Das Themenheft widmet sich u.a. den deutschen Filmregisseuren Sabine Bernardi (Fuck Julia!), Philipp Stölzl (Luis- Trenker-und-Goethe - Plunder), Stephan Lacant (Wer anal sagt, muss auch banal sagen) und Fatih Akin (s.u.)

Bobby Holunders Beitrag "Tilman V. Schweiger - Das Postulat der Maskulinität" wurde nicht zum Druck angenommen und erscheint demnächst an dieser Stelle.

Ralf Frodermann 11. Februar 2016

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Spiel mir Lied vom Stempelkissen:

Zu Tarantinos The Hateful Eight

90 Jahre nach Chaplins Goldrausch steht wieder einmal eine Hütte im Schneesturm im Mittelpunkt des Leinwandgeschehens.

Mr. Tarantino hat abermals versucht einen Tarantino-Film zu machen, herausgekommen ist aber nur - trotz Tim Roth als Christoph Waltz und Ennio Morricone als Filmmusikmuseum - ein ödes Zerr- und Abziehbild des Genre Italo-Western-Pasticcio al la Tarantino.

Zwar werden fast penibel die aristotelischen Einheiten (Zeit, Ort, Handlung) gewahrt, doch das Resultat sind nur spannungslose Spanngurte blutrauschender Einfallslosigkeit, kaum sichtbare Konturen eines Stempels, der nicht mehr befeuchtet wird und gähnende Sehnsucht nach dem Filmende.

Der Zuschauer ist nur Nutzvieh, dessen Aufmerksamkeit zynisch abgemolken wird. Dieser Film benötigt ihn dringender denn je.

Tarantinos Talent ist implodiert. Seine Ankündigung, nur noch für zwei weiter Streifen Tinte auf dem Füller zu haben und dann Schluß zu machen, beunruhigt seine Anhänger:

Er hätte vor Film 7 und 8 in hatelful Rente gehört.

Ralf Frodermann 1. Februar 2016

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Filmmusik ist Luftkampf. Sie leitet die Bodenoffensive ein und begleitet sie.

Ihr Ziel: die enthirnten Hirne endgültig sturmreif schießen.

(vgl. Adorno/Eisler: Komposition für den Film. (engl. 1944) dt. Ost 1949 dt. West 1969)

Ralf Frodermann Januar 2016

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In Zak Penns grandiosem Pokerfilmsatire The Grand aus dem Jahr 2007 darf einzig der deutsche Autorenfilmer Werner Herzog frenetisch für Langeweile und Sorgenfalten sorgen.

Seit er nicht mehr den Arsch von Klaus Kinski - einem heute nahezu vergessenen Untalent wie er selbst - versohlt bekommt, macht er u.a. auf hard-boiled - Chargebeschäler, indem er sich bei amerikanischen Produktionen als bad guy verdingt. Deren Akteure fallen regelmässig auf solche wie ihn bzw. den notorischen Christoph Waltz rein, weil sie die Mediokrität solcher Leute, die mit Händen zu greifen kein Kunststück ist, für deutsches method-acting o.ä. halten.

Ralf Frodermann Januar 2016

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Ich glaube, wir sollen jetzt beeindruckt sein.

James Bond Spectre

Bruderzwist im Hause Bond

B

Der neue Bond ist nichts für starke Neven, sondern nur das abgefilmte Storyboard des längsten Werbespots der Filmgeschichte..

Jede Folge einer Action/Crime-Serie wie zum Beispiel Alias mit dem weiblichen Bond Sydney Bristow bietet mehr suspense, Tempo, Verschwörungsmumpitz und Zug als Spectre.

O

Die beiden Bond-Girls sind zu alt bzw. zu jung: das alte hat den Sexappeal einer menopausierenden Bond-Schwägerin und würde vermutlich in einer Verfilmung der Erzählung Die Betrogene von Thomas Mann eher bella figura machen, das junge wirkt wie Bonds Tochter aus Tagen, als er noch nicht 007, sondern Ehemann seiner nachmaligen Schwägerin war.

N

Christoph Waltz, der seinen Ruhm bekanntlich einem Mißverständnis Tarantinos verdankt, macht auch im neuen Bond nur seinen Job als Fehlbesetzung, indem er Trübsinn mittels Tiefsinn produziert, den Bösen markiert, aber nur den Esel zeigen kann und sich und seinen Hass Bond andient, der aber offenbar an der Entschärfung ödipaler Störungen seines Stiefbuders so wenig interessiert ist wie an allem anderen.

