Josef Kraus
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D Pulmonaria officinalis hom. HAB 1
D Pulmonariae herba (Lungenkraut)
Herba pulmonariae
dt.:Arzneilungenkraut, Boxkraut, Fleckenkraut, Frauenmilchkraut, Luchslungenkraut, Lungenkraut; Lungwort leaves, Shop lungwort; Herbe de pulmonaire officinale; Hojas de pulmonaria; port.:Folhas de pulmonaria.
Pulmonariae herba – DAB 2005; Pulmonaria – BHP 83
Das ganze oder geschnittene, getrocknete Kraut DAB 10; Die getrockneten Blätter BHP 83.
Stammpflanzen: Pulmonaria officinalis L.
Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen; Hauptlieferländer sind die ehemalige Tschechoslowakei, Rumänien, Ungarn, das ehemalige Jugoslawien und Bulgarien.
Gewinnung: Trocknung erfolgt an der Luft.
Ganzdroge: Aussehen. Besteht aus Stengeln, Blättern, Blüten und Rosettenblättern. Stengel 10 bis 15 cm lang, kantig, borstig oder weich behaart. Die grundständigen Blätter 6 bis 10 cm lang, 3 bis 5 cm breit, wenig geschrumpft, lang gestielt, eiförmig-lanzettlich, am Grund abgerundet oder am Blattstiel herablaufend, ganzrandig oder kleinzähnig. Blätter der Blütenstengel kleiner, stark geschrumpft, teils sitzend, teils kurz gestielt oder am Stengel herablaufend, spatelförmig oder länglich eiförmig, ganzrandig. Alle Blätter borstig behaart, oft hell gefleckt. Hauptnerven an der Unterseite deutlich hervorgetreten, Seitennerven kaum sichtbar. An der Spitze des meist zweigeteilten Stengels stehen die kurzgestielten, doldenartig angeordneten, mißfarbig rötlichen Blüten mit röhrig-glockigem, fünfzipfeligem Kelch DAB 10
Schnittdroge: Geschmack. Etwas schleimig. Geruch. Heuartig, nicht charakteristisch. Aussehen. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch die meist quadratisch geschnittenen, teils einzelnen, teils mehrschichtig übereinanderliegenden, ovalen, knäuelig eingerollten, borstig behaarten, mitunter gefleckten, unterseits hell-, oberseits dunkelgrünen Blattstückchen, sowie durch Stengelteile mit schwarzbraunen, geschrumpften Blattstielbasen und durch ganze, braune, borstig behaarte Blütenkelche oder Teile davon DAB 10.
Mikroskopisches Bild: Das bifacial gebaute Blatt hat anisocytische Spaltöffnungen nur an der Unterseite. Kleine, helmspitzenartige Borstenhaare, einzelne in erweitertem Grund mit einem Cystolithen; große, pfriemenförmige, zugespitzte Borstenhaare, einzelne mit Cystolithen; Köpfchenhaare aus drei bis vier zylindrischen Zellen, die Endzellen kugelig oder keulenförmig; Haarnarben. Im Mesophyll oberseits eine Reihe Pallisaden, darunter ein breites Schwammparenchym aus quergestreiften, der Blattfläche parallel gestreckten Zellen DAB 10.
Pulverdroge: Aussehen. Das graugrüne Pulver ist gekennzeichnet durch die 2 mm langen, einzelligen, am Grund retortenförmig erweiterten und 150 bis 170 μm breiten, dickwandigen, allmählich sich zuspitzenden Borstenhaare, durch einzellige, weniger verdickte, spitzkegelförmige, an der Basis gegen 50 μm breite und 100 bis 200 μm lange Borstenhaare und durch Drüsenhaare mit drei- bis vierzelligem Stiel und keulenförmigem oder kugeligem Köpfchen. Fast alle Blatt-, Blüten- und Stengelteile haben diese Haarbildungen. Blattbruchstückchen zeigen derbwandige, z. T. getüpfelte, oberseits etwas buchtige, unterseits wellig zackige Epidermiszellen. Pollenkörner ca. 35 μm groß, kurz walzenförmig, glatt und mit fünf in Richtung der Längsachse angeordneten Austrittsstellen versehen. Die Endotheziumzellen sind spiralfaserig oder sternartig verdickt DAB 10 und EB 6
Verfälschungen/Verwechslungen: Blätter von P. mollis WOLFF. Mikroskopisch läßt sich eine Verunreinigung mitP. mollis anhand der zahlreichen drei- bis vierzelligen Drüsenhaare mit kugeliger bis keulenförmiger Endzelle nachweisen. Wegen der Nomenklatur-Problematik und der großen Ähnlichkeit mit P. officinalis ist damit zu rechnen, daß auch P. obscura zur Gewinnung der Droge verwendet wird.
