Armoracia

Armoraciae radix (Meerrettichwurzel)

Verfasser

Theodor Kartnig

Übersicht

A > Armoracia > Armoracia lapathifolia GILIB. > Armoraciae radix (Meerrettichwurzel)

Gliederung

G Armoracia

A Armoracia lapathifolia GILIB.

D Armoracia hom. HAB 34

D Armoraciae radix (Meerrettichwurzel)

D Cochlearia Armoracia hom. HPUS 78

A Armoracia sisymbrioides (DC.) CAJAND.

D Armoracia-sisymbrioides-Wurzel

Synonyme

Armoraciae Radix recens; Armoraciae rusticanae radix; Radix Armoraciae; Radix Armoraciae recens

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Kren, Krenwurzel, Pfefferwurzel; Horserradish root; Racine de raifort, Raifort frais; Ramolaccio fresco; Rábano picante; port.:Rábano forte.

Offizinell

Raifort – CF 65; Armoraciae Radix recens – Ned 6; Radix Armoraciae recens – Helv V; Horseradish – BPC 34

Definition der Droge

Die frische oder getrocknete, im Frühling oder Herbst geerntete Wurzel.

Charakteristik

Stammpflanzen: Armoracia lapathifolia GILIB.

Herkunft: Hauptlieferanten sind mitteleuropäische Länder.

Gewinnung: Die aus Kulturen stammende, gewaschene, ungeschälte oder geschälte Wurzel gelangt frisch oder getrocknet, ganz oder geschnitten in den Handel.

Ganzdroge: Bis über 0,5 m lange, im frischen Zustand bis 6 cm dicke, oben mehrköpfige, zylindrische, außen graugelbe, an den Schnittflächen weiße Stücke. Der Querschnitt zeigt eine breite Rinde, die einen ebenso breiten, nicht gestreiften, gelblichen Holzkörper umgibt.

Schnittdroge: Geschmack. Scharf. Geruch. Stechend.

Mikroskopisches Bild: Unter dem dünnen Kork liegt ein dünnes Kollenchym. In der primären Rinde einzelne oder zu kleinen Gruppen vereinigte Steinzellen. Im Holzteil kleine Gruppen von Gefäßen in radialer Anordnung. Das Parenchym enthält kleinkörnige Stärke.

Pulverdroge: Aussehen. Gelblich-weißes Pulver. Mikroskopisches Bild. Korkschüppchen, Rindenparenchym mit Steinzellen, Faserelementen, Spiralgefäßen. Parenchym mit kleinkörniger Stärke.

Inhaltsstoffe: Die getrocknete Wurzel enthält 0,1 bis 1,4 % ätherisches Öl [5], [6], [7], das bis zu 90 % aus Allylsenföl besteht [8]. Außerdem können bis zu 15 % β-Phenylethylsenföl enthalten sein. Die Senföle sind Sekundärprodukte, die sich unter dem Einfluß der Myrosinase aus den Glucosinolaten bilden. Sinigrin, das dem Allylsenföl entsprechende Glucosinolat, kommt in der frischen Wurzel in einer Menge bis zu 0,32 % vor [9]. Vitamine: Ascorbinsäure, ca. 0,6 %; Vitamin B1, ca. 500 μg/100 g. Enzyme: Myrosinase, Peroxidasen, Isoperoxidasen.

Sinigrin

Identitaet: Sensorische Identitätsprüfung meist ausreichend. DC der Glucosinolate nach Lit. [12] oder der freien Senföle über ihre Thioharnstoffderivate nach Lit. [12] Dazu wird die Droge mit Wasser bei Raumtemperatur fermentiert und das Fermentierungsgemisch der Wasserdampfdestillation unterworfen. Die Thioharnstoffderivate der Senföle werden durch Umsetzen mit Ammoniak (25 %) in Ethanol (95 %) (1+1) gewonnen. Die abgesaugten, umkristallisierten Thioharnstoffderivate werden mittels DC identifiziert [12].

Gehaltsbestimmung: Zur Bestimmung des ätherischen Öls muß die Droge fermentiert werden. Die Senföle können mittels gaschromatographischer Verfahren quantifiziert werden [13]-[20]. Die Quantifizierung der Glucosinolate kann mittels HPLC erfolgen [21].

Lagerung: Die frische Wurzel wird in Erde eingegraben oder im Keller in Sand gebettet.

