Neuzeitlicher Hymnus für die Tagzeiten des Stundengebets



Wie wenn es gleichgültig wäre,

ob es uns gibt,

wie wenn wir Ware wären,

wie wenn man uns nummerieren könnte,

und eine Nummer wird gestrichen,

wie wenn wir nicht schön wären

und jeder eine Ahnung von Glück in sich hätte,

wie wenn wir nicht

jeder jemanden lieben müssten,

ihm eine Lust sein könnten -

einmal in diesem Erdstrich zu Tausenden,

einmal in einem anderen,

einmal hier gerade der,

einmal dort gerade jener -,

werden wir umgelegt,

aus heiterem Himmel,

bei hellem Tag.

Und wir schon sterben müssen,

hätten wir doch gerne

Zeit, um zu sterben.

Herr, verstehst du uns?

Mit IHM wurde auch gerechnet.

Die Rechnung hieß:

Besser einer als alle.

Und bezahlt wurden dreißig Silberlinge.

Herr, du verstehst uns.

Und er starb öffentlich

in der größten Hitze des Tages,

mitten im Geschrei,

mitten in den Meinungen über ihn,

mitten in den Qualen,

mit denen man ihn prüfte.

Und auch von ihm

wusste Gott nichts mehr.

Herr, wir verstehen dich. Amen.




Weitere Gebete, Andachten und Betrachtungen siehe : Gebete