Karl-Heinrich Horz, Jürgen Reichling
P > Potentilla > Potentilla erecta (L.) RÄUSCHEL > Tormentillae rhizoma
D Potentilla anserina hom. HAB 1
D Potentilla anserina hom. HPUS 88
D Potentilla aurea hom. HAB 34
A Potentilla erecta (L.) RÄUSCHEL
D Potentilla erecta hom. HAB 1
D Potentilla erecta, äthanol. Decoctum hom. HAB 1
D Potentilla reptans hom. HAB 34
Radix Tormentillae; Rhizoma Tormentillae
dt.:Blutwurz, Ruhrwurz, Tormentillwurzel; Tormentill; Rhizome de tormentille.
Tormentillae rhizoma (Tormentillwurzelstock) – PhEur 5; Rhizoma Tormentillae – Helv V; Radix Tormentillae – ÖAB 90; Potentilla – BHP 83
Das von den Wurzeln befreite und getrocknete, ganze oder geschnittene Rhizom PhEur 5.
Tormentillae rhizoma, Querschnitt: ho Holzstrahl, ma Mark, ms Markstrahl, ri Rinde. Aus Lit. [45]
Tormentillae rhizoma, Schnittdroge. Aus Lit. [45]
Stammpflanzen: Potentilla erecta (L.) RÄUSCHEL
Herkunft: Die Droge wird aus osteuropäischen Ländern importiert [40]. Ein Anbau der Pflanze zur Drogengewinnung ist offensichtlich unproblematisch [41].
Gewinnung: Die ausgegrabene und gereinigte Droge wird an der Luft getrocknet. Untersuchungen zur Trocknungsmethode ergaben, daß Trocknung unter Stickstoff, im Vakuum oder im Trockenschrank bei 105 °C bzw. 130 °C keine Vorteile gegenüber der herkömmlichen Trocknungsmethode bietet. Es konnten weder im Gerbstoffgehalt noch im Kondensationsgrad der Gerbstoffmoleküle signifikante Unterschiede nachgewiesen werden[42].
Ganzdroge: Aussehen. Rhizom bis zu 10 cm lang und meist 1 bis 2 cm dick, zylindrisch spindelförmig oder unregelmäßig knollig, gerade oder gekrümmt. Am oberen Ende oft vielköpfig; wenig geästelt, sehr hart, außen braun bis rotbraun, höckerig uneben und mit Resten der abgeschnittenen Wurzeln und den quergestreckten und vertieften Narben der oberirdischen Sprosse versehen. An der Spitze der Rhizomstücke oft noch Reste der oberirdischen Achsen. Bruch dunkelrot bis braunrot, durch Holzbündelquerschnitte weißlich oder gelblich gesprenkelt, glänzend, hornartig spröde und höckerig zerklüftet [40], [43]. Das schnelle blutrote Anlaufen der anfänglich hellen Bruchflächen wird mit Oxidation der farblosen Catechine zu rotbraunen Oxidationsprodukten durch Einwirkung von o-Polyphenoloxidase erklärt [44].
Schnittdroge: Geschmack. Stark zusammenziehend. Geruch. Fast geruchlos.
Mikroskopisches Bild: Der Wurzelstock ist von tiefbraunen, dünnen, tafelförmigen Korkzellen umgeben, die eine schmale Rindenschicht umschließen, in der sehr breite Markstrahlen liegen, die durch den Holzkörper bis zum Mark reichen; Bastfasern fehlen. In den strahlenförmig angeordneten Teilen des Holzkörpers liegen abwechselnd Gruppen von hellen Holzfasern mit angelagerten Hoftüpfelgefäßen und Parenchymzellen mit rotbraunen Phlobaphenklumpen und ebenfalls Gefäße; dadurch kommt eine konzentrische Schichtung zustande. In den Zellen des Marks und der Markstrahlen sind kleinkörnige Stärke, amorphe Gerbstoffmassen und zahlreiche Calciumoxalatdrusen zu sehen. Die Gerbstoffe im Parenchymgewebe sind gelb bis rot und färben sich mit FeCl3-Lösung grün bis schwarz [40].
Pulverdroge: Aussehen. Pulver rotbraun. Mikroskopisches Bild. Unter dem Mikroskop sieht man bis zu 60 μm große, grobgezackte Calciumoxalatdrusen, Parenchymbruchstücke mit rotbraunem Zellinhalt, Gefäßgruppen und Gefäßbruchstücke. Sklerenchymfasergruppen und Sklerenchymfaserbruchstücke, vereinzelt Korkgewebefragmente mit dünnen, braunen, tafelförmigen Zellen und bis zu 30 μm große, unregelmäßig geformte Stärkekörner [40].
