Kerstin Hoffmann-Bohm, Heinrich P. Koch
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D Tropaeolum majus hom. HPUS 88
D Tropaeolum-majus-Frischpflanze
dt.:Kapuzinerkresse, Kapuzinerkressenkraut.
Das ganze frische Kraut [1], [20].
Stammpflanzen: Tropaeolum majus L.
Herkunft: Für arzneiliche Zwecke ausschließlich angebaute Pflanzen [1], [20].
Gewinnung: Erntezeit von Mai bis Oktober [1], [20].
Zubereitungen: Gewinnung des Kapuzinerkressenöls (Hauptbestandteil Benzylisothiocyanat) durch Fermentation der zerkleinerten Frischdroge (Autolyse) und anschl. Wasserdampfdestillation. Benzylisothiocyanat (= Benzylsenföl, Benzyl Mustard Oil, Oleum Tropaeoli) Mar 28: Farbloses Öl von scharfem, rettichartigem Geruch; Dichte 1,120; Siedepunkt 243 °C (140 bis 144 °C bei 29 mbar); in Wasser praktisch unlöslich, in org. Lösungsmittel leicht löslich [27]. Hinweis: Benzylsenföl kann auch synthetisch hergestellt werden, daher sollte in der Deklaration zwischen dem natürlichen und dem synthetischen Produkt unterschieden werden [7].
Verwendung: Die frischen Blätter der Kapuzinerkresse werden als Salat oder Salatbeimischung verzehrt; die Früchte oder die Blütenknospen, in Essig eingelegt, dienen gelegentlich als Ersatz für Kapern („falsche Kapern“) [1],[27].
Gesetzliche Bestimmungen: Aufbereitungsmonographie der Kommission E am BGA „Tropaeolum majus (Kapuzinerkresse)“ [29]. Aufbereitungsmonographie der Kommission B6 am BGA „Benzylisothiocyanat“ [30].
Wirkungen: Antimikrobielle Wirkung. Die antimikrobielle Wirkung der Kapuzinerkresse wird auf das in der Pflanze in inaktiver Form als Glucotropaeolin (= Benzylglucosinolat) vorliegende, durch Myrosinaseeinwirkung freisetzbare Benzylisothiocyanat (= Benzylsenföl) zurückgeführt [17], [21], [28]. Benzylisothiocyanat wirkt in vitrobakteriostatisch, virostatisch und antimykotisch [29], [30]. Sein Wirkungsspektrum umfaßt grampositive und gramnegative Bakterien einschließlich der Tuberkelbakterien sowie Sproßpilze, darunter Escherichia coli, Pneumokokken, Proteus mirabilis, Staphylokokken, Streptokokken, Hefestämme der Candida-Gruppe, nicht aber Keime aus der Pseudomonas-Gruppe, Aerobacter-Klebsiella-Gruppe oder Schimmelpilze. Die mittlere Hemmkonzentration beträgt 0,5 bis 30 μg/mL [31], [32]. Resistenzdaten aus neuerer Zeit fehlen allerdings [30].Angaben zur antimikrobiellen Wirksamkeit der Kapuzinerkresse oder daraus gewonnener Präparate wie Kapuzinerkressenöl bzw. Benzylisothiocyanat in vivo, so z. B. bei Infektionen der Atemwege, Pyelonephritis, Soorinfekten des Atmungstrakts und der ableitenden Harnwege, beruhen auf älteren ärztlichen/klinischen Berichten;[33]-[37] neuere valide klinische Studien existieren nicht. Folgende In-vitro-Untersuchungen zur antimikrobiellen Wirksamkeit der Droge, Tropaeolum-majus-Frischpflanze, liegen vor: Mazerate aus frischen Blättern von T. majus(keine Angabe zum Drogen-Extrakt-Verhältnis) wurden im Gastest nach Winter untersucht: Zwei gleichgroße Petrischalen, von denen die obere den mit den Testkeimen beimpften Peptonagar und die untere (agarfreie) das Blattmazerat enthält, werden mit den Schalenrändern aufeinandergestellt und durch Klebestreifen abgedichtet; auf diese Weise können nur flüchtige Verbindungen aus dem Blattmazerat auf den beimpften Agar einwirken. Bei einem Gasraum von 220 cm3 und 10 cm3Agar hemmen bereits 0,1 mL Blattmazerat das Wachstum von Bacillus subtilis,Escherichia coli und Staphylococcus aureus für 24 h; 0,3 bzw. 0,6 mL Mazerat bewirken eine vollständige Bakteriostase aller drei Testkeime für 48 bzw. 68 h; 2 mL bzw. 10 mL Mazerat wirken auf E. coli bzw. S. aureusbakterizid [38]. Anschließend wurde im Gastest und im Röhrchenverdünnungstest die antibakterielle Wirksamkeit eines T.