Vorschläge des Wohlfahrtsverbandes unseriös?

In dem Papier »Mut zur Korrektur: Ein arbeitsmarktpolitischer Auftrag.«, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes wird konstatiert, dass die Arbeitsmarktpolitik von SPD und den GRÜNEN* gescheitert ist. (*Und allen anderen Parteien, die die letzten Jahre dieses Konzept 1:1 umgesetzt oder es sogar noch verschlimmbessert haben).

http://www.der-paritaetische.de/presse/mut-zur-korrektur-paritaetischer-fordert-kurswechsel-in-der-arbeitsmarktpolitik/

http://infothek.paritaet.org/pid/fachinfos.nsf/0/2d677279a6332ba9c125818600252f6c/$FILE/mut-zur-korrektur-arbeitsmarktpolitik_web.pdf

Der Verband setzt sich für eine Kurskorrektur ein, die sich in einem Katalog von 15 Punkten ausdrückt.

Nun muss man dazu wissen, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband sich gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht, und stattdessen die Sozialversicherungen ausbauen und stärken will.

Zur Lage in der Bundesrepublik bemerkt der Paritätische, dass in den letzten Jahren die Armut in Deutschland zugenommen hat. [S.3] Die »Einkommensarmen« in Deutschland machen 15,7% der Bevölkerung aus. Das sind ca. 13 Millionen Mitbürger.

Unter »Punkt 14« äußert sich der Verband mit der Überschrift »Sanktionen abschaffen«. Der meiste Text, der auf diese Überschrift folgt, ist eine Beschreibung der Sanktionspraxis. Ja, die ist schlimm, und zeigt, dass die Bundesrepublik nicht auf dem Boden der Menschenrechte politisch gestaltet wird. Was allein schon ein Grund wäre, alle beteiligten Parteien bei der nächsten Wahl abzuwählen. – Nur das nützt nichts. Sie regieren einfach weiter. Weil »Demokratie über Wahlen« nicht im Interesse der Bürger funktioniert.

Leider versäumt es der Paritätische Wohlfahrtsverband, aufzuzeigen, wie es weitergehen soll, wenn »keine Sanktionen« mehr verhängt werden. Das müsste der Verband schon erklären. - Insbesondere müsste es der Verband dann erklären, wenn er ausdrücklich kein »Bedingungsloses Grundeinkommen« will.

Ohne die Sanktionen würde das gesamte Konzept der »Agenda 2010« in sich zusammenfallen. Und wie geht es dann weiter? – Darauf gibt der Verband keine Antwort. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Äußerungen des Verbandes als unseriös zu bezeichnen. Ja man könnte fast meinen, die Forderung nach Abschaffung der Sanktionen seien ein pures Lippenbekenntnis, weil sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von der herrschenden Politik umgesetzt wird.

Eine Forderung nach Abschaffung der Sanktionen ist nur dann seriös, wenn die Fordernden auch erklären, wie der Umgang mit den Arbeitslosen dann aussehen soll. - Im Grunde ist die Neugestaltung der Gesellschaft im Sinne eines Bedingungslosen Grundeinkommens der ideale Ansatz.

So aber wirken die Ideen des Wohlfahrtsverbandes teilweise unglaubwürdig.

Und zum »Sozialen Arbeitsmarkt« fordern sie [S.16]:

Ein geförderter Arbeitsplatz wird ihnen [den Arbeitslosen] angeboten, die Arbeit jedoch nicht zur Pflicht gemacht.

Ja, die Arbeitspflicht sollte in Deutschland verschwinden. Das will das Grundeinkommen. Und dieses Konzept ist schlüssig. – Aber wie soll die Arbeitsmarktpolitik im Sinne des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes funktionieren, wenn Arbeitslosengeld und Hilfen zum Lebensunterhalt zwar »auf Antrag« gewährt werden, aber es keine »Arbeitspflicht« mehr gibt?

Und wie ist das mit Leuten, die »mutwillig« kündigen, weil sie die Bedingungen an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr ertragen wollen. Werden die dann immer noch 3 Monate von Arbeitsbehörden »gesperrt«, und erhalten keine Zahlungen?

Wie soll nach Meinung der »Paritätischen« der Arbeitsmarkt funktionieren, wenn Leute betriebsbedingt gekündigt werden und dann im Anschluss nicht »freiwillig« im Sozialen Arbeitsmarkt arbeiten wollen und auch sonst, aus persönlichen Gründen, erstmal keinen sozialversicherungspflichtigen Job annehmen, aber »Hilfe zum Lebensunterhalt« beantragen? Da sie nach Ansicht der Paritätischen nicht sanktioniert werden dürfen, hätte der Staat keine Möglichkeit mehr, eine »Wanderung« in die Hilfe zum Lebensunterhalt aufzuhalten.

Wie wäre diese »Hilfe zum Lebensunterhalt« ausgestaltet? Könnten die Bezieher, wie beim Grundeinkommen, über eine Arbeit Geld hinzuverdienen, oder würde die Hilfe um den Betrag gekürzt?

Man sieht, wie wenig durchdacht die Aussagen der »Paritätischen« sind. - Da müsste noch eine ganze Menge erklärt werden, wie die Vorstellungen des Verbandes überhaupt in der Praxis umzusetzen sind.