Sambucus

Sambuci flos (Holunderblüten)

Verfasser

Alois Hiermann

Übersicht

S > Sambucus > Sambucus nigra L. > Sambuci flos (Holunderblüten)

Gliederung

Baum ein-/ausblenden [-]

G Sambucus

A Sambucus canadensis L.

D Sambucus canadensis hom. HAB 34

D Sambucus canadensis hom. HPUS 88

A Sambucus ebulus L.

D Ebuli folium

D Ebuli fructus

D Ebuli radix

D Sambucus ebulus hom. HAB 34

A Sambucus nigra L.

D Sambuci cortex

D Sambuci flos (Holunderblüten)

D Sambuci folium

D Sambuci fructus

D Sambuci radix

D Sambucus e cortice hom. HAB 34

D Sambucus nigra hom. HAB 1

D Sambucus nigra hom. HPUS 88

D Sambucus nigra hom. PF X

Synonyme

Flores Sambuci; Flos Sambuci; Flos Sambuci nigrae

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Aalhornblüten, Fliederblüten, Holderblüten, Hollerblüten, Holunderblüten, Hütschenblumen, Kailkenblumen; Bour tree flowers, elder flowers; Fleurs de sureau; Fiore di sambuco; Flores de sauco; portug.:Flor de sabugueiro.

Offizinell

Flores Sambuci – PhEur 5; Flos Sambuci – ÖAB 90; Sambuci flos – Helv VII; Holunderblüten – DAC 86; Sambucus – BHP 83; Sambucus – Mar 29

Definition der Droge

Die getrockneten Blüten. Nach Lit. [16] die getrockneten, gesiebten Blütenstände.

Charakteristik

Stammpflanzen: Sambucus nigra L.

Herkunft: Aus Wildbeständen. Hauptlieferländer sind Rußland, das ehemalige Jugoslawien, Bulgarien, Ungarn und Rumänien.

Gewinnung: Durch Lufttrocknung.

Ganzdroge: Geschmack. Schleimig süß. Geruch. Eigenartig. Aussehen. Die beim Trocknen auf ca. 3 mm zusammengeschrumpften Blüten sind radiär und kurz gestielt. Ihr Kelch besteht aus fünf sehr kleinen, dreieckigen, unbehaarten Zipfeln. Die weißliche bis bräunlichgelbe Blütenkrone besitzt fünf breit-ovale Zipfel, die am Grunde zu einer kurzen Röhre verwachsen sind. Die mit der Kronröhre verwachsenen Staubgefäße alternieren mit den etwa gleichlangen Kronblättern und besitzen zwei große, gelbe, nach außen gekehrte Antheren. Der Fruchtknoten ist unterständig, dreifächerig und trägt oben einen kurzen Griffel mit drei kopfförmigen Narben [33], [40].

Mikroskopisches Bild: Die Cuticula sämtlicher Blütenteile zeigt eine feinwellige Streifung. Die Epidermis der Kelchblattzipfel besteht aus kleinen Zellen mit geraden bis schwach welligen Seitenwänden und führt im äußeren Teil große, rundliche, anomocytische Spaltöffnungen mit 4 oder 5 Nebenzellen. Am Rande der Kelchblattzipfel finden sich vereinzelt einzellige, relativ dickwandige, mehr oder weniger zugespitzte Deckhaare, seltener Drüsenhaare mit 2- bis 4zelligem Stiel und mehrzelligem, ovalem Köpfchen. Die Epidermiszellen der kahlen Kronblätter sind auf der Außenseite stark wellig-buchtig; an der Innenseite besitzen sie geradlinige bis schwach wellige Seitenwände. Das 5- oder 6reihige Mesophyll besteht aus dünnwandigen, kurzarmigen Zellen mit Interzellularen sowie vereinzelten Kristallsandzellen und zeigt 3 wenig verzweigte Nerven. Die auf dem kahlen Filament sitzenden Staubbeutel enthalten ellipsoidische, 35 nm lange und etwa 18 nm breite, mit 3 schlitzförmigen Austrittporen versehene Pollen, deren Exine dünn und fein granuliert ist. Im Fruchtknoten, dessen Epidermiszellen gerade oder nur schwach wellige Seitenwände aufweisen, befinden sich 3 Fächer mit jeweils einer hängenden Samenanlage [33], [40].

Pulverdroge: Aussehen. Bräunlichgelbes Pulver mit Pollen-körnern, Fragmenten des Endotheciums mit bügelförmigen Wandverdickungen, Fragmenten der Kronblätter, des Kelches, des Fruchtknotens und der mehr oder weniger stark papillösen Narben [40].

Verfälschungen/Verwechslungen: Ganz selten mit den Blüten von Sambucus ebulus L.

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl. 0,03 bis 0,14 % (Karlsruher Apparatur), bestehend aus 63 Komponenten; 66 % Anteil an freien Fettsäuren, Hauptkomponente Palmitinsäure 37,9 %; 7,2 % n-Alkane, C14 bis C31 [4], [17]. Sterole. Ca. 0,11 % als Campesterol, Cholesterol, β-Sitosterol, Stigmasterol in freier, veresterter und glykosidierter Form [5],[9], [11]. Triterpene. Ca. 1 % α- und β-Amyrin, überwiegend als Fettsäureester; ca. 0,17 % Oleanolsäure, 0,16 % Ursolsäure, 20 β-Hydroxyursolsäure neben Cycloartenol, Lupeol und 24-Methylcycloartenol [5], [12], [14]. Flavonoide. Kämpferol, Quercetin; Astragalin, Isoquercitrin, Nicotiflorin, Rutosid [18]. Weitere Inhaltsstoffe. Hydroxyzimtsäuren, darunter p-Cumarsäure, Ferulasäure und Kaffeesäure, in freier Form und als Glykoside [6], [7].

