Hyssopus

Hyssopi herba

Verfasser

C. Winter

Übersicht

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Gliederung

G Hyssopus

A Hyssopus officinalis L.

D Hyssopi aetherolum

D Hyssopi herba

Synonyme

Herba Hyssopi.

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Ispenkraut, Josefskraut, Weinespenkraut, Ysopkraut.

Offizinell

Hysope PF X, Hyssopi cacumina florentia Portug 35, Herba Hyssopi EB 6, Hyssopus BHP 83.

Definition der Droge

Die getrockneten, während der Blütezeit (Juli bis August) gesammelten oberirdischen Teile EB 6, PF X, BHP 83.

Stammpflanzen: Hyssopus officinalis L.

Herkunft: Hauptlieferländer Spanien, Frankreich, Italien, ehemals zu Jugoslawien gehörende Gebiete, Ungarn, Tschechien, Slawonien sowie die ehemaligen Sowjetrepubliken. In Deutschland kaum mehr feldmäßig angebaut [4].

Gewinnung: Anbau mehrjährig auf kalkhaltigem, humosem, trockenem Boden in sonniger Lage. Drillsaat im Laufe des April und Mai. Ertrag an Trocken (Handels-)ware 14 dt/ha Rebelware, 30 dt/ha Krautware. Zu Beginn der Blüte (im Laufe Juni und Juli) werden die Triebe eine Handbreit unter den Rispen abgeschnitten [4], [5]. Trocknung und Aufbereitung des frischgeernteten Krautes bei max. 40 °C und Abrebelung des darrgetrockneten Krautes in besonderen Rebelmaschinen [4]. Aufbewahrung in luft- und lichtdicht schließenden Behältern [5]. Verpackung in Jutesäcken mit Polyethyleneinlage von 25 bis 30 kg netto [4].

Handelssorten: Ysopkraut mit Blüten (Herba Hyssopi cum flore), Ysopzweigspitzen (Summitates Hyssopi cum flore), Ysopblätter mit Blüten (Folia Hyssopi cum flore) [4].

Ganzdroge: Besteht aus Stengeln, Blättern und Blüten (s. Botanische Beschreibung der Art Hyssopusofficinalis.

Schnittdroge: Geruch. Ysopkraut riecht würzig, campherartig. Geschmack. Würzig bitter. Makroskopische Beschreibung. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch die grünen, meist tiefblauviolett angelaufenen, gleichmäßig fünfzipfeligen, röhrigen Kelche, aus denen von den zusammengeschrumpften, tiefblauen Blüten nur die langen Staubblätter oder der Griffel herausragen; durch die hellgrünen, schmal-länglichen, beidseits drüsigen, am Rand stark zur Unterseite eingerollten Blattstückchen und durch die zahlreichen hellgrünen, vierkantigen, flaumhaarigen Stengelstücke.

Mikroskopisches Bild: Mikroskopisch finden sich Spaltöffnungen in beiden Blattepidermen. Charakteristisch sind die Nebenzellen der Spaltöffnungen. Gewöhnlich umlagert je eine Zelle die beiden Pole der Spaltöffnung, so daß diese mit ihren Breitseiten aufgehängt erscheint. Ausnahmsweise treten auch 3 oder 4 Zellen um eine Spaltöffnung auf. Auf beiden Seiten des Blattes finden sich tief eingesenkte Lamiaceendrüsenschuppen mit vielzelligem Kopf, Köpfchenhaare mit ein- bis zweizelligem Kopf, ferner kurze, einzellige, starkwarzige Zahnhaare, zwei- und dreizellige gebogene Gliederhaare und vier- bis sechszellige spitz endende Gliederhaare, deren Basalzelle stark verdickt ist. In den Epidermiszellen sind reichlich stark lichtbrechende Sphärokristalle zu finden, während im Mesophyll keine Kristalle vorkommen [6].