-majus-Ölextrakts, hergestellt durch Extraktion der Frischpflanze mit Spermöl bei Raumtemperatur (keine Angaben zum Drogen-Extrakt-Verhältnis) und 0,4 % ätherisches Öl enthaltend, einer 0,4 %igen Lösung von synth. Benzylisothiocyanat in Spermöl und einer 0,35 %igen Lösung von Kapuzinerkressenöl (Wasserdampfdestillat aus der Frischpflanze, s. → Zubereitungen) in Spermöl verglichen. Das Wirkungsspektrum des Extrakts bzw. der Lösungen war im Gastest gleich: Bakteriostase gegenüber Bacillus anthracis, Bacillus subtilis, Bacterium dysenteridis SHIGA KRUSE (= Shigella dysenteriae 1), Bacterium enteridis Breslau, Bacterium enteridis GÄRTNER,Bacterium paratyphi A (= Salmonella paratyphi A), Bacterium proteus OX 19, Bacterium typhi (= Salmonella typhi),Corynebacterium diphtheriae Typ gravis, Escherichia coli, Staphylococcus aureus Sg 511, Staphylococcus aureusK, Streptococcus (Stamm Wetzlar) und Streptococcus Lancefield; Bacterium pyocyaneum (= Pseudomonas aeruginosa) und Escherichia coli (Stamm F) waren resistent. Erhebliche Unterschiede zeigten sich aber in der Wirkintensität: Der T.-majus-Ölextrakt war im Gastest etwa 10mal aktiver als das synth. Benzylisothiocyanat und etwa 20mal aktiver als das Kapuzinerkressenöl. Auch im Röhrchentest (Bouillonverdünnungstest) zeigte sich ein erheblicher quant. Wirkunterschied: Der mit Tween 80 emulgierte Ölextrakt (15,4 % Ölextrakt, 76,8 % Tween 80) hemmte das Wachstum von Staphylococcus aureus Sg 511 bis zu einer Verdünnung von 1:1.000.000; bei der 0,4 %igen synth. Benzylisothiocyanatlsg. in Spermöl (emulgiert in Tween 80) lag die Grenzverdünnung bei 1:25,000[39]. Aus diesen Ergebnissen folgerten die Autoren, daß der aktive „Wirkstoff der Kapuzinerkresse“ nicht das Benzylisothiocyanat, Hauptbestandteil des Kapuzinerkressenöls, sondern eine andere flüchtige, dem Benzylisothiocyanat sehr ähnlichen Verbindung sein müßte [38], [39], [40]. Eine spätere Untersuchung von T.-majus-Frischpflanzenbrei im Vergleich zu einer entsprechenden Menge frisch synth. Benzylisothiocyanat im Gastest (als Direktverdampfungsverfahren bezeichnet) gegen 16 verschiedene Bakterienarten ergab dagegen, daß sich Frischpflanzenbrei und Benzylisothiocyanat in Wirkungsspektrum und Wirkungsstärke etwa entsprechen (exp. Details nicht angegeben); demgemäß dürfte neben Benzylisothiocyanat keine stärker antibakteriell wirksame Verbindung im Frischpflanzenbrei enthalten sein [21]. Nach Lit. [17] hat der in früheren Arbeiten (s. oben) aufgefundene quantitative Wirkunterschied zwischen Kapuzinerkressenextrakt und Benzylisothiocyanat seine Ursache darin, daß entweder ein zu geringer Wirkstoffgehalt bei den Extrakten angegeben wurde oder daß kein frisch synth. Benzylisothiocyanat verwendet wurde; gealtertes Benzylisothiocyanat ist antibakteriell unwirksam. In einer weiteren Arbeit wurden verschiedene ölige Extrakte, Spermöl-, Paraffinöl- und Erdnußölextrakt ausTropaeolum majus (keine exakte Drogendefinition, keine Angaben zum Drogen-Extrakt-Verhältnis), auf wachstumshemmende Wirkung gegenüber Tuberkelbakterien (TbB-Aufschwemmung einer 4 Wochen alten Kultur von H37Rv; 6wöchige Bebrütung bei 37 °C) im Gastest mit festem Eiernährboden (entspricht im Prinzip dem Gastest nach Winter, s. oben) und im Kontaktverfahren (Verdünnungsreihe unter Verwendung flüssiger Nährlösung, Ölextraktverdünnung 1:20 000 bis 1:2000) überprüft. Im Gastest vermochten alle drei T.