Immer wieder wird diese Frage gestellt. Und immer wieder bleiben die Menschen an diesen Überlegungen hängen. Zurecht. Denn die Fragestellung ist komplex und fordert jeden heraus, sich die Dinge und Umstände selbst vorzustellen.
Gut lassen sich die Zusammenhänge durchdenken, wenn Beispiele genutzt werden.
Nehmen wir zum Beispiel eine Wohngemeinschaft, die als eine Art »Großfamilie« organisiert ist. Die Bewohner geben alle ihre individuellen Einkommen »in einen Topf«. Ein Großteil an benötigten Gütern und Dienstleistungen werden für alle gemeinsam von diesem Topfgeld gekauft und einen Teil des Topfgeldes wird an die Bewohner »als Taschengeld« direkt ausgegeben.
Mehrere Bewohner haben »Erwerbseinkommen«, andere bekommen »staatliche Leistungen«. – Egal, wo das Geld heute herkommt, es ist an »Bedingungen« geknüpft. Nur wer »arbeitet«, bekommt ein Erwerbseinkommen, nur wer »Anträge gestellt« oder Beiträge eingezahlt hat, bekommt staatliche Leistungen.
Was ändert sich für die Mitglieder der Wohngemeinschaft, wenn jetzt ein »Bedingungsloses Grundeinkommen« eingeführt wird, in Höhe von zum Beispiel 1000 Euro?
Da bereits vor Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens alle Bewohner eine »Existenzsicherung« hatten, ändert sich nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens nur »das Recht« auf ein Grundeinkommen.
Vorher war dieses Recht an »Bedingungen« geknüpft, zum Beispiel »arbeiten« oder »Antrag stellen« oder Beiträge einzahlen. Nachher fallen diese Bedingungen weg, die Existenzsicherung wird den Bewohnern bedingungslos zur Verfügung gestellt.
Die »bedingten Einkommen« sinken!
Wer bisher von seinem Arbeitgeber 3000 Euro netto erhielt, bekommt jetzt nur noch 2000 Euro.
Und die »bedingungslosen Einkommen« erhöhen sich. In unserem Beispiel, um 1000 Euro. Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) wird nicht von dem Unternehmer oder Arbeitgeber ausgezahlt, weil er sich nur um die »bedingten Einkommen« kümmert. Für die bedingungslosen Einkommen ist die Gemeinschaft zuständig. - Das könnte zum Beispiel ein öffentlicher Fonds sein.
Jetzt gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Sachverhalt weiter zu untersuchen. – Eine Möglichkeit ist, zu schauen, ob denn nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens weniger produziert wird.
Ehrlich gesagt, kann das einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft egal sein. Denn Arbeit ist immer ein subjektiv motiviertes Handeln. – Was also der Einzelne tut, arbeitet, ist Privatsache.
Und natürlich kann es und soll es weiterhin in einer Grundeinkommensgesellschaft einen »Arbeitsmarkt« geben. Aber in einer Grundeinkommensgesellschaft ist niemand mehr »ein Arbeitssklave«, wie es heute in der Hartz4-Gesellschaft der Fall ist. – Dann begegnen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer »auf Augenhöhe«.
Wer will, kann feststellen, dass es zwei Bereiche gibt, die die Wirtschaft mit ihrem Handeln abdeckt. Ein Bereich ist enorm wichtig und stellt mit seinen Produkten das »Bedingungslose Grundeinkommen« in Form von Gütern dar. - Das ist die »notwendige Produktion«.
Und dann gibt es »alles übrige«, was die Wirtschaft leistet.
Um die »notwendige Produktion« sollten wir uns alle kümmern. Aber auch, wenn gesagt ist, wir »sollten« uns alle darum kümmern, dann heißt das nicht, wir »müssen« uns alle darum kümmern.
Wenn wir aber »das Gefühl« haben oder zu der Einsicht gekommen sind, dass die notwendige Produktion, die in der Regel aus den Gütern: Nahrung, Kleidung, Wohnraum und Energie besteht, unbedingt geleistet werden sollte, für alle Menschen, dann können wir gemeinschaftlich diese Arbeit organisieren und die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger bewerkstelligen.
Das heißt, dass jetzt in einer Grundeinkommensgesellschaft »kein Arbeitszwang« mehr herrscht, könnte zwar ein kleines Risiko beinhalten, wie die Grundeinkommen-Gegner oft befürchten, dass »alle« die Hände in den Schoss legen. Aber wenn wir von einer großen Zahl an »klugen und weitsichtigen« Menschen ausgehen, die in den Gesellschaften leben, dann werden die meisten der in den für die Gesellschaft wichtigen Bereichen arbeitenden Menschen ihre Arbeit fortsetzen, auch wenn jetzt ein Bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wird.
