Ballota
Ballotae nigrae herba
Verfasser
Neera Chaurasia
Übersicht
B > Ballota > Ballota nigra L. > Ballotae nigrae herba
Gliederung
G Ballota
Synonyme
Ballotae herba; Marrubii nigri herba
Sonstige Bezeichnungen
Black horehound, ballota; Ballote noire, ballote fétide, marrube noir; pol.:Ziela mierznicy czarnej.
Offizinell
Ballote – PF IX; Ballota – BHP 83
Definition der Droge
Das zur Blütezeit geerntete Kraut PF IX; die getrockneten zur Blütezeit geernteten oberirdischen PflanzenteileBHP 83.
Stammpflanzen: Ballota nigra L.
Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen oder aus Kultur im südlichen Mittel- und Osteuropa.
Gewinnung: In den Kulturen erfolgt die Vermehrung durch Aussaat oder Stecklinge Ende des Winters; Ernte Juli/August; bei der Trocknung sollen keine besonderen Bedingungen wichtig sein [26].
Ganzdroge: Aussehen. Vierkantiger, ästiger Stengel; gegenständig angeordnete, lang gestielte, graugrüne Blätter, 2 bis 5 cm lang, 2 bis 4 cm breit, ovale Form mit unregelmäßig gekerbtem Rand, auf der weißlich behaarten Blattunterseite stark hervorspringende Nerven; purpurfarbene Blüten in den Blattachseln PF IX.
Schnittdroge: Geschmack. Unangenehm PF IX. Geruch. Widerlich, ekelerregend in frischem Zustand PF IX.Aussehen. Zahlreiche, gefaltete Blattstückchen, grün, behaart, viele längliche Kelche mit fünf Zähnchen, grünrosa; Nüßchen schwarzbraun, bis 2 mm lang; viele Stengelstücke, vierkantig, z. T. hohl oder markhaltig, grünbraunBHP 83
Mikroskopisches Bild: Deckhaare des Blattes, bis 1 mm lang, zwei- oder dreizellig, leicht gebogen, fein warzig punktiert, Lamiaceendrüsenschuppen und Drüsenhaare mit ein- bis zweizelligem Kopf auf einzelligem Stiel, Blattepidermis mit leicht gebogenen Zellwänden, diacytische Stomata, dicht gepackt auf der Blattunterseite, Deckhaare des Kelches ähnlich denen des Blattes, bis 650 μm lang, Drüsenhaare des Kelches mit dreizelligem Stiel, dünnwandig, kollabiert und mit birnenförmigem, vielzelligem Kopf, Calciumoxalat fehlt, die Blattstückchen sollen viele Zwillingskristalle, über deren Zusammensetzung keine Angabe erfolgt, enthalten BHP 83. Eine ausführliche Beschreibung der mikroskopischen Merkmale und Abbildungen sind bei [22] zu finden.
Verfälschungen/Verwechslungen: Die Droge kann mit Folia Melissae verwechselt werden. Es wird über eine Verfälschung von Folia Melissae mit Ballotae nigrae ssp. nigrae herba berichtet [31]. Verfälschungen/Verwechslungen mit Bastarden von Marrubium vulgare L. kamen vor kurzem im Handel vor.
Inhaltsstoffe: Diterpene. In B. nigra L. bzw. B. nigra ssp. foetida wurden neben Marrubiin [32] und 7-Acetoxymarrubiin [11] die marrubiinähnlichen Bitterstoffe Ballotinon [10], Ballotenol [13] und Ballonigrin [16]gefunden. Sie unterscheiden sich von Marrubiin durch ihren Oxidationsgrad.