-majus-Ölextrakte das Wachstum der Tuberkelbakterien vollständig zu hemmen; die wirkstofffreien Trägeröle (Spermöl, Paraffinöl, Erdnußöl) zeigten keine tuberkulostatische Aktivität gegenüber der Kontrolle. Die stärkste Wachstumhemmung wies der T.-majus-Erdnußölextrakt auf, mit einer „tuberkulostatischen Gastestgrenzdosis“ und 0,06 mL (minimal wirksame Ölmenge, in mL pro 50 cm3 Gasraum, für eine vollständige Wachstumshemmung über 6 Wochen Bebrütungszeit), gefolgt von dem T.-majus-Spermölextrakt mit 0,12 mL und dem T.-majus-Paraffinölextrakt mit 0,14 mL. Frisch synth. Benzylisothiocyanat bewirkte im Gastest unter gleichen Bedingungen bereits in einer Menge von 0,02 mL eine vollständige Wachstumshemmung. Im Kontaktverfahren zeigte dagegen keines der T.-majus-Ölextrakte eine tuberkulostatische Aktivität. Als möglicher Grund für die fehlende Aktivität wird eine Inaktivierung des aktiven Wirkstoffes (Benzylisothiocyanat) durch Eiweißstoffe des Nährsubstrats in Betracht gezogen [28].Weitere Untersuchungen zur antimikrobiellen Wirksamkeit der Kapuzinerkresse wurden mit „wirkstoffangereicherten Präparaten“ durchgeführt. Es fehlen aber exakte Angaben zur Ausgangsdroge, ob Frischpflanzen oder Samen, zum Herstellungsverfahren und zum angereicherten „Kapuzinerkressenwirkstoff“, ob Glucotropaeolin (= Benzylglucosinolat), Kapuzinerkressenöl (= Oleum Tropaeoli) oder reines Benzylisothiocyanat (nativ oder synthetisch?), so daß die Arbeiten z. T. nur schwer beurteilbar sind. Die in Untersuchungen ermittelten (Wirk-)Werte wurden auf den nicht näher definierten Kapuzinerkressenwirkstoff bezogen: Kapuzinerkressenwirkstoff zeigtin vitro, im Bouillonverdünnungstest, etwa das gleiche Wirkungsspektrum (grampositive und gramnegative Bakterien incl. Tuberkelbakterien, Sproßpilze) wie eingangs für reines Benzylisothiocyanat beschrieben; die minimale Hemmkonzentration betrug je nach Testkeim zwischen 0,5 und 30 μg/mL; Pseudomonas aeruginosa und Schimmelpilze waren resistent [41], [42]. Die antibakterielle Wirkung des Kapuzinerkressenwirkstoffes wird in vitro(Bouillonverdünnungstest) durch Zusatz von 10 %igem inaktiviertem Serum um den Faktor 50 bis 100 herabgesetzt[43]. Einfluß auf das Immunsystem: Bei 30 Meerschweinchen (normale Leukocytenzahl 8000 bis 15.000), bei denen die Leukocytenzahl aufgrund einer chronischen Spontaninfektion erhöht war (etwa 20.000), bewirkte die einmalige (i. p.?) Injektion von 3 mg/kg KG Kapuzinerkressenwirkstoff eine Steigerung der Leukocytenzahl (nach 1,5 h über 30.000), die erst nach etwa 72 h wieder auf den Ausgangswert (20.000) absank. Bei Meerschweinchen, die mit Breslau O und H Antigen immunisiert worden waren und tgl. 10 mg/kg KG p. o. Kapuzinerkressenwirkstoff erhielten, wurde nach 10tägiger Behandlung eine Steigerung der humoralen Antikörperbildung gegenüber der immunisierten, unbehandelten Kontrolle beobachtet (Agglutionationstiter : Kapuzinerkressenwirkstoff: 1:51 200; Kontrolle: 1:25 600); nach 3monatiger Pause wurde der abgeklungene Antikörpertiter durch einmalige Gabe von Kapuzinerkressenwirkstoff (9 mg/kg p. o. oder 3 mg/kg KG i. p.) kurzfristig leicht erhöht. Die Ergebnisse werden als unspezifische Reizkörperwirkung interpretiert [44]. Zur antimikrobiellen Wirksamkeit von Urinfraktionen nach peroraler Aufnahme von T.-majus-Frischpflanze oder daraus gewonnener Präparate s. unter → Wirkungsverlauf.
