Fragaria
Fragariae folium (Erdbeerblätter)
Verfasser
Eberhard Scholz
Übersicht
F > Fragaria > Fragaria vesca L. > Fragariae folium (Erdbeerblätter)
Gliederung
G Fragaria
D Fragariae folium (Erdbeerblätter)
D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)
D Fragariae folium (Erdbeerblätter)
D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)
D Fragariae folium (Erdbeerblätter)
D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)
Synonyme
Folia Fragariae
Sonstige Bezeichnungen
dt.:Erbelblätter, Rotbeerblätter, Walderdbeerblätter; Wild strawberry leaves; Feuilles de fraisier, feuilles de fraisier de bois; Foglie di frágola; Hojas de fresa; port.:Folhas de morangueiro.
Offizinell
Fragariae folia – Portug 46; Folia Fragariae – EB 6
Definition der Droge
Die getrockneten, während der Blütezeit im Mai und Juni gesammelten Blätter EB 6.
Charakteristik
Stammpflanzen: Fragaria vesca L.
Herkunft: Sammlung aus Wildvorkommen. Hauptlieferanten sind die Balkanländer [33].
Gewinnung: Lufttrocknung an einem schattigen Ort [33].
Ganzdroge: Aussehen. Die Ganzdroge besteht aus den Blättern und einzelnen Stengeln mit Blüten. Blätter langgestielt mit am Stiel angewachsenen Nebenblättern, dreizählig, oberseits hellgrün, unterseits graugrün. Blättchen mit ungleichen Hälften, scharf und grob gesägt, besonders unterseits glänzend seidenhaarig. Seitennerven parallel laufend und in den Randzähnen endigend. s. a. Lit. [64]
Schnittdroge: Geschmack. Bitter, zusammenziehend. Geruch. Heuartig. Aussehen. Blattstückchen mit unterseits dichter, seidig glänzender Behaarung, parallel laufenden Seitennerven und scharf-grob gesägtem Rand. Selten gelblich verfärbte Blüten, vereinzelt dichtbehaarte grüne bis blauviolette Stengelstückchen und weißfilzige Blattknospen [35].
Mikroskopisches Bild: In der Aufsicht besteht die obere Epidermis aus fast geradlinig-polygonalen Zellen ohne Spaltöffnungen; die untere Epidermis aus wellig begrenzten Zellen mit zahlreichen, von 3 bis 4 Epidermiszellen umgebenen Spaltöffnungen. Vor allem unterseits, und dort besonders auf den Blattnerven, sehr lange, einzellige, schlanke, spitze, dickwandige, gerade, meist anliegende Haare, unterseits außerdem meist dreizellige dünnwandige Drüsenhaare mit ovaler Endzelle. Im Querschnitt ist das Mesophyll bifacial mit 2- bis 3reihigem Palisadenparenchym und 3reihigem Schwammparenchym, vor allem in Nervennähe Drusen, seltener Einzelkristalle aus Calciumoxalat [36], [64].
Pulverdroge: Mikroskopisches Bild. Graugrünes Pulver aus Blattstückchen mit oberseits polygonalen, unterseits flachwelligen Epidermiszellen und Kristallzellen entlang der Blattnerven. Blattunterseite mit langen Deckhaaren, die häufig abgebrochen sind, und mit vereinzelten Drüsenhaare. Mesophyll mit vereinzelten Calciumoxalatdrusen. s. a. Lit. [64]
Verfälschungen/Verwechslungen: Verfälschungen mit den Blättern anderer Fragaria-Arten können vorkommen[37]. Soweit es sich dabei um die anderen europäischen Wildformen F. moschata und F. viridis handelt, ist die Verfälschung aufgrund der großen Ähnlichkeit zwischen diesen Arten und F. vesca nur schwer zu erkennen. Die Blätter der drei F.-Arten müssen jedoch nicht unerschieden werden [36]. Verfälschungen mit Blättern der Gartenerdbeere, F. × ananassa, sind in der Ganzdroge an den deutlich größeren Blättern und in der Schnittdroge an der fehlenden Behaarung von F. x ananassa zu erkennen. Hinsichtlich der Anwendung gelten sowohl die Blätter der Wildformen als auch die der Gartenerdbeere gegenüber den Blättern von F. vesca als gleichwertig [37].
