Strabismus (Schielen)

Definition:

    • Augenmsukelgleichgewichtsstörung mit Augenfehlstellungen

Klassifikation:

    1. Strabismus concomitans (Begleitschielen, manifestes Schielen)
    2. Heterophorie (latentes Schielen)

Strabismus concomitans:

    • Schielwinkel im Gegensatz zum Lähmungsschielen in allen Blickrichtungen gleich
    • 60-70% vor 2. Lj. bei insgesamt 5-7% aller Kinder
    • bei Geburt kein scharfes oder binokulares Sehen vorhanden => in ersten Jahren sensomotorische Koordination sehr labil
    • Ätiologie: genetisch (60% familiäre Häufung) / unkorrigierte Refraktionsfehler z.B. Hyperopie (Kind muss beim Sehen in Ferne akkomodieren ohne zu konvergieren => dies immer gekoppelt => Einwährtsschielen) / Fusionsschwäche mit Anisometropie (ungleicher Brechzustand) / Aniseikonie (ungleiche Bildgröße) / längere einseitige Augenabdeckung bzw. einseitige Sehschwäche / Asphyxie / Frühgeburt / Gehirntrauma / Enzephalitis
    • Pathogenese: Suppresion als Zentral-,Fixierungsskotom => Amblyopie ab 6.-8. Lj. irreversibel

Esotropie, Strabismus convergens (Einwärtsschielen):

    • Form Strabismus concomitans => Sehachse nach innen
    • kongenital mit großen, wechselndem Schielwinkel / fehlendes Binokularsehen / latenter Nystagmus bei Abdeckung eines Auge / Kopfschiefhaltung in Richtung führendes Auge => A-Syndrom (Innenschielwinkel nimmt bei Blickhebung zu) bzw. V-Syndrom (umgekehrt)
    • erworben entweder zwischen 1.-3. Lj. (häufiger) oder zwischen 3.-7. Lj. => bei letzterem schon binokulares Sehen erlernt => Suppression nicht sofort möglich => Doppelbilder + Augen zukneifen
    • sofortige Therapie mittels objektiver Refraktionskontrollen mit Mydriasis + Ausgleich Schielwinkel mit Prismenfolien an Brille => ansonsten OP
    • Mikrostrabismus: unauffälliges einseitiges Einwärtsschielen (bis 5°) => zu spät erkannt => Amblyopie + anomale retinale Korrespondenz => Okklusion gegen Amblyopie

Exotropie, Strabismus divergens (Auswärtsschielen):

    • Form Strabismus concomitans => Sehachse nach außen => seltener als Esotropie bei Kindern, häufiger bei Erwachsenen => meist erworben + seltener Amblyopie (oft Strabismus alternans) / Panoramasehen (vergrößertes Gesichtsfeld)
    • Intermittierendes: Schielwinkel nur in Ferne (häufigste Form)
    • Sekundäres: bei Sehschärfenreduktion durch Erkrankunge, Verletzung
    • Konsekutives: Überkorrektur eines Innenschielens

Strabismus alternans (alternierendes):

    • Form Strabismus concomitans => kein festes Führungsauge => wechselseitiges Schielen + zentraler Unterdrückung jeweilig schielendes Auge => beste Prognose da geringstes Risiko Amblyopie

Heterophorie

    • primär immer Parallelstand Augen + binokuläres Sehen bei Muskelgleichgewichtsstörung beider Augen => 60-80% mit Zunahme im Alter
    • Fusionsschwäche manifest z.B. durch Alkohol, Stress, Commotio
    • Esophorie (latentes Abweichen Sehachse nach innen) vs. Exophorie (nach außen)
    • Hyperophorie (latenter Höherstand eines Auges) vs. Hypophorie (Tiefstand)
    • Zyklophorie (latente Verrollung eines Auges um Sehachse)
    • Klinik: Kopfschmerzen / Verschwommensehen / Diplopie (Doppeltsehen) / schnelle Ermüdbarkeit Augen

Diagnose:

    • Cover-Test zur Unterscheidung monolaterales, bilaterales Schielen / Ausmessen Schielwinkel mit Prismengläsern bzw. Maddox-Kreuz / Lichtstreifen-Test nach Bagolini / Lang-Test zur Prüfung Binokularsehen
    • bei Heterophorie: Aufdecktest (Reaktion des eben noch abgedeckten Auges beim Wiederaufdecken => Fusionsaufnahmebewegung)

Therapie:

    • bei Kindern: Brille / Okklusion führendes Auge (bei leichter Amblyopie stundenweise abdecken, bei schwerer altersentsprechend; Altersgerenze 9. Lj.) / operative Stellunskorrektur (nicht < 4. Lj. / vor Einschulung)
    • bei Erwachsenen: normales Binokularsehen meist nicht mehr erreichbar => Brille
    • Ziel frühkindliches Schielen: alternierendes Schielen mit voller Sehschärfe + zentraler Fixation => Binokularfunktion nicht mehr positiv beeinflussbar (bei Spätschielen schon)
    • bei Heterophorie: nur bei Beschwerden durch orthoptische Übungen / OP nur wenn latentes in manifestes Schielen übergeht