Resorption: Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Zur Bioverfügbarkeit von Benzylisothiocyanat beim Menschen existieren derzeit keine exp. Daten. Nach peroraler Aufnahme soll Benzylisothiocyanat im oberen Dünndarm vollständig resorbiert werden; im Blut soll es nicht in aktiver Form, sondern gebunden an Erythrocyten in inaktiver Form transportiert werden; deshalb sollen im Patientenserum keine wie bei Antibiotika üblichen meßbaren Wirkspiegel erreicht werden; das gleiche soll für Gewebespiegel gelten; [30]s. a. unter → Distribution und → Elimination.
Distribution: Zur Verteilung des „Kapuzinerkressenwirkstoffes“ im Tier-Organismus liegt folgende Untersuchung vor:63 Meerschweinchen erhielten den Kapuzinerkressenwirkstoff, in Form eines 0,18- bis 0,2 %igen Spermölextraktes aus der Kapuzinerkresse (keine Spezifizierung), mittels Schlundsonde in mehreren Gaben innerhalb von 120 min verabreicht, und zwar insgesamt 25 mL Ölextrakt, entsprechend 450 mg Kapuzinerkressenwirkstoff. 210 min nach Versuchsbeginn wurden die Tiere getötet; Organhomogenisate (Gehirn, Leber, Lunge, Milz und Nieren), Blut und Galle (aus der Gallenblase) wurden im Gastest nach Winter (s. unter → Wirkungen) auf flüchtige antibakterielle Substanzen untersucht (8 g Probe, 150 cm3 Gasraum, 10 cm3 Agar, Testkeime Bacillus subtilis, Escherichia coli,Staphylococcus aureus). Die Stärke der Bakteriostase im Vergleich zur Kontrolle (Blut-, Galle- bzw. Organprobe unbehandelter Tiere) wird als Maß für den in den Proben enthaltenen „Wirkstoffspiegel“ herangezogen. Die größte Menge flüchtiger aktiver Substanz(en) enthielt demnach die Lunge, gefolgt von Niere, Milz und Gehirn. In Blut, Galle und Leber konnte keine antibakterielle Aktivität nachgewiesen werden [43]. Ob es sich bei der aktiven Substanz in den Proben um Benzylisothiocyanat oder eine andere Verbindung handelt, ist nicht bekannt.