Zubereitungen: Infusum Armoraciae: 1 kg Meerrettich zerreiben, mit 3 bis 4 L siedendem Wasser übergießen und stehen lassen [10], Sirupus Armoraciae compositus Helv V, Acetum Armoraciae, Emplastrum Armoraciae [11], Frischpflanzenpreßsaft [30].

Verwendung: Als Küchengewürz wird die geraspelte, frische oder marinierte Wurzel für Salate, Saucen und als Fleischwürze verwendet.

Gesetzliche Bestimmungen: Aufbereitungsmonographie der Kommission E am B6A „Armoraciae rusticanae radix (Meerrettichwurzel)“ [30].

Wirkungen: Antimikrobielle Wirkung. In vitro wirken die flüchtigen Anteile aus der Wurzel gegen grampositive und gramnegative Erreger, Blastomyceten und humanpathogene Hyphomyceten [22], [23]. Das durch Wasserdampfdestillation gewonnene Öl wirkt baktericid gegen Streptococcen und Staphylococcen [24], [25].Versuche am Menschen zeigten, daß nach Verzehr von 10 bis 25 g geriebenen Meerrettichs die über 1 bis 3 Stunden im Harn ausgeschiedenen Substanzen das Wachstum von Bacillus subtilis, Escherichia coli undStaphylococcus aureus hemmen [26]. Spasmolytische Wirkung. Wurzelextrakte zeigen im Tierversuch eine direkte spasmolytische Wirksamkeit an der glatten Muskulatur [27]. Carcinostatische Wirkung. An Mäusen wurde das Wachstum von Ascites-Tumoren und an Ratten vom Jensen-Sarkom dosisabhängig signifikant gehemmt [28]. Hyperämisierende Wirkung. Umschläge mit geriebenem Meerrettich rufen Hautrötung bzw. Hautreizung hervor [11].

Anwendungsgebiete

Bei Einnahme: Katarrhe der Luftwege; unterstützende Therapie bei Infekten der ableitenden Harnwege [30]. Äußere Anwendung: Katarrhe der Luftwege; hyperämisierende Behandlung bei leichten Muskelschmerzen [30].

Dosierung & Art der Anwendung

Innerlich: Mittlere Tagesdosis 20 g frische Wurzel [30]. Äußerlich: Umschläge [30]. Zubereitung. Innerlich: Mittlere Tagesdosis entsprechend 20 g frische Wurzel [30]. Äußerlich: Zubereitungen mit maximal 2 % Senfölen [30].

Unerwünschte Wirkungen

Senföle können vereinzelt zu allergischen Reaktionen führen. Zu hohe Dosen können Magen-Darm-Beschwerden bewirken [30].

Gegenanzeigen/

Anwendungsbeschränkungen

Überempfindlichkeit gegen Senföle. Bei Einnahme: Magen. und Darmulcera; Nephritiden [30]. Keine Anwendung bei Kindern unter 4 Jahren [30].

Volkstümliche Anwendungen &

andere Anwendungsgebiete

Auszüge aus der Droge werden bei grippalen Infekten, Atemwegserkrankungen, als verdauungsförderndes Mittel, bei Erkrankungen von Leber und Galle sowie bei Gicht und Rheuma verwendet.

1. Larsen LM, Nielsen JK, Sörensen H (1982) Phytochemistry 21:1.029–1.033

2. Fursa NS (1983) Rastit Resur 19:74–78

3. Fursa NS, Litivinenko VI, Krivenchuk PE (1969) Khim Prir Soedin 5:320

4. Fursa NS, Litivinenko VI (1970) Khim Prir Soedin 6:636–637

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8. Kojima M (1964) Hakko Kogaku Zasshi 42:486–491

9. Stoll A, Seebeck E (1948) Helv Chim Acta 31:1.432–1.434

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28. Mathes T, Schmidt K (1955) Ärztl Forschung 9:I/358–363

29. BAz Nr. 109 a vom 16. 06. 1987

30. BAz Nr. 85 vom 05.05.1988

31. Heg (1986), Bd. IV, Teil 1, S. 184

32. Hgn (1964) Bd. III, S. 587

Copyright

Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung des Springer Medizin Verlags GmbH, Berlin, Heidelberg, New York

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Datenstand

15.08.2010