Aber, es könnte sein, dass diese Personen jetzt darauf drängen, in Teilzeit zu arbeiten, wenn etwa die Arbeit anstrengend ist. – Das heißt, neoliberale Unternehmer, solche, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen ablehnen und mit den Jobcenter heute zusammenarbeiten, jene, die ihre Mitarbeiter finanziell ausbeuten und schlechte Arbeitsbedingungen bereithalten, werden in einer Grundeinkommensgesellschaft keine Chance mehr haben, weil die Leute zurecht mit diesen Arbeitgebern nicht zusammenarbeiten wollen.
Wer nur für den »Profit« Unternehmer ist, wird es schwerer haben, in einer Grundeinkommensgesellschaft.
Das führt nun zurück, zu der Frage, ob denn die Produktion »weniger wird«, wenn die Menschen durch ein BGE nicht mehr gezwungen sind zu arbeiten.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass tatsächlich weniger gearbeitet wird, weil die Arbeitseinkommen nicht mehr diese Bedeutung haben, wie heute, und weil wir erkennen, welche Leistungen der Wirtschaft wir wirklich brauchen, zum Beispiel die »notwendige Produktion«, und welche Leistungen eher unwichtig sind und wir gar nicht bereit sind, in diesen Bereichen zu arbeiten.
Die Senkung der Erwerbseinkommen durch die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens hat aber keinen direkten Einfluss auf die Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen!
Warum?
Weil auch nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens alles weiter gearbeitet werden kann, was einem wichtig ist, auch ohne Erhalt eines Erwerbseinkommens, denn alle Menschen haben ein Bedingungsloses Grundeinkommen.
Nun gibt es die Möglichkeit zu tausenderlei Einzelbetrachtungen.
Wenn in der eingangs erwähnten Wohngemeinschaft, viele Bewohner »abhängig« waren, von den Erwerbseinkommen der anderen Bewohner, so haben nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens alle Bewohner ihr »eigenes Einkommen«. Eben, das »Bedingungslose Grundeinkommen«. - Allein das wird eine psychologische Wirkung auf die Bewohner haben, und ihr Verhältnis zueinander womöglich verändern.
Wenn der Arbeitgeber in dem hier genannten Beispiel »weniger Erwerbseinkommen« zahlt, was hat das für sein Unternehmen für Konsequenzen?
Erst einmal wird der Unternehmer »abhängiger« von seinen Mitarbeitern. - Will er sein Unternehmen weiterhin, wie gehabt, betreiben wollen, wird er mehr auf die Interessen und Vorschläge seiner Mitarbeiter eingehen müssen, sonst werden diese kündigen, was in einer Grundeinkommensgesellschaft dann nicht mehr bestraft wird, wie es heute der Fall ist, durch Sperrung des Arbeitslosengeldes. – Kündigungen sind dann »ohne Bestrafung« durch die Politikergesetze möglich.
Es wird dann nicht mehr darum gehen, auf Teufel komm' raus irgend etwas zu produzieren, was Geld bringt, sondern die Frage taucht auf, ist die Arbeit überhaupt sinnvoll und nötig?
Wenn wir den Zugriff auf die Wertschöpfung regulieren, in der Weise, dass die notwendige Produktion an die Bürgerinnen und Bürger »bedingungslos« verteilt wird, dann sinken die »bedingten Einkommen« um den Betrag, der der Bevölkerung »bedingungslos« bereitgestellt wird.
Es wird nichts »zusätzlich« produziert, was zu »mehr Geld« führt, sondern es werden die bedingten Einkommen gesenkt und im selben Maße die bedingungslosen Einkommen erhöht.
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist somit keine »Neuanschaffung«, wie es ein neues Auto oder ein neues Haus wäre, und damit mehr Geld und mehr Produkte ins Spiel kommen, sondern das Bedingungslose Grundeinkommen ist eine Reduktion der »bedingten Produktion« (es wird produziert, wenn Einkommen gezahlt werden), zugunsten einer »bedingungslosen Verteilung« der notwendigen Produktion (es wird produziert aus freier Entscheidung heraus).
Wenn die Grundeinkommen-Gegner die Gesellschaft beschreiben, sprechen sie immer von den gesellschaftlichen Zusammenhängen so, als ob alles so geschehen »muss«, wie sie es darstellen.
Zum Beispiel müsse die Arbeitszeit »für alle« reduziert werden, »alle Mütter« müssen ihre Kinder in die staatlichen Betreuungseinrichtungen geben, damit sie sich als Arbeitskraft verkaufen können, alle bestehende Wertschöpfung »müsse« so fortgeführt werden, wie es sich die Unternehmer und Arbeitgeber vorstellen, und so weiter und so fort.
In der Grundeinkommensgesellschaft ist viel mehr abhängig von den einzelnen Bürgern, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Als Grundlage dafür, muss immer die notwendige Produktion vorhanden sein. Deswegen müssen wir als Bürgerinnen und Bürger sehr genau ein Auge darauf haben, dass diese geleistet wird. – Das muss unser aller Sorge und Interesse sein.