Musa

Mehlbananen-Fruchtfleisch

Verfasser

Renate Seitz, Bernhard Zepernick

Übersicht

M > Musa > Musa paradisiaca L. > Mehlbananen-Fruchtfleisch

Gliederung

G Musa

A Musa paradisiaca L.

D Mehlbananen-Fruchtfleisch

D Musa sapientum hom. HAB 34

Sonstige Bezeichnungen

Banana pulp, plantain banana pulp.

Definition der Droge

Das noch nicht reife Fruchtfleisch.

Stammpflanzen: Musa paradisiaca L.

Herkunft: Aus den gesamten Tropen [6], [15].

Gewinnung: Alle Bananensorten werden unreif geerntet und natürlich durch Lagerung oder künstlich in Reifungskammern (speziell die Obstbananen des Exports) innerhalb von 3 bis 10 Tagen nachgereift. Während Obstbananen roh genießbar sind, müssen Mehlbananen wegen des hohen Stärkegehalts vor Gebrauch gekocht oder gebraten werden [8], [15].

Handelssorten: Jede Region hat ihre eigenen Sorten, bekannte Mehlbananensorten sind beispielsweise French und Horn Plantain, Hembra oder Macho [6], [16].

Ganzdroge: Aussehen. Bis zu 50 cm lange, armdicke Früchte, die durch Eintauchen in heißes Wasser leicht geschält werden können. Fruchtfleisch hell, an Luft nachdunklend, schnittfest.

Schnittdroge: Geschmack. Leicht zusammenziehend bis herbbitter, schleimig. Geruch. Geruchlos oder leicht aromatisch [6], [17].

Mikroskopisches Bild: Am Rand faseriges Gewebe der Schalenreste, allmählich Übergang zum Mark (inneres Mesocarp). Im äußeren Teil des Marks enge Spiralgefäße, die von mächtigen Gerbstoffschläuchen aus 100 bis 500 μm langen Gliedern begleitet sind. Bei der reifenden Frucht enthalten sämtliche Glieder ein zähes Gel, das sich bei Überreife unter geringer Kontraktion in gelbliche bis rotbraune Einschlußkörper (Inklusen) verwandelt. Der Inhalt der Gerbstoffzellen färbt sich mit Eisen(III)chlorid bläulich, mit Vanillin-Salzsäure himbeerrot. Das aus dünnwandigem Parenchym bestehende Mark ist von charakteristischen großen, geschichteten Stärkekörnern erfüllt; vereinzelt Raphidenzellen [17].

Bananenstärke

Pulverdroge: Mikroskopisches Bild. Charakterisiert durch die stark geschichteten, 30 bis 80 μm langen ei-, flaschen- und stabförmigen Stärkekörner und durch tonnenförmige Glieder der Gerbstoffschläuche, deren Inhalt gewöhnlich nur wenig geschrumpft ist [17], [18].

Inhaltsstoffe: 100 g frisches Fruchtfleisch enthalten im Mittel 74 % Wasser, 1,15 % Eiweiß, 0,18 % Fett, 0,6 % Rohfaser, 0,8 % Mineralstoffe (K, Na, Ca, Fe, P) und 24 % Kohlenhydrate [15]. Während der Stärkeanteil der Mehlbananen zur Reife hin unverändert bleibt, wandelt sich die Stärke der Obstbananen zur Reife in Zucker um, vor allem in Invertzucker [17]. Amine. In reifen und unreifen Früchten: Serotonin (28 μg/g Frischgewebe), Tyramin (7 μg), Dopamin (8 μg), Noradrenalin (2 μg), daneben Dimethylamin, Ethylamin, Histamin, Isobutylamin, Methylamin, Propanolamin, Putrescin und Spermidin (ohne Mengenangaben) [19]. Aromastoffe. 180 Aromastoffe sind bisher identifiziert, charakteristischer Geruchsträger ist das sich vor allem zur Reife hin stark entwickelnde Isopentylacetat, weiterhin typisch sind Ester von Pentanol mit Essig-, Propion- und Buttersäure, Eugenol, O-Methyleugenol und Elimicin [19], [20]. Gerbstoffe. Besonders in den unreifen Mehlbananen nicht näher identifizierte Tannine [34], [35]. Sterylglykoside. Sitoindosid I bis IV (0,001 bis 0,003 % im Trockengewicht) mit antiulcerogener Aktivität und Glykoside und Ester von Sitosterol, Stigmasterol, Campesterol und Citrostadienol (ohne Mengenangaben) [21], [22]. Ob der in angereicherter Fraktion erhaltene „Anti-Ulcus-Faktor“ (22 mg aus 7 g Bananenpulver, wasserlöslich, thermolabil) mit den wirksamen Sterylglykosiden identisch ist, ist noch ungeklärt [23]. Säuren. Unreife Fruchtpulpa enthält viel Oxal-, Äpfel- und Citronensäure, zur Reife hin nimmt der Oxalsäuregehalt ab [24]. Vitamine. β-Carotin (0,23 mg/100 g frisches Fruchtfleisch), Vitamin B1 (0,044 mg), B2 (0,057 mg), Nicotinamid (0,65 mg) und Vitamin C (12 mg) [15].