Pulverdroge: Das Pulver ist graugrün. Es ist gekennzeichnet durch Blattfragmente, auf denen Lamiaceendrüsenschuppen mit meist 8 sezernierenden Zellen zu erkennen sind. Die unter Schnittdroge beschriebenen Haarformen finden sich teils im Verbund mit der Epidermis, teils als Bruchstücke im Pulver. In den Epidermiszellen sind sehr reichlich stark lichtbrechende Sphärokristalle von Diosmin zu finden. Die Blütenteile zeigen dieselben Haarbildungen wie die Blattstückchen. An den Kronblattzipfeln finden sich kurze, cuticular gestreifte, kegelförmige Papillen. Die Pollenkörner sind bis 45 μm groß, mit feingekörnter Exine und 6 Austrittstellen[6].

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl. Die frischen Blätter, Stengel und Blüten enthalten 0,03 bis 0,16 % ätherisches Öl [7]. Anderen Angaben zufolge enthält das Kraut 0,3 bis 1 % ätherisches Öl [6], die frischen Blätter 0,07 bis 0,3 % [8]. Das Öl der Blüten und Blätter weist als Hauptkomponenten das bicyclische, sauerstoffhaltige Monoterpen 1-Pinocamphon (50 %) sowie β-Pinen (14 %) und Campher in höheren Konz. auf. 15 weitere Terpene (u. a. Germacren D, Isopinocamphon und α- und β-Phellandren sowie einige Myrtenol-Derivate) wurden identifiziert [7]. Gerbstoffe. 5 bis 8 %, hauptsächlich mit Rosmarinsäure [1]. Flavonglykoside. Diosmin (3 bis 6 %), ein Bitterstoffglykosid, bedingt den bitteren Geschmack der Droge [8], daneben 5 bis 6 % Hesperidin [6]. Neben den Flavon-O-glykosiden wurde ein Flavon-C-glykosid, Vicenin-2, nachgewiesen [9]. In den Blütenblättern befindet sich Delphinidin-3-(p-cumaroylglucosid)-5-glucosid [6]. Sonstige Inhaltsstoffe. Die Bitterstoffe Marubiin, Oleanolsäure (0,32 %) und Ursolsäure (0,59 %); β-Sitosterol [1], Harz, Gummi und Zucker [6].

1-Pinocamphon

β-Pinen

Isopinocamphon

Diosmin

Identitaet: Die unter Schnittdroge und Pulverdroge beschriebenen Merkmale müssen vorhanden sein [11]. DC nach Lit. [11] : a) Sorptionsmittel: Kieselgel GF254; b) Untersuchungslösung: Xylol-Öl-Mischung, die bei der Destillation aus 50,0 g Droge gewonnen wird; c) FM: Ethylacetat-Hexan (90+10); d) Laufstrecke: 10 cm; e) Detektion: Besprühen mit Vanillin-Schwefelsäure-Rg.; f) Auswertung: Das Chromatogramm zeigt Fluoreszenslöschungen im UV 254 nm bei einem Rf-Wert von 0,5 (Pinocamphen) und an der Fließmittelfront. Nach Detektion mit Vanillin-Schwefelsäure-Rg. erscheint im Tageslicht auf der Höhe des Pinocamphens eine rötliche Zone. Weitere farbige Flecken befinden sich etwa bei einem Rf-Wert von 0,25 (blauviolett) und kurz unterhalb der Lösungsmittelfront (blauviolett).

Reinheit: Fremde Bestandteile (insbesondere solche, deren Durchmesser oder seitliche Ausdehnung größer als 2 mm sind): ≤ 2 % PF X. Trocknungsverlust: ≤ 12 % (bei 100 bis 105 °C best.) PF X. Aschegehalt: ≤ 10 % PF X, EB 6, BHP 83. Säureunlösliche Asche: ≤ 2,5 % BHP 83.

Gehalt: Ätherisches Öl: ≥ 0,25 % EB 6, BHP 83. Mit Wasser extrahierbare Substanzen: ≥ 10 % BHP 83.

Gehaltsbestimmung: Für ätherische Öle kann die Gehaltsbestimmung durch Wasserdampfdestillation erfolgen.

