Tagebucheintrag vom 26.11.2011:

Live-Kaktus

Um für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen hatten wir unser heutiges Frühstück schlicht und ergreifend verschlafen. Damit ist das gestrige, unerlaubte Frühstück refinanziert worden. Das es aber nur bis 10:00 Uhr morgens Frühstück gibt, ist ziemlich knapp bemessen.

Es war sowieso an der Zeit, dass wir uns die Glitzerstadt Las Vegas etwas genauer anschauten. Vom Hostel aus war der weltberühmte „Strip“ nur einen Elefantensprung weit entfernt. Der „Strip“ ist die Straße mit den vielen Kasinos, die man immer im Fernsehen sehen muss, wenn von Las Vegas die Rede ist.

Und die erste Kuriosität ließ nicht lange auf sich warten. Eine 30 cm große menschliche Figur mit heruntergelassener Hose erzeugte durch einen batteriebetriebenen Mechanismus stoßweise Wind aus einer unansehlichen Körperöffnung, der durch einen mit Laugenwasser getränkten Stahlring wehte und dabei Seifenblasen erzeugte. Wie teuer die Arschloch-Seifenblasen-Maschine allerdings war, blieb uns verborgen.

Auf dem 7 km langen „Strip“ sind wir an mindestens 10 Kapellen vorbei gekommen, in den wir hätten heiraten können. In Zweien davon hätten wir uns sogar von „Elvis“ persönlich trauen lassen können. Wir hatten uns aber zum Glück nicht getraut auch nur eine dieser Kapellen zu betreten. Da hatten auch die rosanen Zimmer nebenan für die Hochzeitsnacht nicht mehr Mut gemacht. Wir fragten uns, wer wird wohl so bescheuert sein und den schönsten Tag in seinem Leben so zu versauen.

Die Antwort folgte prompt, als ein asiatisches Brautpaar durch die Straßen von Las Vegas zog. Beide Protagonisten warteten mit 30 anderen Leuten an einer roten Ampel im Verkehrssmog. Er, ganz klassisch mit Anzug und Krawatte, trank in der Zwischenzeit seine Cola weiter, während sie, im eleganten und langem Brautkleid, beim loslaufen ihre Schlappen an den Füßen fast verlor. Sah schon romantisch aus, wie diese Deppen durch die Straßen zogen.

Und es kam noch schlimmer. Wir sahen ein weiteres Brautpaar, die schon einen echt muffigen Gesichtsausdruck aufgelegt hatten und es viel uns schwer zu sagen, wer von beiden das schlimmere Los gezogen hatte. Aber nicht das Paar an sich war das eigentliche Problem, sondern der Trauzeuge, der trotz angesichts des Hochzeitsbilds sein Handy nicht vom Ohr nehmen wollte. Die gesamt Szene schien uns sagen zu wollen, wenn man solche Freunde hat, dann braucht man keinen Ehepartner mehr.

Was wäre Las Vegas ohne mindestens einen Rekord. Im weltgrößten Souvenirladen mussten wir einfach einmal hinein schauen. Auf den Werbebannern wurde nämlich mit einem Live-Kaktus geworben und wir wollten mal wissen, was das sein sollte. Uns war schnell aufgefallen, warum es der weltgrößte Souvenirladen war. Alles, von nutzlosen Schlüsselanhängern bis hin zu unbrauchbaren Tassen, war in ca. 1000-facher Ausfertigung vorhanden. Ein Paradies für jemanden, der auf Krempel steht. Wir fühlten uns ziemlich wohl in den Laden und durchstöberten so ziemlich alle Regale. Wir fanden auch kleine einarmige Banditen für den Hausgebrauch und Sitzkissen im Pokerchipsstil. Aber einen Live-Kaktus fanden wir nicht.

Unser nächstes Ziel war das „Bellagio“, ein riesiger Gebäudekomplex in dem wir den Botanischen Garten suchten. Die Kasinos sind in der Regel so aufgebaut, dass sich die Gäste verlaufen sollen, um länger im Spiel zu bleiben. Wir wollten doch gar nicht spielen, aber verlaufen hatten wir uns trotzdem. Von Fenster aus sahen wir den Garten, doch näher kamen wir einfach nicht heran. Vor dem Kasino schauten wir uns zum Trost dafür die Fontänen-Show an. Die entschädigte vollkommen für den Garten, so gut war sie.

Wir hatten den Strip schon fast hinter uns gebracht, da sahen wir ihn. Wenn „Elvis“ nicht gerade jemanden traut, dann arbeitet er als Straßenbettler und lässt sich für Geld mit wildfremden Leuten fotografieren. Wenn er so weiter macht, dann schafft er es bestimmt noch an den „Hollywood Boulevard“ neben „Iron Man“. Es scheint ihm aber gut zu gehen, denn er hatte schon deutlich zu genommen.

Ganz am Ende des „Strip“ fanden wir das von Grit gesuchte Aquarium „Shark Reef“. Wir saßen lange im Eingangsbereich, bis ich endlich davon überzeugt war, dass sich die 18 Dollar Eintritt pro Person lohnen würden. Doch so einfach kamen wir auch nicht ins Aquarium hinein, denn es war eine ca. 50 Meter lange Warteschlange an der wir uns anstellten. Jedoch kamen wir schneller als erwartet voran und fanden uns schließlich in einem nachgebauten Jungelgebiet wieder.

Bevor wir uns jedoch den gefährlichen Tieren hinter den Glasscheiben nähern konnten, wurden wir beiseite gezogen und für ein Foto an eine neutrale Wand gestellt. Mit Hilfe eines Zettels könnten wir am Ausgang ein manipuliertes Foto abholen. Jetzt endlich konnten wir uns den gefährlichen Fischen annehmen und nach dem Jungelgebiet folgte das Tempelgebiet und darauf das Schiffswrackgebiet. Im Letzteren waren wir in einer Glasröhre unter Wasser und konnten den Haien von unten ins Maul sehen. Leider verabschiedete sich der Akku meines Fotoapparates an dieser Stelle und der Ersatzakku war sicher in der anderen Jeanshose verstaut.

Insgesamt hatte sich der Eintritt durchaus gelohnt, denn es waren wirklich sehr interessante Geschöpfe der Schöpfung zu sehen. Die zwei interessantesten Geschöpfe sahen wir allerdings erst am Ausgang. Wir Beide wurden mit Hilfe eines Fotomanipulierprogramms in den Rachen eines riesigen Haies manipuliert. Leider sahen wir immer noch so komisch aus, wie bei der Fotoaufnahme und daher verzichteten wir auf das Bild. Um dennoch eine bleibende Erinnerung an das Aquarium zu haben, nahmen wir „Gu“ in unserer Familie auf. „Gu“ ist ein kleiner, oranger Oktopus aus Plüsch.

Wir befanden uns am anderen Ende des „Strip“ und mussten zurück zum einen Ende. Diese 7 km zogen sich gewaltig in die Länge, aber wir konnten uns dafür die eindrucksvollen Kasinos noch in ihrer vollen Leuchtpracht ansehen. Ziemlich K.O. kamen wir am Hostel an und fielen buchstäblich ins Bett. Eigentlich wollten wir noch in ein Kasino gehen um zu Zocken, aber irgendwie sind wir vorher eingeschlafen.

25.11.2011                                                                                                                                                                                                       27.11.2011