In einem Beitrag (Englisch) von Elizaveta Fouksman wird die Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens angesprochen. Frau Fouksman weist zurecht darauf hin, dass das Grundeinkommen von vielen in einer Weise gerechnet wird, die missverständlich ist.
Why universal basic income costs far less than you think
https://theconversation.com/why-universal-basic-income-costs-far-less-than-you-think-101134
Die meisten Grundeinkommen-Interessierten rechnen so:
Ein fiktiver Geldbetrag als Grundeinkommen angenommen, zum Beispiel »1000 Euro«, mal die Anzahl der Einwohner eines Landes.
An sich ist an der Rechnung nichts Verkehrtes. Denn es ist ja schon wahr, genauso viel kostet die Existenzsicherung. Nur ist die Existenzsicherung, also das Grundeinkommen, keine »Neuanschaffung«.
Also wenn zum Beispiel die Gemeinde überlegt, wir wollen auch ein Schwimmbad haben, und bisher war keines da, dann ist das Schwimmbad eine Neuanschaffung. – So kann man sich das Grundeinkommen aber nicht vorstellen.
Denn die Existenzsicherung ist ja nicht etwas »völlig neues«, sondern etwas, was wir Menschen andauernd, also auch jetzt, wo es doch jetzt kein Grundeinkommen gibt, auch benötigen. Das heißt, die Existenzsicherung = Grundeinkommen ist kein »zusätzliches Geld« für eine zusätzliche Leistung. – Das Grundeinkommen = Existenzsicherung ist immer schon da, muss immer schon da sein, sonst würden wir nicht überleben können.
Bei Frau Fouksman Beitrag geht es noch um etwas anderes. - Wer die Finanzierung des Grundeinkommens über die Einkommenssteuer sich vorstellt, muss dazu sagen, dass das Bedingungslose Grundeinkommen, wie jede steuerfinanzierte gemeinschaftliche Leistung, von allen Steuereinnahmen getragen wird. – So kann es sein, dass die Menschen unterschiedlich viel Steuern einzahlen, aber herauskommen soll, für alle gleich, ein Bedingungsloses Grundeinkommen.
Nun gibt es Zeitgenossen, die behaupten, steuerfinanzierte Gemeinschaftsaufgaben seien ungerecht, weil die Menschen unterschiedlich viel für derlei Projekte beitragen, in dem sie unterschiedlich viel Steuern zahlen. – Aber unser Steuersystem ist, wie überhaupt unsere ganze Gesellschaft, eine Vereinbarungssituation. Die Bürgerinnen und Bürger müssen miteinander reden und dann gemeinsam entscheiden, wie die Gesellschaft gestaltet sein soll. Dabei immer auf alle Einwände eingehen zu können, ist schier unmöglich. – Wenn wir also über Bürgerentscheide Gesetze erlassen, dann sind sie auch für diejenigen gültig, die nicht für den Mehrheitsentscheid gestimmt haben. – Das ist einfach so. Und es wird wohl auch nicht anders handhabbar sein.
Das heißt, steuerfinanzierte Projekte in Gesellschaften stellen immer eine Umverteilung dar. Egal, ob wir neue Autobahnen, Brücken oder Schulen bauen, irgendjemand war vielleicht dagegen, dass seine Steuern dafür verwendet werden, aber die Mehrheit hat dies so gewollt.
Ähnlich wäre es bei einem Bedingungslosen Grundeinkommen. – Wenn es ein steuerfinanziertes Bedingungsloses Grundeinkommen gibt, dann wird eine Mehrheit der Bevölkerung dies so gewollt haben. Und dann wurde es umgesetzt.
Das Grundeinkommen käme also durch »Umverteilung« zustande. – Einige zahlen mehr Steuern, andere weniger, aber die gemeinsam vereinbarten Projekte, die von den Steuern finanziert werden, gilt es umzusetzen.
Wird das Grundeinkommen über die Einkommenssteuer finanziert, dann wäre es de facto so, dass einige ein Grundeinkommen erhalten, ohne Steuern zu zahlen, andere zahlen Steuern und erhalten das Grundeinkommen und die Rechnung geht »plusminus Null« auf, und andere zahlen mehr Steuern, als sie zurückerhalten oder in Anspruch nehmen.
Diese »Umverteilung« ist somit normal in Gesellschaften und gewollt. – Wer jetzt rechnet, Grundeinkommen mal Einwohnerzahl, der bekommt eine Zahl heraus, zum Beispiel für Deutschland: 82.000.000 x 1.000 = 82 Milliarden Euro, mal 12 Monate = 984 Milliarden.
