Das Frühjahrsinterview 2014

Institut für Bürgermeisterforschung und Medien der Universität Bockwurst

Das Frühjahrsinterview 2014

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In den Jahren 2001 bis 2006 führte Ralf Frodermann in der Kurstadt Bad Wildbad im Nordschwarzwald seinen sogenannten „Längsten Wahlkampf der Republik – 5 Jahre Dauerwahlkampf um das Bürgermeisteramt im Wildbad“ durch.

Der damalige, selbsternannte „Regimekritiker“, „Schriftsteller“ und „Aufklärer“ – im Grunde ein gewöhnlicher Querulant und Halbkrimineller – lebt heute zurückgezogen als Hilfsorganist auf Schloss Dux.

Wir trafen ihn an einem Kiosk in Bad Wildbad zu unserem diesjährigen Frühjahrsinterview.

Institut: In Bad Wildbad stehen im kommenden Sommer Bürgermeisterwahlen an. Werden

Sie kandidieren?

RF: Ich habe der Presse gegenüber diese Frage bereits verneint. In der Kurruine Wildbad

herrscht wie überall eine Art Politik der Reste, um den Titel eines früher berühmten

Theaterstücks zu zitieren. Das inspiriert nicht mal mehr mich.

I: „Wir unterscheiden mit Eco Integrierte von Apokalyptikern, mit Jesus von Nazareth reiche

Kamele von armen Nadelöhren.

Die Kurruine Wildbad selbst ist unterintegriert, d.h. bankrott. Sie ist die gelebte

Apokalypse ohne siebtes Siegel. Integrierte sind Leute mit Monatseinkommen von 4000€

aufwärts monatlich. Apokalyptiker sind Leute mit Netto- Einkommen von 400€ abwärts

monatlich. Der Rest ist Politik, die Grauzone ist Politik der Gewalt.

Wildbad ist nicht Neapel oder Nepal. Wildbad ist Bad Wildbad und Bad Wildbad ist

Konkursmasse, Schonvermögen gleich null.“

Das schrieben Sie im Dezember 2004, also vor fast zehn Jahren. Sehen Sie die Lage heute

differenzierter?

RF: Wissen Sie, wenn ich das Wort „differenziert“ höre, frage ich mich neuerdings immer:

was soll diese Aufforderung zur Abwiegelei! Wildbad ist nach wie vor differenziert im

Arsch. Da haben Sie meine Antwort. – Noch `ne Dose Pils?

I: Danke vielmals!

RF: Danke ja oder danke nein?

I: Danke nein. – Sie haben geheiratet?

RF: Sie haben nicht interviewen gelernt und ich habe nicht geheiratet. Die Ehe ist bekanntlich

das Grab der Liebe und ich will kein Grabschänder werden.

I: Und auf Ihrem Nachttisch?

RF: Liegen Wolfgang Sorges „Geschichte der Prostitution“ aus dem Jahr 1920 und das

Baronetage, das britische Adelsverzeichnis. Wir haben eine großartige Bibliothek auf

Schloss Dux.

I: Lassen Sie uns auf Wildbad zurückkommen. Was ist eigentlich faul da?

RF: Alles. Alter Mumpitz wird regelmäßig durch neuen ersetzt. Das unterscheidet Unsinn von

Arbeit. Menschen bilden in diesem Zusammenhang eine die Ausnahme bestätigende

Regel.

I: Was heißt das?

RF: Der jetzige Bürgermeister kann ersetzt werden, das ist aber kein Muss. Außer für ihn.

I: Was heißt das?

RF: Diese schwäbischen Bürgermeisterjobs sind Abstellplätze für schwer vermittelbare

Fachkräfte. In Rathäusern können solche Leute den wenigsten Schaden anrichten, weil

da in aller Regel heute kein Geld mehr ist.

I: Wird Edathy in Wildbad kandidieren?

RF: Das will ich hoffen! Der könnte den Leuten da so eine reformpädagogische Nudistenbude

für kleine Jungs einrichten. Eine Universität für Lehrerfortbildung oder so gibt es ja wohl

schon. Auf einen Unfug mehr oder weniger kommt es im Wildbad nicht mehr an.

I: Was wäre heute Ihr Wahlkampfprogramm, würden Sie denn nochmals antreten?

RF: Ganz Wildbad muss Asylantenheim werden, Wildbader raus!

I: Das meinen Sie ernst?

RF: Bad Wildbad ist unwählbar. Selbst ramponierte Lockvögel wären noch zu teuer, Dr.

Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik ist tot und die Tierärzte, die aus Rumänien und

Bulgarien usw. Kommen, kann man nicht so schnell zu Badeärzten umschulen. Das

dauert.

I: Was können sich aber die Wildbader und Wildbaderinnen vor diesem Hintergrund sagen?

RF: Genau das, was sich der Ich- Erzähler in Lovecrafts Erzählung Das Grab am Ende sagt:

In diesem Sarg in dieser Gruft hat man versprochen, mich zu beerdigen.

I: Als touristische Destination ist der Ort unattraktiv geworden. Wie kam es dazu?

RF: Das ist doch alles gut und plausibel dargelegt, das muss man nicht wieder und wieder tun.

Kurorte, Kurdirektoren und Kurhotels etc. sind Schnee von gestern. Die Gegenwart ist

Schnee von gestern. Und Sie stellen Fragen von vorgestern. Lesen Sie keine Bücher?

I: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

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II 2014