Josef Heni
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G Persea
D Persea americana hom. HPUS 88
Oleum Avocado
Avocado pear oil; Huile d'avocado; Olio di avocado; Aceite de aguacate.
Avocadoöl – DAC 86
Das aus dem Fruchtfleisch durch Auspressen gewonnene, gegebenenfalls raffinierte Öl DAC 86.
Stammpflanzen: Persea americana MILL.
Herkunft: Mittelamerika.
Gewinnung: Die reifen Früchte werden nach der Ernte einige Zeit gelagert. Während der Lagerung nimmt der Wassergehalt der Frucht ab, und das Fruchtfleisch wird weich und butterartig [9], [10]. Aus den Früchten wird das Öl durch Auspressen gewonnen und gegebenenfalls raffiniert.
Ganzdroge: Geschmack. Mild. Geruch. Schwach. Aussehen. Avocadoöl ist ein nichttrocknendes klares, gelbes bis schwach gelbgrün gefärbtes Öl [36].
Inhaltsstoffe: Das Avocadoöl besteht aus etwa 85 % Triglyceriden [17]. Außerdem wurden freie Fettsäuren, Partialglyceride und Phospholipide nachgewiesen [9], [10]. Als Charakteristikum gilt das Vorkommen der cis-9-Hexadecensäure, auch Palmitoleinsäure oder Zoomarinsäure genannt, in einer durchschnittlichen Konzentration von etwa 6 % [9], [10]. Der unverseifbare Anteil setzt sich zusammen aus C18- bis C22-Kohlenwasserstoffen (etwa 20 %), aus Triterpenalkoholen (etwa 30 %, z. B. Cycloartenol, 24-Methylcycloartenol) und aus Sterolen (etwa 45 %, z. B. Cholesterol, β-Sitosterol und Campesterol) [9]. Durch einen Gehalt von ca. 0,007 bis 0,02 % an Tocopherolen besitzt Avodacoöl eine gute natürliche Oxidationsstabilität [11]. Als weitere Inhaltsstoffe wurden die Vitamine A, D und E, Carotinoide [9] und antibakteriell wirksame Kohlenwasserstoffe [12] nachgewiesen.
Identitaet: Die Iodzahl des Öls liegt zwischen 80 und 95, die Verseifungszahl zwischen 187 und 195; es ist in Wasser und Ethanol 96 % praktisch unlöslich, mit Dichlormethan, Ether und Petroläther mischbar DAC 86. Die Viskosität beträgt etwa 70 mPa ⋅ s [9].
Reinheit: – Aussehen: Avocadoöl muß klar sein und darf nicht stärker gefärbt sein als die Mischung definierter Mengen der DAB 9-Stammlösungen Gelb, Blau und Rot DAC 86. Alkalisch reagierende Substanzen: Muß der Prüfung entsprechen DAC 86. Relative Dichte: 0,915 bis 0,923 DAC 86. Brechungsindex: 1,468 bis 1,476 DAC 86. Säurezahl: Höchst. 1,0 DAC 86. Peroxidzahl: Höchst. 15 DAC 86. Unverseifbare Anteile: Höchst. 2,0 % (m/m)DAC 86. Perchlorethylen: Höchst. 0,1 ppm DAC 86. Verdorbenheit: Avocadoöl darf nicht ranzig riechen oder schmecken. Nach einer modifizierten Kreis-Reaktion wird die Färbung einer salzsauren, resorcinhaltigen Ausschüttelung mit derjenigen einer verdünnten Kaliumpermanganatlsg. verglichen DAC 86. Fremde Öle: Gaschromatographische Bestimmung der Grenzwerte folgender Fettsäuren: Gesättigte Fettsäuren mit weniger als 16 C -Atomen (höchst. 2 %), Palmitinsäure (mind. 5 und höchst. 25 %), Palmitoleinsäure (mind. 1 und höchst. 10 %), Stearinsäure (höchst. 3 %), Ölsäure (mind. 54 und höchst. 74 %), Linolsäure (mind. 6 und höchst 16 %), Linolensäure (höchst. 3 %), sonstige Fettsäuren (höchst. 1 %) DAC 86.
Lagerung: Vor Licht geschützt, in dicht verschlossenen, dem Verbrauch angemessenen, möglichst vollständig gefüllten Behältnissen oder unter Intertgas. Zur Lagerung dürfen Öle aus verschiedenen Lieferungen nicht miteinander gemischt werden DAC 86.
Verwendung: Zur Herstellung von Haut- und Körperpflegemitteln, z. B. öligen Lösungen, Emulsionen und Cremes[9], [28]. Als Speise- und Backöl [14].