D

Über Sam Smith's 'Writing's On The Wall' kann sich, einige singende Haremswächter mit Eunuchenhuntergrund ausgenommen, niemand freuen. Wäre der Mantel des Schweigens nicht dauernd in der Reinigung, hier wäre er am Platz.

0

Collagierte Effekte, Action als Ornament, Baukastenkino, Bond auf Pump: Spectre zählt zum Arsenal jener Agentenfilme, die zum Verrat solchen Genrekinos nötig sind.

0

Q ist weniger nur ein matter Abglanz Marshall J. Flinkmans, als vielmehr Personifikation eines zeitgemässen, deutschen role models unter Nerds: lässiger als die Polizei erlaubt, zugleich willfähriger als jeder Beamte und immer für ein Ausnahme von dieser Regelung gut.

7

Mr. Craigs schauspielerische Absenz ist wohl als seine Art impliziter Filmkritik zu werten. Ohne Judi Dench allerdings wirkt noch solche Noblesse vergeblich. Bond verkümmert.

Ralf Frodermann XI 2015

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Am Alexanderplatz murksen und murksen sie weiter.

Döblin, Berlin Alexanderplatz (Siebentes Buch)

1931 und 1980 wurde Döblins Berlin Alexanderplatz verfilmt.

Piel Jutzi, Regisseur der ersten Verfilmung mit Heinrich George in der Hauptrolle, entpuppte sich 1933 als Nationalsozialist. Rainer W. Fassbinder, Regisseur der zweiten, für das Fernsehen gedrehten Fassung, war zeitlebens nie anderes gewesen als ein antisemtischer Proletenfreund mit einer eitlen Schwäche fürs Kino der Inspirationslosen.

Ralf Frodermann 24. Oktober 2015

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Der Nazi bleibst du

Benedikt Kubys eskapistische Dokumentation "Der Bauer bleibst du" verhilft dem deutschen Heimatfilm, Abtlg. Nährstand, Entdeckung der Langsamkeit, Affirmation durch Einschlafen, Sternsteinhof, Siebtelbauern, Alm-Öhi usw., zu neuen Würden.

Dem 'Idiotismus des Landlebens' ist aber mit der Filmkunst des Städters nicht abzuhelfen.

Ralf Frodermann 23. September 2015

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Der eine melkt den Bock, der andere hält das Sieb unter:

Wolfgang Becker verfilmt Daniel Kehlmanns Roman „Ich und Kaminski“.

Ralf Frodermann an Prof. Diokletian Büffelklein 14. IX. 2015

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Noch mieser als die deutsche Filmkunst dieser Zeit ist die zuständige Filmkritik.

Ganz uneigentlich witzig etwa winkt der FAZ-Schmock Jürgen Kaube Fack ju Göhte 2 durch (FAZ 9. September 2015).

Man will keine schlafenden Abonnenten wecken, die bei einem veritableren Verriss der aufgewärmten Feuerzangenbowle auf den falschen Gedanken kommen könnten, das dahindümpelnde, einstige Intelligenzblatt endlich abzubestellen.

Man will sich, im Gegenteil, alle Tapetentüren offen halten, um im entscheidenden Moment gönnerhaft bekennen zu können, man müsse ja nicht unbedingt immer mit Kanonen auf Spatzen schießen, also mit Adornos Theorie der Halbbildung auf deutschen Filmklimbim zum Beispiel, sowas machen nur Nerds und Angeber.

Deutsche Filmkritk schmiegt sich ums deutsche Gefilme wie Eiweiß sich ums Eigelb schmiegt, Hauptsache, man ist mit von der Partie, wenns um In-die-Pfanne-hauen oder In-die-Pfanne-gehauen-werden geht.

Seit Friedrich Nicolai und Friedrich Theodor Vischer ist die Parodie Goethes so apokryph wie kanonisch. Die Flegel aus dem letzen Fack ju Göhte ändern daran nichts.

Man wird auf Fack ju Hitlar warten müssen, bevor ein Schmock wie Kaube sich dazu bequemt, wofür er u.a. bezahlt wird: Filmkritik.