Pulver von Tormentillae rhizoma: a Kork, b Parenchym mit Drusen, c Kristalldrusen, d Gefäße im umstehenden Gewebe, e Sklerenchymfasern, f Stärke. Aus Lit. [45]
Verfälschungen/Verwechslungen: Gelegentlich kommt als Verfälschung das Rhizom von Polygonum bistorta L. vor, das jedoch durch seine hellere Farbe auffällt [46]. Sehr schwer zu erkennen ist die Verfälschung der Droge mit dem Wurzelstock von Geum montanum L. [47]. Eine Unterscheidungsmöglichkeit bietet die Betrachtung der Drogenquerschnitte: Im Holzkörper von Potentilla erecta bilden Gefäße und Holzfasern einen geschlossenen Ring, wogegen bei der Verfälschung die Gefäßgruppen frei von Fasern und durch breite Markstrahlen getrennt sind [47]. Ausführliche Beschreibung der Geum-montanum-Wurzel sowie vergleichende Abbildungen s. Lit. [47].
Inhaltsstoffe: Flavonoide. Nachgewiesen wurden Kämpferol, Cyanidinglucosid [48] und Leucoanthocyanidin [49]sowie die Gerbstoffbausteine (+)-Catechin, (–)-Epicatechin [50], (+)-Gallocatechin und (–)-Epigallocatechin [48]. Gerbstoffe. Der Gerbstoffgehalt liegt bei 17 bis 22 % [44]. Er soll während der Vegetationsperiode schwanken und in den Monaten Mai bis August am höchsten sein [41]. Hauptsächlich liegen kondensierte Gerbstoffe vor (15 bis 20 %), daneben geringe Mengen (ca. 3,5 %) hydrolysierbare Gerbstoffe [51]. Catechine. Isoliert wurden (–)-Gallo- oder (–)-Epigallocatechingallat [48], die dimeren Catechinderivate [6,6′]-all-trans-bi-(+)-Catechin [52], [4,8]-all-trans-bi-(+)-Catechin (= Procyanidin B3) [52], [53], [54], [4,6]-all-trans-bi-(+)-Catechin (= Procyanidin B6) [53] und [4,8]-2,3-trans-3,4-cis-bi-(+)-Catechin [53]. Letztgenannte Substanz ist das erste bekanntgewordene natürliche Procyanidin mit einer 3,4-cis-Konfiguration [53]. In geringer Menge sollen auch die Procyanidine B1, B2 und B5 vorhanden sein [50]. Weiterhin sind das 6′,8- und 4,8-verknüpfte Catechintrimer sowie ein 4,8-verknüpftes Catechintrimer enthalten [52]. Gallo- und Ellagitannine. Nach Hydrolyse des Tormentillgerbstoffs wurde Gallussäure nachgewiesen [55], die sich zusammen mit Ellagsäure auch in Tormentilltinktur findet [56]. Als Hauptkomponente der hydrolysierbaren Gerbstoffe wurde das dimere Ellagitannin Agrimoniin identifiziert, das zu etwa 1 % in der Droge enthalten ist [51]. Weiterhin wurden 2,3-HHDP-Glucose (HHDP = Hexahydroxydiphensäure) [57], Pedunculagin[57], Laevigatin B (= Ellagitannin MA) und Laevigatin F (= Tormentillin) isoliert. Der Gehalt an Laevigatin B beträgt 0,004 %, der an Laevigatin F 0,021 % [58] (s. → Formelschema S. 264). Phenolcarbonsäuren. Nach saurer oder basischer Hydrolyse wurden p-Cumar-, 3,4-Dihydroxybenzoe-, Gallus- und Kaffeesäure nachgewiesen [59].
Procyanidin B3
Procyanidin B6
[4,8]-2,3-trans-3,4-cis-bi-(+)-Catechin
(+)-Catechin-(4,8)-(+)-Catechin-(4,8)-(+)-Catechin
(+)-Catechin-(6′,6)-(+)-Catechin
(+)-Catechin-(6′,8)-(+)-Catechin-(4,8)-(+)-Catechin
Triterpene. Die Droge enthält Tormentosid (= Tormentol) [60], das als Glucosid der Tormentillsäure identifiziert wurde [61]-[64]. Weiterhin wurden Ursolsäure und 3-epi-Pomolsäure-28-β-D-glucopyranosylester isoliert [65]. In der älteren Literatur [66] wird das Vorkommen von Chinovasäure (C30H46O5) beschrieben; dieser Befund ist vermutlich korrekt, auch wenn aus der Elementaranalyse auf die falsche Summenformel C24H38O4 geschlossen wird. Zur Lokalisation der Triterpene bleibt anzumerken, daß der Holzteil wesentlich triterpenreicher ist als die Rinde [67].
