Lophophora

Lophophora-williamsii-Sproß

Verfasser

Rudolf Brenneisen, Hans-Jörg Helmlin

Übersicht

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Gliederung

G Lophophora

A Lophophora williamsii (LEM. ex SALM-DYCK) COULT.

D Anhalonium lewinii hom. HAB 34

D Lophophora williamsii hom. HPUS 78

D Lophophora-williamsii-Sproß

Sonstige Bezeichnungen

dt.:Lophophora-williamsii-Kopf, Lophophora-williamsii-Krone, Peyote-Kopf [11]; Mescal Buttons [8], [16], Peyote Buttons [8], [16].

Definition der Droge

Der nadelkissenartige, oberirdische, quer abgeschnittene und getrocknete, zäh-korkige Sproß.

Stammpflanzen: Lophophora williamsii (LEM. ex SALM-DYCK) COULT.

Herkunft: s. → Verbreitung von L. williamsii. Aufgrund der leichten Kultivierbarkeit durch vegetative Vermehrung lateraler Sprosse oder durch Aufpfropfen eines Sämlings auf einen Wurzelstock [8] ist Lophophora williamsii seit ein paar Jahren in einigen europäischen Ländern (z. B. Schweiz) auch als Zierkaktus (!) über den Blumenhandel zugänglich [12].

Gewinnung: Wurzel und Haarschopf werden abgeschnitten und das besonders mescalinreiche und chlorophyllhaltige Mittelstück („Mescal Button“) als Scheibe getrocknet [33].

Schnittdroge: Geschmack. Die Mescal Buttons besitzen einen widerlichen, sehr bitteren, krautigen Geschmack, schwellen beim Kauen im Munde an und hinterlassen ein Gefühl von Stechen im Halse [17], [34]. Aussehen.Braune, rundliche Scheiben, Durchmesser 3 bis 4,5 cm, Dicke 0,5 cm; an der Unterseite in der Mitte eine helle, runde Narbe; von dem wellig umgebogenen Rand laufen spiralig nach der Mitte der Oberseite kleine, mit kurzen Haaren besetzte Höcker, in der Mitte selbst ein Büschel weißer, weicher, einfacher Haare.

Mikroskopisches Bild: Da der Peyote-Kaktus kaum charakteristische morphologische Elemente aufweist, ist eine mikroskopische Beurteilung der Schnitt- und Pulverdroge wenig aussagekräftig [33].

Inhaltsstoffe: s. → Inhaltsstoffe von Lophophora williamsii. In getrockneten, oberen Scheiben von Mescal Buttons wurde ein Totalalkaloidgehalt von 3,7 %, in frischen Peyote-Köpfen von 0,41 % gemessen [26].

Identitaet: Schnelltest: Die für die Methylendioxy-Gruppen von Anhalonin, Lophophorin und Peyophorin spezifische Farbreaktion mit Chromotropsäure läßt sich als Schnelltest für den Peyote-Kaktus verwenden. Chromotropsäure bildet mit Formaldehyd, welcher unter Säureeinwirkung aus der Methylendioxygruppe der Alkaloide gebildet wird, ein farbiges Kondensationsprodukt [35]. DC: [36], [37] Sorptionsmittel: Kieselgel GF254; FM: Chloroform-Methanol-konz. Ammoniak (82+17+1) oder Methanol-konz. Ammoniak (100+1,5); Detektion: 1. UV 254 nm, 2. Fluorescamin- oder Ninhydrin-Reagenz. Geeignet für die Aufnahme von qualitativen und quantitativen Profilen der wichtigsten Alkaloide im Drogenmaterial sind GC [36] und HPLC [12], [36]. GC: a) Gepackte Glassäulen, 5 % SE-30 auf 100 bis 120 mesh Gas Chrom Q, 2 m × 2 bis 4 mm Innendurchmesser, 150 °C, FID, N2. b) Fused-Silica-Kapillarsäulen: Durabond DB-5, 20 m × 0,18 mm Innendurchmesser, 0,40 μm-Film, 150 °C (1,5 min), 150 bis 280 °C (10 °/min), FID oder NPD, He. HPLC: Reversed-Phase-Säule, Spherisorb ODS-1, 3 μm, 15 cm × 4,6 mm Innendurchmesser; Acetonitril-Wasser-Orthophosphorsäure 85 %-Hexylamin (892+108+5+0,28), 1 mL/min; UV 205 nm.

