Frauke Gaedcke
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G Glechoma
D Glechoma hederacea hom. HAB 34
D Glechoma hederacea hom. HPUS 88
D Glechomae hederaceae herba (Gundelrebenkraut)
Herba Hederae terrestris
dt.:Erdefeukraut, Gundermannkraut; Gill herb, Ground Ivy herb; Herbe de Lierre terrestre, Herbe de terrêtre; Edera terrestra erba; Yerba de Hiedra Terrestre.
Lierre terrestre – PF VII; Gundelrebenkraut – DAC 86; Herba Hederae terrestris – EB 6; Nepeta Hederacea – BHP 83
Das blühende Kraut PF VII; die während der Blüte gesammelten und getrockneten oberirdischen Teile DAC 86; die getrockneten, während der Blütezeit (von April bis Juni) gesammelten, oberirdischen Teile EB 6, die getrockneten oberirdischen Teile BHP 83;
Stammpflanzen: Glechoma hederacea L.
Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen; Hauptsächlich Südosteuropa (Bulgarien, Rumänien, ehemaliges Jugoslawien, Türkei).
Gewinnung: Luftgetrocknet im Schatten, um Verluste an ätherischem Öl gering zu halten.
Schnittdroge: Geschmack. Bitter, etwas kratzend. Geruch. Schwach, würzig. Aussehen. Blattstücke dünn, zerbrechlich, gefaltet und geschrumpft; oberseits dunkelgrün, unterseits hellgrün mit grob gekerbtem Rand; handnervig, zerstreut behaart und durch Lamiaceen-Drüsenschuppen punktiert. Zahlreiche, vierkantige, hohle Stengelstücke, grün, oft violett überlaufen; selten blauviolette Lippenblüten [2].
Mikroskopisches Bild: Das bifaciale Blatt zeigt im Querschnitt ein ein- bis zweireihiges Palisadenparenchym. In Aufsicht besitzen die Epidermiszellen welligbuchtige Seitenwände. Auf der Blattunterseite sind diacytische Spaltöffnungsapparate und zahlreiche große Lamiaceen-Drüsenschuppen mit 8 Exkretzellen. Beide Blattseiten weisen Drüsenhaare mit kurzem einzelligem Stiel und ein- bis zweizelligem Köpfchen auf. Kurze, eckzahnförmige Haare, häufig mit Cuticularwarzen, finden sich vor allem am Blattrand. Besonders über den Leitbündeln sitzen drei- bis sechszellige, dickwandige, glatte Gliederhaare (100 bis 200 μm lang), häufig mit vergrößerter Basalzelle. Auf der Epidermis des Stengels finden sich verschiedene Haartypen, vor allem Eckzahnhaare und kurz gestielte Drüsenhaare. Das Kronblatt weist außer den beschriebenen Gliederhaaren 300 bis 400 μm lange, fingerförmige dünne Haare mit Cuticularwarzen auf. Die Pollenkörner sind etwa 25 μm groß, glatt und mit 6 schlitzartigen Austrittsstellen versehen [29].
Pulverdroge: Mikroskopisches Bild. Graugrünes Pulver mit zahlreichen Blattfragmenten. Epidermiszellen wellig-buchtig, die Blattunterseite mit zahlreichen Lamiaceen-Drüsenschuppen und diacytischen Spaltöffnungsapparaten. Beide Blattseiten mit kurzgestielten Drüsenhaaren mit ein- bis zweizelligen Köpfchen, kurze, dicke Eckzahnhaare und drei- bis sechszellige, dickwandige, glatte Gliederhaare. Daneben auch Bruchstücke von Stengelteilen und sehr vereinzelt Blütenreste [29].