Tormentillsäure
Ursolsäure
Chinovasäure
3-epi-Pomolsäure-28-β-D-glucopyranosylester
Fettsäuren. Im CO2-Extrakt der Wurzel wurden Laurin-, Linol-, Linolen-, Palmitin-, Palmitolein-, Pentadecan-, Stearin- und Ölsäure nachgewiesen [68].
Identitaet: Droge. Ein 1:30 mit Wasser verdünnter, methanolischer Drogenauszug (1:10) färbt sich beim Zutropfen von FeCl3-Lsg. olivgrün DAB 10. DC-Prüfung nach DAB 10: Untersuchungslsg.: Ethylacetatausschüttelung eines wäßrigen Drogenauszuges; Vergleichslsg.: Cianidanol in Methanol; Sorptionsmittel: Kieselgel G; FM: Essigsäure-Dichlormethan-Ethylacetat (20 +40+40), Zweifachentwicklung im gleichen FM; Detektion: Besprühen mit Echtblausalz-B-Lsg., anschließend Bedampfen mit NH3, wobei rotbraune Zonen entstehen, Auswertung im Vis; Auswertung: Im Chromatogramm von Vergleichs- und Untersuchungslsg. in der oberen Hälfte die starke Cianidanolzone (= Catechinzone); darunter im Chromatogramm der Untersuchungslsg. eine etwas schwächer ausgeprägte Zone; in der unteren Chromatogrammhälfte eine weitere intensiv rotbraune Zone; im unteren Drittel können einige schwache Zonen vorhanden sein. Zubereitung. Die mit Ethanol 98 % (V/V) 1:200 verdünnte Tormentilltinktur färbt sich beim Zutropfen von FeCl 3-Lsg. und Umschütteln grün DAB 10. DC-Prüfung von Tormentilltinktur nach DAB 10: Untersuchungslsg.: Die unverdünnte Tinktur; Vergleichslsg. und FM: s. → Droge; Sorptionsmittel: Kieselgel GF254; Detektion: Besprühen mit Echtblausalz-B-Lsg. und anschl. mit 0,1 N NaOH-Lsg., Auswertung im Vis; Auswertung: Im Chromatogramm von Vergleichslsg. und Tinktur in der oberen Hälfte die intensiv rotbraune Cianidanolzone (= Catechinzone); im Chromatogramm der Tinktur wenig darunter bis zu 2 deutlich schwächer ausgebildete Zonen, in der unteren Hälfte mind. eine weitere, intensiv rotbraune Zone und im unteren Drittel eventuell noch einige schwache Zonen.
Reinheit: Droge. Fremde Bestandteile: Höchstens 3 % Wurzel- und Stengelanteile sowie Rhizome mit schwarzem Bruch und höchst. 2 % sonstige fremde Bestandteile DAB 10. Trocknungsverlust: Höchst. 10 % DAB 10. Asche: Höchst. 5 % DAB 10. Zubereitung. Tormentilltinktur: Ethanolgehalt: 64 bis 69 % PhEur 5. Methanol, Isopropanol: Muß den Anforderungen für Tinkturen DAB 10 entsprechen. Trockenrückstand: Mind. 5 % DAB 10.
Gehalt: Droge. Gerbstoffgehalt mindestens 15 % DAB 10. Zubereitung Tormentilltinktur muß mindestens 2 % Gerbstoffe enthalten DAB 10.
Gehaltsbestimmung: Droge. Die Bestimmung des Gerbstoffgehaltes erfolgt nach der Hautpulvermethode DAB 10. Zur Hautpulvermethode s. → Krameria. Quantitative Best. der hydrolysierbaren Gerbstoffe mittels HPLC: Vorsäule: Nucleosil RP-18, 7 × 40 mm, 10 μm; Säule: Nucleosil RP-18, 4 × 200 mm, 5 μm; Mobile Phase: 0,01 M H3PO4/0,01 M KH2PO4/MeOH-CH3CN/THF (32,5+32,5+19,9+3,6+ 11,5); Flußrate: 0,6 mL/min; Detektion: UV 254 bzw. 280 nm. Nähere Angaben s. Lit. [69], [70]. Eine permanganometrische Methode zur Gehaltsbest. in Tormentillae rhizoma s. Lit. [71] , zur photometrischen Gehaltsbest. von Gerbstoffdrogen s. Lit. [72]. Zubereitung.Die Bestimmung des Gerbstoffgehaltes von Tormentilltinktur erfolgt nach der Hautpulvermethode DAB 10 (s. → Droge).
