Die Arbeitswelt - Drei Tätigkeitsbereiche

In dem Gespräch mit Joachim Kühner von der »Initiative Grundeinkommen Heilbronn« wird auf interessante Weise die Lebenswelt der Menschen angesprochen.

https://grundeinkommen-heilbronn.de/2018/09/30/interview-das-bedingungslose-grundeinkommen-ein-baustein-fuer-eine-bessere-zukunft/

Kühner unterteilt »das Arbeiten« der Menschen in »drei gleichwertige Teile«.

Der erste Teil ist die private Arbeit, was Tätigkeiten wie Kindererziehung, Pflege der Angehörigen oder Haushalt umfasst. .... Den zweiten Teil bildet die Arbeit für das Gemeinwesen.

Als dritten Teil nennt Kühner »die Erwerbsarbeit«.

Auch wenn diese Dreiteilung sicher nicht alle Facetten des menschlichen Lebens abbildet, so kann sie doch als Einstieg in die Wahrnehmung der menschlichen Lebenswelt genutzt werden.

Nachdem Kühner seine Dreiteilung mitgeteilt hat, wendet der Interviewer gleich ein, dass wir doch auf Erwerbsarbeit nicht verzichten können. – Und schnell ist die Überlegung da, dass wir natürlich nicht auf Erwerbsarbeit verzichten können. - Aber stimmt das?

Wir brauchen doch nur zu überlegen, was in der Erwerbsarbeit gemacht wird: Es werden die Güter und Dienstleistungen erbracht, die gebraucht werden. – Das könnte doch auch ehrenamtlich geschehen!

Stellen wir uns eine Grundeinkommensgesellschaft vor. Jemand will in einem Bereich arbeiten, der von großer Bedeutung ist, für die Gesellschaft und auch für die Person. – Und dann ist auch etwas anderes in Betracht zu ziehen. Um was geht es bei der Wirtschaft? Nun, einige werden sagen, es geht um die Löhne. Und andere werden sagen, es geht um die Arbeitsbedingungen. Aber sicher ist auch, wenn niemand das Arbeitsergebnis wollen würde, gäbe es keinen Grund, die Arbeit zu machen. – Wenn man also eine Art Rangfolge sich vorstellen würde, um was es eigentlich geht, bei Arbeit, dann könnte gesagt werden, es geht zu allererst um das Arbeitsergebnis. Und dann weiterhin geht es um Lohn, Arbeitsbedingungen und Gewinn. Würde sich niemand für das Arbeitsergebnis interessieren, wären alle nachgelagerten Themen nahezu bedeutungslos. - Zum Beispiel weil gar keine Nachfrage da wäre.

Wenn also jemand fragt, ob wir überhaupt Erwerbsarbeit brauchen, wäre die Antwort möglich: »Nein, wir brauchen nicht zwingend Erwerbsarbeit«. – Alles, was wir »in Erwerbsarbeit« arbeiten, könnten wir auch »ehrenamtlich« arbeiten, zum Beispiel in einer Grundeinkommensgesellschaft, in der mit dem Grundeinkommen bereits für unsere Existenzsicherung gesorgt ist.

Der Hauptunterschied zwischen Erwerbsarbeit und ehrenamtlicher Arbeit könnte im Arbeitsverhältnis zu den anderen Mitarbeitern bestehen. Hierarchische Verhältnisse, Anweisungen und Anordnungen würden an Bedeutung verlieren. In der ehrenamtlichen Arbeit würde der Teamgeist eine größere Rolle spielen. – Niemand würde »den Chef« herauskehren müssen. Und trotzdem könnte alles gedienstleistet und produziert werden, was »Arbeiter« in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis heute auch leisten.

Das heißt, es könnte sein, dass in einer Grundeinkommensgesellschaft die »Erwerbsarbeit« im klassischen Sinne an Bedeutung verliert. – Wichtig wäre in dem Zusammenhang auch, dass wir Arbeit nicht mehr besteuern. Die Einkommenssteuer muss entfallen, damit das Arbeiten attraktiv wird. – Und nur noch der Verzehr und Verbrauch von Produkten und Dienstleistungen würde besteuert.

Ein weiterer Punkt, der zu bedenken wäre, steckt in der Formulierung, wie die Arbeitsbereiche dargestellt werden, in denen sich der Mensch aufhält. Wenn wir als Grundlage der Beschreibung der Arbeitsbereiche die genannte Dreiteilung verwenden, dann ist gesagt worden, der »private Bereich«, dann der Bereich »Ehrenamt« und als Drittes »die Erwerbsarbeit«.