Viele Grundeinkommen Neulinge sagen dann, wie soll das »zusätzlich« finanziert werden? Aber der Geldbetrag wird eben nicht »zusätzlich« finanziert. Denn wie es zuanfangst schon erwähnt wurde, die »Existenzsicherung« brauchen wir ständig. Das heißt, wir haben sie jetzt momentan gerade. Also braucht man das Grundeinkommen auch nicht zusätzlich. - Es ist bereits da!
Wo ist dann das Problem? - Warum müssen wir es erst einführen, wenn es schon da ist?
Das Grundeinkommen muss tatsächlich für die meisten Menschen nicht extra eingeführt werden, weil sie es bereits schon haben. – Was uns aber fehlt, und was jetzt eingeführt werden muss, ist die »Bedingungslosigkeit«.
Die gibt es nämlich momentan noch nicht.
Dieser Umstand ist wichtig zu erwähnen, weil Frau Fouksman in ihrem Beitrag darauf hinweist, dass eigentlich alle Steuerzahler sich ihr Grundeinkommen selbst bezahlen. Aber manche Steuerzahler zusätzlich noch das Grundeinkommen derjenigen finanzieren, die sich ihr Grundeinkommen nicht selbst bezahlen können, weil sie zu wenig verdienen oder gar kein Arbeitseinkommen haben.
Genau dieser Umstand ist oft ein Argument der Grundeinkommen-Gegner. - Sie kritisieren, dass ja bei einem »bedingungslosen« Grundeinkommen die Bürger bewusst eine Erwerbsarbeit ablehnen können und damit keine Einkommenssteuer generieren und auch nichts für die Finanzierung des Grundeinkommen beitragen.
Dieser Einwand ist zwar berechtigt, aber auch unsachlich und weltfremd. - Denn das Grundeinkommen würde nur die Lebensbasis bedeuten. Und die meisten Menschen wollen mehr Einkommen und sie wollen sich an Projekten und Unternehmungen beteiligen und bei etwas Sinnvollem mitwirken. – Es ist also davon auszugehen, dass sich für die Mehrheit der Bevölkerung nur geringfügig und in angemessenerweise etwas in der Lebensplanung ändert, ohne das dabei die Gesellschaft durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen in ihren Grundfesten bedroht wäre.
Und wenn tatsächlich bis zu 50% der Arbeitsplätze und Wirtschaftsleistung in den Industriegesellschaften sinnlose, ressourcenfressende, gesundheitsgefährdende, unnötige Arbeit darstellt, wie es David Graeber in seinem Buch »Bullshit Jobs« anspricht, dann hätte ein Bedingungsloses Grundeinkommen eine heilsame Wirkung auf die Gesellschaft insofern, dass ein Klärungsprozess endlich stattfände: was sind wirklich die wichtigen Aktivitäten und Arbeiten.
Und anders sieht es auch aus, wenn wir das Grundeinkommen über die »Konsumsteuer« finanzieren. - Es ist sowieso ganz großer Unfug, die Einkommenssteuer heute noch in Anwendung zu bringen. Sie »bestraft« das Arbeiten. Das ist aber heutzutage nicht mehr sinnvoll. – Gerade der Ressourcenverbrauch sollte gesteuert werden. Und das geht besonders gut mit der Konsumsteuer, die sich von der Mehrwertsteuer ableitet.
Nicht der, der arbeitet sollte »bestraft« werden, mit Steuern, sondern derjenige der sich viel von der Leistung = Arbeit seiner Mitmenschen nimmt, soll viel Steuern zahlen. – Und das macht auch Sinn.
Und die »Güter der Existenzsicherung« müssen preiswert oder kostenlos an die Bevölkerung verteilt werden. Das ist aber eine andere, zusätzliche Angelegenheit, die es anzupacken gilt.
Außerdem. Inge Hannemann, die bekannte Ex-Jobcenter-Mitarbeiterin und Gerechtigkeits-Aktivistin bei den LINKEN, hat jetzt gerade in einem Twitterbeitrag darauf hingewiesen, dass »vor« Hartz4, also zu Helmut Kohls Zeiten, der Umgang mit den »Geldlosen« nicht so rigoros war, wie es dann unter Schröder und den GRÜNEN eingeführt wurde. - Und das war auch gesellschaft und wirtschaftlich möglich. Also es geht, wenn man will, die Grundrechte einzuhalten und die Menschenrechte zu achten.