Verwandte Artikel
Ballotinon
Ballotenol
Ballonigrin
Flavonoide. Die Blätter von B. nigra L. ssp. foetida enthalten 7-O-Glucosyl-Apigenin und 6,8-Di-C-Glucosyl-Apigenin (= Vicenin 2) [17]. In den Blüten kommen 0,02 % Luteolinmonoside, 0,03 % Chrysoeriolmonoside, 0,28 % Apigeninmonoside und 0,33 % Acacetinmonoside, 0,07 % Apigeninbioside und 0,12 % Acacetinbioside neben 0,33 % Scutellareinderivaten vor. Der Flavonoidgehalt in den Blättern ist niedriger [20]. Ätherisches Öl. Nach neueren Untersuchungen enthält B. nigra 0,01 % unangenehm riechendes äth. Öl [22]. Phenolische Inhaltsstoffe. Neben 0,2 % Kaffeesäure, 0,15 % Ferulasäure und 3,85 % Chlorogensäure wurde Salicylsäure dc nachgewiesen[20], [22]. Der Gehalt an Phenolcarbonsäuren ist zur Blütezeit am höchsten. Der Gerbstoffgehalt wird für das Kraut in Abhängigkeit von der Bestimmungsmethode mit 9,36 bis 12,29 % angegeben; welcher Gerbstofftyp vorliegt, ist bislang nicht beschrieben [24]. Russ. Autoren konnten Hydroxyzimtsäuren isolieren [33]. Weitere Inhaltsstoffe. Aus dem Acetonextrakt wurde ein Phytosterol erhalten, im Infus ein neutrales Saponin, das Betain Stachydrin und Cholin gefunden [34]. Ebenso soll ein saures Saponin vorkommen. Die Strukturen wurden bislang nicht weiter untersucht [26], [35]. Im Gegensatz zu Galeopsis tetrahit L. enthält B. nigra L. keine Iridoide im Kraut [22]. Der Gehalt an Kaliumnitrat soll relativ hoch sein [34].
Identitaet: Nach PF IX wird ein wäßrig-alkoholisches Mazerat per DC untersucht. Stationäre Phase: Kieselgel G Referenzsubstanz: Betainhydrochlorid Fließmittel I: Butanol-Eisessig-Wasser (40+ 10+50) (V/V) Fließmittel II: Chloroform-Aceton (50+50) (V/V). Auswertung: Auf der Höhe der Referenzsubstanz Betain soll im Chromatogramm der Untersuchungslsg. eine orangefarbene Zone im FM I und nach Detektion mit Jodobismutat vorhanden sein. Mit FM II und nach Detektion mit 10 %iger Schwefelsäure müssen mehrere schwarze Zonen im Rf-Bereich zwischen 0,7 und 0,9 erscheinen. In der BHP 83 wird das Vorkommen von Flavonoiden gefordert, jedoch durch keine Untersuchung überprüft. Eine DC-Untersuchung auf Flavonoide und andere phenolische Inhaltsstoffe wäre demnach sinnvoll.
Reinheit: Stengelanteil höchstens 5 % mit einem Durchmesser von mehr als 2 mm PF IX. Flavonoide müssen vorhanden sein BHP 83.
Gehaltsbestimmung: Gerbstoffe. Mit der Hautpulvermethode wurden 11,61 % Gerbstoffe gefunden, mit der Methode nach Schulte-Peyer 12,29 % [24].
Lagerung, Stabilität, Verwendung, u. a.
Zubereitungen: Fluidextrakt 1 : 1 in 25 % Ethanol; Tinktur 1 : 10 mit 45 % Ethanol BHP 83; Alkoholatur aus der Frischpflanze mit 90 % Alkohol [25], [26].
Wirkungen: Ältere Literatur beschreibt, daß i. v. Injektion eines Infus beim Hund (2,5 g Infus/kg KG) arteriellen Blutdruckabfall, Bradykardie und einen negativen inotropen Effekt bewirken soll [34]. Bei i. v. Gabe eines Dekokts der frischen Pflanze, entspr. 5 g getrockneter Droge, zeigt sich beim Hund eine Verdreifachung des Gallensekret-Volumens in 30 min [36].
Innerlich als Sedativum bei Hysterie und Hypochondrie, als Spasmolyticum bei krampfartigen Magenbeschwerden und bei Keuchhusten, zur Steigerung des Gallenflusses, äußerlich gegen Gicht. Nervöse Magenbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen BHP 83. Traditionell in Frankreich zur symptomatischen Behandlung nervöser Beschwerden von Erwachsenen und Kindern, besonders bei leichten Schlafstörungen, zur symptomatischen Behandlung des Hustens [26], [37], [38]. Nach [37] ist die Alkoholatur die wirksamste und am wenigsten durch ihren widerlichen Geruch ekelerregende Zubereitung. Sie wird bei klimakterischen Beschwerden in Kombination mit Passionsblumenkrauttinktur und als Spasmolyticum bei Magenbeschwerden und Keuchhusten empfohlen [37]. Ferner werden Klistiere gegen Ascariden und Suppositorien auf Basis des eingedickten Frischpflanzensaftes gegen Oxyuren angewendet [39]. Die Wirksamkeit der Droge ist gegenwärtig noch nicht ausreichend belegt. Einzeldosis der Droge: 2 bis 4 g als Infus BHP 83; Fluidextrakt 1 bis 3 ml; Tinktur 1 bis 2 ml BHP 83.
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Copyright
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Datenstand
15.08.2010