Eine 44jährige Frau entwickelte nach der Anwendung einer „Kräuter“-Sonnencreme eine Dermatitis. Mit einem Allergietest wurde das in der Sonnencreme enthaltene Avocadoöl als allergieauslösendes Agens identifiziert [24]. Die in Avocadofrüchten enthaltene, nicht in das fette Öl übergehende Mannoheptulose bewirkt bei Aufnahme größerer Mengen eine Hyperglykämie. Die Mannoheptulose hemmt die Insulinsekretion, eventuell auch die Insulinsynthese. Im Verlauf von 6 h werden 80 bis 90 % des Kohlenhydrats mit dem Harn ausgeschieden. Vorsicht beim Genuß der geschälten und entkernten rohen Früchte ist geboten. Diabetiker sollten sie nicht essen [33].
Es sind zwei Fälle von Blutgerinnungsstörungen nach Verzehr von Avocadofrüchten dokumentiert [23]. Ein 15jähriges Mädchen aß regelmäßig 100 g der Frucht, eine 30jährige Frau an zwei aufeinanderfolgenden Tagen etwa 200 g der Frucht. Beide waren warfarinisiert und zeigten nach dem Avocadogenuß eine verminderte Warfarinwirkung. Ein Reexpositionsversuch bei der Frau bestätigte den Zusammenhang zwischen Abnahme der Warfarinwirkung und dem Verzehr der Avocadofrucht. Über den pharmakologischen Mechanismus der Wechselwirkung ist nichts bekannt. Ein Fall einer Wechselwirkung zwischen dem Verzehr von Avocadofrüchten bzw. der Einnahme des aus Avocadofrüchten hergestellten Getränks „Guacamole“ und dem Monoaminooxidasehemmer Tranylcypromin ist beschrieben [25]. Ein 35jähriger Mann, der wegen Depressionen mit Tranylcypromin (50 mg/Tag) behandelt wurde, entwickelte nach der Einnahme von 4 Avocadofrüchten und nach dem Genuß von Guacamole eine hypertensive Krise mit einem Blutdruck von 206/108 mm Hg. Da die Avocadofrüchte selbst keinen außergewöhnlich hohen Tyramingehalt aufweisen (ca. 23 μg/g), vermuten die Autoren, daß die für die Herstellung des Guacamole verwendeten voll ausgereiften Früchte einen höheren Tyramingehalt besitzen und deshalb für die hypertensive Krise verantwortlich sein könnten [25], [31]. Inwiefern die pharmakologisch aktiven Verbindungen in das Öl übergehen, ist nicht bekannt.
Acute Toxizität:
Tier. Bei Pferden, welche größere Mengen Avocadofrüchte und -blätter gefressen hatten, wurden eine Mastitis und kolikartige Symptome mit Durchfall beobachtet [26]. Da die dafür verantwortlichen Inhaltsstoffe bislang nicht identifiziert werden konnten, ist das Risiko bei Einnahme von Avocadoöl nicht beurteilbar.
Chronische Toxizität:
Tier. Experimentelle Untersuchungen an Ratten ergaben Hinweise auf das Vorhandensein von hepatotoxischen Verbindungen in den unverseifbaren Anteilen des Samenöls [27]. Weibliche Ratten wurden mit einer mit 10 % Avocadoöl angereicherten Diät über insgesamt 4 Wochen gefüttert. Folgende Öle wurden verwendet: Gruppe A: Durch Zentrifugieren gewonnenes raffiniertes Öl aus dem Fruchtfleisch; B: Raffiniertes Öl mit 10 % Zusatz von durch Chloroform-Methanol-Extraktion gewonnenem Samenöl; C: Unraffiniertes Öl aus Frucht und Samen, mittels Hexan-Extraktion gewonnen; D: Raffiniertes Öl mit 5 % Zusatz von nicht verseifbaren Anteilen von nicht raffiniertem Öl aus Frucht und Samen; E: Unraffiniertes Öl aus Frucht und Samen, durch Zentrifugieren gewonnen; F: Unraffiniertes Öl aus dem Fruchtfleisch, durch Zentrifugieren gewonnen. Die Ratten (Gruppengröße jeweils 7 Tiere) aus den Gruppen B, C und D entwickelten signifikant häufiger eine Fettleber (Leberfettgehalt: 4,98 bis 5,88 %, Kontrolle 4,13 %; p < 0,01) und Steatose, die Aktivität der alkalischen Phosphatase war in diesen drei Gruppen ebenfalls signifikant erhöht (215 bis 306 Einheiten/L, Kontrolle 134 Einheiten/L; p < 0,01).
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36. DAC 86
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24.01.2013