Winfried Gather von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) sagt, dass seine Organisation für ein Bedingungsloses Grundeinkommen eintritt. - Auffällig im Interview mit dem domradio war, dass Gather davon sprach, das Grundeinkommen würde zusätzlich zur Rente ausgezahlt. Wie das? - Auf der Homepage der KAB nennen sie dieses Grundeinkommen »Garantiertes Grundeinkommen«. - Wie ist dieses Modell einzuschätzen? – In einer PDF aus dem Jahr 2008, gibt die Organisation weitere Informationen über ihr Modell bekannt.
Die KAB will das »Gute Leben« und die »Gute Arbeit«. Es fällt auf, dass die Organisation bemüht ist, die Begriffe der herrschenden Politik beizubehalten. - Sie wollen Wachstum, aber nur »gutes«, qualitatives Wachstum. Und auch die anderen Begriffe aus dem Merkel-Staat werden von der KAB zitiert und nicht in Abrede gestellt. Bildungsoffensive, Aktivierung und Integration, und natürlich Arbeit, Arbeit, Arbeit über alles.
So spricht die KAB davon, dass mit dem Grundeinkommen die Zugänge zu »allen Formen der Arbeit« geöffnet werden. Und das sie eine »Tätigkeitsgesellschaft« wollen. – Aber wäre das nicht gerade die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, das selbst zu bestimmen, wie sie diese neue Gesellschaft, mit Bedingungslosem Grundeinkommen definieren? Und die Arbeit ist eben nicht mehr dominierender Lebensinhalt?
Seltsam werden die Aussagen, wenn es um »Umverteilung und gerechte Verteilung von Erwerbsarbeit« geht. S.5 - Wer soll denn bestimmen, wie Arbeit verteilt wird? Irgendwelche Organisationen? Oder doch besser das Individuum selbst? - Sollten nicht die Menschen direkt untereinander absprechen, wie viel Zeit sie wo arbeiten möchten?
Mit Grundeinkommen sind die »Realisierungschancen für Arbeitszeitverkürzungen« verbessert, steht in dem Positionspapier. S.3 – Dabei würde sich diese Diskussion völlig erledigen, in einer Grundeinkommens-Gesellschaft, weil die Bürgerinnen und Bürger einfach das arbeiten, was sie wollen. – Niemand könnte sie mehr zu etwas bestimmten zwingen.
Dass es sich bei der KAB-Position um eine »linke Sicht« handelt, sieht man an den weiteren Überlegungen, die angestellt werden: Die »Übermacht des Kapitals« müsse eingedämmt werden, die Finanzierung des »Garantierten Grundeinkommens« soll überwiegend durch verstärkte Heranziehung des Establishments bewerkstelligt werden: Vermögenssteuer, Progression bei der Einkommenssteuer, Schenkungs- und Erbschaftssteuer, aber auch durch Strafsteuern von Rauchern und Alkoholtrinkern. S.2
Die KAB will das komplette Sozialversicherungssystem erhalten und das Grundeinkommen »zusätzlich« auszahlen. Das heißt, wer in die Pflichtversicherung einzahlt, bekommt im Alter eine Rente, und zusätzlich dazu ein Grundeinkommen ausgezahlt. – Ist das nicht absurd? Das Bedingungslose Grundeinkommen soll eigentlich »bestehende existenzsichernde Leistungen« ersetzen. Aber nicht beim Modell der katholischen Arbeitnehmerbewegung. – Wer soll das verstehen?
Das bedeutet, dass wir in Deutschland »noch mehr arbeiten« müssen, als heute? - Denn zusätzliches Geld kann es nur geben, wenn zusätzlich produziert und gedienstleistet wird. Das ist aber undenkbar. Wir ersticken bereits heute in Konsumgütern. Der ökologische Fußabdruck wäre noch größer, als er jetzt schon ist. – Wir brauchen nicht »mehr« Produktion. - Und »einfach so« mehr Geld verteilen, würde umgehend zu einer ansteigenden Inflation führen und wäre nicht berechtigt.
Warum aber will die KAB nicht, dass ein Grundeinkommen die bestehenden existenzsichernden Sozialleistungen und Einkommen ersetzt?
Insgesamt macht der KAB-Vorschlag den Eindruck, dass er die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse nicht antasten, nicht verändern will. Was sich bisher bewährt hat und von den Merkel-Parteien gutgeheißen wird, soll auch weiterhin wirksam sein und nicht aufgegeben werden.
Außerdem scheint eine Senkung der Löhne bei der KAB undenkbar, weil es eine ideologische Hürde ist. Der Unternehmer soll keinen Vorteil durch ein Grundeinkommen haben. Deshalb soll er keine Möglichkeit bekommen, die Löhne zu senken mit dem Argument, die Mitarbeiter haben ja ein Grundeinkommen. – In dieses Denken passt auch die Forderung nach Beibehaltung des Mindestlohns. Der Mindestlohn könnte eigentlich aufgegeben werden, in einer Grundeinkommens-Gesellschaft, weil die Arbeitnehmer durch ein Grundeinkommen »endlich frei« und abgesichert sind, und selbst am Arbeitsmarkt ihre Zusammenarbeit mit Projekt-Organisatoren aushandeln können. - Also auch die Beteiligung am Gewinn.
Aber auch das passt vielen Grundeinkommens-Befürwortern nicht, die die alte Gesellschaft in weiten Teilen erhalten wollen und konkrete gestaltungspolitische Vorstellungen haben. - Mit einem Mindestlohn wäre der Unternehmer gezwungen auch dann weiterhin einen bestimmten Lohn zu zahlen, wenn die Bürger ein Grundeinkommen haben. Das ist die Idee des Mindestlohns in einer Grundeinkommens-Gesellschaft.
Das Grundeinkommens-Modell der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) ist interessant. Hier zeigt es sich, dass wirklich jeder ein Grundeinkommens-Befürworter sein kann. Auch Gewerkschafter, Staatsanhänger, Kirchenvertreter und Parteien können sich positiv zum Bedingungslosen Grundeinkommen äußern, und diese moderne Idee in ihr Portfolio einfügen, indem sie einfach den Grundeinkommens-Gedanken soweit anpassen, bis er zur eigenen Weltanschauung passt.
Zwar könnten Kritiker solcher Vorgehensweisen einwenden, dass dadurch der Grundeinkommens-Gedanke verfälscht wird. Diese Einschätzung kann aber erst einmal vernachlässigt werden, wenn deutlich wird, da steckt ein echtes Bemühen dahinter, trotz klarer eigener Weltsicht, dass Grundeinkommen sich zu erschließen, um diesem Gedanken die eigene, spezifische Färbung zu geben.
Ja, und so können auch Menschen, die eigentlich der etablierten Politik viel näher stehen, als der »Vision« des Grundeinkommens, dennoch in diesem Bereich aktiv werden.