Karem Gomaa
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D Farfarae flos (Huflattichblüten)
D Farfarae folium (Huflattichblätter)
Folia Farfarae; Folium Tussilaginis; Tussilaginis folium
dt.:Brämeleblätter, Heilblätter, Huflattichblätter; Coltsfoot leaves; Feuilles de tussilage; Hojas de tusilage; port.:Folhas de tussilagem.
Farfarae folium – DAB 10; Folium Tussilaginis – ÖAB 90; Tussilago – BHP 83; Coltsfoot leaf – Mar 29
Die getrockneten Laubblätter DAB 10, ÖAB 90, BHP 83, Mar 29; frische oder getrocknete Laubblätter [4].
Stammpflanzen: Tussilago farfara L.
Herkunft: Aus Wildsammlungen in Italien, Ostmittel- und Osteuropa [5].
Gewinnung: Nach der Ernte (Mai, Juni) rasche Trocknung der einschichtig ausgelegten Blätter in der Sonne, ohne sie dabei zu wenden [6].
Ganzdroge: Aussehen. Langgestielte, derbe, sehr brüchige, gelbliche bis dunkelgrüne, bisweilen matt glänzende Blätter. Junge Blätter oberseits behaart; alte Blätter oberseits kahl, unterseits dicht wollig-weißfilzig behaart. Ei- bis herzförmige Spreite mit stumpfer Grundbuchtung und einem Durchmesser von ca. 20 cm. Blattrand mehr oder weniger eckig ausgeschweift, in den Buchten mit dunklen, knorpeligen Zähnen versehen. Nervatur handförmig, grobmaschig, unterseits mehr oder weniger stark hervortretend. Rand und Nerven des Blattes häufig rotviolett überlaufen [53].
Schnittdroge: Geschmack. Schleimig-süßlich. Geruch. Schwach honigartig. Aussehen. Derbe, sehr brüchige Fragmente der Blätter, die durch die dichte, filzige Behaarung aneinanderhaften [53].
Mikroskopisches Bild: Die Epidermiszellen der Oberseite sind in der Aufsicht ca. 40 bis 60 μm groß, polygonal bis schwach wellig-buchtig, dünnwandig, im Querschnitt flach rechteckig, die der Unterseite kleiner und stark wellig-buchtig. Die Cuticula der Oberseite zeigt eine deutliche, über mehrere Epidermiszellen verlaufende, um die Haaransatzstellen und die Spaltöffnungen radiäre Streifung, die der Unterseite eine nur auf die Breitseite der Spaltöffnungen zulaufende Streifung. Die Spaltöffnungen vom anomocytischen Typ sind unterseits zahlreicher als oberseits; sie sind etwa 45 μm lang und bis zu 35 μm breit und liegen in der Epidermisebene. Das Palisadenparenchym besteht aus 3 oder 4 Zellagen. Die Zellen der obersten Lage sind in der Regel kurz und dicht gelagert, diejenigen der übrigen Lagen mehr oder weniger gestreckt und durch Interzellularen getrennt. Das Schwammparenchym wird aus mehreren Lagen polyedrischer Zellen gebildet, die besonders in der Nähe der unteren Epidermis große Lufträume umschließen. Die Haare der Unterseite sind etwa 100 bis 250 μm lang und etwa 10 bis 12 μm breit; sie bestehen aus bis zu 6 kurzen, dünnwandigen, oft kollabierten Fußzellen und einer langen, am Grunde unverdickten, an der Spitze abgerundeten, unregelmäßig verschlungenen Endzelle, deren glatte Cuticula bisweilen eine feine, schraubenförmig verlaufende Rißlinie aufweist. Auf der Blattoberseite sind meist nur noch die Haaransatzstellen vorhanden. In den meisten Mesophyllzellen liegen Klumpen oder strahlige Kristallaggregate von Inulin; Calciumoxalat fehlt [53].
Pulverdroge: Aussehen. Das Pulver ist gelblich bis graugrün. Mikroskopisches Bild. Epidermisfragmente der Blattoberseite weisen dünnwandige, polygonale Zellen und eine deutliche, um die Haaransatzstelle und Spaltöffnungen strahlige Cuticularstreifung auf; häufig inulinführende Fragmente des Mesophylls mit 3 oder 4 Lagen Palisadenzellen und einem große Luftlücken umschließenden Schwammparenchym; Haare mit langer, stark verschlungener, am Grunde unverdickter Endzelle und bisweilen schraubig gerissener Cuticula und deren Bruchstücke [53].
