Dryas

Dryas-octopetala-Kraut

Verfasser

Carola Schennen

Übersicht

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Gliederung

G Dryas

A Dryas octopetala L.

D Dryas-octopetala-Kraut

Synonyme

Herba Dryadis octopetalae [6]; Herba Chamaedryos alpinae [9]

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Silberwurzkraut [16].

Definition der Droge

Die getrocknete ganze Pflanze.

Charakteristik

Stammpflanzen: Dryas octopetala L.

Schnittdroge: Geschmack. Schwach adstringierend [6]. Geruch. Fast geruchlos.

Mikroskopisches Bild: Wurzel im Querschnitt. [6] Abschlußgewebe der Wurzel eine Korkschicht, i. a. 6 Zellagen hoch, dünnwandig, tangential gestreckte Zellen. Darunter der Perizykel aus 1 bis 2 Lagen verdickter, ovaler oder rechteckiger, tangential gestreckter, dicht aneinanderschließender Zellen. Im Phloem dickwandige, verholzte, in Gruppen angeordnete Bastfasern, dazwischen 1 bis 3 Zellreihen breite Markstrahlen aus dünnwandigen, viereckigen Zellen. 1 bis 3 Lagen dünnwandiges Kambium, darunter das Xylem aus sehr dickwandigen, 10 bis 60 μm großen Gefäßen, unregelmäßig oder mehr oder weniger in radialen Reihen angeordnet. Dazwischen Markstrahlen mit reich getüpfelten, sehr stark radial gestreckten Zellen. Dickwandiges Holzparenchym, radial angeordnet. Mark fehlt. Blatt im Querschnitt. [6] Obere Kutikula etwa doppelt so dick wie die Zellwand der Epidermis. Zellen der Epidermis quadratisch mit geraden Zellwänden, etwa 25 μm hoch (entspricht 1/10 des Gesamtquerschnitts). Dreireihiges Palisadenparenchym (entspricht mehr als der Hälfte des Mesophylls), wobei die innerste Reihe nur halb so hoch ist wie die beiden anderen, oft durch tangentiale Wände geteilt. Lockeres Schwammparenchym. 30 μm große Oxalatdrusen und -kristalle in Zellen ober- und unterhalb der Leitbündel. Untere Epidermis aus rechteckigen, flacheren Zellen als obere Epidermis. Zahlreiche einzellige, gewundene Haare. Untere Kutikula dünner als obere.Flächenschnitt obere Epidermis. [6] Polygonale Zellen, etwa 30 μm, mit geraden Wänden, z. T. perlschnurartig verdickte Zellwände. Wenige bis 500 μm lange, unverholzte Haare. Spaltöffnungen fehlen. Flächenschnitt untere Epidermis. [6] Polygonale Zellen mit gebogenen, wenig, selten perlschnurartig verdickten Zellwänden, zahlreichen Spaltöffnungen, diese 16 bis 20 μm groß. Dichter filziger Belag von einzelligen, unverholzten, stark gewundenen Haaren, vereinzelt unterseits der Leitbündel Köpfchenhaare mit zweizelligem Stiel und kleinem rundlich-ovalen Köpfchen.

Pulverdroge: Mikroskopisches Bild. Fragmente der Wurzel. Korkzellen, verholzte Fasern, Gefäße. Fragmente von Blatt und Blüte. Häufig Epidermiszellen mit perlschnurartigen Verdickungen, Flächenansicht der unteren Epidermis mit weißem Haarfilz, einzellige, bis 500 μm lange Haare, Oxalatdrusen und Einzelkristalle, selten dreieckig gerundete Pollenkörner mit rauher Exine [6].

Inhaltsstoffe: Gerbstoffe. Als Monomere der vorhandenen Catechingerbstoffe konnten in den Blättern Procyanidin und Propelargonidin [10] sowie 2S,3S-(+)-Epicatechin (ent-Epicatechin) [11] nachgewiesen werden. Die für Rosoideae charakteristische Ellagsäure, die bei der Hydrolyse von Ellagitanninen entsteht, fehlt [10]. Flavonoide. Die oberirdischen Pflanzenteile enthalten zur Blütezeit Flavonoide vom Typ des Quercetins, Kämpferols, Isorhamnetins, Limocitrins und Gossypetins [10], darüberhinaus auch die des sehr seltenen Corniculatusins (= 8-Methoxyquercetin) sowie des Sexangularetins (= 8-Methoxykämpferol) [10].

Gossypetin

Corniculatusin

Die Hauptkomponenten sind je nach Standort Glykoside des Quercetins, Gossypetins und Corniculatusins [10]. Ersteres liegt entweder als 3-O-β-D-Galaktopyranosid (= Hyperin), 3-O-α-L-Arabinofuranosid (= Avicularin) oder 3-O-β-L-Arabinosid vor [11]. Die beiden 8-Methoxyflavone konnten jeweils als 3-O-β-D-Galaktopyranoside nachgewiesen werden, Corniculatusin außerdem in Verknüpfung mit α-L-Arabinose [11]. Das Muster der Flavonoidaglykone vonDryas octopetala französischer und norwegischer Herkunft stimmte überein [10]. Es ist fraglich, ob neben den O-Glykosiden auch Flavonoidaglykone genuin in Dryas enthalten sind [11]. Flavonolgehalt: 0,72 bis 1,57 % zur Blütezeit (je nach Standort) [10]. Triterpene und Wachse. Das Kraut von Dryas octopetala enthält Tormentosid [8], ein Diglucosid der Tormentillsäure (= 2α,19α-Dihydroxyursolsäure) [17]. Vermutlich bildet Tormentosid mit den vorhandenen Gerbstoffen wasserlösliche Komplexe, wie dies bei anderen Rosaceen nachgewiesen wurde [12]. Triterpenole sind auch zu über 50 % am Aufbau der relativ dicken Kutikula der oberen Blattepidermis beteiligt; sie liegen hier ebenso wie die zu ca. 30 % vorhandenen Wachse als Ester vor [13].