Identitaet: DC-Prüfung nach Lit. [41] : Sorptionsmittel: Kieselgel G; Untersuchungslsg.: MeOH-Extrakt; Vergleichslsg.: Rutosid in MeOH; FM: Ethylacetat-Ameisensäure-Wasser (80+10+10); Detektion: Besprühen mit Borsäure-Oxalsäuregemisch; Auswertung im UV 360 nm; Auswertung: Das Chromatogramm der Untersuchungslsg. zeigt im Bereich von Rf 0,10 bis 0,30 eine gelbgrün fluoreszierende Zone, die mit der Testsubstanz der Vergleichslsg. identisch ist, sowie eine gelbgrün fluoreszierende Zone mit einem Rx-Wert im Bereich von 1,90 bis 2,30. Weitere Zonen sind vorhanden.

Reinheit: Fremde Bestandteile: Höchstens 10 % Blütenstandsachsen DAB 7; höchstens 3 % Trugdoldenstiele mit mehr als 1 mm Dicke ÖAB 90; höchstens 8 % Trugdoldenstiele und andere fremde Bestandteile und höchstens 15 % braun verfärbte Blüten Helv VII; höchstens 10 % Blütenstandsachsen und höchstens 2 % sonstige fremde Bestandteile DAC 86. Asche: Höchstens 9,0 % DAB 7, ÖAB 90; höchstens 12,0 % Helv VII; höchstens 10 %DAC 86, BHP 83. Säureunlösliche Asche: Höchstens 2 % BHP 83. Trocknungsverlust: Höchstens 10 % DAC 86.

Gehaltsbestimmung: Der Gesamtflavonoidgehalt wird durch saure Hydrolyse und anschließende Komplexierung mit AlCl3 photometrisch ermittelt [42]. Die Berechnung erfolgt als Isoquercitrin Helv VII bzw. als Hyperosid DAC 86.

Lagerung, Stabilität, Verwendung, u. a.

Lagerung: Vor Licht und Feuchtigkeit geschützt aufbewahren [18].

Verwendung: Zur Herstellung von Backwaren und Hollersekt.

Gesetzliche Bestimmungen: Standardzulassung Nr. 1019.99.99. Aufbereitungsmonographie der Kommission E am BGA „Sambuci flos (Holunderblüten)“ [16].

Wirkungen: Sekretolytische Wirkung. Der Droge wird eine schweißtreibende und das Bronchialsekret vermehrende Wirkung zugesprochen [16]. Untersuchungen zur schweißtreibenden Wirkung sind nicht bekannt. Nach intragastraler Gabe von täglich 6,5 mL/kg KG eines Auszuges aus Holunderblüten mit Ethanol-Wasser (1,9+8,1,V/V) (0,6 g Droge/ 100 mL) über 3 Tage erhöhte sich am 3. Tag an narkotisierten, tracheotomierten Kaninchen die Sekretmenge gegenüber einer Kontrolle mit Ethanol-Wasser (1,9+8,1, V/ V) signifikant um 43,2 % und einer Kontrolle mit physiologischer Kochsalzlösung um 111,4 % [20]. Eine negative Auswirkung auf Atemfrequenz, Pulsfrequenz, Erythrocytenzahl, Quick-Werte und Elektrolytkonzentration wurde dabei nicht festgestellt [20].

Anwendungsgebiete

Erkältungskrankheiten [16]. Schweißtreibendes Mittel bei der Behandlung von fieberhaften Erkältungskrankheiten[19].

Einzeldosis: Als Aufguß oder Abkochung 1,5 g auf eine Teetasse ÖAB 90. Mittlere Tagesdosis: Zur Einnahme 10 bis 15 g Droge als Infus; Zubereitungen entsprechend [16]. Teebereitung: Etwa 2 Teelöffel voll (3 bis 4 g) Holunderblüten werden mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergossen und nach 5 min durch ein Sieb gegeben. Soweit nicht anders verordnet, werden mehrmals täglich, besonders in der zweiten Tageshälfte, 1 bis 2 Tassen frisch bereiteter Teeaufguß so heiß wie möglich getrunken [19].

Unerwünschte Wirkungen

Keine bekannt.

Gegenanzeigen/

Anwendungsbeschränkungen

Keine bekannt.

Wechselwirkungen

Keine bekannt.

Holunderblüten werden als Tee zum Schwitzen und gegen Erkältungskrankheiten sowie andere fiebrige Zustände verwendet. Weiterhin als Tee, aber auch als Gurgelwasser bzw. Mundspülflüssigkeit bei Erkrankungen im Bereich der Atmungsorgane wie Husten, Schnupfen, Kehlkopfentzündung, Grippe und Atemnot. Selten auch bei Wöchnerinnen mit geringem Milchfluß. Äußerlich finden sie in Form von Kräuterkissen bei Schwellungen und Entzündungen Anwendung [38]. Die Wirksamkeit der Droge bei diesen Indikationen ist nicht belegt.

Acute Toxizität:

Tier. Nach intragastraler Gabe von täglich 6,5 mL/kg KG eines Auszuges aus Holunderblüten mit Ethanol-Wasser (1,9+8,1, V/ V) (0,6 g Droge/100 mL) über 3 Tage an Kaninchen wurde bzgl. der Parameter Atemfrequenz, Pulsfrequenz, Erythrocytenzahl, Quick-Wert, Calcium-, Natrium- und Kaliumgehalt des Serums keine signifikante Änderung gegenüber den Kontrollen (EtOH-Wasser 1,9+8,1, V/ V; physiolog. Kochsalzlösung) festgestellt [20].

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Datenstand

15.08.2010