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl. Die frische Pflanze weist bis zu 0,03 % grünes, die getrocknete Pflanze bis zu 0,06 % dunkelbraunes ätherisches Öl auf [3], [26]. Es enthält als Hauptkomponente Monoterpen-Ketone [(–)-Pinocamphon, (–)-Menthon, (+)-Pulegon]; [4] weiterhin eine Vielzahl von Mono- und Sesquiterpenen [4], [5], darunter je nach Herkunft und Erntezeit hauptsächlich Germacren D (19,4 %), Germacren B (13,9 %), cis-Ocimen (9,2 %), β-Elemen (8,9 %), 1,8-Cineol (6,2 %), α-Pinen (3,7 %), Myrcen (3,4 %), β-Pinen (2,9 %). Weitere Sesquiterpenoide. Glechomafuran, Glechomanolid [6].
Glechomafuran
Glechomanolid
Zimtsäurederivate. Rosmarinsäure: 1,48 % im Blatt, 0,10 % im Stengel; [7] der Gehalt nimmt stark ab, wenn das Kraut bei Temperaturen über 50 °C getrocknet wird [7]. Kaffeesäure, Ferulasäure und Sinapinsäure [8]. Flavonoide. Neben Cymarosid, Cosmosyin (= Apigenin-7-glucosid) und Luteolin-7-diglucosid wurden die Quercetinglykoside Hyperosid und Isoquercitrin nachgewiesen [9]. Triterpencarbonsäuren. α- und β-Ursolsäure, 2α- und 2β-Hydroxyursolsäure, Oleanolsäure [10], [11], [12]. Hydroxyfettsäuren. 9-Hydroxy-10-trans,12-cis-octadecadiensäure[13].
9-Hydroxy-10-trans,12- cis-octadecadiensäure
Identitaet: Prüfung auf phenolische Hydroxylgruppen mit Eisen(III)chloridlsg. DAC 86. DC des ätherischen ÖlesDAC 86: Aufarbeitung: Extraktion des ätherischen Öles mit n-Hexan; Referenzsubstanzen: Brenzcatechin (I), Menthol (II), Guajazulen (III); Sorptionsmittel: Kieselgel 60 (Fertigplatten); Fließmittel: Toluol-Ethylacetat (80+20) (Kammersättigung); Detektion: Besprühen mit Anisaldehydlösung und Erhitzen auf 100 bis 105 °C, Auswertung im Vis; Auswertung: Im Chromatogramm des aufbereiteten ätherischen Öles ist unterhalb und oberhalb der Referenzsubstanz I eine violette Zone erkennbar. In Höhe der Referenzsubstanz II treten eine blauviolette Zone, oberhalb eine violette und 3 grüne Zonen auf; oberhalb der Referenzsubstanz III zeigt sich eine intensiv violette Zone.
Reinheit: Fremde Bestandteile: Höchstens 2 % DAC 86. Asche: Höchstens 13 % DAC 86; höchstens 10 %EB 6. Trocknungsverlust: Höchstens 10 % DAC 86.
Gehalt: Mindestens 1,3 % mit Hautpulver fällbare Polyphenole, berechnet als Pyrogallol DAC 86.
Gehaltsbestimmung: Zur Bestimmung der Gerbstoffe wird nach DAC 86 die Hautpulvermethode (Bindung der Gerbstoffe an getrocknete, geraspelte Haut) kombiniert mit einer photometrischen Bestimmung der Polyphenole [Reduktion von Wolframatophosphorsäure (Folins Reagenz) zu Polywolframaten] eingesetzt. Als Referenzsubstanz wird Pyrogallol verwendet. Der mit siedendem Wasser hergestellte Gerbstoffextrakt wird nach dem Filtrieren geteilt. In einem aliquoten Teil des Filtrats wird der Gesamtgehalt an Polyphenolen bestimmt. In einem weiteren aliquoten Teil des Filtrats werden die Gerbstoffe durch Hautpulver adsorbiert. Nach Abtrennen des gegerbten Hautpulvers werden die in der Lösung verbliebenen Polyphenole ebenfalls mit Folins Reagenz bestimmt. Aus der Differenz zwischen den beiden photometrisch ermittelten Absorptionen ergibt sich der Gehalt der an Hautpulver gebundenen Polyphenole (Gerbstoffe) [14].