Stabilität: Untersuchungen ergaben, daß bei geschnitten aufbewahrter Droge innerhalb von zwei Jahren keine Veränderungen im Gerbstoffgehalt auftraten. Bei Pulverdroge war ein leichter Rückgang des Gerbstoffgehaltes ab dem 10. Lagerungsmonat feststellbar, der aber nach 2 Jahren lediglich 4 % betrug. Der Gerbstoffgehalt von Tinkturen war innerhalb von 2 Jahren ebenfalls praktisch konstant [42].
Lagerung: Droge. Vor Licht geschützt DAB 10. Zubereitung. Tormentilltinktur: Dicht verschlossen, vor Licht geschützt DAB 10.
Zubereitungen: Tormentillae tinctura (Tormentilltinktur) DAB 10: Herstellung aus 1 T zerkleinertem Tormentillwurzelstock und 5 T Ethanol 70 % (V/V) nach dem für Tinkturen DAB 10 beschriebenen Verfahren der Perkolation. Eigenschaften: Tormentilltinktur ist eine rote bis rotbraune, fast geruchlose Flüssigkeit.
Gesetzliche Bestimmungen: Aufbereitungsmonographie der Kommission E am BGA „Tormentillae rhizoma (Tormentillwurzelstock)“ [80].
Wirkungen: Adstringierende Wirkung. Die Droge wirkt aufgrund des hohen Gerbstoffgehaltes stark adstringierend. Zur adstringierenden Potenz der einzelnen Ellagitannine s. Lit. [73] Antimikrobielle Wirkung. Ein aus der Droge isolierter wasserlöslicher Tanninkomplex, der Gerbstoff, Zucker und Triterpene enthielt, verhinderte eingearbeitet in Nährmediumplatten das Wachstum folgender Bakterien vollständig in folgenden Konzentrationen: 2,5 mg/mL:Pasteurella pseudotuberculosis, Shigella boydii, Shigella flexneri, Shigella sonnei; 5mg/mL: Proteus vulgaris, Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus; 10mg/mL: Escherichia coli 055B5, E. coli0111B4,Streptococcus faecalis [74] . Die von einer russischen Arbeitsgruppen [48] publizierten bakteriziden (gegenSalmonella typhi, Shigella flexneri, Staphylococcus aureus), antiinflammatorischen und antihypertensiven Wirkungen eines Gerbstoffextraktes aus Tormenillwurzel sind nicht beurteilbar, da die Oreiginalarbeiten nicht zugänglich sind und keine Angaben zur Versuchsanordnung und zur Signifikanz der Ergebnise vorliegen. Eine allgemeine Übersicht über antimikrobielle Wirkungen gibt Lit. [75] . Die antibakterielle Wirkung eines Tannin-Tormentol-Komplexes (gewonnen aus Poterium sanguisorbaL.) beschreibt Lit. [76] Antihypertensive Wirkung. Nach p. o. Applikation von 100 mg Drogenrohextrakt (Perkolation mit Aceton-Wasser, 75+25) pro kg KG war der mittels Schwanzmanschette gemessen Blutdruck von nicht narkotisierten, spontan hypertensiven Mäusen um 5 % erniedrigt; vergleichsweise appliziertes α-Methyldopa senkte den Blutdruck um mehr als 10 % [51]. Antiallergische Wirkung. Durch i. c. Injektion von IgE-haltigem Antiovalbuminserum sensibilisierte Ratten bekamen 100 mg Drogenrohextrakt (Perkolation mit Aceton-Wasser, 75+25) pro kg KG p. o. appliziert. 15 min später wurden die Tiere i. v. mit einer Mischung von Ovalbumin und Evans Blau behandelt. Die Hemmung des resultierenden blauen Flecks betrug ca. 27 %. Eine Hemmung um mehr als 50 % zeigt eine antiallergische Aktivität an (zum Vergleich: 10 mg Promethazin/kg KG: >50 %) [51]. Immunstimulierende Wirkung. Mäusen wurden 25 mg Drogenrohextrakt (Perkolation mit Aceton-Wasser, 75+25) pro kg KG i. p. appliziert. Nach 1 h wurde ihnen Oxazolon zur Sensibilisierung auf den rasierten Bauch gegeben. Nach 7 Tagen wurde dann Oxazolon auf ein Ohr appliziert, was zu einer mittleren Erhöhung der Ohrdicke um 24 % führte. Bei einer Erhöhung um 50 % gilt eine Substanz als aktiv (z. B. 25 mg Levamisol/kg KG: >50 %) [51]. Interferoninduzierende Wirkung. Mäuse