Zum »privaten Bereich« des Arbeitslebens wird gesagt, »Tätigkeiten wie Kindererziehung, Pflege der Angehörigen oder Haushalt«. Das ist sicher richtig. Aber es fehlt etwas.

Auch wenn wir uns nur um uns selbst kümmern, ist das Arbeit!

Nicht immer können sich Menschen »um andere« kümmern. Nicht selten müssen sich Menschen »um sich selbst« kümmern. – Wer krank ist, kann nicht darauf bauen, dass andere helfen, betreuen, unterstützen, wenn niemand da ist!

Viele Menschen müssen sich selbst helfen, sich selbst gesunden, ihre chronische oder akute Erkrankung auskurieren. - Sie müssen sich um sich selbst kümmern!

Nicht jeder kann sich teure Psychotherapeuten, Privatärzte oder Psychiater leisten. - Manchen bleibt nur die medikamentöse Kur und Hoffnung, dass es über die Zeit wieder besser wird.

Mit anderen Worten, die Selbsthilfe ist Arbeit.

Sich selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen, das ist nicht unmöglich, wenn ein Bedingungsloses Grundeinkommen als Unterstützung vorhanden ist. - Heute wird der Kranke vom Jobcenter zum Amtsarzt geschickt, der »im Auftrag der Arbeitsbehörde« den Geldlosen untersucht und zugunsten der Arbeitsbehörden seine Unrechtsgutachten abfasst. - Ein fieses, mieses Geschäft, zulasten der Bürgerinnen und Bürger.

In einer Grundeinkommensgesellschaft könnten kranke Menschen ihre Erkrankung auskurieren, ohne bedrängt zu werden. Sie könnten selbst entscheiden, wie viel weitere Arbeit »für andere« sie leisten wollen und können, und müssten sich nicht bevormunden lassen, von Behördenmitarbeitern.

In einer Grundeinkommensgesellschaft sind die Menschen autonom.

Private Arbeit ist also nicht nur »Arbeit für andere«, sondern ganz selbstverständlich für die eigene Gesundheit sorgen, um den eigenen Fortgang sich kümmern, die eigene Persönlichkeitsentwicklung im Auge behalten und sich dafür genügend Zeit nehmen können. - Und das ist Arbeit.

Als weiteren Punkt möchte ich hier die Frage ansprechen, was wir mit »Arbeit« eigentlich im Sinn haben. – Ausgangsperspektive könnte die Situation bei der Fluggesellschaft »Ryanair« sein. Wer bei Ryanair arbeitet, leistet »Erwerbsarbeit«. Der Eigentümer von Ryanair sagt nun, er würde die Bereiche der Fluglinie schließen, deren Mitarbeiter Lohnforderungen stellen, die das Mögliche übersteigen. - Eigentlich könnte man sagen, es geht darum, dass einige Leute fliegen wollen. Jetzt gibt es wiederum Bürgerinnen und Bürger, die bereit wären, diese Flüge zu ermöglichen, indem sie diverse Aufgaben zur Bewältigung des Anliegens erfüllen. – Kunden und Diensteanbieter bräuchten sich doch nur zu einigen, über die entsprechende Anerkennung für die anfallende Arbeit.

Aber jetzt kommt, die Situation verfälschend noch hinzu, dass wir in Deutschland die »Arbeitspflicht« haben. Niemand kann so einfach kündigen, wenn ihm danach ist, ohne beträchtliche Nachteile zu haben, die die Politiker sich heimtückisch per Gesetz ausgedacht haben. Zum Beispiel eine dreimonatige Arbeitslosengeld-Sperre für denjenigen, der mutwillig und scheinbar ohne Grund seinen Arbeitsplatz kündigt. - So könnte es sein, dass heute viele im »Arbeitskampf« sich befinden, weil sie sonst keine Möglichkeit haben, gemäß ihrer Unzufriedenheit zu reagieren. – In einer Grundeinkommensgesellschaft wären ehrlichere Verhaltensweisen möglich. In einer solchen Gesellschaft könnten die Mitarbeiter einfach kündigen, ohne das ihr Grundeinkommen gefährdet wäre.

Dadurch würde eine ganz andere Situation entstehen. Es würde sich zeigen, wer nur des Geldes wegen, andere Leute durch die Gegend fliegt, oder wer gerne Pilot ist, und vielleicht in Teilzeit und ohne Überstunden Spaß daran hat, ein Flugzeug zu steuern und die Atmosphäre der Fliegerei zu genießen, bei Arbeitsbedingungen und Vergütung, die »frei« ausgehandelt wären.

Heute aber, ist der Bürger in der »Erwerbsarbeit« nicht frei.