Wirkungsverlauf: Über die Menge des tatsächlich im Urin ausgeschiedenen Benzylisothiocyanats (s. a. → Elimination) sind keine exp. Daten vorhanden. Untersucht wurde lediglich die nach Verzehr der Frischpflanze oder Einnahme wirkstoffangereicherter Präparate (s. unter → Wirkungen) im Urin enthaltene Menge an antimikrobieller Substanz: Mehrere Versuchspersonen verzehrten 50 g frische Kapuzinerkresse (Tropaeolumblattsalat) oder eine entsprechende Menge Preßsaft; der danach abgegebene Urin wurde stündlich auf seinen Gehalt an flüchtiger antibakterieller Substanz im Gastest nach Winter (s. unter → Wirkungen) überprüft (30 mL Urin, 220 cm3 Gasraum, 10 cm3 Agar, Testkeime Bacillus subtilis, Escherichia coli, Staphylococcus aureus). Die höchste Aktivität zeigte der Urin je nach Versuchsperson 4 bis 10 h nach Einnahme des Salates oder Preßsaftes; Frischpflanze und Preßsaft waren in ihrer Wirkung gleich. Die Ausscheidung an aktiver Substanz war 19 bis 20 h nach Versuchsbeginn beendet [38]. Mittels des Röhrchenverdünnungstests wurde nachgewiesen, daß der Urin nach Verzehr von 10 (20) g Tropaeolumblattsalat für etwa 8 bis 10 h einen Gehalt von 1 bis 4 (5) μg/mL antibakterieller Substanz (als „Wirkstoff“ bezeichnet) aufweist; auch nach Einnahme von 6,5, 13,0 bzw. 19,5 mg des nicht näher definierten Kapuzinerkressenwirkstoffes, in Form eines 0,5 %igen wirkstoffangereicherten Präparates, konnte im Urin ein Gehalt von 5 bis 10, 10 bis 20 bzw. 20 bis 30 μg/mL „Wirkstoff“ nachgewiesen werden. Hierzu waren verschiedenen Bouillonverdünnungen des steril filtrierten Urins mit Staphylococcus aureus Sg 511, der auf eine „Wirkstoff“-Konzentration (Benzylisothiocyanat?) von 1 μg/mL mit völliger Bakteriostase reagiert, beimpft worden; aus der Urinverdünnung, bei der noch gerade völlige Bakteriostase eintrat, wurde dann der „Wirkstoffgehalt“ des unverdünnten Urins berechnet [45]. Da sowohl die im Pflanzenbrei bzw. in den wirkstoffangereicherten Präparaten enthaltene, nicht näher definierte antibakterielle Verbindung (Kapuzinerkressenwirkstoff) als auch die im Urin aufgefundene antibakterielle Substanz in den Arbeiten als „Wirkstoff“ bezeichnet wird, nahmen die Autoren vermutlich an, daß der Kapuzinerkressenwirkstoff (Benzylisothiocyanat?) im Urin unverändert ausgeschieden wird (s. hierzu → Elimination); dies würde auch erklären, weshalb bei der Berechnung des antibakteriellen „Wirkstoffgehaltes“ des Urins die Hemmwirkung des Kapuzinerkressenwirkstoffes (Benzylisothiocyanat?) auf S. aureus zugrunde gelegt wurde.
Elimination: Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Zur Gesamtbilanz der Elimination des Benzylisothiocyanats existieren derzeit keine exp. Daten. Untersucht wurde lediglich die Ausscheidung von Benzylisothiocyanat-Metaboliten im Harn von Mensch, Hund, Kaninchen, Meerschweinchen und Ratte. Der Metabolismus verläuft speciesabhängig: Nach peroraler Gabe von Benzylisothiocyanat erschien im Urin von Hunden als Hauptmetabolit Hippursäure, im Urin von Kaninchen und Meerschweinchen 4-Hydroxy-4-carboxy-3-benzylthiazolidin-2-thion, ein cyclisches Mercaptopyruvatkonjugat, und im Urin von Ratten N-Acetyl-S-(N-benzylthiocarbamoyl)-L-cystein, eine Mercaptursäure [46], [47]. Im Urin menschlicher Probanden fand sich als einziger Metabolit die auch im Rattenurin bereits aufgefundene Mercaptursäure; nach einmaliger p. o. Gabe von 14,4 mg Benzylisothiocyanat werden durchschnittlich 53,7 % der ursprünglich verabreichten Benzylisothiocyanatmenge als N-Acetyl-S-(N-benzylthiocarbamoyl)-L-cystein renal ausgeschieden; die maximale Konzentration tritt 2 bis 6 h nach Einnahme auf, nach 10 bis 12 h ist die Ausscheidung weitgehend beendet. Gesicherte exp. Daten zu freiem, antimikrobiell wirksamen Benzylisothiocyanat im Urin liegen nicht vor. In-vitro-Untersuchungen ergaben aber, daß N-Acetyl-S-(N-benzylthiocarbamoyl)-L-cystein bei pH > 5 zu N-Acetylcystein und freiem Benzylisothiocyanat hydrolysiert wird; bei pH 8 wird die Mercaptursäure innerhalb von 10 min (37 °C) zu 14 % hydrolysiert. In einer frischen Urinprobe (pH 7,3) eines gesunden Probanden, der Benzylisothiocyanat eingenommen hatte, wurde Benzylisothiocyanat nachgewiesen (keine Mengenangaben) [48]. Benzylisothiocyanat soll ferner in aktiver Form über die Atemwege ausgeschieden werden; über die Konzentration der Substanz in der Expirationsluft existieren keine Daten [30]. Eine Ausscheidung über den Faeces scheint nicht gegeben zu sein; [49]eine Beeinflussung der physiologischen Darmflora wurde bei bakteriologischen Untersuchungen von 12 Probanden während einer 2- bis 3wöchigen Einnahme von täglich 30 mg Kapuzinerkressenwirkstoff nicht beobachtet [41].