Gesetzliche Bestimmungen: Der Peyote-Kaktus und Mescalin sind aufgrund des Suchtpotentials und der geringen medizinischen Bedeutung in den meisten Ländern der Betäubungsmittelgesetzgebung unterstellt und nicht verkehrsfähig [43]. Eine Ausnahmeregelung gilt für die Mitglieder der „Native American Church“ [8], [20], [21]. Lophophora-Arten sind bis jetzt nicht direkt von der Ausrottung bedroht, gelten aber wie die meisten Cactaceae gemäß dem Washingtoner Artenschutzabkommen von 1973 als gefährdet, wenn der Handel in Zukunft nicht einer strengen Regelung unterliegt.

Pharmakologie

Wirkungen: Pharmakologische Studien mit dem Peyote-Kaktus unter kontrollierten Bedingungen sind nicht bekannt. Die pharmakologischen Eigenschaften von → Mescalin sind detailliert in der entsprechenden Stoffmonographie beschrieben. Außerdem s. Lit. [23]

Peyote ist eines der ältesten bekannten Halluzinogene, welches schon in präkolumbianischer Zeit von mittelamerikanischen Volksstämmen verwendet wurde, z. B. von den Azteken als divinatorische Droge bei religiösen Handlungen [38]. Der rund 3000 Jahre alte „Peyote-Kult“ („Peyotismus“) hat seinen Ursprung in einer Erstfruchtzeremonie der Eingeborenen Mexikos und wird noch heute von Huichol-Indianern aus der Sierra Madre bei religiösen Festen, zur Krankenheilung und zur Wahrsagerei benutzt [11], [18], [19]. Der Peyote-Kult breitete sich dann im frühen und mittleren 19. Jahrhundert von Mittelamerika nach Nordamerika aus und ist heute die wichtigste Religion von rund 300.000 nordamerikanischen Indianern aus einigen Dutzend Stämmen in den Vereinigten Staaten und Kanada (z. B. Navaho, Taos Pueblo, Kiowa, Comanchen). Viele dieser Eingeborenen sind Anhänger der „Native American Church, Incorporated“, welche über eine Ausnahmebewilligung für den Peyote-Konsum verfügt [11],[17]-[21], [38], [39]. Die weite Entfernung von den natürlichen Verbreitungsgebieten bedingt die Beschaffung der Peyote Buttons über den Handel oder mit der Post. Peyote Buttons werden frisch oder getrocknet, ganz oder zermahlen gegessen, manchmal als Absud getrunken, meist aber im Mund mit Speichel vermischt und nach starkem Kauen, gelegentlich auch ohne Kauen, geschluckt [24]. Durchschnittlich werden 12 Stück Mescal Buttons pro Sitzung konsumiert [11]. Beim Kult sind auch Frauen zugelassen, Kinder dürfen zusehen. Detaillierte Beschreibung eines Peyote-Kultanlasses s. Lit. [11], [17], [20], [21]

Toxikodynamik: Peyote. Die psychotropen Effekte nach Peyote-Konsum sind primär auf den Gehalt von → Mescalin zurückzuführen [1], [24], [27]. Die Nebenalkaloide N-Acetylmescalin, N-Methylmescalin, 3,4-Dimethoxyphenylamin, Tetrahydroisochinolin-Derivate sind auch in hohen Dosen nicht halluzinogen [24], [40], [41]. 4 bis 12 Stück Mescal Buttons verursachen visuelle (kaleidoskopartige, farbenprächtige), auditive, geruchs- und tastempfindliche, geschmackliche, kinästhetische und synästhetische Halluzinationen [11], [17]. Der Rauschzustand durchläuft zwei Stadien: Zuerst tritt ein Gefühl allgemeiner Zufriedenheit bei stark verfeinertem Empfindungsvermögen auf. Anschließend ist eine zunehmende Erschlaffung der Muskeln, begleitet von einem Gefühl tiefen Seelenfriedens zu beobachten, während sich gleichzeitig die Aufmerksamkeit gegenüber der Außenwelt verringert und die meditative Konzentration zunimmt [11]. 10 bis 12 Stück rufen nach einem Vorstadium mit Übelkeit und Kopfschmerz Visionen ähnlich denjenigen nach Cannabiskonsum hervor; nach dem Rausch folgt Schlaflosigkeit [42].

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Datenstand

24.01.2013