Fragaria

Fragariae folium (Erdbeerblätter)

Verfasser

Eberhard Scholz

Übersicht

F > Fragaria > Fragaria vesca L. > Fragariae folium (Erdbeerblätter)

Gliederung

G Fragaria

A Fragaria moschata WESTON

D Fragariae folium (Erdbeerblätter)

D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)

A Fragaria vesca L.

D Fragaria vesca hom. HAB 34

D Fragariae folium (Erdbeerblätter)

D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)

D Fragaroa vesca HPUS 88

A Fragaria viridis WESTON

D Fragariae folium (Erdbeerblätter)

D Fragariae radix (Erdbeerwurzel)

Synonyme

Folia Fragariae

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Erbelblätter, Rotbeerblätter, Walderdbeerblätter; Wild strawberry leaves; Feuilles de fraisier, feuilles de fraisier de bois; Foglie di frágola; Hojas de fresa; port.:Folhas de morangueiro.

Offizinell

Fragariae folia – Portug 46; Folia Fragariae – EB 6

Definition der Droge

Die getrockneten, während der Blütezeit im Mai und Juni gesammelten Blätter EB 6.

Charakteristik

Stammpflanzen: Fragaria vesca L.

Herkunft: Sammlung aus Wildvorkommen. Hauptlieferanten sind die Balkanländer [33].

Gewinnung: Lufttrocknung an einem schattigen Ort [33].

Ganzdroge: Aussehen. Die Ganzdroge besteht aus den Blättern und einzelnen Stengeln mit Blüten. Blätter langgestielt mit am Stiel angewachsenen Nebenblättern, dreizählig, oberseits hellgrün, unterseits graugrün. Blättchen mit ungleichen Hälften, scharf und grob gesägt, besonders unterseits glänzend seidenhaarig. Seitennerven parallel laufend und in den Randzähnen endigend. s. a. Lit. [64]

Schnittdroge: Geschmack. Bitter, zusammenziehend. Geruch. Heuartig. Aussehen. Blattstückchen mit unterseits dichter, seidig glänzender Behaarung, parallel laufenden Seitennerven und scharf-grob gesägtem Rand. Selten gelblich verfärbte Blüten, vereinzelt dichtbehaarte grüne bis blauviolette Stengelstückchen und weißfilzige Blattknospen [35].

Mikroskopisches Bild: In der Aufsicht besteht die obere Epidermis aus fast geradlinig-polygonalen Zellen ohne Spaltöffnungen; die untere Epidermis aus wellig begrenzten Zellen mit zahlreichen, von 3 bis 4 Epidermiszellen umgebenen Spaltöffnungen. Vor allem unterseits, und dort besonders auf den Blattnerven, sehr lange, einzellige, schlanke, spitze, dickwandige, gerade, meist anliegende Haare, unterseits außerdem meist dreizellige dünnwandige Drüsenhaare mit ovaler Endzelle. Im Querschnitt ist das Mesophyll bifacial mit 2- bis 3reihigem Palisadenparenchym und 3reihigem Schwammparenchym, vor allem in Nervennähe Drusen, seltener Einzelkristalle aus Calciumoxalat [36], [64].

Pulverdroge: Mikroskopisches Bild. Graugrünes Pulver aus Blattstückchen mit oberseits polygonalen, unterseits flachwelligen Epidermiszellen und Kristallzellen entlang der Blattnerven. Blattunterseite mit langen Deckhaaren, die häufig abgebrochen sind, und mit vereinzelten Drüsenhaare. Mesophyll mit vereinzelten Calciumoxalatdrusen. s. a. Lit. [64]

Verfälschungen/Verwechslungen: Verfälschungen mit den Blättern anderer Fragaria-Arten können vorkommen[37]. Soweit es sich dabei um die anderen europäischen Wildformen F. moschata und F. viridis handelt, ist die Verfälschung aufgrund der großen Ähnlichkeit zwischen diesen Arten und F. vesca nur schwer zu erkennen. Die Blätter der drei F.-Arten müssen jedoch nicht unerschieden werden [36]. Verfälschungen mit Blättern der Gartenerdbeere, F. × ananassa, sind in der Ganzdroge an den deutlich größeren Blättern und in der Schnittdroge an der fehlenden Behaarung von F. x ananassa zu erkennen. Hinsichtlich der Anwendung gelten sowohl die Blätter der Wildformen als auch die der Gartenerdbeere gegenüber den Blättern von F. vesca als gleichwertig [37].