Verfälschungen/Verwechslungen: Verfälschungen und Verwechslungen sind möglich mit den ähnlich geformten, aber schleimarmen Blättern der Gattung Petasites (P. albus, P. hybridus, P. paradoxus) sowie mit Blättern von Arctium-Arten, z. B. Arctium lappa [1], [5], [7], [53].
Inhaltsstoffe: Polysaccharide. 8,2 % Polysaccharide (bezogen auf das Trockengewicht), extrahiert mit Wasser, mit Ethanol ausgefällt und getrocknet. 30 % davon Inulin, der Rest saure Schleimpolysaccharide, die aus ca. 21 % Arabinose, 24 % Galactose, 15 % Glucose, 6 % Uronsäuren und 10 % Xylose zusammengesetzt sind [8]. Zusätzlich kommen Rhamnose, Fucose, 2-O-Methylxylose und ein Polymer mit neutralem Glucananteil und sauren Oligosacchariden in der Polysaccharidfraktion vor [9]. Als Bindungstyp herrscht die α-1,4-Bindung vor [9], [10]. Das Molekulargewicht der sauren Polysaccharide liegt im Bereich von 140.000 bis 300.000 Dalton [10]. Pyrrolizidinalkaloide. Bis zu 0,01 % Senkirkin [11], das untoxische Tussilagin; [12] in der Droge chinesischer und nordamerikanischer Herkunft in Spuren Senecionin [13], [14].
Senecionin
Tussilagin
Senkirkin
Sonstige. Die Triterpene α- und β-Amyrin, die Sterole Campesterol und β-Sitosterol; [15] Aesculetin; [16] geringe Mengen ätherisches Öl, 0,05 % Bitterstoffe und 5 % Gerbstoffe (ohne nähere Angaben zur Struktur) sowie Gallussäure, Weinsäure und Äpfelsäure [3]. In der Asche ein relativ hoher Gehalt an Natriumnitrat [3].
Identitaet: Die Prüfung auf Schleimpolysaccharide und Inulin erfolgt mit dem Heißwasserauszug der gepulverten Droge. Aus dem hellbraun gefärbten Auszug werden die Polysaccharide durch Zugabe gleicher Mengen Ethanol 96 % ausgefällt. Das Präzipitat wird zur Reinigung nochmals in Wasser gelöst und gefällt, wobei eine kräftige weiße Trübung entsteht DAB 10. DC des methanolischen Auszuges der gepulverten Droge nach DAB 10: Referenzsubstanzen: Kaffeesäure, Hyperosid und Rutosid; Sorptionsmittel: Kieselgel G; FM: Ameisensäure 98 %-Wasser-Ethylmethylketon-Ethylacetat (10+10+30+50); Detektion: Besprühen mit Diphenylboryloxyethylamin und Macrogol 400, Auswertung im UV 365 nm; Auswertung: Die Untersuchungslösung weist im Bereich zwischen Kaffeesäure und Hyperosid mindestens 4 gelbgrün bis orangebraun fluoreszierende Zonen auf. Dabei ist die zweite Zone von unten am intensivsten und hebt sich schon bei Tageslicht ab. Im Rf-Bereich zwischen Hyperosid und Rutosid treten 1 bis 2 blau fluoreszierende Zonen auf. Als zusätzliche Referenzsubstanz wird Chlorogensäure vorgeschlagen, deren Zone zwischen der von Hyperosid und Rutosid liegt [17].