Wirkungen: Antimikrobielle Wirkung. Der Chloroformextrakt wirkt auf verschiedene Keime (Staphylococcus aureus,Candida albicans und Mycobacterium phlei) wachstumshemmend. Das luftgetrocknete, fein gepulverte Pflanzenmaterial (5 g) wird mit Hilfe von Chloroform und MeOH bei Raumtemperatur durch Mazeration extrahiert. Die antimikrobielle Aktivität (MHK) wird durch Zusatz zu Agar bestimmt. Es werden Extraktkonzentrationen von 0,125 bis 1 g/L Medium (Stammlösung: 10 mg Extr. gelöst in 0,2 mL MeOH gemischt mit 10 mL Agarlösung) getestet. Die MHK gegen Candida albicans entspricht einem Äquivalent von 43 g Droge/L Medium, die MHK gegenStaphylococcus aureus und Mycobacterium phlei liegt noch darüber [12]. Antivirale Wirkung. Älteren Angaben [24]zufolge soll ein Extr. aus Hyssopusofficinalis einen antiviralen Effekt auf Herpes-simplex-Viren ausüben. Dieser Effekt, der auf Tannine zurückgeführt wird, ist jedoch deutlich schwächer als die antiviralen Eig. eines Melissen-Extraktes. Spasmolytische Aktivität. Der MeOH-Extr. (67 %) aus Hyssopusofficinalis (Extraktionsausbeute 17 % (m/m)) zeigt in vitro eine schwache spasmolytische Aktivität. 0,56 mg/mL Organbad des in 100 μL DMSO angelösten und in Wasser aufgenommenen getrockneten MeOH-Extr. relaxieren eine präparierte Meerschweinchen-Luftröhre (Trachealer Tonus induziert durch 0,1 μmol/L Carbachol, 10 bis 15 min vor Zugabe des Extraktes) um 20 bzw. 11 % im Vergleich zu der maximalen Relaxation, die mit 2,2 μmol/L Terbutalin am Ende der kumulativen Zugabe der Extr. erreicht werden kann. DMSO selbst zeigt keine Effekte auf die gemessenen Parameter [25].

Dreimal tgl. 2 bis 4 g getrocknete Droge als wäßriger Extr [10]. Als Aufguß (mittlerer Gehalt 2,5 % Droge) zu Waschungen [17]. Pulver: Die Triebe werden in einem Mörser zu einem sehr feinen Pulver zerstampft, von dem man1/2 bis einen Löffel zwei- bis dreimal tgl. mit Honig oder Marmelade einnimmt [5]. Tee: 20 g (2 Eßlöffel) zerkleinerte Ysopzweige läßt man in einem Liter kochendem Wasser ziehen, erkalten und trinkt davon zwischen den Mahlzeiten 2 bis 3 Tassen mit Honig gesüßt [5]. Als flüssiger Extr. in einer Dos. von 2 bis 4 mL, als Tinktur in einer Dosierung von 2 bis 4 mL [10] bzw. 10 bis 20 Tr. zwei- bis dreimal tgl. nach den Mahlzeiten, um die Verdauung anzuregen. Handelt es sich um die anderen Fälle, so nimmt man die Tr. mit irgendeiner Fl. zwischen den Mahlzeiten zu sich[5]. Sirup: Ein Glas tgl., auf mehrere Male verteilt [5]. Wein: Bei Verdauungsstörungen nach dem Essen gläschenweise einzunehmen [5]. Essenz: 2 oder 3 Tr. dreimal am Tag auf einem Stück Würfelzucker im Munde zergehen lassen oder mit Honig einzunehmen [5]. In Argentinien wird die Pflanze zus. mit Feigen gekocht und die Fl. als Gurgelmittel bei Rachenulcera gebraucht. Zur Beh. von Zahnschmerzen wird eine Handvoll Droge mit 0,25 Liter Wein gekocht und appl. Bei Kopfläusen wird die Droge in Öl gekocht und zwei- bis dreimal tgl. in die Kopfhaut einmassiert [14].

