Jede Position zum Grundeinkommen ist interessant, weil sie Gelegenheit bietet, den eigenen Standpunkt zu klären und andere Perspektiven kennenzulernen. – Aber war der Sozialismus nicht schon erledigt? Hatten wir nicht mit den vielen Jahren Realsozialismus erlebt, dass die Parteienherrschaft nicht zugunsten der Bürgerinnen und Bürger ausgeht?
http://www.scharf-links.de/zur linken Diskussion um ein BGE
Der Autor weist zurecht darauf hin, dass womöglich die linken Visionen nicht mehrheitsfähig sind.
Begriffe wie »links«, bürgerlich, Unternehmer, Arbeiter, sind in einer linken Perspektive allesamt ideologisch besetzt und deshalb in ihrer Pauschalität kaum verwendbar. Deshalb ist es sinnvoller ganz auf sie zu verzichten und mehr »inhaltlich« zu schauen.
Michael Schilwa schreibt zur Mehrwertsteuer:
Finanzierung via sukzessiver Anhebung der Mehrwertsteuer auf 48(!) % bei gleichzeitiger Abschaffung aller(!) anderen Steuern
Die verwendeten Ausrufezeichen können darauf hindeuten, dass diese Vorgänge nicht angemessen wahrgenommen werden.
Wenn es keine anderen Abgaben und Steuern gibt, als die Konsumsteuer=Mehrwertsteuer, dann wäre die Konsumsteuer gleich der »Staatsquote«. - Die Staatsquote ist heute in vielen Ländern zwischen 40 und 50% der Wertschöpfung.
Würde das Bedingungslose Grundeinkommen mit einer Konsumsteuer finanziert, würde sich die Staatsquote im Vergleich zu heute, nicht verändern. - Weil alle übrigen Steuern abgeschafft werden.
Wie man sich diese Umstellung von Einkommenssteuer und weiteren Steuerarten auf eine einzige Steuer vorstellen kann, wird mit dem Latte-macchiato-Beispiel erklärt, dass von der Schweizer Grundeinkommen-Initiative entwickelt wurde.
Da die Mehrwertsteuer »feinjustiert« werden kann, also pro Produkt unterschiedliche Steuersätze erhoben werden können, wäre es möglich, »Luxusgüter« hoch zu besteuern und »Waren des tägliches Gebrauchs« gering zu besteuern.
Dadurch würde man »die Reichen« steuerlich erreichen und die »Nur-Grundeinkommen-Bezieher« steuerlich schonen.
Was die gesetzliche Rentenversicherung angeht, die der Autor ebenfalls anspricht, so muss nicht »doppelt gezahlt« werden, an diejenigen, die sowohl ein Grundeinkommen erhalten, als auch Rentenansprüche erworben haben. – Zum Beispiel könnte eine teilweise Anrechnung des Grundeinkommens beim Rentenanspruch erfolgen.
Die Fantasie, die beim »Doppelt-zahlen«, also Rente + Grundeinkommen vorhanden ist, meint ja, dass bei Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens eine große Zahl an Bürgern keinen Rentenanspruch haben würde. - Aber das ist eine Täuschung. – Als Ergebnis wird jedenfalls herauskommen müssen, dass alle Bürgerinnen und Bürger eine würdevolle Rente erhalten.
Gesondert diskutiert werden müsste zudem die Frage, wie die Krankenkassen-/Pflege –Beiträge derjenigen BGE-Bezieher finanziert werden, die nicht zusätzlich erwerbstätig sind (also ausschließlich vom BGE leben).
Ja, das ist richtig. – Unser Gesundheitssystem ist organisatorisch und in seiner Finanzierung in einem sehr schlechten Zustand. Eigentlich müsste bereits jetzt über eine Neu-Gestaltung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung geredet werden.
Was unbedingt verbessert gehört: Es ist ein Unding, dass zeitnahe oder sofortige Arztbesuche, zum Beispiel bei Fachärzten, mit der Gesundheitskarte kaum noch möglich sind, und die Patienten Wochen und Monate später erst einen Termin erhalten. – Außerdem sollten alle Standardmaßnahmen, die in den Gesundheitsbereich fallen, kostenlos sein, und nur aufwendige und umfangreiche Behandlungen mit »Versicherungen« abgedeckt werden.
Aber das ist eine andere Diskussion. Und hat nichts mit dem Grundeinkommen zu tun. Das Grundeinkommen selbst hat aber auch einen Effekt auf unsere körperliche und seelische Gesundheit. - Und es ist davon auszugehen, dass das Bedingungslose Grundeinkommen dabei einen sehr positiven Effekt auf unsere Verfassung haben wird.
Interessant ist bei den Linken, dass sie sowohl die Meinung vertreten, »Arbeitskraft« sei eine Ware und zusätzlich auch noch der »Arbeitspflicht« zugeneigt sind.
Sinkendes Angebot und / oder steigende Nachfrage führen zu steigenden Preisen – das gilt natürlich auch für die Ware Arbeitskraft.
„Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ das ist ein ursozialdemokratischer, urgewerkschaftlicher Instinkt, der auch in der klassenorientierten radikalen Linken verankert ist.
Unsere Klasse ist eben nicht umsonst eine Arbeiterklasse und keine Faulenzerklasse.
Das heißt, der »Arbeiter« soll seine Arbeitskraft verkaufen!?
Dazu passt ein Bedingungsloses Grundeinkommen natürlich überhaupt nicht. – Denn das Grundeinkommen will es dem einzelnen Bürger überlassen, was und wann er arbeitet. BGE bedeutet also: kein Arbeitszwang!
Und viele Bürger sehen »Arbeit« nicht als Ware. - Ware kann nur das sein, was von Menschen produziert wird. Das kann man dann kaufen und verkaufen. - Aber der Mensch selbst, ist keine Ware. Und seine Kraft ist auch keine Ware.
Auch wenn die Menschheitsgeschichte das vielleicht anders darstellt: Denn gab es nicht in der griechischen Antike »Sklaven«? Und gab es nicht in den USA »Sklaverei«? Auch in Deutschland gab es Sklaverei. Es waren die »Leibeigenen«.
https://de.wikipedia.org/wiki/Leibeigenschaft
Dass wir den Menschen nicht als Ware, und seine Kraft nicht als Ware behandeln, ist eine moralische Angelegenheit. Wir sollten es aus moralischen und ethischen Gründen nicht tun. – Nur scheint viel Zeit zu vergehen, bis wir Menschen uns dazu durchringen, uns gegenseitig angemessen zu behandeln.
Und hier gebe ich dem Autor absolut recht, in seiner positiven Einschätzung des Grundeinkommens:
So betrachtet dürfen wir doch nicht ausschließen, dass die Befreiung von elementaren Existenzängsten zu einem ungeheuren Schub an solidarischer Kreativität führt.
Und wer sagt denn, dass diese „Entängstigung“ zur Ruhigstellung und Entpolitisierung führt?