Innerlich zur unterstützenden Behandlung von Infekten der ableitenden Harnwege, Katarrhen der Luftwege sowie äußerlich bei leichten Muskelschmerzen [29]. Hinweis: Die innerliche Anwendung von reinen Benzylisothiocyanat-Präparaten wird nicht empfohlen [30].
Innerlich. Extrakte (keine Spezifizierung) entsprechend einer Tagesdosis von 3mal 14,4 mg Benzylisothiocyanat (= Benzylsenföl) [29]. Äußerlich. Zur Hyperämisierung; [29] Dosisangaben fehlen.
Es liegt ein Fallbericht eines flüchtigen urtikariellen Exanthems nach Einnahme der Isothiocyanate (= Senföle) der Kapuzinerkresse vor [29]. Benzylisothiocyanat wirkt beim Aufbringen auf die Haut als Kontaktallergen; Personen mit Neigung zur allergischen Reaktion müssen daher auf die Möglichkeit der Sensibilisierung durch Benzylisothiocyanat hingewiesen werden; [29], [53] s. a. → Sensibilisierungspotential. Nach Einnahme von Benzylisothiocyanat-haltigen Präparaten können Magen-Darm-Beschwerden auftreten [29], [30]. Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Benzylisothiocyanat kann zu Haut- und Schleimhautirritationen führen [29],[30].
Nicht anzuwenden bei Säuglingen und Kleinkindern [29]. Gegenanzeigen bei Einnahme: Magen- und Darmulcera[29], [30], Nierenerkrankungen [29]. Da es keine Untersuchungen zur Teratogenität von Benzylisothiocyanat gibt, wird empfohlen, Frauen im gebärfähigen Alter von der Behandlung mit Benzylisothiocyanat-haltigen Präparaten auszunehmen [30].
Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Bei Einnahme von Benzylisothiocyanat kann die Alkoholtoleranz vermindert sein [30].
Die Kapuzinerkresse wird in ihrer Heimat Peru zur Behandlung von Wunden, vor allem infizierter Wunden, verwendet (keine Angabe der Zubereitungsform) [20], [40]. In Argentinien und Mexiko nimmt man den Saft frischer Blätter (Preßsaft) bei Hautkrankheiten sowie gegen Skorbut ein; [50], [51] in Argentinien wird ferner ein 30 %iger Aufguß innerlich bei Tuberkulose und ein 15 %iger Aufguß äußerlich bei Haarausfall zur Förderung des Haarwuchses (lokales Reizmittel) angewandt [50]. In der europäischen Volksmedizin nimmt man die Frischpflanze bei Infektionen der Atem- und Harnwege, bei Menstruationsstörungen, zur Blutreinigung sowie gegen Skorbut ein; selten werden auch frische Blätter als Wundauflage verwendet [20], [27], [52]. Zu den genannten Indikationen liegen weder klinische Studien noch hinreichend dokumentiertes Erfahrungsmaterial vor, die genannten Indikationen sind somit nicht ausreichend belegt. 30 g frische Blätter auf 1 L Wasser als Aufguß, davon 2 bis 3 Tassen pro Tag. Hinweis: Bei längerem Kochen verliert die Droge ihre Wirksamkeit [1]. Preßsaft: 30 g pro Tag zur Einnahme [50]. Aufguß 30 %ig: 3 Tassen pro Tag einnehmen; 15 %ig: Kalt, als Lotion zum Auftragen auf die Kopfhaut [50].