Ralf Frodermann 9. September 2015

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Postheroischer Manager, Hose voll / Deutscher Autorenreferenzfilm 2015

Der Regisseur Bastian Günther - in seinem Film HOUSTON (2013) klimperte das magere Schauspieltalent Ulrich Tukur ein filmisches Notturno (Relaunchumkreis: "Tod eines Handlungsreisenden", "Nieten in Nadelstreifen" etc.), das ein wirklicher Mime, George Clooney, in UP IN THE AIR (2009) bereits bravourös gespielt und damit das Thema abgearbeitet hatte - hat, offenbar ohne eine bestimme Zielgruppe im Tunnelblick zu haben, außer Männerhäuser in Berlin Prenzlauer Berg, Lesekreise mit Schwerpunkt Film dortselbst o. ä., mit "California City" einen der bemüht tiefschürfenden Schmonzetten gewimwendert, die in Deutschland bei der zuständigen Pseudo-Kritik ("ist behäbig, aber genial!" usw.) euphorisch und beim Publikum gar nicht erst ankommen.

Das deutsche Ladenhüterkino der Gegenwart ist um den Seelennippes eines ihrer Nippesbeschäler reicher.

Ralf Frodermann August 2015

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Fuck you, Veggie!

Cineastischer Vegetarimus: Taxi zum Schmock / for Luc Besson

Ausgeschlossen, dass der Film TAXI - deutsches Filmelaborat, das statt Schauspieler Textaufsager, statt präziser Dialoge eingemachten Firlefanz, statt Unterhaltung Ressentiment bietet, und statt auf ein Publikum auf den gut integrierten Zahlungskraftpöbel über 50 in fest montierter Lacherwartung setzt - von Kerstin Ahlrich, nach gleichnamigem Roman/Drehbuch von Karen Duve, bei der deutschen Filmkritik in toto anders als wohlwollend durchfallen/akklamiert wird.

Ralf Frodermann August 2015

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Wracks unter sich

"Heutzutage muss alles vernünftig vermarktet werden."

Groucho Marx 1959

Die perfide Resteverwertung von einstigen Hollywood-Größen im europäischen, insbesondere deutschen Kino, hat mittlerweile Tradition.

Als der heute in Vergessenheit geratene deutsch-deutsche Lyriker Thomas Brasch entdeckt hatte, dass er auch Filmemacher war, machte er u.a. seinen Film Der Passagier (1988). Außer Tony Curtis, der in dem Streifen nicht gerade zu Hochform auflaufen konnte, blieb der verblasene Streifen nur als Beweis dafür nicht in Erinnerung, dass deutsches Kino nach 1933 in aller Regel nach alten Socken riecht und nicht nach Filmleinwand.

In Anders Morgenthalers I am here (2014) darf Kim Basinger einen müden Filmpegasus reiten.

Dass Nicole Kidman im Zenit ihres Schaffens auf Lars von Trier reinfiel und Jeanne Moreau viele Jahre früher auf R. W. Fassbinder, dessen cineastische Schwulenschmonzette Querelle sie durch ihren Auftritt nicht entlüften konnte, mag entschuldbar sein, Kim Basingers Verirrung ins deutsch-dänische Ladenhüterkino kann dagegen nur noch als bedauernswert qualifiziert werden.

Ralf Frodermann Juli 2015

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Des Kaisers neue Kleider revisited

Dass ein Filmschmock namens Jesper Petzke in der Wochenschrift jungle wolrd (11. Juni 2015) den deutschen Milchsteifenfilm VICTORIA (2015) von Sebastian Schipper in Schwindelhöhen hochquaken darf -"Der Film ist eine Sensation" -, ohne dass seine Tinte rot anläuft, ist filmreif.

Der deutsche Filmbetrieb ist ein subventionierter Streichelzoo, in dem alle darin einsitzenden Eselinnen und Esel einander dauernd erzählen, was wunder sie für Meister in ihren diversen Genres sind.

Sie tun dies in der Hoffnung auf flutende Netzwerke, in denen alle Fragen, deren Beantwortung sie sofort ihrer Dämlichkeit überführen würde, als unanzutastendes Schonunvermögen fortgespült werden.

Ralf Frodermann Juni 2015

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Während anderswo die Schauspieler leibhaft vorhandene Typen verkörpern, bilden sich in Deutschland viele Menschen allenfalls nach den Schauspielern. Der Lebensraum, in dem wir uns aufhalten, ist irrend, die Luft mit Ideologien geschwängert und der Boden unter unseren Füßen erweicht."