Zubereitungen: Amylum Musae. (Bananenstärke, Guyana-Arrowroot). Durch Ausschlämmen aus gemahlenem Bananenfruchtfleisch gewonnen [18], [25]. Bananenpulver. (engl.: Plantain banana pulp powder). Die noch grünen, geschälten Bananen werden in Scheiben geschnitten und an der Luft oder in Trocknungskammern so lange getrocknet, bis sie nur noch 15 % Wasser enthalten, anschließend dann zu Pulver vermahlen [8], [26].

Verwendung: Amylum Musae dient als Hilfsstoff zur Tablettenherstellung [25]. Bananenmehl und Bananenstärke sind leicht verdaulich und sind in den Ursprungsländern häufig Bestandteile von Kindernahrung und Krankenkost[18], [25]. Ausgereifte Mehlbananen, gekocht, gebraten, zu Brei zerstoßen, zu Mehl verarbeitet (der Nährwert entspricht dem des Getreidemehls), gehören zu den wichtigsten Nahrungsmitteln des Tropengürtels, während Obstbananen, frisch, gedörrt und getrocknet, weltweite Bedeutung haben [8], [15]. In Afrika werden Mehlbananen zu alkoholischen Getränken vergoren [8].

Wirkungen: Antiulcerogene Aktivität. Peroral verabreichtes Bananenpulver (Dosisbreite: 0,5 bis 5 g/ kg KG) hemmt die Bildung von Magen- oder Darmgeschwüren in verschiedenen Modellen von experimentell induziertem Ulcus (mit Aspirin, Prednisolon, Histamin etc.) in Ratten, Mäusen und Meerschweinchen. Zugleich fördert Bananenpulver die Heilung von bereits bestehendem Ulcus [23], [27]-[30]. Als Wirkungsparameter der protektiven und curativen Wirkung wurden gemessen: Die Zunahme der Mucosastärke im Vergleich zu unbehandelten Tieren, verstärkter Einbau von 3H-Thymidin in die Mucosazellen-DNA, Zunahme des Gesamtkohlenhydratgehalts in der Mucosa und des Kohlenhydrat-Protein-Verhältnisses im Magensaft [27], [30].

Beispiele für im Mehlbananenfruchtfleisch vorkommende Sitosterylesterglykoside [21], [22].

Cholesterolsenkende Wirkung. Bei Verfütterung von 300 bis 500 g/kg KG Bananenfruchtfleisch zusammen mit 50 g/kg KG Rindertalg und 5 g/kg KG Cholesterol an männliche Ratten konnte ein deutlicher Serumcholesterol-senkender Effekt im Vergleich zu Kontrollgruppen ohne Bananendiät festgestellt werden [37], [38]. Ethanolischer Bananenextrakt (1, 10, 100 μg Bananenpulver auf 0,1 mL Ethanol 1 %) erhöht dosisabhängig nach halbstündiger Inkubation die Eicosanoidkonzentration (PGE, TXB2, PGF1) (gemessen im RIA) in Zellkulturen von humaner Magen- und Darmmucosa. Die Konzentrationsanstiege bewegen sich zwischen 10 und 70 %. Wäßrige Extrakte (5, 50, 500 μg Bananenpulver/0,1 mL Wasser) zeigen keine Wirksamkeit [31]. Das aus unreifen Bananen isolierte Acylsterylglykosid Sitoindosid IV [26], [27] erhöht nach 3- bis 7tägiger i. p. Applikation an Mäuse in Dosen von 100 bis 400 μg/Maus deutlich die Mobilisierung und Aktivierung peritonealer Makrophagen [32].

Bananenpulver oder unreife Früchte bei Magen- und Darmbeschwerden, Dyspepsie und Diarrhöe, weiterhin bei Diabetes, Skorbut, Gicht, Bluthochdruck und Herzbeschwerden [33], [35], [36]. Zur Wirksamkeit bei den genannten Anwendungen liegen keine klinischen Studien vor. In Indien werden das Bananenpulver, in Milch eingerührt, oder unreife Früchte, zu Brei gestoßen, eingenommen, oder Bananenmehl zu Brotfladen, sog. Chappatis, verbacken und bei den genannten Beschwerden gegessen [33], [35].

Tox. Inhaltsstoffe und Prinzip: Es wird vermutet, daß die Endomyocardfibrose, die in Afrika und anderen tropischen Gebieten häufig vorkommt, und deren Ursache man nicht kennt, die Folge chronischer, hoher Aufnahme von 5-Hydroxytryptamin (= Serotonin) infolge des hohen Bananenverzehrs in diesen Regionen ist [39].