Acute Toxizität:
Mensch. Es liegen keine Berichte über Vergiftungen mit Kapuzinerkresse vor. Nach Lit. [40] dürften selbst nach Einnahme größerer Mengen an T.-majus-Frischpflanze (50 bis 100 g oder mehr) keine toxischen Wirkungen auftreten. Nach Lit. [29] dagegen soll es nach Überdosierung (keine Spezifizierung) zu Albuminurie aufgrund einer Schädigung des Glomerulum und Tubulussystems kommen. Verträglichkeitsprüfungen am menschlichen Auge mit Lösungen, die 5, 10 bzw. 50 μg/mL Kapuzinerkressenwirkstoff (vermutlich Benzylisothiocyanat) enthielten, ergaben bei der eintägigen Behandlung (3mal tgl. 2 bis 3 Tr. ins linke Auge), abgesehen von kurzzeitigem leichtem Brennen beim Einträufeln, keine weiteren Reizerscheinungen im Vergleich zum unbehandelten rechten Auge [42].
Tier. LD-Werte s. → Toxikologische Daten. Verträglichkeitsprüfungen am Kaninchen- bzw. Meerschweinchenauge mit Lösungen, die 10, 50 bzw. 100 μg/mL Kapuzinerkressenwirkstoff (vermutlich Benzylisothiocyanat) enthielten, ergaben bei 1wöchiger Behandlung (3mal tgl. 2 bis 3 Tr. ins linke Auge) im Vergleich zum unbehandelten rechten Auge keine Reizerscheinungen [42].
Chronische Toxizität:
Mensch. Nicht bekannt.
Tier. Nach täglicher Zufuhr von Kapuzinerkressenwirkstoff (s. → Wirkungen) in einer Dosierung von 32 mg/kg KG p. o. an Meerschweinchen und 21 mg/kg KG p. o. an weißen Mäusen 21 bzw. 28 Tage lang waren keine Vergiftungserscheinungen zu erkennen [41].
Mutagen: Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Für Benzylisothiocyanat wurden cytotoxische und mutagene Effekte nachgewiesen; antimutagene Effekte wurden ebenfalls beschrieben; [30] s. → Benzylisothiocyanat.
Carcinogen: Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Benzylisothiocyanat übt durch Induktion von Glutathion-Transferasen einen anticarcinogenen Effekt aus; [30] s. → Benzylisothiocyanat.
Reproduktion: Es liegen keine Untersuchungen über mögliche teratogene Risiken bei Anwendung von Drogenzubereitungen oder reinem Benzylisothiocyanat vor [30].
Sensibilisierung: Untersuchungen mit Drogenzubereitungen liegen nicht vor. 11 männliche Albinomischzucht-Meerschweinchen erhielten eine kombinierte i. m. (je 0,1 mL), i. c. (je 0,1 mL) und epicutan (24-h-Okklusivpflaster) Behandlung mit Benzylisothiocyanat über insgesamt 5 Wochen; im anschließenden Epicutantest mit 0,01 % Benzylisothiocyanat reagierten 4 der 11 Meerschweinchen positiv. Gruppenallergische Reaktionen mit ähnlichen Verbindungen wie Methylisothiocyanat, Isophorondiisocyanat oder 4,4-Diphenylmethandiisocyanat konnten nicht nachgewiesen werden [54].
Toxikologische Daten:
LD-Werte. Kapuzinerkressenwirkstoff (s. → Wirkungen): Weiße Ratte LD50 72 mg/kg KG i. p., 128 mg/kg KG p. o.; weiße Maus LD50 76 bis 107 mg/kg KG i. p., 134 mg/kg KG p. o.; Meerschweinchen LD50 68 mg/kg KG i. p., 81 mg/kg KG p. o [41]. Benzylisothiocyanat: Ratte LD100 100 mg/kg KG i. p [55].
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15.08.2010