Siegfried Kracauer , "Berlin-Alexanderplatz als Film " Frankfurter Zeitung 13.10.1931

Rohrkrepierer mit Gütesiegel

Zu Fatih Akins Film The Cut Hrant Dink 1954 - 2007 in memoriam

Der Filmregisseur Akin hat seine sogenannte Liebe, Tod und Teufel- Trilogie mit dem eben bei den Filmfestspielen von Venedig im Wettbewerb abgesoffenen Streifen The Cut beendet.

Trilogiker Akin - von seinemTeutonenpendant Christian Petzold ("der Botho Strauss der deutschen Filmkunst" Bobby Holunder) und dessen Gespenster-Trilogie zu schweigen - ist nicht, wie Visconti (Ludwig; Tod in Venedig; Die Verdammten), George Stevens' und Sergio Leone Amerika- Trilogien oder Richard Linklater (Before Sunrise -Dreiteiler) Landpfleger im Jurassic Park, sondern nur eine typisch deutsche Unbegabung mit Größenwahnhintergrund, der zu huldigen in Deutschland avancierten Geschmack verrät, vgl. Leni Riefenstahls Parteitags-Trilogie.

Seine sogenannte Komödie Soul Kitchen, eine Art urbaner Heimatfilm für Halbstarke und ihre berufsjugendlichen Mütter und Väter (Ein Film für die ganze patchwork- Familie!), bewies nur einmal mehr, dass deutscher Humor Humor der Humorlosen ist, sonst gar nichts.

The Cut gibt sich als anständiger Tabubruch der offiziellen Armeniengenozidleugnung in der Türkei und anderswo, bringt es aber nicht einmal zur Intensität eines Films wie YOL von Yilmaz Güney.

Nun ist das maßgebliche Kunstwerk zum Thema „Mord an den Armeniern im 1. Weltkrieg“ bekanntlich Franz Werfels Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh, vor Jahrzehnten erschienen und auf Druck der damaligen Regierung in Ankara niemals in Hollywood, wo es verfilmt werden sollte, produziert worden.

Die Geschichte jenes gescheiterten Filmprojekts wäre zu erzählen gewesen.

Dann hätte es wenigstens eine Chance auf Kritik gegeben, die die komplexen Vermittlungsebenen der formalen Anlage ihrerseits befördert hätte.

Akins Kunst ist keine; daher rührt sein Erfolg in Deutschland.

Ralf Frodermann

September 2014

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Nabokoviana

„Die Art von Fernsehinterviewern (besonders französischsprachigen), einen mit Vor- und Nachnamen anzusprechen. Je suis monsieur Nabokov oder cher maitre, wenn Sie das vorziehen, aber keinesfalls ‘Vladimir Nabokov’.

Die fixe Phrase ‚Hiroshima und Auschwitz’: Das eine unterscheidet sich vom anderen wie ‚grausam’ und ‚bestialisch’.“

Vladimir Nabokov, Die liebsten Hassobjekte.

in: V.N.: Gesammelte Werke (dt.) Band XXI „Eigensinnige Ansichten“ (S.487/488)

Hamburg, 2004

Im Jahr 1994 kam die Eintagsfliege „Thirty Two Short Films About Glenn Gould“ des französischen Regisseurs Francois Girard in die Kulturkinos.

Nach „17 Bierdeckel über B. Holunder“ und „20029 Oblaten über Professor Wilhelm Unglaube“ des rumänisch- deutschen Filmemachers Otmar Schuppe – heute Dozent für Doku- und Küchendramen an der Universität Bockwurst – kommt nun „Der Schmetterlingsjäger – 37 Karteikarten zu Nabokov“ Harald Bergmanns in die Daumenkinos der i- phones, tablets usw.

Die effektive Banausenmasche, an prominenter Stelle sein Wasser zu lassen und sich bedeutungsschwer zu lösen, war man von Bergmann seit seinen Hölderlin- und Brinkmannliturgien gewohnt.

Alexander Kluge, H. J. Syberberg und viele andere waren ihm darin formal wie inhaltlich mit dem Akzent auf langweiligster Bräsigkeit altdeutsch vorangegangen.

Wer Nabokov noch kennt, liest ihn oder liest ihn nicht mehr.

Der Geist seines Werks wäre an der Tagesordnung, nicht die Visualisierung der Buchstaben seines Spätwerks, wie es Bergmann für die Berliner Schmockerie aufs Neue misslang.

Otmar Schuppe Universität Bockwurst

Juli 2014