1. Heywood VH, Chant SR (Hrsg.) (1982) Popular Encyclopedia of Plants, Cambridge University Press, Cambridge, S. 230

2. Rehm S, Espig G (1984) Die Kulturpflanzen der Tropen und Subtropen, 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, S. 171

3. Audus LJ, Heywood VH (Hrsg.) (1981) Winkler Prins Encyclopedie van het Plantenrijk, Elsevier, Amsterdam Brüssel, Bd. 3, S. 859

4. Schultze-Motel J (Hrsg.) (1986) Rudolf Mansfeld, Verzeichnis landwirtschaftlicher und gärtnerischer Kulturpflanzen, 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York, Bd. 2, S. 1.669

5. Hgn, Bd. II, S. 363–370 und Bd. VII, S. 596, 733

6. Simmonds NW (1966) Bananas, 2. Aufl., Longmans, London

7. Zan, S. 363

8. Esdorn I (1961) Nutzpflanzen der Tropen und Subtropen, Fischer, Stuttgart, S. 98

9. Lin YL (1985) Kuo Li Chung-kuo I Yao Yen Chiu Kao (Taiwan) 115–128, zit. nach CA 106:135269x

10. Knapp FF, Nicholas HJ (1969) Phytochemistry 8:207–214

11. Akihisa T, Shimizu N, Tamura T, Matsumoto T (1985) Lipids 21:494–497

12. Knapp FF, Nicholas HJ (1970) Steroids 16:329–351 [PubMed]

13. Krikorian AD (1968) Econ Bot 22:385–389

14. Singh YN, Dryden WF (1985) Toxicon 23:973–981 [PubMed]

15. Franke W (1985) Nutzpflanzenkunde, Thieme, Stuttgart, S. 261

16. Uphoff JCT (1959) Dictionary of Economic Plants, Engelmann, Weinheim New York, S. 242

17. Acker L (Hrsg.) (1968) Handbuch der Lebensmittelchemie, Teil 2: Obst, Gemüse, Kartoffeln, Pilze, Springer, Heidelberg Berlin, Bd. V, S. 290

18. Hag, Bd. 3, S. 55

19. Belitz HD, Grosch W (1985) Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 4. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York, S. 732

20. Tressl R, Drawert F (1973) J Agric Food Chem 21:560–565

21. Ghosal S, Saini KS (1984) J Chem Res (S)110

22. Ghosal S (1985) Phytochemistry 24:1.807–1.810

23. Best R, Lewis DA, Nasser N (1984) Br J Pharmacol 2:107–116

24. Wyman H, Palmer JK (1964) Plant Physiol 39:630–633 [PubMed]

25. Mar 28, S. 503

26. Goel RK, Chakrabarti A, Sanyal AK (1985) Planta Med 51:85–87 [PubMed]

27. Goel RK, Gupta S, Shankar R, Sanyal AK (1986) J Ethnopharmacol 18:33–44 [PubMed]

28. Sanyal AK, Gupta KK, Chowdhury NK (1963) J Pharm Pharmacol 15:283–284 [PubMed]

29. Sanyal AK, Banerjea CR, Das PK (1965) Int Pharmacodyn Ther 155:244–248

30. Mukhopadhyaya K, Bhattacharya D, Chakraborty A, Goel RK, Sanyal AK (1987) J Ethnopharmacol 21:11–19[PubMed]

31. Goel RK, Tavares IA, Bennett A (1989) J Pharm Pharmacol 41:747–750 [PubMed]

32. Chattopadhyay S, Chaudhuri S, Ghosal S (1987) Planta Med 53:16–18 [PubMed]

33. NN (1987) Medicinal Plants of India, Indian Council of Medical Research, New Delhi, Bd. 2, S. 299

34. Jones DE (1965) Nature 206:299 [PubMed]

35. Natkarni KM (1982) Indian Materia Medica, Sangam Books, Bombay, Bd. 1, S. 822

36. Watt JM, Breyer-Brandwijk MG (1962) The Medicinal and Poisonous Plants of Southern and Eastern Africa, 2. Aufl., Livingstone Ltd., Edinburgh London, S. 783

37. Horigome T, Sakaguchi E, Kishimoto C (1992) Br J Nutr 68:231–244 [PubMed]

38. Usha V, Vijayamma PL, Kurup PA (1989) Indian J Exp Biol 27:445–449 [PubMed]

39. Lindner E (1990) Toxikologie der Nahrungsmittel, 4. Aufl., Thieme, Stuttgart New York, S. 51

Copyright

Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung des Springer Medizin Verlags GmbH, Berlin, Heidelberg, New York

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart

Datenstand

15.08.2010