Pflanzen, die zur Familie der Lamiaceen gehören, scheinen eine allergische Kreuzreaktivität aufzuweisen. In der Literatur wird ein Fall beschrieben, in dem eine Allergie gegen Origanum vulgare (Oregano) und Thymus vulgaris(Thymian) vorlag. Haut-Tests mit verschiedenen anderen Pflanzen aus der Familie der Lamiaceen, u. a. auch Hyssopus cinalis, waren bei der Testperson positiv, bei allen 10 Kontrollpersonen negativ. Die Werte für spezifisches IgE waren bei der Testperson erhöht (Methode: CAP-System, Pharmacia) [26].

Bei Halsentzündungen, Heiserkeit usw. als Gurgelwasser. Innerlich bei Bronchitis, Husten und Asthma [6], bei chron. Nasenkatarrh [10]. Früher als Mittel bei Hysterie, Angstzuständen und Petit mal-Anfällen [10]. Weiterhin bei Kreislaufschwäche, bei Darmkatarrhen, zur Verhütung von Frostschäden, bei Verdauungsstörungen, Menstruationsbeschwerden, Herzbeschwerden und Augenschmerzen angewendet [13]. In Brasilien, Costa Rica und Puerto Rico wird der Blütensirup bei Bronchitis und bei Magenbeschwerden verwendet. Der Pflanzensaft wird in Brasilien bei Augenerkrankungen angewendet. In Argentinien zur Beh. von Asthma. Weiterhin Anw. bei Rachenulcera, Zahnschmerzen und Kopfläusen. Der Rauch der brennenden Droge soll bei Ohrenschmerzen Linderung verschaffen [14]. In Indien wird die Droge bei Husten, Erkältung und anderen Lungenbeschwerden verwendet. Die Blätter sollen bei Koliken und Hysterie, als Stomachikum bei Übelkeit und Blähungen sowie als Stimulans angewendet werden [15]. Bei den Ureinwohnern Amerikas wurde die Droge bei Fieber, Erkältung, Husten, Asthma und anderen Atembeschwerden verwendet [16]. Die Wirksamkeit bei den beschriebenen Anwendungsgebieten ist nicht belegt.

Toxikologie

Acute Toxizität:

Mensch. s. Hyssopi aetherolum.

Tier. s. Hyssopi aetherolum.

1. Hgn, Bd. IV, S. 230, 299, 324–325, 328–329, Bd. VIII, S. 580,605

2. Schultze-Motel J (Hrsg.) (1986) Rudolf Mansfeld, Verzeichnis landwirtschaftlicher und gärtnerischer Kulturpflanzen, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin, Bd. 3, S. 1152–1154

3. Heg, Bd. V, Teil 4, S. 2357–2360

4. Ebert K (1992) Gewürz- und Arzneipflanzen, 2. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S. 211

5. Poletti A, Schilcher H, Müller A (1990) Heilkräftige Pflanzen, W. Hädecke Verlag, Weil der Stadt, S. 163

6. Hag, Bd. 5, S. 219–221

7. Schulz G, Stahl-Biskup E (1991) Flavour Fragr 6:69–l73

8. Franke W (1989) Nutzpflanzenkunde, 4. Aufl., Georg Thieme, Stuttgart, S. 351–352

9. Husain SZ, Markham KR (1981) Phytochemistry 20:1171–1173

10. BHP 83

11. PF X

12. Recio MC, Rios JL, Villar A (1989) Phytother Res 3:77–80

13. BAz Nr. 162 vom 29.08.1992

14. Morton JF (1981) Atlas of medicinal plants of Middle America, Charles Thomas, Springfield, S. 764, 810

15. Jain SK, De Filipps RA (1991) Medicinal Plants of India, Reference Publications, Algonac, Michigan, Bd. 1, S. 366

16. Moerman DE (1986) Medicinal plants of native America, University of Michigan, Museum of Anthropology, Ann Arbor, Bd. 1, S. 231

17. EB 6

18. Steinmetz MD, Tognetti P, Mourgue M, Jouglard J, Millet Y (1980) Plant Méd Phytothér 14:34–45

19. Kerrola K, Galambosi B, Kallio H (1994) J Agric Food Chem 42:776–781

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28. BAz Nr. 214 vom 12.11.1993

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Datenstand

15.08.2010