Gehalt: In Wurzeln: 2,5 bis 5,5 % Gerbstoffe. In Blättern: 7,5 bis 14 % Gerbstoffe. Der Gerbstoffgehalt der Pflanze steigt bis zur Blütezeit an und sinkt anschließend fast um die Hälfte ab. Auf Grund von Untersuchungen wird vorgeschlagen, lediglich die Blätter als Gerbstoffdroge einzusetzen, da sie einen deutlich höheren Gehalt als die Wurzeln aufweisen, und diese zur Blütezeit Ende Juni zu ernten [6]. Dies käme auch dem Erhalt der natürlich vorkommenden Dryasflora zugute [6].

Wirkwertbestimmung: Hautpulvermethode. 2 bis 4 g Drogenpulver mit 250 mL Wasser 30 min unter Rückfluß erhitzen, abkühlen, filtrieren. Die ersten 10 mL verwerfen, 25 mL einengen, im Trockenschrank bis zur Gewichtskonstanz trocknen, veraschen. 50 mL des oben gewonnenen Filtrats mit 2 bis 4 g Hautpulver 30 min schütteln, filtrieren, davon 25 mL einengen, bis zur Gewichtskonstanz trocknen und veraschen. Trockenrückstand und Asche des Hautpulvers im Blindversuch ermitteln. Diese Werte vom zweiten Trockenrückstand und der Asche abziehen. Aus der Differenz von Trockenrückstand und Asche ergibt sich die Masse an löslichem organischen Anteil, der beim zweiten Ansatz um die Menge an Gerbstoffen vermindert ist [6].

Verwendung: Die in der Arktis beheimatete Dryas integrifolia VAHL reichert Caesium-137 im Pflanzengewebe an; hier kann es mit entsprechenden Methoden nachgewiesen werden, wenn im Boden bereits keine radioaktive Kontamination mehr aufzufinden ist [14]. Die Autoren bezeichnen die Pflanze deshalb als biologischen Monitor zur Bestimmung des Fallouts.

Pharmakologie

Wirkungen: Die gereinigten Flavonoidglykoside zeigten in vitro keine Wirkung am isolierten Herzen des Meerschweinchens [11].

Volkstümliche Anwendungen &

andere Anwendungsgebiete

Bei Diarrhoe und Magenleiden; [6] in den Alpenländern dienen die Laubblätter als Tee-Ersatz (Kaisertee, Schweizertee) [15]. Da die oben aufgeführten adstringierend wirkenden Gerbstoffe ebenso wie die Flavonoidglykoside mit heißem Wasser extrahierbar sind [11], erscheint die Anwendung sinnvoll.

1. Melchior H (1964) A Engler's Syllabus der Pflanzenfamilien, 12. Aufl., Gebrüder Borntraeger, Berlin-Nikolassee

2. Hultén E (1959) Sv Bot Tidskr 53:507–542

3. Komarov VL, Shishkin BK, Yuzepchuk SV (1941) Flora of the U.S.S.R., Vol. X, Moskva, Leningrad in engl. Übersetzung Israel Program for Scientific Translations, Jerusalem 1971, S. 197–208

4. Hultén E, Fries M (1986) Atlas of North European Vascular Plants, 1. Aufl., Koeltz Scientific Books, Königstein

5. Elkington TT (1965) Studies on the variation of the genus Dryas in Greenland, CA Reitzels Forlag, København

6. Schulthess H (1945) Pharmakognostisch-anatomische und chemische Untersuchungen von Drogen der Genera Geum, Sieversia und Dryas, Dissertation Zürich

7. FEu, Bd. 2, S. 34

8. Steinegger E, Peters K (1966) Pharm Acta Helv 41:102–108 [PubMed]

9. Berger F (1981) Synonyma-Lexikon der Heil- und Nutzpflanzen, österreichische Apotheker-Verlags GmbH, Wien

10. Pangon JF, Jay M, Voirin B (1974) Phytochemistry 13:1.883–1.885

11. Servettaz O, Colombo ML, De Bernardi M, Uberti E, Vidari G, Vita-Finzi P (1984) J Nat Prod 47:809–814[PubMed]

12. Pourrat A et al (1963) Ann Pharm Fr 21: 55, zit. nach [17] [PubMed] [PubMed]

13. Lütz C, Gülz PG (1985) Z Naturforsch 40c:599–605

14. Svoboda J, Hutchinson-Benson E, Taylor HW (1986), J Environ Radioact 4:65–76

15. Heg

16. Hoppe HA (1975–1987) Drogenkunde, 8. Aufl., W. de Gruyter Verlag, Berlin New York

17. Hgn

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Datenstand

24.01.2013