Der Müßiggang

Der Müßiggang

Was ist mit dem Wort gemeint?

Es steht womöglich im Gegensatz zum Begriff »Arbeit«. - Der eine arbeitet, der andere betreibt »Müßiggang«. Weiterhin wäre zu fragen, ob das Wort veraltet ist. Es wird heute in der Alltagssprache kaum oder gar nicht benutzt. - Es ist ein altes, deutsches Wort. Auch das Wort »Muße« ist nicht mehr stark vertreten, in der Alltagssprache.

Wo die Worte »Muße« und Müßiggang aber bestimmt noch reichlich Beachtung finden und Bedeutung haben, ist in der Literatur. Literatur ist eine sprachorientierte Beschäftigung, egal, ob wir schreiben oder lesen. In der Literatur werden gerne auch alte Begriffe und Bezeichnungen verwendet, weil Sprache mithin eine zeitliche Dimension hat und es da auch gut passt.

Heute wird der Begriff »Müßiggang« eher selten verwendet? - Ständig wird von der »Arbeit« gesprochen. – Können wir auf »Arbeit« verzichten, um Müßiggang zu betreiben? Auch wenn wir heute so viele Produkte und Konsumgüter haben, ist noch vieles zu erledigen. Jedoch keine Produktionsarbeit, um zum Beispiel Dinge herzustellen, wird gebraucht, sondern »Beziehungsarbeit«, Kommunikationsarbeit und Lebensgestaltungsarbeit sind dringend notwendig.

Verdüstern und verschlechtern sich die Umstände in den Gesellschaften? - Dann ist es wichtig, aktive und aufmerksame Menschen um sich zu haben und so gut es geht, selbst mitzuwirken, bei der Gestaltung unserer Lebenswelt. – Und das ist »Aktivität«, die wir nicht unbedingt »Arbeit« nennen müssen, weil sie auch Spaß machen kann.

Und natürlich brauchen wir Müßiggang. Denn wir Menschen sind keine Roboter, die 24-Stunden ohne Pause funktionieren und nur ab und zu einmal »geölt« werden müssen.

Müßiggang übersetzt in die Alltagssprache lautet dann so:

Relaxen, entspannen, die Beine baumeln lassen. Abschalten, sich vom Stress erholen. Urlaub machen, das Leben genießen. Natur und gutes Essen. - Alles tun, was man selbst »schön« empfindet und gerne macht. - Regelloser leben. - Yoga, Meditation, sich den geistigen Dingen zuwenden. – Auf die eigene Gesundheit achten. Seele und Körper pflegen.

All das ist berechtigt, zum Beispiel wenn ein Mensch von sich sagt, er arbeite zielgerichtet, erfolgsorientiert, konzentriert, ausdauernd, für eine gute Sache und für wichtige Anliegen, dann braucht dieser Mensch genauso das Gegenteil oder etwas anderes zum Ausgleich, um sich von den Anstrengungen der Arbeit zu erholen.

»Müßiggang« wäre somit ein Ausgleich für den anstrengenden Alltag, für die Anstrengungen, die wir erleben.

Und an dem Punkt wird das Thema spannend. - Denn das Quantum, das wir Menschen von allem brauchen, ist subjektiv und persönlich. Und das kann nicht anders sein.

Die Grundeinkommen-Gegner wollen den Menschen vorschreiben, was sie tun sollen und genau das geht nicht und widerspricht den humanen Regeln des gegenseitigen Umgangs. – Niemand hat das Recht in die Proportionen der Lebensgestaltung der anderen Menschen einzugreifen. – Insofern ist das Bedingungslose Grundeinkommen eine Garantie für mehr individuelle Freiheit bei der Gestaltung der eigenen Lebenssituation.

Können wir es einem Menschen vorwerfen, der mehr Müßiggang betreibt, als er arbeitet? - Und auch diese Annahme könnte schon eine Unterstellung sein. Denn wenn ich das Leben einer anderen Person beurteile, kann ich mich irren und die Lage des anderen Menschen falsch beschreiben.

Wenn wir auf das Leben eines anderen Menschen schauen, machen wir meistens eine »Momentaufnahme«. Wir überfliegen kurz die Lebenssituation einer Person und machen schnell unser Urteil. - Und das führt dann zu »Fehlurteilen«.

Was oft bei uns Menschen zu kurz kommt, wenn wir auf andere Leute schauen, ist, dass wir nicht die Lebensgeschichte einer anderen Person »sehen« können. Sie steckt als Lebenserfahrung »im« anderen Menschen drin. - Und die sehen wir nicht.

Aber diese Lebenserfahrung hat nicht unerheblichen Einfluss auf die Art, wie ein Mensch sein Leben gestaltet. - Um es kurz zu sagen, es kann sein, dass ein Mensch einen »Durchmarsch« durch seine frühen Lebensphasen machen konnte, alles lief mehr oder weniger problemlos beziehungsweise »gut«, und ein solcher Mensch kann sich dann anschließend, voll und ganz seiner Außenwelt zuwenden, um dort zu werkeln und dort zu arbeiten und sich mit der Außenwelt zu beschäftigen.

Aber andere Menschen können diesen Durchmarsch nicht machen. - Sie sind mit vielerlei Hindernissen und Aufgaben beschäftigt. Erlebnisse aufarbeiten, schädliche Einflüsse wieder zurückdrängen, mangelnde Erfahrungen nachholen. All das beschäftigt sie einen großen Teil ihres weiteren Lebens, was viel Energie und Zeit in Anspruch nimmt, sodass eine rein neugierige Zuwendung an die Außenwelt geringer ausfällt, als bei den erstgenannten.

Aufgrund ihres unterschiedlichen individuellen Lebensweges brauchen Menschen deshalb Unterschiedliches, um ihr Leben gut zu bewältigen und zu gestalten. – Diesen Respekt vor den unterschiedlichen Lebenssituationen, müssen wir allen Menschen zu Teil werden lassen.

Wenn man das aber in Rechnung stellt, dann würden wir niemandem unterstellen, er betreibe »Müßiggang«, während andere wegen zu viel Arbeit kaum laufen können. – Würden wir heute mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen den »Arbeitszwang« von den Menschen nehmen, dann würde es sich zeigen, was die Menschen brauchen. - Das wäre interessant.

Und das, was die Menschen brauchen, kann Inhalt der Arbeit »für andere« sein. Abgesehen von dem, was »wir selbst« brauchen, um das wir uns ebenfalls kümmern müssen. – Und weiterhin »bewerten« wir unsere Bedürfnisse und Wünsche gegenseitig, was eine »Moral« und Ethik darstellt.

Vielleicht würde der Müßiggang für viele wichtiger werden. Heute aber, sollen wir uns dem Arbeitsdiktat der Politiker unterwerfen. - Und damit dies anders wird, müssen wir an den Veränderungen »arbeiten«.

Der Schweizer Philosoph Stefan Brotbeck sagt: »Wir brauchen mehr Muße, um nicht zu verblöden.«