Lagerung: Vor Licht geschützt DAC 86.
Zubereitungen: Fluidextrakt 1:1 in 25 % Ethanol BHP 83.
Verwendung: Das im Frühling gesammelte Kraut wird für Suppen verwendet oder spinatartig zubereitet [26].
Gesetzliche Bestimmungen: Wenig giftig (+) [30].
Wirkungen: Die Droge soll antiinflammatorisch wirken; die Wirkung soll auf dem Triterpen-Gehalt (Ursol- und Oleanolsäure) der Droge beruhen [21]. Exp. Belege hierzu liegen nicht vor.
Die Droge wird in der Volksheilkunde bei Magen-Darmkatarrhen verwendet [16], [26]. Bei Durchfall wird sie als Antidiarrhoicum eingesetzt [26]. Ferner findet die Droge bei leichten Erkrankungen der oberen Bronchien Verwendung und wird zur symptomatischen Behandlung von Husten eingesetzt [17]. Die Beliebtheit vonG. hederacea als Hustenmittel ist jedoch kaum begründet [18]. Weiter wird die Droge als Diuretikum bei Blasen- und Nierensteinen angewendet [16], [26]. Äußerlich werden Preßsaft oder Aufguß zum Waschen schlecht heilender Wunden und Geschwüre und anderer Hautkrankheiten (sogar Psoriasis) verwendet [16], [19]. In der chinesischen Medizin wird Glechomae hederaceae herba zur Normalisierung bei ungleichmäßiger Menstruation eingesetzt [20]. In Italien werden die Blätter bei Arthritis und Rheuma verwendet [21]. Die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungsgebieten konnte bis jetzt nicht belegt werden. Gebräuchliche Einzeldosis der getrockneten Droge: Innerlich: 2 bis 4 g; [28] 2 g [15]. Äußerlich: Bei Rheuma und Arthritis werden die gerebelten Blätter auf die betroffenen Körperstellen aufgelegt [21]. 2 bis 4 mL Fluidextrakt (1:1) [28].
Acute Toxizität:
Mensch. Vergiftungen beim Menschen sind nicht bekannt [30].
Tier. Besonders bei Pferden wurden Vergiftungserscheinungen (gespreizte Stellung, röchelnde Atmung, Schweiß, Speichelfluß, pochender Herzschlag, Ausfluß aus der Nase) festgestellt [22], [30]. Mäuse sterben nach 3 bis 4 Tagen, wenn sie ausschließlich mit der Droge gefüttert werden [23].
Mutagen: Ein wäßriger Extrakt aus getrocknetem Glechomae hederaceae herba (50 g Droge wurden mit 300 mL Wasser bei 40 °C extrahiert und der Extrakt getrocknet; die Testlösung enthielt 100 mg Trockenextrakt/mL Wasser) zeigt weder im Rec-Test mit zwei Bacillus-subtilis-Stämmen, noch im Ames-Test mit zwei Salmonella-typhimurium-Stämmen eine mutagene Wirkung [24]. Ein methanolischer Extrakt (50 g getrocknete Droge wurden mit 300 mL Methanol bei 40 °C extrahiert und der Extrakt getrocknet; die Testlösung enthielt 100 mg Trockenextrakt/mL DMSO) zeigt im Rec-Test schwach mutagene Wirkung, die jedoch nicht im Ames-Test bestätigt wird [24].
Therapie: Kohle-Pulver nach Verschlucken. Nach Aufnahme großer Mengen kann eine Magenspülung in der Klinik und anschließende Kohlegabe erforderlich sein [30].
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26. Heg, Bd. V, Teil 4, S. 2.372–2.377
27. FEu, Bd. 3, S. 161
28. BHP 83
29. DAC 86
30. RoD
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15.08.2010