Inhaltsstoffe: Fragaria vesca. Nachgewiesen wurden Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure und Chlorogensäure[12]. Daneben sind Quercetin und Quercitrin [15], 2,2 % Rutosid (Rutin) [20] sowie (+)-Catechin enthalten [38]. Die Blattdroge enthält außerdem Ellagitannine [15], darunter das mittels Papierchromatographie nachgewiesene Pedunculagin [39]. DCCC-Untersuchungen deuten auf das Vorkommen von Agrimoniin [39]. Daneben kommen nicht näher untersuchte kondensierte Gerbstoffe (oligomere Proanthocyanidine) vor [40]. Isoliert wurde bisher lediglich das als Gerbstoffvorstufe geltende dimere Procyanidin B-3 [38]. Mittels einer nicht näher beschriebenen Hautpulvermethode wurden in getrockneten Blättern 5 % Gerbstoffe [15], mittels der Hautpulvermethode nach PhEurwurden 11,4 % Gerbstoffe gefunden [60]. Fragaria moschata, F. viridis. Die getrockneten Blätter beider Arten enthalten Gallussäure, Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure, Chlorogensäure [12], 3,4 % bzw. 2,3 % Rutosid (Rutin) [20] sowie nicht näher untersuchte Gerbstoffe [12].
Verwandte Artikel
Pedunculagin
Procyanidin B-3
Identitaet: Makro- und mikroskopisch nach EB 6, s. → Ganzdroge und Schnittdroge.
Reinheit: Aschegehalt nicht mehr als 9 % EB 6.
Gehalt: Die Arzneibücher machen keine Gehaltsangaben.
Lagerung, Stabilität, Verwendung, u. a.
Verwendung: Getrocknete junge Walderdbeerblätter sind manchmal Bestandteil von Kräutertees, die als Schwarztee-Ersatz getrunken werden [46].
Gesetzliche Bestimmungen: Negativmonographie der Kommission E am BGA [41].
Wirkungen: Die Droge wirkt adstringierend [54], [55]. Diese Wirkung ist aufgrund der Gerbstofführung plausibel. Experimentelle Untersuchungen liegen jedoch nicht vor. Die häufig erwähnte diuretische Wirkung von Walderdbeerblättern [41], [45], [55], [57], [58] geht auf die Beobachtung zurück, daß ein nicht näher beschriebener Blattextrakt bei Hunden eine als energisch und anhaltend bezeichnete Diurese bewirkt [43]. Bei Ratten hat die wäßrige Abkochung der Blätter entsprechend einer Dosierung von 1 g Droge/kg KG nach p. o. Gabe jedoch keinen nennenswerten Einfluß auf die Diurese [45]. Der aus 0,5 g getrockneten Blättern mit 20 mL Ethanol 50 % hergestellte Extrakt hemmt in einer Konzentration von 100 μL/2,5 mL Medium die proteolytische Aktivität des Enzyms Elastase um 85 %. Angaben zur Wirkung einer Positivkontrolle fehlen [60].
Unerwünschte Wirkungen
Erdbeerblätter können bei Personen mit Allergie gegen Erdbeerfrüchte Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen[41].