Reinheit: Droge. Fremde Bestandteile: Der Anteil von Blattstielen ist auf 10 % beschränkt, da diese nur wenig wertbestimmende Schleimpolysaccharide enthalten DAB 10. Trocknungsverlust: Höchstens 10 % DAB 10. Asche: Höchstens 23 % DAB 10; höchstens 20 % ÖAB 90, BHP 83. Säureunlösliche Asche: Höchstens 2 % ÖAB 90; höchstens 3 % BHP 83. Die Arzneibücher lassen generell relativ hohe Werte für die Asche zu, da die starke Behaarung der Droge die Verunreinigung mit Staub- und Erdteilchen begünstigt. Weniger als 2 % Blätter mit Rostflecken DAB 10. Rostpilzbefall stellt eine Wertminderung dar. Der Anteil an befallenen Blättern ist daher auf 2 % limitiert. Quellungszahl: Mind. 9, mit pulverisierter Droge (500) bestimmt DAB 10. Mikroskopische Reinheitsprüfung: Blattstücke mit folgenden Merkmalen dürfen nicht vorhanden sein: Blattstücke mit Palisadenparenchym aus 1 bis 2 Zellagen oder deren Schwammparenchym nur kleine Hohlräume aufweist; Blattstücke mit kurzen breiten Gliederhaaren aus 4 bis 8 Tonnenzellen und peitschenförmigen Endzellen; Blattstücke mit deutlich sichtbaren Nerven letzter Ordnung im aufgehellten Präparat und mit wellig-buchtiger oberer Epidermis mit derbwandigen, getüpfelten Epidermiszellen ohne Cuticularstreifung DAB 10. Diese Merkmale weisen auf folgende Verunreinigungen oder Verfälschungen hin DAB 10: Petasites paradoxus: Blätter ein- bis dreieckig-herzförmig, unterseits bleibend schneeweiß; Blüten rötlichweiß; Nerven letzter Ordnung im aufgehellten Präparat deutlich sichtbar; Epidermis der Blattoberseite wellig-buchtig, derbwandige getüpfelte Zellen mit schwacher Cuticularstreifung; Palisadenparenchym wie bei Huflattich 3- bis 4schichtig. Petasites hybridus: Blätter rundlich-herzförmig, am Grunde mit abgerundeten Lappen, unterseits allmählich verkahlend; Blüten blaßpurpurn. Petasites albus: Blätter rundlich-herzförmig, am Grunde ohne Lappen, doppelt gezähnt mit deutlich stachelspitzigen Zähnen, unterseits bleibend dünn graufilzig; Blüten gelblichweiß. P. hybridus und P. albus sind gemeinsam charakterisiert durch breite, aus 4 bis 8 Tonnenzellen bestehende Gliederhaare auf der Blattoberseite. Die Cuticularstreifung ist nur über den Blattnerven ausgebildet. Das Palisadenparenchym besteht aus 1 bis 2 Zellagen. Arctium-Arten, z. B.Arctium lappa L.: Blätter oval-herzförmig, zugespitzt, kleingezähnt und mit deutlichem, unterseitig hervortretendem Nerv; Cuticularstreifung auf der Blattoberseite wie bei Huflattich; Tonnenhaare wie bei Pestwurz. s. a. Lit. [7] DC-Reinheitsprüfung: Bei der Identitätsprüfung darf kein Fleck in Höhe des Rutosids auftauchen DAB 10. Ein solcher Fleck ist ein Hinweis auf Verunreinigungen mit Petasites-Arten [17]. Der Petroletherauszug der Droge wird auf Kieselgel GF254 mit Eugenol und Linalool als Vergleich und mit Chloroform als FM aufgetrennt. Im Chromatogramm der Untersuchungslösung darf nach Detektion mit Anisaldehyd-Reagenz in Höhe des Linalools (rot) im Vis keine rotviolette Zone auftreten. Zwischen Eugenol und der obersten rotvioletten Zone darf keine blaue oder rotviolette Zone sichtbar sein. Im Rf-Bereich beider Vergleichssubstanzen und dazwischen dürfen bei 365 nm außer blaßroten keine fluoreszierenden Zonen im DC der Untersuchungslösung vorhanden sein DAB 10. Dieser Nachweis zielt auf die für Petasites typischen veresterten Sesquiterpenalkohole Petasin und Isopetasin. Im DAB 8 ist zusätzlich ein DC-Nachweis von petasinfreien Petasites-Verunreinigungen beschrieben. Danach darf im Chromatogramm des Ethanolextraktes über der Vergleichssubstanz Rutosid nur eine blau fluoreszierende Zone (Chlorogensäure) sichtbar sein DAB 8. s. a. Lit. [17] Pyrrolizidinalkaloide: Die Tagesdosis von Huflattichtee (Droge) und von Teemischungen darf nicht mehr als 10 μg, die Tagesdosis von Extrakten und Preßsaft nicht mehr als 1 μg Pyrrolizidinalkaloide mit 1,2-ungesättigtem Necingerüst einschließlich ihrer N-Oxide enthalten [4]. Bei externer Anwendung ist die Konzentration von Pyrrolizidinalkaloiden auf höchstens 100 μg/Tag beschränkt [18]. Eine gaschromatographische Bestimmungsmethode für Senkirkin s. Lit. [19], [20] Danach wird die Droge mit Diethylether entfettet bzw. lipophile Inhaltsstoffe des Extraktes durch Diethylether entfernt. Aus dem Rückstand lassen sich die Pyrrolizidinalkaloide nach Alkalisieren mit Chloroform extrahieren und gaschromatographisch bestimmen [19], [20].