Minderqualitäten: Drogen mit hohem Stengelanteil, da geringerer Gehalt an Allantoin und Kieselsäure.
Inhaltsstoffe: Kohlenhydrate. Fructane und Schleimpolysaccharide, hauptsächlich zusammengesetzt aus Polygalacturonanen, Arabinogalactanen und Rhamnogalacturonanen [3], [19]. Flavonoide. 0,28 bis 0,56 %, insbesondere O-Glykoside des Kämpferols und Quercetins [5], [6]. Gerbstoffe. Bis 4 % Catechingerbstoffe und bis 2 % Gallotannine [12]. Mineralsubstanzen. 13 bis 15 %, darunter > 2,5 % lösliche Kieselsäure; [4], [18]Akkumulation von Fe, P, Mn und Cu [14]. Stickstoffhaltige Verbindungen. 1 bis 1,2 % Allantoin [13]. Andere Inhaltsstoffe. 0,84 % Rohsaponin [4]. 3 bis 4 % Ascorbinsäure [9], [10], [11]. Chlorogensäure und Rosmarinsäure[15].
Identitaet: Identitätsprüfung mittels DC DAB 10: Untersuchungslösung: Methanolischer Extrakt; Referenzsubstanzen: Chlorogensäure, Kaffeesäure; Sorptionsmittel: Kieselgel G; FM: Ethylacetat-wasserfreie Ameisensäure-Wasser (84+8+8); Entwicklung: Einmal, 10 cm; Detektion: 1 %ige Lösung von Diphenylboryloxyethylamin in Methanol, anschließend fünfprozentige Lösung von Macrogol 400 in Methanol; Auswertung: Die Auswertung erfolgt im UV bei 365 nm. Im oberen Drittel des Chromatogramms der Untersuchungslösung erscheint die hellblau bis türkis fluoreszierende Zone der Rosmarinsäure, die auf der Höhe der hellblau fluoreszierenden Zone der Kaffeesäure der Referenzlösung liegt. Etwas schwächer ausgeprägt ist die in der unteren Hälfte befindliche hellblau fluoreszierende Zone der Chlorogensäure, die in der Lage mit der Chlorogensäure der Referenzlösung übereinstimmt. Etwas oberhalb der Chlorogensäure-Zone ist eine gelbbraun fluoreszierende Zone zu sehen. Zwischen dieser Zone und der Rosmarinsäure-Zone liegen einige schwächere, meist hellblau oder grünlich fluoreszierende Zonen. Da sich das Chromatogramm von P. mollis im Muster an Zonen von dem im DAB 10beschriebenen Muster für P. officinalis unterscheidet, ist die DC-Methode zur Prüfung auf Verfälschung durchP. mollis geeignet.
Reinheit: Fremde Bestandteile: Höchstens 2 % DAB 10. Trocknungsverlust: Höchstens 10 % DAB 10. Asche: Höchstens 20 % DAB 10; höchstens 15 % BHP 83.
Lagerung: Vor Licht geschützt DAB 10.
Zubereitungen: Fluidextrakt BHP 83. Die Herstellung erfolgt mit 1 Teil Droge und 1 Teil Alkohol 25 %.
Verwendung: Frische, junge Blätter als Frühjahrsgemüse zu Salaten.
Gesetzliche Bestimmungen: Aufbereitungsmonographie der Kommission E am BGA „Pulmonariae herba (Lungenkraut)“ [16].
Bei Erkrankungen und Beschwerden der Atemwege [16]. Bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes sowie der Niere und ableitenden Harnwege [16], [17], [18]. Zur Wundbehandlung [17]. Die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungen ist gegenwärtig nicht ausreichend belegt. Die Droge wird meist als Tee angewendet. Zur Teezubereitung werden 1,5 g (ca. zwei Teelöffel) feingeschnittene Droge mit 250 mL kaltem Wasser angesetzt und kurz aufgekocht oder mit kochendem Wasser übergossen und nach 5 bis 10 min. durch ein Teesieb gegeben. Mehrmals täglich eine Tasse Tee schluckweise trinken. Zur Anwendung des Fluidextraktes werden dreimal täglich 2 bis 4 mL empfohlen BHP 83.
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24.01.2013