Häufig erwähnt wird die Anwendung von Zubereitungen aus Walderdbeerblättern bei leichten Durchfällen [41], [54],[55], [56], insbesondere bei Kindern [42], [58], sowie zum Gurgeln bei Entzündungen des Halses [54], [55], der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches [55]. Weitere Anwendungsgebiete sind Darmblutungen [54], Erkrankungen der Harnwege [41], [54], [55], Rheuma und Gicht [41], [44], [54], [57] sowie Lebererkrankungen und Gelbsucht [41],[54]. Die Anwendung bei Durchfall sowie bei Halsentzündungen ist aufgrund des Gerbstoffgehalts plausibel, doch ist die Wirksamkeit nicht hinreichend dokumentiert. Eine spezifische Wirkung bei Asthma (s. → Fragariae radix) ist nicht bekannt und auch nicht zu erwarten. Doch ist die Flüssigkeitsaufnahme von 2 bis 3 L/Tag wegen des mukolytischen Effekts der H 2O-Aufnahme bei Asthma erwünscht. Bei den anderen beanspruchten Anwendungsgebieten ist die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt, so daß eine therapeutische Anwendung nicht befürwortet werden kann. Gegen eine Anwendung als Fülldroge in Teemischungen bestehen keine Einwände [41].Innerliche Anwendung. Abkochung einer Handvoll junger Blätter auf 500 mL Wasser bei Durchfall und Gelbsucht[54]. Abkochung von 375 g grünen Blättern mit 1,15 L Wasser, bis das Decoct auf 550 mL eingekocht ist, bei Durchfall einen Teelöffel alle 3 bis 4 Stunden [54]. Abkochung von 20 g frischen Blättern mit 500 mL Wasser, bis der Extrakt auf die Hälfte des Ausgangsvolumens eingekocht ist, bei Durchfall je einen Teelöffel vor und nach dem Schlafengehen [57]. Aufguß mit 4 g Droge auf 150 mL als Einzelgabe bei Kinderdurchfall [42]. Äußerliche Anwendung. Abkochung einer Handvoll Blätter als Gurgelmittel bei Halsentzündungen [54].
1. Hegi G (Hrsg.) (1922–1923) Illustrierte Flora von Mitteleuropa, 1. Aufl., Bd. IV, Teil 2, Berlin Hamburg, S. 895–907
2. Staudt G (1962) Can J Bot 40:869–886
3. Kalkman C (1968) Blumea 16:325–354
4. Drawert F, Tressl R, Staudt G, Köppler H (1973) Z Naturforsch 28 c:488–493
5. McFadden WH, Teranishi R, Corse J, Black DR, Mon TR (1965) J Chromatogr 18:10–19 [PubMed]
6. Tressl R, Drawert F, Heimann W (1969) Z Naturforsch 24 b:1.201–1.202
7. Ohloff G (1969) Fortschr Chem Forsch 12:219
8. Mayerl F, Näf R, Thomas AF (1989) Phytochemistry 28:631–633
9. Hgn, Bd. V, S. 728
10. Bate-Smith EC (1956) Chem and Ind, Brit Inds Fair Rev: R 32–33
11. Nemec S (1973) Ann Bot 37:935–941
12. Kresanek J, Natherova, Drobna Z (1974) Acta Fac Pharm 26:151–194
13. Maas JL, Wang SY, Galletta GJ (1991) Hort Science 26:66–68
14. Durbin RD, Castillo BS, King TH (1960) Plant Dis Reptr 7:536–537, zit. nach Lit. [11]
15. Herrmann K (1949) Pharm Zentralhalle 88:374–378
16. Creasy L, Maxie L, Singleton VL (1964) Proc Am Soc Hort Sci 85:325–331
17. Runkova LV, Lis EK, Tomaszewski M, Antoszewski R (1972) Biol Plant (Prag) 14:71–81
18. Williams BL, Wender SH (1952) J Am Chem Soc 74:5.919–5.920
19. Co H, Markakis P (1968) J Food Sci 33:281–283
20. Natherova L, Kresanek J, Leifertova I (1975) Acta Fac Pharm 28:115–145
21. Thompson RS, Jacques D, Haslam E, Tanner RJN (1972) J Chem Soc Perkin Trans 1:1.387–1.399
22. Herrmann K (1958) Z Lebensm Unters Forsch 108:152
23. Herrmann K (1961) Naturwissenschaften 48:621–622
24. Bate-Smith EC, Creasy LL (1969) Phytochemistry 8:1.811–1.812
25. Sondheimer E, Kertesz ZI (1948) J Am Chem Soc 70:3.476–3.479
26. Sondheimer E, Karash CB (1956) Nature 178:648–649
27. Lukton A, Chichester CO, Mackinney G (1955) Nature 176:790
28. Fuleki T (1969) J Food Sci 34:365–369
29. Wrolstadt RE, Hildrum KI, Amos JF (1970) J Chromatogr 50:311–318
30. Haddock EA, Gupta RK, Al-Shafi SMK, Layden K, Haslam E, Magnolato D (1982) Phytochemistry 21:1.049–1.062
31. Vennat B, Pourrat A, Texier O, Pourrat H, Gaillard J (1987) Phytochemistry 26:261–263
32. Oberdorfer E (1979) Pflanzensoziologische Exkursionsflora, 4. Aufl., Verlag E. Ulmer, Stuttgart, S. 519
33. Persönliche Mitteilung, Fa. Müggenburg, Hamburg, 04.03.92
34. Kemp TR, Stoltz LP, Smith Jr WT, Chaplin CE (1968) Proc Am Soc Hort Sci 93:334–339
35. Hag, Bd. IV, S. 1.046
36. Berger F (1950) Handbuch der Drogenkunde, Bd. 2, Maudrich, Wien Bonn Bern, S. 147
37. Frohne D (1989) Erdbeerblätter. In: Wichtl M (Hrsg.) Teedrogen, 2. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S. 156–157
38. Creasy LL, Swain T (1965) Nature 208:151–153 [PubMed]
39. Lund K (1986) Tormentillwurzelstock, phytochemische Untersuchungen des Rhizoms von Potentilla erecta (L.) RÄUSCHEL, Dissertation, Fakultät für Chemie und Pharmazie, Universität Freiburg/B.
