Tagebucheintrag vom 06.12.2011:

Alea Iacta Est

Den viel zu frühen Morgen begegnete ich mit einer schönen, warmen Dusche. Danach sah die Welt gleich viel reinlicher aus. Das Frühstück bestand zwar nur aus trockenem Müsli, da es keine Milch mehr gab, aber unser gesamtes Augenmerk war sowieso schon auf unser nächstes Reiseziel gerichtet. Heute sollte es eine lange Busfahrt nach „Washington“ sein.

Wir kamen wie von Greyhound gewünscht pünktlich eine Stunde vor der eigentlichen Abfahrt am Terminal an und checkten schon mal ein. Eine Viertelstunde vor Abfahrt fragte Grit am Schalter noch einmal nach der richtigen Plattformnummer und kam völlig verstört wieder. Der Bus war vor 15 Minuten abgefahren und KEINER hatte etwas davon gewusst oder gesagt. Statt ein Wort der Entschuldigung anzubringen meinte die Angestellte auch noch, dass wir uns besser darum hätten kümmern sollen. So eine blöde Kuh aber auch. Ist noch nicht einmal in der Lage, ihre eigene Arbeit zu machen.

Nachdem ich Grit etwas beruhigen konnte, ließen wir unsere Optionen Revue passieren. Am besten verkrochen wir uns in eine warme Ecke mit Strom und Internetzugang. Ganz klar, es ging zu McDonalds. In den nun folgenden 10 Stunden hatten wir viele Möglichkeiten gefunden, Greyhound unsere Missbilligung kund zu tun und Eine nach der Anderen verwarfen wir wieder.

Stattdessen machten wir uns neue Pläne. Wir recherchierten im Internet über weitere Busverbindungen und mögliche Ziele. Unsere Reservierung in „Washington“ mussten wir leider streichen und die 10% Anzahlung verfiel damit. Auf Schadensersatz brauchten wir ohnehin nicht zu spekulieren. Nachdem wir uns ein wenig mehr beruhigt hatten, machten wir Lose. Auf 6 Blättern schrieben wir 2 mal 3 Ziele und zogen so lange gleichzeitig, bis wir identische Ziele hatten. Neben „Washington“ und „Vancouver“ fiel die Wahl nach langem Ziehen schließlich auf „Houston“.

Also hatten wir alle wichtigen Informationen über „Houston“ gesammelt und wollten mit diesem Ziel Greyhound erneut ansteuern. Auf dem Weg dorthin entschieden wir uns um. Jetzt wollten wir viel lieber nach Los Angeles zurück fahren, um uns die Westküste bis nach „Vancouver“ näher in Augenschein zu nehmen. Nichts ist beständiger als die Änderung.

Zum Glück war die blöde Kuh nicht mehr am Schalter. Ob sie Feierabend hatte oder gekündigt wurde, war uns auch ziemlich egal geworden. Nun betreute uns eine junge Dame und meinte fröhlich, ja der Bus ist zwar schon voll besetzt, aber wenn wir uns vordrängeln würden, dann bekämen wir auch einen Sitzplatz. Grit fragte noch, ob wir einen Platz reservieren könnten. Daraufhin kam eine Antwort, bei der Greyhound bei uns völlig unten durch war. Wir könnten zwar reservieren, aber das ist keine Sitzplatzgarantie. Wie kann man im nüchternen Zustand nur solche Sätze bringen?

Unpünktliche Busse, inkompetentes Personal und unorganisiertes Abfertigungssystem. Greyhound, ein Unternehmen stellt sich vor.

Wir stellten unsere Rucksäcke direkt vor die Plattformtür und waren somit fast die ersten, die in den Bus einsteigen dürften. Wir trafen hier auch einen Mann wieder, den wir heute Morgen schon einmal begegnet waren. Auch er schien nicht glücklich darüber zu sein, mit dem Bus fahren zu müssen, aber das Eis war schnell gebrochen und wir unterhielten uns lebhaft miteinander.

Während des Gespräches fragte uns ein anderer Mann, ob das unsere Plüschfigur sei, die seine junge Tochter da in Händen hielt. Wir schauten die Tochter an, die Plüschfigur, unser Gepäck und wieder die Plüschfigur. Da hatte das Mädchen doch glatt unseren „Gu“ geklaut. Doch ohne ein Wort des Protestes gab sie uns „Gu“ zurück. Ihre Neugierde war längst auf einen Mann mit Kinnpiercing gerichtet gewesen und ohne Zeit zu verlieren zog sie auch schon an dem Piercing. Alle lachten darüber, sogar der Piercingbesitzer, der sehr überrascht schien.

Das Theater mit dem Bus war noch lange nicht vorbei. Ein Wachmann musste uns die Mitteilung ausrichten, dass die Busse zwar abfahrbereit dastanden, die Fahrer aber in einem Schneesturm festsaßen. Uns wurde es jetzt zu bunt. Da wir einen „Discovery Pass“ besaßen, konnten wir jederzeit, mit jedem Bus an jedes Ziel in den USA und Kanada reisen und wir entschieden uns, den nächsten Bus zu nehmen der fuhr. Damit war die Sache klar, oder um es mit den Worten des alten Ceasar auszudrücken: „Alea Iacta Est!“ („Die Würfel sind gefallen!“)

05.12.2011                                                                                                                                                                                                       07.12.2011