erhielten 100 mg Drogenrohextrakt (Perkolation mit Aceton-Wasser, 75+25) pro kg KG i. p. 17 h später wurden 0,05 mL einer Verdünnung von IHD-Vaccinia-Virus i. v. appliziert. Diese Konzentration erzeugt unbehandelt 12 bis 25 voneinander getrennte Läsionen am Schwanz. Hemmung dieser Läsionen am achten Tag um mehr als 50 % zeigt mögliche interferoninduzierende Aktivität. Beobachtet wurde jedoch lediglich eine Hemmung der Läsionen um ca. 28 % (zum Vergleich: 100 mg Tiloron/kg KG: >50 %) [51]. Antivirale Wirkung. Bis zur Virus-Applikation wurde wie beim Interferon-Test verfahren. Die i. p. Gabe von Drogenrohextrakt (Perkolation mit Aceton-Wasser, 75+25) wurde danach aber an 5 aufeinanderfolgenden Tagen fortgesetzt. Bei einer Dosierung von 50 mg/kg KG wurde am achten Tag eine Hemmung der Läsionen um 28 % erreicht. Erst eine Hemmung von mehr als 50 % zeigt antivirale Aktivität an (z. B. 100 mg Amantadin/kg KG: >50 %) [51]. Ein Drogendecoct (1:10; 0,02 mL) erwies sich im Plaquehemmungstest als virustatisch und cytotoxisch gegen Herpesvirus Hominis HVP 75 (Typ 2) und Vaccine-Virus. Cytotoxische Aktivität wurde auch gegen Influenzavirus A2 Mannheim 57 festgestellt [33]. Molluskizide Wirkung. Wäßrige bzw. methanolische Extrakte (5 g Droge/100 mL) sind noch in Konzentrationen von 400 ppm bzw. 100 ppm wirksam gegen die Posthornschnecke (Biomphalaria glabrata), Zwischenwirt des Bilharzioseerregers; als molluskizides Prinzip der Droge wurde die Gerbstofffraktion ermittelt [77]. Hypoglykämische Wirkung. Zur hypoglykämischen Wirkung von Tormentillsäure nach p. o. bzw. i. v. Applikation an gesunden, hyperglykämischen und Streptozotocin-diabetischen Ratten s. Lit. [78], [79].
Unspezifische, akute Durchfallerkrankungen; leichte Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum (Gingivitiden und Stomatitiden), Prothesendruckstellen [80], [81].
Mittlere Tagesdosis 4 bis 6 g Droge, Zubereitungen entsprechend [80]. Zerkleinerte Droge für Abkochungen und Aufgüsse sowie andere galenische Zubereitungen zum Einnehmen und zur lokalen Anwendung [80]. Teebereitung: 3 bis 4 g Droge (= 1 gehäufter Teelöffel) mit kochendem Wasser übergießen, 10 min am Sieden halten und abseihen. Bei Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum mehrmals täglich mit lauwarmem Teeaufguß spülen, bei Durchfall 2- bis 3mal täglich zwischen den Mahlzeiten eine Tasse frisch bereiteten Teeaufguß trinken[81]. Tormentilltinktur: 10 bis 20 Tr. auf ein Glas Wasser, mehrmals täglich zum Spülen der Mund- und Rachenschleimhaut [80].
Bei empfindlichen Patienten gelegentlich Magenbeschwerden und Erbrechen [80].
Keine bekannt [80].
Keine bekannt [80].
Volksmedizinisch als Spül- und Gurgelmittel bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum, zu Bädern und Umschlägen bei schlecht heilenden Wunden, Erfrierungen, Verbrennungen und Hämorrhoiden; innerlich bei Magenbeschwerden und Durchfall. Die Anwendung bei Erkältung, Monatsbeschwerden, Gonorrhoe, Gelbsucht, Leber- und Lungenleiden entbehrt jeder Grundlage und ist abzulehnen [82], [83].
Acute Toxizität:
Tier. Nach Applikation eines Drogenrohextraktes an Mäuse (300 mg/kg KG p. o. bzw. 200 mg/kg KG i. p.) konnten innerhalb von 72 h keine toxischen Symptome festgestellt werden [51]. Infundiert man Meerschweinchen durch die Vena jugularis fortlaufend (0,5 mL/min) einen 4 %igen Drogendecoct, tritt der systolische Herztod ein. Aus 1 g Droge wurden 2,3 MSE (= Meerschweincheneinheiten) wirksamer Substanz gewonnen [28].
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15.08.2010