40. Creasy LL, Swain T (1966) Phytochemistry 5:501–509
41. BAz Nr. 22a vom 01.02.1990
42. Fischer G, Krug E (1980) Heilkräuter und Arzneipflanzen, 6. Aufl., Haug Verlag, Heidelberg, S. 72–73
43. Leclerc H (1944) Presse Med 52:140
44. Leporatti ML, Pavesi A, Posocco E (1985) J Ethnopharmacol 14:56
45. Caceres A, Giron LM, Martinez AM (1987) J Ethnopharmacol 19:233–245 [PubMed]
46. Koch K (1948) Pharmazie 3:29–42
47. Stoltz LP, Kemp TR, Smith Jr WO, Smith Jr WT, Chaplin CE (1970) Phytochemistry 9:1.157–1.158
48. Baker EA, Hunt GM (1979) Phytochemistry 18:1.059–1.060
49. Vennat B, Pourrat A, Pourrat H, Gross D, Bastide P, Bastide J (1988) Chem Pharm Bull 36:828–833 [PubMed]
50. Vennat B, Gross D, Pourrat A, Bastide P, Bastide J (1989) Pharm Acta Helv 64:316–320 [PubMed]
51. Wintoch H, Krammer G, Schreier P (1991) Flav Fragr J 6:209–215
52. BAz Nr. 109a vom 16.06.1987
53. Berger F (1960) Handbuch der Drogenkunde, Bd. 5, Maudrich, Wien Bonn Bern, S. 202
54. Valnet J (1983) Phytothérapie, Maloine, Paris, S. 382–383
55. Font Quer P (1990) Plantas Medicinales, 12. Aufl., Editorial Labor SA, Barcelona, S. 320–322
56. Leclerc H (1983) Précis de Phytothérapie, Masson, Paris, S. 109–110
57. Cecchini T (1990) Enciclopedia de las hierbas y de las plantas medicinales, Editorial De Vecchi SA, S. 197–198
58. Wren RW (1975) Potter's new cyclopaedia of botanical drugs and preparations, CW Daniel, Saffron Walden, S. 293–294
59. Minist Aff Soc Solidarite (1990) Medicaments à base de plantes, Bulletin officiel No. 90/22
60. Lamaison JL, Carnat A, Petitjean-Freytet C (1990) Ann Pharm Fr 48:335–340 [PubMed]
61. Ohle H (1986) Rosaceae. In: Schultze-Motel J (Hrsg.) Rudolf Mansfelds Verzeichnis landwirtschaftlicher und gärtnerischer Kulturpflanzen, Bd. 1, 2. Aufl., Springer, Berlin, S. 388–390
62. Barrenscheen I (1986) Gött Flor Rundbr 20:1–13
63. Pourrat A, Coulet M, Pourrat H (1963) Ann Pharm Fr 21:55–58 [PubMed]
64. EB 6
65. Staudt G (1989) Acta Hort 265:25–33
Copyright
Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung des Springer Medizin Verlags GmbH, Berlin, Heidelberg, New York
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart
Datenstand
15.08.2010