Wolfgang Kreis
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A Eschscholzia californica CHAM.
D Eschscholtzia californica hom. HPUS 88
D Eschscholtzia californica hom. PF X
Herba Eschscholtziae; Herba Eschscholziae
dt.:Eschscholzienkraut, Kalifornisches Mohnkraut; California poppy leaves; Herbe de globe du soleil; holl.:Knipmutjekruid, Slapmutjekruid.
Die zur Blütezeit gesammelten und getrockneten oberirdischen Teile.
Stammpflanzen: Eschscholzia californica CHAM.
Herkunft: Wildsammlung in Kalifornien, Neu-Mexiko; Anbau in Frankreich.
Schnittdroge: Aussehen. Stengelanteile dominierend, Stengel hohl, mit 8 bis 12 weißlichen oder gelblichen Kollenchymrippen. Gelbe bis orange Blüten, manchmal mit anhaftender Calyptra. Die graugrünen, stark gefiederten Blätter zerfallen leicht.
Mikroskopisches Bild: Beim Blatt Spaltöffnungen auf Ober- und Unterseite gleichmäßig verteilt. Schließzellen bisweilen mit polygonalem Umriß. Äquifacialer Blattaufbau, das obere Palisadengewebe aus 3 Reihen ziemlich gleichmäßiger Zellen; die Blütenstiele mit deutlichem Assimilationsgewebe; nur die jungen Stengel mit zahlreichen Milchsaftschläuchen [1].
Inhaltsstoffe: Das Kraut enthält etwa 0,29 bis 0,38 % Alkaloide; [2], [9] dabei stellt die quartäre Base Californidinmit 0,19 bis 0,23 % das Hauptalkaloid dar [2], [14]. Weiterhin 0,14 bis 0,15 % tertiäre nichtphenolische Basen, darunter jeweils 0,02 bis 0,03 % Allocryptopin, Protopin (= Macleyin = Fumarin = Biflorin) und Escholzin (= Eschschol(t)zin = Californin), das nur in den oberirdischen Teilen vorkommt. In geringen Mengen treten die Aporphine N-Methyllaurotetanin (= Lauroscholtzin), Corydin, Isocorydin sowie die quartären Benzophenanthridine Sanguinarin (= Pseudochelerythrin) und Chelerythrin (= Toddalin) auf, begleitet von Chelirubin, Macarpin und Chelilutin. In sehr geringen Mengen sind die Pavinane Caryachin, Isonorargemonin, Norargemonin und Bisnorargemonin und schließlich in Spuren Berberin, Coptsin und Corysamin vorhanden [2], [15].
Californidin
Pavinan-Typ
Aporphin-Typ
Identitaet: Die nach Extraktion und Fraktionierung gewonnenen Alkaloidpräparationen [9] wurden dünnschichtchromatographisch an Kieselgel G 60 in 15 verschiedenen Fließmittelsystemen getrennt [2]. Die Auswertungn der DC erfolgt bei UV 365 nm und nach Besprühen mit Iod-Platin-Reagenz oder Dragendorff-Reagenz[9], [16]. Zur DC der Protopin- und Benzophenanthridinalkaloide aus Eschscholzia-Extrakten wurden folgende Systeme vorgeschlagen: BuOH, ges. mit Wasser; Tetrachlorkohlenstoff-Chloroform-Benzol (4+2+1); Chloroform-Benzol-MeOH-Formamid (40+50+10+ 0,5) [17], [18]. Auch die DC-Methode zur Analyse der Urtinktur von Eschscholtzia californica hom. PF X könnte zur Identitätsprüfung von Extrakten verwendet werden.
Zubereitungen: Extractum Eschscholziae (Kalifornischer Mohnextrakt), Fluidextrakt nach den Bestimmungen desDAB 10.
Verwendung: Wird gelegentlich als Ersatzdroge für Marihuana verwendet [31]. In verschiedenen Farbvarianten als Zier- und Rabattenpflanze.
Gesetzliche Bestimmungen: Aufbereitungsmonographie der Kommission E beim BGA „Kalifornischer Goldmohn (Stoffcharakteristik)“ [35]. Giftig (+) [31], [34].
Wirkungen: Verlängerung des Barbituratschlafes. Aus einem Heißwasserauszug gewonnener Trockenextrakt (1 g entspr. 9,7 g getrockneter Droge) bewirkt bei Mäusen in Dosen über 100 mg/kg KG i. p. nach einer infrahypnotischen Gabe von 25 mg/kg KG i. p. Pentobarbital eine Schlafinduktion [19]. Nach i. p. Gabe einer Zubereitung, die aus der Tinktur der Droge (1:5 in 62 % (m/m) EtOH-Wasser) gewonnen wurde (entspr. 130 mg Droge/kg KG), verlängerte sich der 10 min später durch 50 mg/kg KG i. p. Pentobarbital ausgelöste Barbituralschlaf um 81 % [26]. Sedative Wirkung. Mit einem Trockenextrakt der Droge, angefertigt aus einem Heißwasserauszug (1 g entspr. 9,7 g getrockneter Droge), wurde bei Mäusen im Stair-Case-Test und weiteren Tests eine sedative ED50von 254 mg/kg KG i. p. ermittelt [19]. Anxiolytische Wirkung. Mit der gleichen Zubereitung konnte bei Mäusen in verschiedenen Konflikt-Tests in Dosen um 25 mg/kg KG i. p. ein angstlösender Effekt erzielt werden. Als Bezusgssubstanz diente Clorazepat 1 bis 5 mg/kg KG [19]. Spasmolytische Wirkung. Am isolierten Ratten-Jejunum verhinderte die Gabe einer von Ethanol befreiten Tinktur der Droge (entspr. 1,75 mg Droge/mL) die BaCl2-induzierte Kontraktion der glatten Muskulatur [26].
Die Droge wird selten verordnet, ist jedoch Bestandteil einiger Fertigarzneimittel, jeweils in Kombination mit pflanzlichen Sedativa. Zubereitungen werden zur Behandlung von Schlafstörungen, Schmerzen, nervöser Übererregbarkeit, Neuropathien und Enuresis nocturna bei Kindern eingesetzt. Verwendung auch bei Gallen- und Lebererkrankungen. In Amerika werden Zubereitungen der Droge in der Kinderpraxis bei Schlafstörungen verordnet; in Frankreich bei Nervosität [19]. Die Wirksamkeit der Droge und ihrer Zubereitungen bei den bisher genannten Anwendungsgebieten scheint außer für die Behandlung von Schmerzen plausibel, ist aber weder durch klinische Studien noch durch hinreichend dokumentiertes Erfahrungsmaterial belegt. Bei den Indianern Kaliforniens wird ein Decoct der Goldmohnblüten äußerlich gegen Kopfläuse angewandet. Um Kinder zum Einschlafen zu bringen, werden 1 bis 2 Blüten unter das Bett gelegt; [20] diese Anwendungen sind wenig plausibel. Die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungsgebieten ist gegenwärtig nicht belegt; die therapeutische Anwendung wird nicht befürwortet [35]. Teebereitung: 2 g auf 150 mL Wasser [32]. Fluidextrakt. Einzeldosis 1 bis 2 mL [33].
Acute Toxizität:
Tier. Heißwasser-Extrakte, die Mäusen i. p. oder p. o. verabreicht wurden, zeigten bei einmaliger Gabe bis zu 8 g/kg KG keine toxischen Effekte [19].
Mutagen:
Reproduktion: Indianerfrauen meiden Pflanzen und Präparationen während Schwangerschaft und Stillzeit [20]. Ein toxischer Effekt ist jedoch nicht belegt.
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15.08.2010