Inhaltsstoffe: Fragaria vesca. Nachgewiesen wurden Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure und Chlorogensäure[12]. Daneben sind Quercetin und Quercitrin [15], 2,2 % Rutosid (Rutin) [20] sowie (+)-Catechin enthalten [38]. Die Blattdroge enthält außerdem Ellagitannine [15], darunter das mittels Papierchromatographie nachgewiesene Pedunculagin [39]. DCCC-Untersuchungen deuten auf das Vorkommen von Agrimoniin [39]. Daneben kommen nicht näher untersuchte kondensierte Gerbstoffe (oligomere Proanthocyanidine) vor [40]. Isoliert wurde bisher lediglich das als Gerbstoffvorstufe geltende dimere Procyanidin B-3 [38]. Mittels einer nicht näher beschriebenen Hautpulvermethode wurden in getrockneten Blättern 5 % Gerbstoffe [15], mittels der Hautpulvermethode nach PhEurwurden 11,4 % Gerbstoffe gefunden [60]. Fragaria moschata, F. viridis. Die getrockneten Blätter beider Arten enthalten Gallussäure, Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure, Chlorogensäure [12], 3,4 % bzw. 2,3 % Rutosid (Rutin) [20] sowie nicht näher untersuchte Gerbstoffe [12].

Pedunculagin

Procyanidin B-3

Identitaet: Makro- und mikroskopisch nach EB 6, s. → Ganzdroge und Schnittdroge.

Reinheit: Aschegehalt nicht mehr als 9 % EB 6.

Gehalt: Die Arzneibücher machen keine Gehaltsangaben.

Lagerung, Stabilität, Verwendung, u. a.

Verwendung: Getrocknete junge Walderdbeerblätter sind manchmal Bestandteil von Kräutertees, die als Schwarztee-Ersatz getrunken werden [46].

Gesetzliche Bestimmungen: Negativmonographie der Kommission E am BGA [41].

Wirkungen: Die Droge wirkt adstringierend [54], [55]. Diese Wirkung ist aufgrund der Gerbstofführung plausibel. Experimentelle Untersuchungen liegen jedoch nicht vor. Die häufig erwähnte diuretische Wirkung von Walderdbeerblättern [41], [45], [55], [57], [58] geht auf die Beobachtung zurück, daß ein nicht näher beschriebener Blattextrakt bei Hunden eine als energisch und anhaltend bezeichnete Diurese bewirkt [43]. Bei Ratten hat die wäßrige Abkochung der Blätter entsprechend einer Dosierung von 1 g Droge/kg KG nach p. o. Gabe jedoch keinen nennenswerten Einfluß auf die Diurese [45]. Der aus 0,5 g getrockneten Blättern mit 20 mL Ethanol 50 % hergestellte Extrakt hemmt in einer Konzentration von 100 μL/2,5 mL Medium die proteolytische Aktivität des Enzyms Elastase um 85 %. Angaben zur Wirkung einer Positivkontrolle fehlen [60].

Unerwünschte Wirkungen

Erdbeerblätter können bei Personen mit Allergie gegen Erdbeerfrüchte Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen[41].

Häufig erwähnt wird die Anwendung von Zubereitungen aus Walderdbeerblättern bei leichten Durchfällen [41], [54],[55], [56], insbesondere bei Kindern [42], [58], sowie zum Gurgeln bei Entzündungen des Halses [54], [55], der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches [55]. Weitere Anwendungsgebiete sind Darmblutungen [54], Erkrankungen der Harnwege [41], [54], [55], Rheuma und Gicht [41], [44], [54], [57] sowie Lebererkrankungen und Gelbsucht [41],[54]. Die Anwendung bei Durchfall sowie bei Halsentzündungen ist aufgrund des Gerbstoffgehalts plausibel, doch ist die Wirksamkeit nicht hinreichend dokumentiert. Eine spezifische Wirkung bei Asthma (s. → Fragariae radix) ist nicht bekannt und auch nicht zu erwarten. Doch ist die Flüssigkeitsaufnahme von 2 bis 3 L/Tag wegen des mukolytischen Effekts der H 2O-Aufnahme bei Asthma erwünscht. Bei den anderen beanspruchten Anwendungsgebieten ist die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt, so daß eine therapeutische Anwendung nicht befürwortet werden kann. Gegen eine Anwendung als Fülldroge in Teemischungen bestehen keine Einwände [41].Innerliche Anwendung. Abkochung einer Handvoll junger Blätter auf 500 mL Wasser bei Durchfall und Gelbsucht[54]. Abkochung von 375 g grünen Blättern mit 1,15 L Wasser, bis das Decoct auf 550 mL eingekocht ist, bei Durchfall einen Teelöffel alle 3 bis 4 Stunden [54]. Abkochung von 20 g frischen Blättern mit 500 mL Wasser, bis der Extrakt auf die Hälfte des Ausgangsvolumens eingekocht ist, bei Durchfall je einen Teelöffel vor und nach dem Schlafengehen [57]. Aufguß mit 4 g Droge auf 150 mL als Einzelgabe bei Kinderdurchfall [42]. Äußerliche Anwendung. Abkochung einer Handvoll Blätter als Gurgelmittel bei Halsentzündungen [54].

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Datenstand

15.08.2010