Leucanthemum / Margriet

Bellidis majoris herba

Verfasser

Beat Meier, Marianne Meier-Liebi

Übersicht

L > Leucanthemum > Leucanthemum vulgare LAM. S. STR. > Bellidis majoris herba

Gliederung

G Leucanthemum

A Leucanthemum vulgare LAM. S. STR.

D Bellidis majoris herba

D Chrysanthemum leucanthemum hom. HPUS 88

Synonyme

Herba bellidis pratensis majoris

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Margeritenkraut.

Definition der Droge

Bellidis majoris herba besteht aus den zur Blütezeit geernteten, getrockneten oberirdischen Teilen, eventuell auch nur aus den Blüten.

Charakteristik

Stammpflanzen: Leucanthemum vulgare LAM. S. STR.

Ganzdroge: Die Droge ist nie genau beschrieben worden. Die Identifikation hat sich an den Angaben zur Morphologie unter Botanische Beschreibung zu orientieren.

Inhaltsstoffe: Polyacetylene. 15 Acetylene wurden aus den Blütenköpfen isoliert [14]. Es handelt sich dabei vorwiegend um offenkettige C17-, C16-, C13- und C10-Verbindungen. Beschrieben sind zudem zwei Spiroepoxide. Aus 700 g getrockneter Droge wurden nach Chromatographie über Kieselgel von den Hauptsubstanzen bis zu 500 mg isoliert, nur je 6 mg von den Spiroepoxiden. Der Gesamtgehalt an Polyacetylenen dürfte bei maximal 1 % liegen.

In den Blüten von Leucanthemum vulgare vorkommende Polyacetylene

Flavonoide. Mit zweidimensionaler Papierchromatographie wurden Flavonoide im Kraut der blühenden Pflanze nachgewiesen: Apigenin-7-glucuronid [7], nicht näher bezeichnete Flavonol-5-glucoside [15]. Die Untersuchungen sind ungenügend und wenig abgesichert. Cyclite. . Es wurden apolare Cyclohexanhexole, -pentole und ein Cyclohexantetrol nachgewiesen und deren Biosynthese studiert [16], [17]. Es handelt sich um L-Viburnit, meso-Inosit, L-Inosit, L-Quercit und L-Leucanthemit, wobei erstere die Hauptcyclite der Pflanze darstellen.

Lagerung, Stabilität, Verwendung, u. a.

Verwendung: Als Zier- und Gartenpflanzen, beliebt in Blumensträußen. In der Landwirtschaft gilt die Margerite als Unkraut, da ihr Nährwert gering ist und sie ein nährstoffarmes, holziges Futter liefert [28].

Im allgemeinen gelten die Sesquiterpenlactone als Auslöser von durch Compositen verursachte Kontaktdermatitiden. Solche wurden aber bisher in Leucanthemum vulgare nicht gefunden. Im empfindlichen GPMT-Test (guinea pig maximization test) zeigte die Pflanze jedoch eine starke und anhaltende Reaktion. Die Sensibilisierung erfolgte mit einer subkutanen Injektion. Eine Woche später wurden auf die rasierte Haut am Hals mit in Kochsalz gelöstem 7 %igem Kurzetherextrakt (die ganze Pflanze wird dabei während 60 s in peroxidfreien Ether getaucht, der trockene Rückstand wird danach wieder verdünnt und getestet) getränkte Filterpapiere aufgelegt und mit einem Okklusivverband abgedeckt. Für L. vulgare wurde ein Mean Response mR = 2,08 ermittelt, was bedeutet, daß ein Erythem entstand, verbunden mit einer schwachen Schwellung auf der Testzone [22]. Das Resultat entspricht den Erfahrungen, liegen doch etliche Berichte über Sensibilisierungen mit L. vulgare vor. Sie betreffen vor allem Floristen und Gärtner. In den meisten Fällen lösten Blätter und Stengel die Kontaktdermatitis aus, es ist aber auch ein Fall mit Blüten beschrieben [23]. Das Sensibilisierungspotential wird als stark beurteilt, die Häufigkeit als gelegentlich, Kreuzreaktionen treten auf [24]. Bei Compositenallergikern, die durch Arten des Chrysanthemum-Komplexes sensibilisiert sind, wird oft eine positive Testreaktion auf Margerite beobachtet. Die Konzentration des Kurzetherextraktes in Vaseline sollte beim Patch-Test 1 bis 3 % nicht überschreiten, da eine Konzentration von 10 % schon stark irritativ wirkt. Ein Polyacetylenalkohol und sein Acetat wurden als potentielle Allergene isoliert. Im GPMT-Test nach einer durch L. vulgare ausgelösten Sensibilisierung waren beide Substanzen positiv, ebenso im Patch-Test an Menschen mit einer Sensibilisierung auf Pflanzen der Artengruppe Chrysanthemum. Die Autoren bezeichnen die beiden Polyacetylene als Haptene. Substanzen aus den noch geschlossenen Blütenköpfen von L. vulgare zeigten unter UV-Bestrahlung phototoxische Wirkung gegenüber Candida-albicans-Keimen [26]. Die aus der Fraktionierung des Extraktes resultierenden UV-Spektren deuteten auf Polyacetylene als Auslöser der Wirkung hin. Auf Menschen- und Meerschweinchenhaut zeigten dieselben Fraktionen allerdings keine phototoxische Aktivität, so daß das Experiment für die Beurteilung des Sensibilisierungspotentials von L. vulgare keine Bedeutung hat [25].

Haptene aus Leucanthemum vulgare

Innerlich: Bei Keuchhusten und Asthma sowie bei nervösen Zuständen (nervöse Übererregbarkeit) [18]. Bei katarrhalischen Erkrankungen; [19], [20] die Blüten auch als Spasmolyticum [21]. Äußerlich: Zur Behandlung von Ulcera und Wunden [18]. Das Wasserdampfdestillat zudem speziell bei Nasenbluten [21]. Die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungsgebieten ist nicht belegt. Innerlich: Als Decoct, 3mal täglich 1 Tasse. Präzise Angaben zur Dosierung fehlen. Äußerlich: Zu Waschungen; nähere Angaben fehlen. Hinweis: Vieles deutet darauf hin, daß Margeritenkraut und Margeritenblüten als Ersatz für Kamillenblüten mit wenig Erfolg ausprobiert wurden. Entsprechend wird kommentiert: [21] Die Margeritenblüten wurden verwendet wie Kamillenblüten bei viel schwächerer Wirkung.

Toxikologische Daten:

LD-Werte. Ein nach dreifacher Perkolation mit 50 %igem Ethanol aus 300 g getrockneter, im Mai im Naini-Tal in Indien geernteter Droge (ganze Pflanze) gewonnener Trockenextrakt zeigte einen LD50-Wert von 200 mg/kg KG, i. p., bei Albinomäusen (Mittelwert von 3 Tieren) von 15 bis 20 g Gewicht [27]. Der Extrakt wurde in 0,1 % Agar-Agar oder in 1 % Acaciengummi (gelöst in destilliertem Wasser) suspendiert. 0,2 mL davon wurden bei einer Initialdosis von 500 mg/kg KG injiziert. Die Kontrolltiere erhielten nur die Suspensionsgrundlage injiziert.

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29. BAz Nr. 109a vom 16.06.1987

Copyright

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Datenstand

15.08.2010