U. Suschke, E. Gross, J. Reichling
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G Nepeta
D Nepetae catariae aetheroleum
D Nepetae catariae herba (Katzenminzkraut)
Herba Nepetae catariae
dt.: Echtes Katzenkraut, Steinmelissenkraut [15] Catnip herb Herbe au(x) chat(s) Gataria planta
Die zur Blütezeit gesammelten oberirdischen Pflanzenteile.
Stammpflanzen: Nepeta cataria L.
Herkunft: Anbau in Europa (Deutschland, Frankreich, Polen, Russland) und Nordamerika.
Schnittdroge: Aussehen. Grünlich-braunes Kraut mit zahlreichen derben grünlichen bis violetten vierkantigen Stängelstücken. Blattfragmente mit teils noch erkennbarem grob gezähntem Blattrand, die beiderseits eine filzige Behaarung aufweisen, welche auf der graugrünen Unterseite jedoch stärker ausgeprägt ist als auf der dunkelgrünen Oberseite. Charakteristische, häufig in der Droge auftretende hellgrüne, fein behaarte, unten eiförmige Blütenkelche mit deutlich erkennbarer Nervatur und 5 spitzen, geraden Zähnen, deren 2 hintere die 3 vorderen überragen. Daneben gelblich erscheinende Blüten mit violettblauen Antheren. Einsamige Nussfrüchte braun, glatt, oval mit charakteristischer weißer nierenförmiger Pseudostrophiole. Aufgrund der Behaarung nahezu aller Drogenbestandteile haften diese leicht aneinander. Geruch: uncharakteristisch bis minzartig. Geschmack: bitter.[19]
Mikroskopisches Bild: Hell- bis graugrünes Pulver. Blattfragmente mit welligen Epidermiszellen und paracytischen Stomata.[54] Spaltöffnungsindex: 300/mm2. Auf Blattober- und Unterseite Lamiaceen-Drüsenschuppen, deren Erscheinungsbild sich mit dem Entwicklungsstadium ändert. Frühstadium: nicht gestielt, später Ausbildung eines Stiels mit kugeligem, zweizelligem Köpfchen; Spätstadium: mehrzellige Drüsenköpfchen. Lange, meist vierzellige (3- bis 7-zellige) Gliederhaare mit warziger Cuticula und kollabierten Zellen.[16], [19]
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl. In der Droge 0,2 bis 0,7 % mit Nepetalacton-Isomeren (Iridoide).[13] Iridoidglykoside. Nepetasid, ein Glucosyloxydihydronepetalacton, daneben Nepetariasid, ein Glykosid der Nepetalsäure sowie Nepetolglucosylester.[13], [20] Sonstige Inhaltsstoffe. Rosmarinsäure 0,66 mg/g, Kaffeesäure 0,10 mg/g,[16]Sterole, Flavonoide, Alkaloide.[21] In den Samen fettes Öl.[22]
Gehaltsbestimmung: Neben der Analyse des durch Wasserdampfdestillation gewonnenen ätherischen Öls mittels DC und GC ist es möglich, den Gehalt des Krautes an Nepetalacton mittels HPLC zu bestimmen.[23] Dazu wird ein methanolischer Extrakt aus der Droge hergestellt und mit Geraniol als innerem Standard chromatographiert.
Verwendung: Besonders im angelsächsischen Sprachraum als Haustee. Frisch oder getrocknet als Gewürz für Suppen, Soßen, Fleischgerichte, Salate aufgrund des minzartigen herben Geschmacks.
Sonstige Verwendungen: Als Bestandteil von Produkten und Spielzeugen für Katzen.
Wirkungen: Antibakterielle und fungistatische Wirkung. Ein Hexanextrakt, gewonnen durch erschöpfende Soxhlet-Extraktion der Krautdroge und eingestellt auf 50 % Lactone, wurde mit der Mikrodilutionsmethode und/oder mittels Agardilution zur Ermittlung der Minimalen Hemmkonzentration (MHK) gegen grampositive und gramnegative Bakterien sowie verschiedene human- und phytopathogene Pilze getestet. Die beste Wirksamkeit, die jedoch vom ätherischen Öl übertroffen wurde, erzielte der Extrakt gegenüber den phytopathogenen Pilzen Stereum purpureum(500 μg/mL), Botrytis cinerea sowie Sclerotinia sclerotiorum (2000 μg/mL). Gegenüber den getesteten Bakterien war nur eine schwache Aktivität von 4000 μg/mL zu verzeichnen, jedoch war hier der Extrakt im Vergleich zum ätherischen Öl effektiver.[24] Verschiedene Extrakte von N. cataria wurden im Agardiffusionstest gegen jeweils 5 grampositive und gramnegative Bakterienstämme sowie 6 Pilze auf ihre antibakterielle und fungistatische Wirkung untersucht. Die Wirksamkeit gegenüber den getesteten Keimen nimmt in der Reihenfolge der Extraktionsmittel Methanol
Bei Aufnahme großer Mengen von Katzenminztee kann es zu Erbrechen kommen. Diskutiert, aber nicht bewiesen sind bewusstseinsverändernde Effekte mit Sedierung und Halluzinationen nach Rauchen oder oraler Aufnahme von Katzenminze.[30] Ansonsten sind keine Nebenwirkungen bekannt.
