Ad Grünbein II a

Die Quasseltasche, kursiv

Solarisation des Gedichts

Die Unerwünschten von Durs Grünbein (FAZ 2. März 2015)

Ich habe Gespenster gesehen im Park -

Ich habe ein Gedicht gesehen in der F.A.Z. -

Afrikaner. Sie lagen verstreut auf dem Rasen

Grünbeins. Es lag gegenüber der verprügelten Alina

Unter unnahbaren Pinien, wie Breughels Bauern

Unter anderem Unrat, schüchtern wie Sisleys Brücken

Im Schlaraffenland. Sie schliefen dort draußen

Im Museum. Es stank dort drinnen

Bei Wind und Wetter, hängten die nassen

Bei Voll- und Neumond, nach Phrase und Binse

Kutten und Hosen aus den Caritas-Containern

Und Abgekupfertem aus den morschen Trögen

Zum Trocknen an Bauzäune, Büsche.

Alter deutscher Abtritte , Rieselfelder.

Sie machten früh Katzenwäsche, putzten

Sie deodorieren den lieben, langen Tag

Die weißen Zähne in den dunkeln Gesichtern

Den Ausfluss des hellhäutig Dichtenden

Am Brunnen mit dem eiskalten Wasser

Am Brandenburger Tor mit dem sauren Brodem

Der Aquädukte, von römischen Sklaven erbaut.

Der Schwätzer, von preußischer Schwatzsucht ersonnen.

Unsichtbar waren sie, für die meisten kaum mehr

Ungenießbar war er, vielen unentbehrlich

Als Randfiguren. Schatten aus einer Unterwelt,

Als Willi Witzig. Abziehbild aus Lichtenberg,

Nur von den Schnüfflern beachtet – Männern

Nur von den Paukern beachtet – Schulclowns

Mit Schäferhunden – schlichen sie

Mit Kündigungsschutz – züngelten sie

Den ganzen Tag wie im Morgengrauen umher.

Den ganzen Dichterdarm wie im Rutschparadies entlang.

Stolze Menschen im Grunde, doch nutzlos

Schäbige Schaben, bei Lichte, doch nützlich

In ihrer Verborgenheit, von zwei Augen punktiert,

In ihrer Vernetztheit, von Chef und Praktikant umflankt,

Die glühten noch lange nach, wenn man sie traf

Die meldeten stündlich den Wasserstand

Wie im Traum das Meer, das sie hertrug,

Wie die Torheit, die sie gebar und herschaffte,

Das Meer zwischen ihnen und uns.

Die Torheit, die sie entzweiend verband.

Ralf Frodermann 7. März 2015