Gehaltsbestimmung: Vorschriften zur Gehaltsbestimmung fehlen. Da der Schleimgehalt als wertbestimmendes Merkmal gilt, wurde bei der Reinheitsprüfung eine Mindestquellungszahl festgelegt.
Lagerung: Vor Licht geschützt DAB 10; vor Licht geschützt, in gut schließenden Behältnissen ÖAB 90; vor Licht und Feuchtigkeit geschützt [5], [21].
Zubereitungen: Extractum Farfarae fluidum (20 %) 1:1 (Huflattichextrakt), Extrakt (1:1) mit 25 %igem Ethanol, Tinktur (1:5) mit 45 %igem Ethanol BHP 83.
Verwendung: Teilweise wird die Bedeutung von Huflattichblättern nur als Konstituens gesehen, da die filzige Behaarung einer Entmischung von Drogenmischungen entgegenwirkt [37]. Selten Verwendung als Suppenersatz oder Tabakersatz, heute wegen möglicher toxischer Wirkungen abzulehnen [38].
Gesetzliche Bestimmungen: Standardzulassung Nr. 1039.99.99 [21]. Aufbereitungsmonographie der Kommission E am BGA „Farfarae folium (Huflattichblätter)“ [4]. Giftig + (bei hochdosierter Einnahme) [56].
Wirkungen: Ein wäßriger (Droge/Extrakt-Verhältnis 1:1, 50 mg) und ein alkoholischer (Angaben zur Herstellung fehlen, 100 mg) Extrakt zeigen im Agardiffusionstest, aufgetragen auf Filterpapier, gegenüber gramnegativen Bakterien antibakterielle Eigenschaften, die dem Polyphenolgehalt zugeschrieben werden [22]. Die Transportgeschwindigkeit des Flimmerepithels der Ösophagusmucosa männlicher Frösche (Species Rana esculenta) wird in vitro durch einen wäßrigen Extrakt (Droge/Extrakt-Verhältnis 1:22, 100 μL) erhöht [23].
Zur Reizlinderung bei leichten Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum, zur Milderung eines trockenen Hustenreizes bei Bronchialkatarrh sowie bei akuten Katarrhen der Luftwege mit Husten und Heiserkeit [4], [21]. Die Anwendung bei diesen Indikationen dürfte auf den Schleimpolysacchariden beruhen, die die Schleimhäute mit einem reizlindernden Film überziehen, so den Hustenreiz vermindern und die Schmerzempfindung abschwächen[24].
1,5 bis 2,5 g mit heißem Wasser übergießen und 10 min ziehen lassen, mehrmals täglich [4], [54], [55]. Die Tagesdosis wird auf 4,5 bis 6 g begrenzt, wobei die Anwendungsdauer 4 bis 6 Wochen pro Jahr nicht überschreiten soll. Dabei darf die Tagesdosis bei Drogen für Teeaufgüsse nicht mehr als 10 μg, die der Extrakte nicht mehr als 1 μg Pyrrolizidinalkaloide mit 1,2-ungesättigtem Necingerüst einschließlich ihrer N-Oxide enthalten [4]. Damit wird vom BGA eine temporär tolerierbare Tagesdosis, unterhalb der das toxische Potential hinnehmbar ist, anerkannt. Ethanolischer Extrakt bis zu 2 mL 3mal täglich; [55] Tinktur bis zu 8 mL 3mal täglich [55].