Es liegen Untersuchungen zu Effekten einer pränatalen Exposition von Katzenminze bei Mäusen vor. Für Katzenminze sind Wehen sowie den Menstruationsfluss fördernde Wirkungen beschrieben, deshalb sollte die Droge während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.[32], [37]
Die Droge ist nicht geeignet für Säuglinge und Kleinkinder, da Vergiftungserscheinungen mit Sedation eintreten können. Von (übermäßigem) Gebrauch in der Schwangerschaft ist abzuraten.
Als Diaphoretikum (oft in Kombination mit Holunder) und Desinfiziens zur Behandlung von Erkältungskrankheiten, auch bei chronischer Bronchitis. Als krampflösendes Mittel bei Magen-Darm-Beschwerden, sowie als Antidiarrhoikum. Bei nervöser Unruhe und Einschlafschwierigkeiten als beruhigender Tee.[15], [31] Als Hausmittel zur Behandlung von Koliken bei Säuglingen.[18] Bei Dys- und Amenorrhoe als Emmenagogum, auch zur Förderung der Wehentätigkeit.[32] Äußerlich als Infus oder Breiumschlag bei stumpfen Verletzungen zur Reduktion von Schwellungen,[33] sowie bei Zahnschmerzen in Kombination mit weiteren pflanzlichen Drogen.[34] Der Dekokt aus vor der Blüte gesammelten Blättern wird von der Bevölkerung des Himalaya (Kashmir) gegen Bandwurmerkrankungen eingenommen.[35] Infuse aus dem Kraut sollen dazu geeignet sein, Flöhe aus dem Fell von Tieren zu vertreiben. Die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungsgebieten ist bisher nicht belegt. Innerliche Anwendung. 1 bis 2 g Krautdroge pro Tasse (240 mL) Wasser [36], die BHP 79 empfiehlt 2 bis 4 g Krautdroge als Infus, 2 bis 4 mL Flüssigextrakt 1:1 oder 3 bis 6 mL Tinktur 1:5 jeweils in Ethanol 25 % zur Einnahme bis 3mal täglich.[54] Äußerliche Anwendung. Tinktur, Breiumschlag, Zusatz zu Bädern (zur Dosierung liegen keine Angaben vor).
Acute Toxizität:
Mensch. Es existiert ein Fallbericht eines 19 Monate alten männlichen Kleinkindes, welches nach Genuss einer großen Menge einer Teezubereitung aus Katzenminze (einschließlich des im Tee ziehenden Krauts) Symptome einer zentralen Dämpfung, ähnlich einer Intoxikation mit Sedativa aufwies.[18] Obwohl keine wesentliche Veränderung der physiologischen Parameter zu erkennen war, zeigte der Patient ca. 60 h lang nur geringe Interaktionen mit der Umwelt und erschien lethargisch. Nach Elimination der Krautreste mit den Faeces trat schnell eine Besserung seines Zustandes ein.
Mutagen:
Reproduktion: Die orale Aufnahme von 10 % (m/m) Katzenminzkraut mit der Nahrung, vom 6. bis 18. Tag der Schwangerschaft, führte bei Mäusen gegenüber der Kontrollgruppe, die normale Nahrung erhielt, zu einem erniedrigten Geburtsgewicht des Nachwuchses und einer retardierten Entwicklung körperlicher Merkmale. Eine erhöhte Rate von Aborten, Tot- oder Fehlgeburten war jedoch nicht zu beobachten.[37]
Toxikologische Daten: Für Katzenminzkraut liegen hierzu keine Informationen vor. Die FDA (Food and Drug Administration) ordnet Katzenminze als Kraut von „undefinierter Sicherheit“ ein.
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15.08.2010