Tagebucheintrag vom 16.08.2011:

Biogefahr

Heute fiel es mir sehr schwer, mich für einen Tagestitel zu entscheiden. Als wohl wichtigstes Event wäre unser 2. Jahrestag zu nennen, was mich zum romantischen Titel '2. Jahrestag' verleitet hatte. Ebenfalls wichtig könnte der Abschied von Australien sein, der dann vermutlich den emotional sensiblen Titel 'Abschied von Australien' bekommen hätte. Doch ein Ereignis stellt dies alles in den Schatten...

Geschlafen hatten wir heute Nacht ziemlich gut, jedoch schon mit einer gewissen Unruhe vor dem Aufstehen. Gleich nachdem ich meine Augen geöffnet hatte, sah ich eine Seltenheit. Einen Koalabären. 10 Zentimeter Lebensgröße saß er auf meinem Kopfkissen und knabberte an einem Blatt. Ich wusste kurz nicht, ob ich träumte oder noch schlief, bis mich Grit putzmunter liebevoll im Tag willkommen hieß. Heute war schließlich unser 2. Jahrestag und der Plüschkoala war ein Geschenk an mich. Der ist voll süß, den geb ich nicht mehr her.

Wir checkten aus, schulterten unsere Rucksäcke und verließen die Jugendherberge in Richtung Bahnhof. Auf dem Weg dahin fragte uns ein Radfahrer, ob wir den Weg zur Jugendherberge suchen würden. Es schien, als wollten uns die Australier behalten, doch leider war heute unsere Abreisetag. Allen Versuchungen zum Trotz fanden wir zielstrebig zum Bahnhof. Grit beschaffte uns auf legalem Wege zwei Tickets, die sprachlich hart umkämpft waren. Zwei Personen für zwei Zonen war für den Angestellten etwas viel Information auf einmal, darum sagte Grit es ihn zweimal. Er meinte, wir würden dafür zwei Stunden Fahrt einplanen müssen. Damit wollte er sich vermutlich rächen, denn nach 40 Minuten standen wir bereits Auge-in-Fensterglas mit dem Flughafenterminal.

Bis auf einem kurzen Aufenthalt am Sicherheitsschalter kam ich mit meinem neuen Reisepass ungehindert durch die Zollkontrolle. Wir hatten noch knapp über eine Stunde Aufenthalt und fanden zwei Steckdosen. Eigentlich wollte ich etwas Computer spielen, wurde aber von einer Frau mit Klemmbrett angesprochen, ob ich nicht ein kurzes Interview mit ihr halten könnte. Das Interview bestand daraus, unseren gesamten Australienaufenthalt zu rekapitulieren und unsere Reiseroute nachzuvollziehen. Nach einer Stunde waren wir endlich fertig damit und Grit und ich bekamen beide ein paar hübsche Lesezeichen für Bücher. Die Motive sind echt schön, nur den Computer brauchte ich jetzt nicht mehr einschalten. Grit fragte eine Stewardess, wie lange es noch dauern würde und im selben Atemzug kam per Lautsprecher die Durchsage für das Boarding. Im Flugzeug saß ein leicht verwirrter Mensch, der seine Sitzplatznummer nicht lesen konnte, aber es klärte sich alles auf. Mit knapp einer Stunde Verspätung verließen wir Australien.

In Neuseeland war es ziemlich dunkel. Das Bordentertainment bot richtig spannende Filme und so merkte ich erst auf der Rollbahn, dass wir zur Landung angesetzt hatten. Das Auschecken verlief leider nicht ganz so problematisch, denn wir hatten neben Käse und Toastbrot auch eine richtige Biowaffe mit ins Land geschmuggelt. Unser Zelt wies Spuren von Gras auf und wurde sofort konfisziert und abtransportiert. Wir selbst durften zusehen, wie unsere Rucksäcke durchleuchtet wurden, und wir konnten fast jede Einzelheit erkennen. Der Zollbeamte sah, dass ich meine Socken nicht zusammengelegt hatte. Sehr peinlich. Nach 15 Minuten wurde die Sicherheitsstufe des Flughafens wieder heruntergestuft und wir bekamen unser Zelt zurück. Die Grassporen wurden für unbedenklich eingestuft und wir durften gehen. Allerdings schienen alle Überwachungskameras auf uns gefährliche Touristen ausgerichtet worden zu sein. Wir hängten im Shuttelbus alle eventuellen Verfolger ab und befanden uns bald im Herzen von Auckland. Die Jugendherberge fanden wir ziemlich schnell und genauso schnell schickte ich Grit ins Bett. Irgendwie war sie neben der Spur und nicht mehr aufnahmefähig. Da ich weder müde noch satt war, erkundigte ich auf eigene Faust die Stadt bei Nacht. Nach einer kleinen Stärkung saß ich noch etwas da und schaute den Autos beim Fahren zu. Noch kann ich nicht glauben, dass wir in Neuseeland sind.

Da wir diesmal getrennte Zimmer bekamen, ging ich in meines und das Erste was ich zu hören bekam, war eine Entschuldigung. Ein Zimmerkollege musste in dieser Nacht schon 3:30 Uhr aufstehen und gehen. Es ist freundlich von ihm, dass anzukündigen. Damit begann die erste Nacht in einer neuen Welt.

15.08.2011                                                                                                                                                                                                         17.08.2011