Das Sensibilisierungspotential wird als schwach und die Häufigkeit als sehr selten bewertet. Als Allergene werden Sesquiterpenlactone diskutiert [27]. Kreuzreaktionen, getestet am Meerschweinchen, werden vor allem mit Senecio vulgaris beobachtet [28].
Es wurde ein Fall eines Neugeborenen mit einer für eine Pyrrolizidinalkaloidintoxikation typischen Lebererkrankung, der veno-occlusive disease (VOD), beschrieben [29]. Die Mutter hatte dabei über die gesamte Schwangerschaft hinweg eine Hustenteemischung getrunken, die Huflattich enthalten sollte. Es wurde aber gezeigt, daß die Teemischung neben Huflattichblättern und -blüten auch Pestwurzblätter und -wurzeln enthielt. Es wurde ein Gehalt von 0,6 mg/kg an Senecionin in der Teemischung nachgewiesen [14], [30].
Schwangerschaft, Stillzeit; Dauer der Anwendung höchstens 4 bis 6 Wochen pro Jahr [4].
Nicht bekannt [4].
Auf die Verwendung von Huflattich als Hustenmittel weist die lateinische Bezeichnung „Tussilago“ hin, die von tussis (Husten) und agere (vertreiben) abgeleitet ist. Husten, Asthma bronchiale, Lungenemphysem, Magenbeschwerden sowie äußerlich zur Wundbehandlung [25]. Die Wirksamkeit der Droge bei schweren Erkrankungen der Atemwege sowie bei den anderen Indikationen ist nicht belegt. Das Rauchen von nicotinfreien Zigaretten, die statt Tabak Huflattichblätter enthalten, soll bei der Raucherentwöhnung hilfreich sein [26].
Tox. Inhaltsstoffe und Prinzip: Pyrrolizidinalkaloide (P. A.): Senkirkin und Senecionin, das bisher lediglich in chinesischer und nordamerikanischer Droge gefunden wurde [5], [13]. Das toxische Potential der Alkaloide bzw. der korrespondierenden N-Oxide wird gleich beurteilt [4].
Toxkinetik: Daten zur Toxikokinetik der P. A. sind sehr unvollständig. Zwischen 30 und 80 % des Senkirkins gehen bei der wäßrigen Drogenextraktion in Lösung [19], [20]. Angaben zur Resorptionsquote fehlen. Eine transcutane Resorption von P. A. nach topischer Anwendung ist prinzipiell möglich, der Übertritt in die Muttermilch und die Placentagängigkeit wurden nachgewiesen [31], [32]. Die höchsten Blutspiegelwerte an P. A. werden in weniger als einer Stunde erreicht; mehr als 80 % der aufgenommenen Menge an P. A. sind nach 6 h noch im Blut gebunden an Albumin nachweisbar. Eine organspezifische Anreicherung findet in Lunge und Leber statt. Die Elimination erfolgt überwiegend renal (66 bis 75 %); faecal werden 14 bis 18 % und über die Atemluft 0,2 bis 0,5 % ausgeschieden. Als Metabolisierungsschritt wird die Bildung der freien Necinbasen durch Esterasen beobachtet. Daneben kommt es durch Oxidation zur Bildung der N-Oxide, die aufgrund ihrer größeren Hydrophilie und der damit schnelleren renalen Ausscheidung etwas weniger toxisch sind [33].
Toxikodynamik: Wirkungsmechanismus. Folgende Strukturmerkmale sind Voraussetzung für die Toxizität der Pyrrolizidinalkaloide: [34] Doppelbindung in 1,2-Position des Pyrrolizidinringes; Veresterung mindestens der primären Hydroxymethylgruppe, wodurch eine Allylesterstruktur vorliegt; Verzweigung der Alkylseitenkette in mindestens einer der veresterten Carbonsäuren, womit durch sterische Hinderung eine Esterspaltung verhindert wird, bevor es zur Umwandlung des Pyrrolizidinringes in die Pyrrolform kommt; stärkste toxische und cancerogene Wirkungen haben cyclische Diester (z. B. Senecionin, Senkirkin) [32]. Pyrrolizidinalkaloide mit diesen Strukturmerkmalen unterliegen einer hepatischen Giftungsreaktion durch mischfunktionelle Oxidasen, wodurch aus den Pyrrolizidinverbindungen durch Dehydrogenierung die korrespondierenden Pyrrolderivate entstehen. Diese Pyrrolderivate reagieren unter Abspaltung der Esterseitenketten als bifunktionelle Alkylantien unter physiologischen Bedingungen mit Bionucleophilen, wobei hauptsächlich Leberzellen angegriffen werden [33], [34]. Tussilagin als Dihydroverbindung und ohne Esterseitenkette ist untoxisch [14].
Pyrrolizidinalkaloid
Pyrrolderivat
Acute Toxizität:
Mensch. Nach Einnahme von Drogen mit toxischen P. A. werden folgende Symptome beobachtet: Kolikartige Schmerzen im Oberbauch mit Erbrechen und Diarrhöe, nach einigen Tagen Ascites, Lebervergrößerung und -verhärtung nach einigen Wochen; Venenverschlußkrankheit der Lebervenen (veno-occlusive disease, VOD). Bei sehr schweren Vergiftungen Kollaps; Hämatemesis und blutige Diarrhöe [33], [34].
Tier. Bei Schlachttieren wird Leberzirrhose beobachtet [34].
Chronische Toxizität:
Mensch. Nach Einnahme unterschiedlicher Drogen mit P. A. werden Leberzirrhose, Megalocytose der Leberzellen, Nekrosen der Lebervenen, fettige Leberdegeneration, Proliferation der Gallengangsepithelien, knotige Hyperplasien mit z. T. adenomatösem und carcinomatösem Wachstum beobachtet. Neben den Leberschäden kommen auch Lungenschäden mit pulmonaler-arterieller Hypertension und Rechtsherzversagen vor. Dabei treten die Lungenschäden erst nach starker Schädigung der Leber auf [34].
Mutagen: Senkirkin zeigt in Konzentrationen von 100 bis 1000 μmol/L an menschlichen Lymphocyten eine schwache mitosehemmende Aktivität und führt zu Chromosomenaberrationen. Dagegen ist Tussilagin nicht mutagen [35]. Für Senecionin sind sowohl an pflanzlichen wie Säugerzellen chromosomale Aberrationen nachweisbar [34]. An V 79-Fibroblasten chinesischer Hamster führen P. A., z. B. Senkirkin, zu chromosomalen Aberrationen und Genmutationen. Diese Effekte lassen sich durch Zusatz von Lebermicrosomen steigern [33]. AnDrosophila monogaster bewirken P. A., z. B. Senecionin, Punktmutationen, Translokationen und Chromosomenbrüche. In Hepatocyten von Ratten werden DNA-Repair-Mechanismen verstärkt, was auf einen DNA-schädigenden Effekt hinweist [33]. In vitro zeigt Senkirkin (0,2 bis 2 mg) im modifizierten Ames-Test an Salmonella typhimurium TA 100 mit metabolischer Aktivierung eine mutagene Wirkung [34].
Carcinogen: s. → Farfarae flos.
Reproduktion: Pyrrolizidinalkaloide bzw. deren Pyrrolderivate sind placentagängig und gehen in die Muttermilch über [31], [32]. An Rattenfeten werden nach Verfütterung von 100 bis 300 mg/kg KG an die Muttertiere Thoraxmißbildungen und Kieferhypoplasien sowie Leberschäden beobachtet. Die intrauterine und postnatale Mortalität steigt an [34].
Sensibilisierung: Immuntoxizität. Der Etherextrakt (10 % in Vaseline) besitzt eine schwache Sensibilisierungspotenz, deren Häufigkeit als sehr selten beschrieben wird. Sesquiterpenlactone sollen dafür verantwortlich sein [27]. Kreuzreaktionen kommen u. a. mit Senecio vulgaris vor [28].
Toxikologische Daten:
LD-Werte. LD50: 124 g/kg KG i. p. für einen wäßrigen bzw. 112 g/kg KG i. p. für einen ethanolischen Huflattichextrakt an Mäusen; [36] Senkirkin: 220 mg/kg KG i. p. an Ratten; [36] Senecionin 85 mg/kg KG i. p. an Ratten [34]. Etwa ein Fünftel der LD50 von Senecionin reicht aus, um bei einmaliger i. p. Gabe toxische Leberschäden herbeizuführen [34].
Therapie: Als unspezifische Maßnahme bei akuter Vergiftung: Aktivkohle [56].
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15.08.2010